Full text: St. Ingberter Anzeiger

f In Speyer sind von Dienstag auf Mittwoch Morgen an 
er Cholera 2 Erkrankungs˖ und 4 Todesfälle vorg-kommen. Di 
hesserung scheint demnach Stand zu halten. Gesammtstand: 358 
zrirantungen, 166 Sterbefälle. J 
4 Speyer, 16. Ott. Der amiliche Bericht von gestern auf 
seute weist leider wieder eine Zunahme der Cholera Erkrankungs⸗ 
alle nach, indem 14 Neuerkrankungen angemeldet worden sind 
Slerbfall hatten wir nur 1. Unter den Reuerkrankten befinden sich 
inder. Der Gefammistand der Erkrankungen ist nunmehr: 
z67, der Todesfälle: 167. In der alten Caserne sind jetzt über 
300 Personen untergebracht, die daselbst theils unentgeltlich, theils 
jegen maßige Bezahlung ihre volle Pflege erhalten. Im Schul 
sause werden täglich ca. 400 Portionen Suppe und Fleisch aus 
zetheilt. (2p. Anz.) — 
Berthold Auerbach hat einen neuen Roman vollendei. Der⸗ 
elbe spielt waͤhrend des Krieges, theils jenseits dis Rheins im 
zthaß, theils diesseiis in des Dichters Schwarzwalde Heimath 
Auerbdac, verweilt gegenwärtig in Stuttgart, um das Geschäftlicht 
nit der Firma Cotta, in deren Verlag das Werk erscheint, zu 
zxbdnen. Der Titel des Romans soll einstweilen noch Geheimnif 
eiben. — 
p Wien, 10. Ott. Die ‚Wiener Zig.“ veroͤffentlicht heut 
n ihrem nichtamtlichen Theile den Rechnungsauszug aus der Ge— 
vahrung der Weltausstellung bis Ende September 1873. Dem 
nach hätte die Wiltausstellung an Stoatsdotiationen empfangen 
15,043, 314 Gulden, eine Summe, welcher die eigenen Einnahmen 
mit 2,681,627 Gulten gegenüberstehen, wozu noch die fremden 
dimahmen mit 4329 Gulden kommen. Die Gesammtausgaben 
zis Ende 1873 betragen 14,769,933 Gulden. Dagegen hat die 
Weltausstellung an den Staat abgejührt 2681,627 Gulden; 
außerdem verfügt das Unternehmen über⸗ einen Kassastand von 
2777 10 fi.“ Zieht man die Bilanz aus der Rohbilauz, so ergib 
sich ein Deftzit von rund 12 Millionen Gulden, was, an fich be 
tachtet, immerhin groß genug, doch bei Weitem kleiner wäre,“ al? 
tz nach allgemeinen Angaben veranschlagt wurtrdhe. 
f Wien, 13. Olt. Der Fleischhauermeister Franz Wießhaup 
lich in der Brigittenau, Jägeistroße Nr. 816, einen zreistoöcigen 
Neubau aufführen. Der Bau war bereits so weit gediehen, daf 
die Uußenarbeiten ihrer Vollendung entgegengingen. Gestern Mor 
zens eischienen kurz vor 7 Usrr 12 Arbeiler auf dem Bauplatz 
und schichen sich an, ihre Arbeit zu beginnen. Tie im Keller Be 
schaäfüügten haiten laum ihre Aubeit besonnen, als sie ein Krachen 
und Knistern aufschrcie.“ Ohne sich lange zu bedenken, eilten sie 
ins Freie. Wenige Minuten später barsten die Grundmauern des 
ellers und siürzien mit dem Kellergewölde ein. Die im Erdge- 
chosse auf dem Gewoͤlbe arbeilenden Raurer, Wagner und Schlosser 
dürzten mit in die Tiese und wurden von dem Mauerwerk und 
Schutt ganz bededt. Die Leichen der Unglückllichen wurden in 
zraͤßlich verstümmeltem Zustonde nach einstündiger Arbeit zu Tage 
esoͤrdert. Von der erschienenen gerichtl'chen Kommission wurde 
instimmig das beim Bau in Verwendung gebrachte sch lechte Materia 
ald Ursache des Einsturzes bezeichnet. J 
F Die renommirte Sangerin Frau Marie Monbelli, welche 
Achanntlich mit dem Sohn des Pariser Advolaten Cremieur, eines 
)et Mitglieder der Regierung der Nationalversammlung, verhei⸗ 
nathet war, aber noch zweijähriger Ehe geschieden wurde,“ soll 
ieuerdings im Begriffe sein, sich mit dem franzdsischen General 
hataille zu vermählen. 
