Full text: St. Ingberter Anzeiger

t. Ingberter Anzeiger. 
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der St. Bau berter Anzeiger (und vas mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienttags⸗, Donnerttagt⸗ unds Sonnia 
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.43. .* TSebruusgg 1873 
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Deutsches Reich. 
Wie ein Münchener Koxrespo ndent der „Nat⸗Zig.“ 
„ositiv erfährt, soll der Minister des Innern, pP. Pfeufer, 
herjenige sein, der bej dem Könige, auf den schwächsten Füßen 
jehe und dessen Ersetzung durch den Münchener Polizeidirector v. 
Buͤrgtorff nicht unwahrscheinlich sei, vorausgesetzt, doß der Letztere 
ach in den vom Kabinete gepflogenen Unterhandlungen bezüglich 
zer Beziehungen Bayerns zum Reiche und der Stelluug desselben 
ur Kompetenzsrage zu den „erwünschten Versprechungen herbei- 
asse. „Von dem Resultate der Unterhandlung,“ sagt der Korre 
pondent weiter, ‚würde dann auch allein abhängen, ob nicht ein 
durchgreifender Minister· und Systemwechsel etwarunter der Prä⸗ 
sidenschaft des als zuverläfsig geltenden Grafen Luxburg einzu⸗ 
reten hätte, dorausgejttzt, daß nicht Dr. v. Fäustle und seine 
zetreffenden Kollegen zu noch weiteren Konz ssionen der eigenen 
Anschauungen gegenüber bereit wären, als sie ohnehin schon dem 
Bunsche des Königs geopfert haben.“ — Was die Korrespondenz 
onst noch berichtet, daß nämlich diese wichtigen Verhandlungen 
Seitens des Kabinets über die Köpfe der verantwortlichen Minister 
hinweg gepflogen werden, ist leider für uns in Bahern seit langem 
richts Neues mehr. (F. K.) 
München, 26. Jan. Dr. Sigl elegt in seinem „Va— 
serland“ heute folgendes in vielen Kreisen berühcendes Geständniß 
1b: .Rom wolle uns dafür (für die Sammkung für den Papst) 
einen Orden geben; derselbe war uns bereits angekündigt; ein 
»aar ‚hervorrägendste und eifrigste Katholiken“ haben aber diesen 
„Skandal in Rom glücklich zu hintertreiben und abzuwenden ge⸗ 
vußt, nachdem sie es hier im Justizministerium durchgesetzt hatten, 
zaß wir grrade am Tage vor dem Abgang der Deputation nach 
som gewaltsam eingisperrt wurden, um die Romfahrt nicht mit⸗ 
machen zu koͤnnen und etwa gar dabei vom Heiligen Vater beson 
)ers ausgezeichnet zu werden.“ Dr. Si gbemerkl weiter: „Dafür 
statt dem Orden) haben unsere Leser uns durch ihre reichen 
Baben für den heiligen Vater ausgezeichnet, eine Auszeichnung⸗ 
die in unseren Augen mehr Werth hat, als alle Orden, die rö⸗ 
nischen eingeschlossen, weil sie von Herzen kam und kommt, und 
der Heilige Vater hate uns gesegnet, und damit, meinen wir, 
önnen wir uns wohl über die blaßgelben, neidischen Nörgeleien 
der „Landshuter⸗“ und aller anderen Zeituugen kühl hinweg- 
tzen.“ —— EGtaatsb Ztig.) 
Wie die Frf. Z. mittheilt, wird demnaͤchst — wahrscheinlich 
a Frankfurt — eine allgemeine Versammlung hessischer Israeliten 
zusammentreten, um über die geeigneten Schritte zu ihrer vollen 
Bleichstellung mit den übrigen Staatsbürgern Berathung zu pfleçen. 
In Eingabe an die Landständen und an die Regierung soll vor— 
zehmlich die Besoldung der israelitischen Lehrerlund Rabiner durch 
den Staat und die Einführung des israelitischen Religionsunter- 
richis in den öffentlichen Unterrichtzanstal:en und Iun n als ob⸗ 
— die ꝰ Zulassung vo — zu 
Staatsämtern, von denen sie bis jetzt wenigstens thatsächlich so 
zut, wie ausgeschlossea sind, etwa als besonders zu betonende De— 
iderken bezeichnel werden. * 
1 Dresden, 29. Januar. Bei unserem Hafe ist die Nach⸗ 
richt vom Tode der unglücklichen Kaiserin Charlotiee von Mextco 
ꝛingetroffen. — 73 
Berlin, 28. Jan. die Kommision zuknBetathung der 
lirchenrechtlichen Vorlagen setzte Montag Abend' ihrer Berathung 
iber dag Geseß wegen Vorbildung und Anslellang der Geistlichen 
ort. Im 8. 8 wurde die Bestimmung, daß die Staatsprüfung 
)er Geistlichen nach zurückgelegtem thealogischen Studium sich be⸗ 
onders auf das Gebiet der Philosophie, Geschichte, der deutschen 
Lieratur und der klassischen Sprachen zu richten habe, in so fern 
ibgendert, als die letzte Bedingung gestrichen aurde. Ein Anirag 
yes Abgeordneten Muller (Berlin) auf Ausdehnung der Prüfung 
uuf die Naturwissenschaften, und ein zweiter des Abgeordneten Richter 
Sangerhausen), auch die Paͤdogogie zum Prüfungsgegenstande zu 
nachen, wurden abgelehnt. Die folgenden Bestimmurren fanden 
ast unveränderte An ahm e. Bezüglich des 8 14, der die Seminar 
netrifft, wurde beschlossen, daß die theologischen Seminarien“ an 
en Orten, in weichen Universitäten sich befinden, nicht statthaft, 
nabenseminare und Knabenkonvikte lediglich zur Ausbildung von 
zeistlichen nicht zu dulden seien; dagegen wurde gegen den Fort⸗ 
estand der Alumnate und allgemeinen Erziehungs⸗und Unterrichts⸗ 
Anstaalten untet Leitung von Geistlichen kein Einwand erhoben. 
