Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Znzeiger. 
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—2—— ,* 18352 — 
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der St. Farherrr Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungtblatt, mit der Dienstagt⸗ Donnertiagt⸗ und Sonniag 
nmer erscheint wbeentlich viehemal: Dienttag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Abonnementapreis vierteljahrig 42 Krir. oder 
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4138. —R Samstag, den 6. Septembe 6 1873 
Deutsches Reich. 
Munqen, 2. September. Der hiesige Veteranen und 
Zriegerverein ließ heute, am Tage von Sedan, für die im Kriege 
on 1870,71 Gefallenen cin feierliches Traueramt in der Frauen- 
juche abhalten, dem auch der Generalkommandant General Frhr. 
Tann und viele andere Offiziere ꝛc. beiwohnten. Eine 
inderweitige Feier des Tages konnte unter den obwaltenden Ge— 
iundheitäaverhältnissen in unserer Stadt diesmal nicht stattsinden. 
giach, Mittheilung des „Fränk. Vollsblattes“ wird der bayer⸗ 
sche Epistopat sich am 9. d. in Eichstätt zu einer, Conferenz ver⸗ 
sammeln. (A. 3.. 8 — 
Metz. Die Geldfrage liegt bei uns wirklich im ärgsten 
Argen. Trotzdem, daß wan fortwährend von den großen Massen. 
en ausgeprägter Reichsgoldmuͤnzen liest, gewahrt man hier davon 
nichts, weder im Handel und Verkehr, noch in Industrie und 
dandwirihschaft. Das franzdsische Gold ist in Folge des Ankaufes 
zach Frankreich so ziemlich ganz verschwunden und deutsches Gold 
indel man nicht. —. Was das Silber anlangt, so kursirt solches 
i groben und kleinen, guten und schlechten Stücken, wie es aus 
illet Herren Länder hier zusammenströmt, und erschwert wegen der 
dihigen Reduzirungen in das herrschende Frankenmünzsystem den 
Heikehr auf das Unertkräglichste. — Mit dem Popiergeld ist die 
toth am größten. Tie Slaaiskassen und Behörden nehmen nur 
zreußische Thalerscheine an, während doch französische, sächsische und 
ddeutsche Banknoten aller Art in Unmassen zirkuliren. Die ein 
eborene Landesbeydllerung verschmäht wieder die sämmtlichen deut- 
chen Popierscheine und die eingewanderten Deutschen hinwiederum 
vosllen von den franz. Bankadten nichts wissen.“ Kurz, die Cala— 
mität könnte hitr' nicht größer sein, als sie ist. Darum wäre es 
sine der dringendlen Forderungen, alsbaid die deutsche Reichsmünz 
währung hier zu Lande zur Einführung zu bringen und zugleich 
nuch eine größere' Masse deuischer Goldmünzen zu 20 und 10 Marl 
nuf den Verkehrsmaͤrlt werfen oder wenigstens in der mittelbaren 
Fotm, indem elwadie Gehalte der Staatsbeamten und Bediensteten 
in dieser Weise dezoͤhlt werden, auf denselben gelangen zu lassen 
Zeschieht dies nichig,so sind die Verluste, welche das Publikum 
nd namenllich die Angewanderten Deuischen erleiden, und die bis 
jer schon namhaft waren geradezu unerhoͤrt. G. Frif. Pr.) 
Straßburg, 2. — Vorgestern unternahmen zwei 
siesige Elsenbahnbeginte in Geselschaft eines Collegen aus Avri— 
durt einen Autflug nach Lüneville, der ihnen aber sehr schiecht 
seldmmen solitee Sie wurden in Luneville sofort aus Deuische 
ntannt, da der Eine seine Dienstmütze trug.“ Schon am Bahnhof 
ammelte sich eine Menge um sie, die sir unter Verwünschungen, 
Stͤen und Steinwurfen nach der Stadt brängte. Der Gendar 
merie gelang es, den mit der Dienstmütze Ju befreien und in das 
Dachlocal zu bringen, die beiden Anderen Überließ man aber 
der tobenden — die bald auf über tausend Personen anwuchs 
und ihre Opfer quf sede mogliche Weise mißhandelte. Einer der 
elsen suchte durch eine Hauslhür zu entwischen, wurde aber von 
dem Hausbesitzer wieder in den rafenden Volkshaufen zurücgeschleu—⸗ 
zert, auch von einem Schutzmann, den er um Hilfe anging- mit 
en Worten abgefertigt, „er sei nicht fur die Preußen da.“ Mitt⸗ 
lerweile drückte und schob sih der tobende Haufe der Meurthebrücke 
u. Hinein ins Wass.r mit ihnen!“ erscholl es vou allen Seiten 
md in der That machte man Anstalt dazu; die beiden sich ver⸗ 
weifelnd wehtenden Unglückichen waren schon schwebend an dem 
hrüdengeländer hinaufgehoben, als eß einem herbeicilen den Haupt ˖ 
nann gelang, sich durch den Haufen zu drücen und die Unmenschen 
utlickzuftoßen: „Werft den Verraͤther mit hinein!“ brüllte nun 
et Haufe, und Joohl wären alle Drei derloren gewesen, wenn es 