fLondon,; 9. Olt. Kassa, Fü'st von Tigro, jeht Jo⸗ 
Manni II., Kaiser von Abessinien und Christ dazu, scheiut sich mit 
den christlichen Tobesstrafen, die jetzt in Mode find, roch nich 
defreundet zu haben. Dem tapfern Thronprätendenten Abba Hassai 
ieß er beide Ohren mit Schießbaumvolle füllen, und dann den 
dopf in Atome sprengen. In seiner kaiserlichen Gegenwartliei 
x auch vor einiger Zeit siebenundzwanzig Gefangenen die rechten 
—T und die kinken Fuße abschlagen, um sie dann wehrlos den 
Lowen, Tigern und Panthern zum Fraße zu lassen. J 
f Der Sekreiar der „GreatEastern“⸗Compagnie, John Henry 
hates, hat die Eesellschaft um 35,000 Pfd. St. betrogen, indem 
n Dividenden⸗ Coupons faͤlschte, welche in der Regel anstandslos 
usgezahlt wurden. Auf diese We'se sind im Jahre 1872 
12884 Pid. St. statt 20,000 Psd. St. und in diesem Jahre 
11,622 Pfd. St. mehr ais noöthig ausgezahlt worden. Ter Be— 
tüͤger ist bereits verhoͤrt. 
tAus. Pest wird der „D. Ztig. folgender, fast unglaublich 
lingender Gerichtsfall erzaͤhtt: Im Sommer des Jahres 1869 
iete Hr. S., ein junger, aus eirer angesehenen Thurgauer 
Familie stammender Handelsreisender, von Temesvar nach „anc ⸗ 
oda. Er bediente sich dabci eines rumänischen Landwagens, und 
dit Langweile der Reise ließ ihn einschlafen. Den Schlaf seinet 
desfagiers benuͤßie der Fuhrmann dazu, daß er eine Holzschachte 
delche S. mit sich führte, dffnele und von den darin entballener 
Zpezereic, Matrrial. und Farbwaarenmustern, wie es scheint, an⸗ 
chuuche Quantitäten verlosiete, denn der genaäͤschige Wallache ver- 
pürte bald, nachdem er die giftigen Substanzen zu sich genommen, 
Jeftige Ueblichkeiten, und trotz der Bemühungen des Hrn. S. starb 
er in der Nähe der Orischaft, Kerebes. Die walachischen Bewohner 
dieses Dorfes dachten nun nichts Anderes, als daß der Fremde 
ihren Landsmann vergiftet habe, und da sie Mirne machten, ihm 
zu Leibe zu gehen, ergreff S. kopflos die Flucht. Eingeholt und 
dem Gericht übergeben, galt dieser Umstand den weisen Besitzern 
des damals noch bestehenden Lugoser Komitatsstrafgerichtes für 
abirend genug. um bem vermoglichen jungen Schweizer die Absicht 
zu imputiren, daß et den Fuhrmann umgebracht habe, um sich des 
Fuhrwerkes zu bemächtigen, und iht rasch gefälltes Urtheil lautete 
auf zwanzig Jalre schweren Rerlers. Der unglückliche Fremdling 
wurde einige Zeit darauf in die Hlavaer Strafanstalt gebracht, 
und erst von dort aus gelang es ihm, sich mit seinen Angehsrigen 
in der Schweiz in Verbindung zu jetzen, und srin naher Verwandier, 
der Regierungsrathspräsident des Kautons Thurgau, berollmächtigte 
den Pesther Vertheidiger Dr. B. Friedmann, die geeigneten Schritte 
zu thun, um dem b ·dauernswerihen Opfer ungarischer Justizmijoöre 
pledet zu seiner Freiheit zu verh lfen. Die Wiederaufnahme diese⸗ 
riminalprozesses steht demnach bevor. 