derjenige Theildes Gesetzes, welcher die Anstellung der Geistlichen 
etrifft, sollte die Kommission heute Abend beschäftigen. In 10 
is: I2. Tagen glaubt dieselbe ihre Arbeit beschließen und an das 
)aus übermitteln zu können. 
Berlin, 28. Januar. Der Siur; der Dachauer Banken 
n München steht nicht mehr vereinzelt da. In Paris— und 
Wauren sind diefer Tage gleichzeitig zahlreiche Leiter solcher oder 
voch ähnlicher Etablissements verhaftet, resp. zur Untersuchung 
jezogen worden. Besonders in Paris war die betreffende Schwin⸗ 
el⸗Explofion von groͤßtem Umfange. Eine ganze Reihe ehemaliger 
joher und höchster Würdenträger des Kaiserreichs' sind damit 
ompromittirt, so der ehemalige: Minister Clement Duvernois, 
Heneral Uhrich, der Vertheidiger von Straßburg. Vielleicht wird 
nach solchen Vorgängen doch der solide Erwerb wieder einiger⸗ 
naßen zu Ehren kommen! 
Die Wiener „Reue freie Presse“ widmet om 24. d. M. dem 
in den Fürsten Reichskanzler gerichteten Schreiben des Köonigs eine 
Besptechung und hebt dabei in warmer Anerkennung hervor, „die 
hei einem Souverain unschätzbare Eigenschaft, die richtigen Männer 
zu wählen, sie gewähren zu lassen, im Augenblick der Entscheidung 
nicht zu wanken und großen Conceptionen bei der Durchführung 
onsequent zu folgen,“ werde dem regierenden Deutschen Kaifer 
nicht streitig gemacht werden dürfen. In dieser Zeit und Angesichts 
)essen, was sonst in der Welt vorgehl, ist es ein großes Verdienst, 
»aß ein Bismarck,! ein Moltke überhaupt möglich waren und 
valten konntea. Selbst wenn Männer dieser Art anderwärts vor⸗ 
janden wären, es würde ihnen nicht dergönnt sein, die Flugkraft 
hres Ginius zu bethätigen.“ Das kaiserliche Schreiben „ehrt in 
leicher Weise den Verfasser wie denjenigen, der es empfing.“ 
Mit Worten, wie es hier geschieht, hat noch nie, seitdem Kaiser 
ind Könige die Welt beherrschen, ein Souberain feinen Premier 
nusgezeichnet.““ Die Eroͤrterung schließt: , Auch die Tugend der 
Berechtigkeit wird man einem Fürsten nicht aberkennen dürfen, der 
n solcher Weise anzuerkennen und zu danken weiß. 
Auf dem Gebitte der internationalen Politik gibt es heute 
iuberst wenig zu verzeichnen, und das Vorhandene beschränkt sich 
iun auf die in den letzten Tagen fast bis zum Ueberdruß behan⸗ 
»elten Fragen. Im Vordergrunde erhält sich inzwischen beständig 
»as Treiben der Ultramontanen in aller Herren Lander, welche 
nigenscheinlich bemüht sind, eine allgemeine Agitation gegen die 
Regierungen ins Leben zu rufen. Dabei will man schon die Folgen 
der Jesuitenauswanderung aus Deutschland beobachten. Seitdem 
ich nämlich die Aus unsern Voterlande ausgewiesenen Jütger 
2oyola's in der Mehrzahl nach ihrem gelobien Lande, Frankreich. 
urückgezogen haben, mehren sich die Nachrichten in denfranzösischen 
iltramontanen Blättern über Deutschland, die, wie man ieicht 
henken kann, meist in Verunglimpfungen gegen die Deuischen und 
jegen die Regierung von Berlin bestehen. So bringt Hr. Veuillot, 
)er französische Majunke, im „Univers“ einen Bericht aus dem 
Deutschen Reiche. in welchem es heißt, man sei daselbst jetzt auf 
»em Pankte, wo man in Frankreich während der bürgerlichen 
Lopstitution des Klerus gewesen; die Schreckenssherrschaft werde 
nothwendig folgen, aber ihre Aera von kurzer Dauer sein. Dann 
folgt ein Anerkenn ngserguß in Betreff des deutschen Episkopats 
und Klerus, deren Hingebung an die „Sache Gottes“ hewunder⸗ 
ungswürdig sei. 
Inm Uebrigen hat es nicht den Anschein, als ob die Wünsche 
dieser schwarzen Gesellen so bald in Erfüllung gehen sosl'en, denn 
von allen Seiten treffen Nachrichten ein, daß diesen Mächten der“ 
Finsterniß mit aller Thatetaft seitens der Neg'erung eatregen-