em Hauptatin nicht gelungen wäre, die müßig herumstehenden 
Soldaten zum Einfchreiten zu bewegen. Mit knapper Noth und 
nicht ohne weitere Mißhandlungen gelang es nun wenigstens, die 
hbedrohten in eine Caferne zu schaffen. Im Nu war aber diese 
von eiwa 8000 Menschen umstelli, welche an den Fenstern hinauf⸗ 
alleltern — 
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Inzwischen war der Commandant herbeigekommen,der allerdings 
ein aufrichtigstes Beileid aussprach, aber gegenüber der Bitte um 
Schutz betonise, daß er es nicht wage, die Menge dadurch zu 
eizen, daß er den Beiden rine; Sicherheitseskorte durch die Stadt 
zäbe; er schlug ihnen vor, sie durch den Hauptmann und ihnen 
Begleitung von 15 Mann auf Umwegen nach der Eifenbahn bringen 
ju lassen. Dies geschah denn auch,! aber so große Vorsicht der 
hrave Hauptmann auch anwendete,“ zeigte sich eben: überall det 
Pöbel. Die Mißhandlungen;, begennen aufs neue, so daß sich 
chließlich der Hauptmann genöthigt sah, mit den Waffen zu drohen, 
porauf es momentan etwas ruhziger wurde. Mittlerweile gelang 
es, den Bahnhof zu erreichen, der sofort abgesperrt wurde. Das 
Wuthgeheul brach nun aufs neue los, aber man beeilte sich, die 
Deutschen in einen inzwischen angekommenen Güterzug zu setzen, 
mit welchem sie denn unter den Verwünschungen des höflichsten 
Volles der Welt wieder Abricourt zufuhren. Ueber“ den Vorfall 
ist, wie ich höre, bereits geeigneten Oris Anzeige nha w 
.Gf. Ax.). 
Berlhinn, 1. Sept. Der dentsche Kronprinz begibt fich am 
2. September Abends nach Württemberg zur Abhaltung äines 
ziertägigen˖ Truppenmanövers südlich von Ulm; von dort geht 
derselbe auf 6—8 Tage zu den bayerischen Feldinandvern, so daß 
ʒie Zeit der Abwesenheit desselben im Ganzen ecirca 1214 Tage 
etragen wird. 366 
Berlin, 3. Sepi. Der Kaiser hat durch Oidre sümmt— 
lichen Forts von Metz und Straßburg die Namen der Feldmar⸗ 
challe (Kronprinz, Friedrich Karl, Kronprinz von Sachsen, Moltke, 
——XEax 
euffells, Zastrow's und der kommandirenden Generäle beigelegt, 
eben'o den Forts bei Düppel, Alsen und Friedrichsott die Namen 
herwarth und Falkenstein. Zum Generalobersten der Infanterie 
ist der Großherzog von Mecklenburg⸗Schwerin, zum Generalobersten 
der Kavallerie Prinz August von Württemberg ernannt. Dem 
adettenkorbs sind die Büsten und Portraits der gefallenen Ge— 
neräle verliehen. Außer den höchsten Ordensauszeichnungen an 
Bismarck, Moltke und Roon haben zahlreiche Avancements höh—⸗ 
erer Militärchargen stattgefunden. IJ 
Berlün, 4. Sept. Die „Provincial-Korrespondenz“ meldet:? 
Ddie“ Anwesenheit des Reichskanzlets und des Ministerpräsidenten 
owie die Rückkehr der Minifter sei zur Verständigung des Staats⸗ 
ninisteriums über mehrere wichtige Fragen benußt worden. Von 
einer erneuten Einberufung des Reichstazes sei Abftand genommen— 
— Dasselbe Blatt meldet, die Räumung Verdun's werde am 8. 
d. erfolgen, und bestätigt, daß der Kaiser, der in den letzten Tagen 
die alte Rustigkeit und volle Frische erprobt habde, morgen mit der 
Kaiserin zu den Einzugsfeierlichkeiten nach Weimar geht. Gegen 
den 20. sei dem Besuche des Königs von Italien enigegenzufehen, 
velchem auf die zu erkennen gegebene Abstcht, dem Kaiser im Laufe 
»es September einen Besuch abzuftatten, eine herzliche Einladung 
zugegangen sei. Die Zusammenkunft“ werde eine erfreuliche, be⸗ 
deuütsame Bestätigung der schon lange zwischen den beiderseitigen 
dofen und Regierungen geknüpften nahen freundschaftlichen Be⸗ 
ziehungen sein. — 
Frankreich. 
Paris, 2. Sept. Am 80. August hat von deuischer Seite 
zie Räumung Verdun's und der letzten noch besetzten französischen 
dandestheile begonnen.“ Derselbe wird etwa am 19. oder 20. 
Zeptember vollendet sein, Fdem letzten Termin des zwischen beidetz 
andern abgeschlossenen Vertrages,“ Wenn die „Ag: H.“ gifti 
zemertt, an einen früheren Avschliiß der Räumung sei nicht 
zenken, da die Preitßen dis zam fetzten Tage Nußen aus ihrem 
Siege zu ziehen gedächten, so wüßte ich keinen Leinzigen Grund, 
ver die Deutschen veranlassen könnte, den Franzosen bei ihrem je 
zigen Benehmen auch nur einen enzigen Kreuzer zu schenken, ganz 
ibgesehen davon, daß diese Letzteren seiner Zeit als Sieger nicht 
ie geringste Epur von Großmuͤth gegen Deutschland gezeigt hatte. 
Batis. 4. Sevt. Dit Regieruyg zeigt offickell an,daß