4Am 14. d. Nichts ist in der Haggenmacher'jchen Mühle 
in Pesth ein Brand zum Ausbruche gelommen, der unerwartet 
rasch arsige Dimensionen annahm. Die Mühle mit ihren Einrich- 
ungen, ihren Mehlvorräthen, bot dem v rheerenden Elenen:?e viel 
u diei Rahrungséfloff, als daß eine Rettung der Mühle möoͤnlich 
gewesen wäte. Kurz nach * Uhr erfolgie eine Explofion in den 
Mehikammern, welche den Einsturz eines Theiles der Seitenwand 
zur Folge haste. Zwei oder drei Feuerwehrleute sollen unglück⸗ 
icherweise von ker Wand mit in den Feuerhecd gestürzt und ver⸗ 
brannm sein Die Thätigkeit der Feuerwehr mußte sich auf die 
Retiung des Wohngebadudes und Maschinenhauses beschränken, und 
e3 gelang auch mit Hilfe der in Thätigkeit gesezten Dampfspiitze 
die deiden Gebaude zu retten. Dus Feuer, nachdem es den Haupt; 
und Seitentralt des Mühlengetäudes durchgebrannt, wilhete nun 
in den Parterre- und Kellerräumen, Ja den Souterrains lagerten 
dei 50,000 Zir. Waizen, welche kaum der Vernichtung entgehen 
werden. Ueder die Entstehungsursache des Brandes kursiren bishet 
nur Geruchte. Die Mühie gehorte zu den schoͤnsten Etablissements 
Pesth's und geht bei dem Brande mindestens ein Werth von einer 
Million Gutden zu Grunde. 
F Newyork, 12. Olibr. Nad hier eingettoffenen genaueren 
Nachrichten haben im Golf von Mexils an verschiedenen Punkten 
heftige Stürme gewüthet. Der amerikanische Dampfer „Missourie 
Jal dei den Babama-Inseln Schiffbruch gelitten. Auch der spanische 
Dampfet Masir“ saseiterte; 24 Personen ertranlen. Außerdem 
werden noch andere Unglücksfälle gemeldet. (T. N) 
4 Nenyork, 14. Ott. Bei dem Sturm, welcher im August 
an den noͤrdlichen Küsten des ätlantischen Meeres wüthete, haben, 
nach jegt beenderen Ermittelurgen, 1122 Sch ffbrüche stattgefurden. 
600 Personen kamen um's Leben und 9000 Häuser wurden 
erstaͤrt. a 
Volkowirthschaft, Handel und Versehr. 
Mit großem Intresse sieht man in Australien sowohl wie 
n England dem Verlauf zines Experimenis entgegen, dessen Ge⸗ 
ingen dem sungen Festland eine Quelle des Reichthums und dem 
Mutterlande billigeren Fleischgenuß derspricht. Das Schiff Nor⸗ 
jolk“ ist augenblicktich auf dem Wege nach England mit eirer 
dadung gefrot nen Fleisches. Dasselbe soll nach der Ueberfahrt 
anz eben so wohl schmecken, als wenn eh von kinem eben ge⸗ 
qlachteten Thiere herrührt. Der Erfinder des Frierapparats ist 
»n Pard des Stiααα 
Dienstesnachrichten. 
Der Bezirksarzt 2. Clafse Dr. M. Dosenheimer zu Hornbach wurde 
zuf die Bezirksarztstelte 1. Classe zu Homburg auf Ansuchen versehzt. 
Der i. Poligeianwall Philipp Tlement in Landfluhl wurde zum func⸗ 
ionirenden ααναν eEiben ie errnnaαν 
Laundwirtbschaftliches. 
Mitgetheill von der hoheren landwirthschastlichen Lehranstalt in Worms 
Zur Schweinemast. Belanntlich find die Schweine Thiere, welche 
infichilich des Fatters, das man ihnen dietet nicht besonders wählerisch fich 
erweisen. Daher kommt es, daß man die verschiedenartigen Abfälle der tech 
nüschen Gewerbe, die sich anderartig nicht verwenden lafsen, immer noch zur 
Irodultion von Schwelnefleischz verwhenden kLann. Dazu kommt in neuerer 
Zeit das vielfach mit gutem Erfolge geübte Verfahren, das Fleisch alter oder 
onfwie unbrauchbar gewordener Pferde, sowie dasjenige von A 
Thieren in derselben Weise zu benützen. Wahrend man fruher das betref⸗ 
ende Fleisch, wenn es sich in großeren Vorräthen anhäufte, in Eiskellern 
rufbewahrie, wird es gegenwärlig vollig ausgetrodnet, gemahlen und mit 
darloffein, Kleien, Schrot odet anderm Futter als sogenanntes dleischmehl 
erabreicht und erweist sich Aberall, wo man es jur die Schweinemafl an⸗ 
dendet. von den besten Folgen begleitet.