St. Ingberler Anzeit
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Donnerstag, den 830. Januar 1873
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Deutsches Neich.
München, 26. Jan. Wie man hört, ist die Regierung
dem Projekt einer Bahn von Kaiserslautern nach Pirmasens fehr
Jenelgt und willens, nach den erforderlichen Vorbereitungen beim
ächsten Landtag einen Gesetzentwurf, betreffend die Zinsgatantie
jür jene Strecke, einzubringen.
Muünchen, 27. Jan. Zuverlässigsten Vernehmen nach
Jad die telegraphische Mittheilung auswärtiger Blätter und das
Jier verbreitete mündliche Gerücht, als ob der Freiherr von Pranth,
wegen Schwierigkeiten, welche stth gegen die vertragsmäßig einzu⸗
führenden milttärischen Bestimmungen zeigen, seine Entlassung er⸗
zeten habe, gleich so vielen anderen in jüngster Zeit tendentiös
aufgetauchten Nachrichten, durchaus keine Begründung.
Berhin, 27. Januar. Dem Bundesrath ist der preußische Gie Schisfskatastrophe im englischen
xcinlwurf einer Strafprozeßordeung für das Reich mit dem Antrag Tanal.) London, 24. Jan. Ueber die entsetzliche Schiffs⸗
vorgelegt worden, eine aus deutschen Juristen bestehende Commission katastrophe, die sich am Mittwoch Abend im englischen Kanal auf
mit' det Anfertigung eines Entwurfs zu beauftragen. Die Vor⸗ der Höhe von Dungeneß zugetragen und die gahezu 300 Menschen
egung des Münzgefetzes wird demnächst erwartet. das Leben gekostet hat, liegen jetzt ausführliche und wahrhaft
Frankreich herzzerreißende Berichte vor. Seit dem Untergauge des Dampfers
Paris, 23. Jan. Vor dem Civilgericht von Roeroy „London“ hat in der Nähe der englischen Küste kein so fürchter⸗
zat dieser Tage ein seltsamer Prozeß gespielt. Am 27. Ottober liches Unglück stattgefunden. Die „Northflheet“, das unter⸗
datten die Preußen das Dorf Vaur in den Ardennen besetzt; zJegangene Fahrzeug, war ein hübsches altes Segelschiff von 940
Tags darauf entspann sich ein Kampf zwischen diesen Truppen und Tonnen Tragkraft und Eigenthum der Herren J. Patton und
Franctireurs. Noch Beendigung des Kampfes tauchte die Be- Tomp. in London. Sie war von der Firma Edwin Clark, Pun⸗
chuldigung auf, Einwohner des Dorfes hätten auf die deutschen hard u. Comp., den Contrahenten der Tasmanian-Main⸗Line⸗
Soldaten geschossen; vierzig Männer des Dorfes wucden daher Eisenbahn, gechartert worden, um 350 Eisenbahnarbeiter mit
ils Gefangene in die Kirche von Vaux eingeschlossen. Am 29. einer gewifsen Anzahl von Frauen und Kindenn nach Hobart Town
Dtt. wird unter Vorfitz eines zu diesem Zweck von Aubigny her⸗ zu führen. Die „Northfleet“ verließ die East Indien Docks am
deigekommenen Obersten ein Kriegsgericht ahgehalten. Der ver⸗ Freitag, den 17. d., mit einer lebenden Fracht von ungefähr 400
nommene Pfarrer, wie der Maite bersichern, daß keiner der Ein-⸗ Personen an Bord, darunter eine 40 Köpfe starke Bemannung.
