Full text: St. Ingberter Anzeiger

stwas zu machen, oder die Leute ohne Skandal nach den südlicheren 
blühenden deutschen Kolonien zu schicken. Aber mit der den Bra— 
ãlianern eigenen Gewissenlosigleit, der es gar nicht darauf ankommt, 
ob einige hundert Menschen sterben, wenn nur dabei verdient wird, 
wurde gleich im großartigsten Maßslabe angefangen, und Jeder 
angenommen, der den Agenten in den Weg kam. So ist gestern 
noch wieder ein Schiff hereingelkommen, welches 260 neue Aus. 
wanderer hringt, meistens Polen und Walachen, unter denen sich 
wahre Galce naesichter befinden. Vor ungefähr 14 Tagen fand in 
der Kolonie ine unbedeutende Prügelei zwijchen Polen statt, in 
Folge dessen sich jedoch der daselbst angestellie Beamte veranlaß! 
glaubte, um schleunige militärische Hilse sich nach Bahia zu wen— 
den. Sofort wurden einige 50 Mann unserer tapferen brasilia⸗ 
nischen Lundesverteidiger uͤnter Anführung von drei Offizieren 
dahin abgeschickt, welche gestern Morgen jedoch wieder zurückkehrten, 
da sie eben gar nicht nöihig gewesen waren und auch im schlimm⸗ 
sten Falle, falls es zum Kravall gekommen wäre, die schönsten 
Prüünel besehen haben würden. Gleichzeitig kamen denn auch einige 
deutsche Familien mit, die selbft Geld desessen hatten und in der 
Lage gewesen waren, die empfangenen Vorschüffe zurückzuzahlen, 
wodurch sie frei wurden und nun hingehen können, wohin sie 
wollen. Wie diese Leute aber aussahen, kann fich nur der vor⸗ 
dellen, der sie selbst gesehen hat. Aufgeschwollene Gesichter, so 
daß man die Augen kaum sehen konnte, dann kleine Kinder, die 
»aarfuß umherliesen, mit zerfressenen Füßen, in die sich die Wür⸗ 
mer und Ungeziefer gesetzt halten, und mit Frostbeulen, die bis auf 
den Knochen gingen — in der Nähe der Kolonie weht nämlich 
Nachts ein eisiger Wind, so daß die gegen Kölle ungeschützten 
Leute selbst hier zu Lande Frostbeulen belommen. Von den Kin⸗ 
dern und Säuglingen waren mehrere schon Todeskandidaten und 
verden schweclich durchkommen. Wäre nun der Besitzer der Kolonie 
nur einigermaßen rücksichtevoll gewesen, so hätte er die Leute so 
lange auf dem Dampfer, der sie zurückbrachte, gelassen, bis er ein 
passendes Gebäude sür ihre Beherbergung gefunden hätte. Staͤl 
dessen läßt er die Leute sofort an's Land gehen, wo sie den ganzen 
Tag herumliegen müssen, von Brasilianern angeglotzt, bis endlich 
ipät Abends die ganze Gefellschaft in einem leerstehenden Gebaͤude 
inquartirt wurde, von wo nun heute die Kranken in' Hospital 
lommen. Obaleich Babia von Mildibätiakeitsaänstalten und Älaß,n 
vimmelt, hat sich doch keines gefunden, welches berrit gewesen 
wäre, diese armen Teufel aufzunehmen. Selbst verschiedene Dol⸗ 
noren weigerten sich, Hilfe zu leisten, da sie doch nichts bezahi 
z»ekümen. Und doch sind diese Leute noch glücklicher doran, 
als die in der Kolonie Zurückgebliedenen,. die keinWehr 
haben und nun arbeiten sollen, um- ihre Schulden zu be 
jahlen und ihren Lebensunterhalt für ihre Familien zu ge⸗ 
vinnen. Selbstverständlich können sie ihre Producte nie verkaͤu— 
jen, da Commendatuba ein elendes Nest ist. und bleibt alfo nichtz 
anderes übrig, ats dieselben dem Beñitzer der Kolonie statt baaren 
Beldes zu geben, der sie natürli zu einem ganz niedrigen Preise 
verrechnen wird, um sie nachher mit schönem Nußen loszuschlagen. 
Aus ihren Verpflichtungen lommen die Leute daher wohl schwerlich, 
desonders wo der Boden so schlecht ist, und ist der Untergang 
derjelben mit ziemlcher Gewißheit vorauszusehen. wenn sich nichi 
die deutsche Regierung ins Mittel legt, wozu sie allerdings nicht 
verpflichtet ist, da die Kolonisten genügend gegen die Auswanderung 
nach diesem Theile Brasiliens gewarnt worden sind und ihren 
Weg über Antwerpen genommen haben. Das hiefige deuische 
Konsulat wird vächstens einen Bericht an die doriige Aegierung 
schiden, der jedenfalls veröffentlicht werden wird, da es nothwendig 
ist, daß alle Zeitungen diesen Fall in's Publikum bringen, ung 
als abschreckendes Beifprel zu dienen. Die nach hier zurückgelehr⸗ 
ten Deutschen werden wahrscheinlich noch dem Süden weiter befdi⸗ 
dert werden, wo das Klima gesunder ist, wie in Rio Grande do 
Sul, welche Provim ein mehr mit dem deutschen übereinflimmendes 
ælima hat. Hier in Bahia felbst ist keine Beschäftigung zu finden, 
und um sich in der Nähe mit Ackerbau zu beichäftigen, das Klima 
diel zu ungesund. In der Kolonie sind übrigens in den le zeen 
pierzehn Tagen ca. 20 Personen gestorben. 
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Bekanntmachungen. 
Bekanntmachun— g. 
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St. Ingbert, den 29. August 18885. 2 
Die Baßnhofverwaltung 
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Johannu Schmelzer. 
Feuerwehr⸗Montag 
bei Narl Ecwarz 
koer 
4 
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reh die Verlaus Anatatt in Luxem. 
Frankfurter Börse 
vom 830. August 1873. 
Preußische Friedrichsddr. 938 39 
Piftolen.. 538382406 
hollandische 10 f.“Stücke. 52234 
eanen ... 21238 
20Francs⸗Stücke XR 122 
Inglische Souvereigns 16- 48 
Tollaus in Golde. —XR — — — 
N.B. Da in der Regel die Betheiligung bei dieser Lotterie eine ungemein 
starke ist, so wolle man Bestellungen baldigni machen, um allen 
Wünschen genügen zu können. 
Redaltion. Druck und Nerbleo hon“ 
—— 
»»w·in Sj. Inabert