wohner sich am Kampfe betheiligt habe. Nun läßt man am 30. Die Ladung war nur 450 Tons schwer und bestand größtentheils
die in der Kirche Eingeschlossenen drei Schuldigen bezeichnen. aus Eisenschienen und anderem Eisendahnmaterick. Am Mittwoch
Die Geafangenen stimmen ab, wen sie als solche bezeichnen wollen. dei Sonnenuntergang warf das Schiff auf der Höhe von Dun⸗
Fin gewifser Petit macht die Vorschläge und alle Hände edchen gened- ungeführ 2 Meilen vom Gestade, Anker aus. Gegen 10
ich gegen die drei Opfer, mit Ausnahme ihrer eigenen. Sie werden“ Uhr waren fast alle Passagiere zu Bett gegangen und nur die
den Preußen als die Schuldigen bezeichnet und noch an demselben Nachtwache befand sich auf dem Verdeck. Gerade als die Glocken
Tage erschossen. — Nun ist aber die Wittwe eines der Erschos die halbe Stunde nach 10 Uhr schlugen, bemerkte die Wache einen
enen, Georges, klagend gegen die damals in der Kirche Eingeschlose aach auswärts bestimmten Dampfer mm gefährlicher Nähe, der
enen autgetreten, und der Gerichtshof hat auf Antrag des Staats- direkt auf sie zusteuerte. Das Schiff schien mit voller Geschwin⸗
mwaltis diese sämmtlich unter solidarischer Haftung zur Zahlung digkeit zu segeln und das laute Geschrei der Wache, die ihm zurief,
iner jaäͤhrlichen Pension von 700 Fres. an die Klaägerin ver⸗ seinen Kurs zu ändern, erweckte Capitän Knowles, den Komman⸗
Irtheilt. deut der „Norihfleet', der gerade auf dem Verdeck ankam, als
— »er Dampfer gegen die Frontseite der Northfleet“ anfuhr und
sie fast mitten durchschnitt, indem er eine voͤllize Bresche in das
holz unter der Wasserlinie legte und die massiven Balken des
»auptdecks thatsächlich zertrummerte. Durch den Stoß, den Ueber⸗
sebende mit der Detonation einer mächtigen Kanone verglichen,
wurder die meisten Passagiere aus dem Schlafe geweckt, woraus
eine fürchterliche Panik entstand. Kapiian Knowies agirte mit
einet Besonnenheit, Schnelligkeit und Entfchlossenheit, die sein
Andenken mit Ehre bedeckt. Trotz der Allarmruse, die an Bord
des Auswanderer ⸗Schiffes erhoben wurden, segelte dee Dampfer,
zer die Collision verschuldete, seines Weges, ohne den miudesten
Zeistand anzubieten, und ehe man sich besinnen konnte. war er
zußer Sicht. Kapi än Knowles ließ sofort Raketen aufst eigen und
indere Nothsignale geben, und befahl, inzwischen die Boote hirab⸗
ulassen, modei er die strenge Anordnung erließ, daß die Frauen
ind Kinder zuerst in Sicherheit gebracht werden sollten. Als sich
iine Neigung zeigte, diesen Befehlen Trotz zu bieten, und einige
don der Bemannung nach den Penterbalken ftürmten, um ihre
igene Rettung zu bewerkstelligen, zog er einen Revolver und er⸗
lärte, er werde den Ersten, der es wage, sich zu retten, ehe die
Frauen in Sicherheit gebracht wären, niederschießen. Der größere
Theil der Manschaft schien zu begreifen, daß der Kapitän nicht
nit sich spaßen lasse, aber als ein Mattose sich weigerte, dem
t8efehle zu gehurchen,“ feuerte der Kapistän seinen Redolver auf
hn ab. Die Kugel drang in des Bem des Mannes gerade
f Bei der Wiener Weltausstellung werden er⸗
vartet: der Prinz von Wales (als Präsident der englischen Kom⸗
nission schon zum Eröffnungsakte). Kaiser Wilhelm, der Kaiser
von Rußland, die Könige von Belgien und Holland, fast sämmt⸗
iche deutsche Fürsten, Thiers, der Vicekönig von Egypten. Der
Sullan hat sein Wegbleiben durch die Schwierigkeit, welche seinem
Besundheitsstande eine Reise bereite, entschuldigt. Außer der Wiener
dofburg werden noch in den kaiserlichen Lustschlössern zu Schön⸗
brunn, VLaxenburg und Hetzendorf alle Vorbereitungen getroffen,
um des Gostrechtes in jener Weise walten zu fönnen, die jedem
der hoben Gäste den Aufenthalt zu einem behaglichen machen soll.
Für Herrn Thiers ist bereits das Valais Leitenberger gemieihet.
Aermai schte s.
fZweibrücken, 29. Jan. Wie die „Nürnb. Pr.“ be⸗
richtet, hat der Hr. Bischsff Haneberg in Speier in den
athol. Zeitungen der vereinigten Staaten von Nordamerika einen
Aufruf erlassen zur Sammlung von Geldern für den Bau der
ziesigen dathol. Kirche.
fSpeier, 28. Jan. (Sp. A.) Der Gewerkschaft Stein⸗
toth, welde den Ackersmann Abraham Weiß II. zu Gumbsweiler
Kanton Lauterecken) als ihren Repräsentanten bestellt hal, ist das
Bergwerlz Eigenthum in einem auf den Gemarkungen von Gumbs-
veilet und Uimet geleßgenen, 2,504,000 Quadratmeter großen
Felde zur Gewinnung der darin vorkommenden Steinkohlen ver⸗
iehen worden.
Edenkoben, 22. Jan. Zwei Familien unserer Nach
darschaft, die eine in St. Partin, die andere in Maikammer, sind
en nicht geringen Schrecken versetzt. Deren beide Söhne, Schüler
der dritten Classe der hiesigen Lateinschule, sind gestern noch hier
in Unterrichte gewesen und seitdem verschwunden. Wie man
jört, hoben sie sich vorher mit Reise⸗Utensilien, Landkarten, Re—
dolvern u. dgl., wohl auch mit Geld zu versehen gewußt. (Rhpf.)
f München, 21. Jan. Sigl sitzt jetzt eine achttägige
jreiheitsfirafe ab, zu welcher er wegen Beieidigung des Kauf⸗
sanns Schulze verurtheilt wurde. — Adele Spitzeder soll deu
hersuch gemacht haben, sich zu erhängen, jedoch rechtzeitig daratr
zecrhindert worden sein.