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Donnerstag, den 10. Februar 1873
Deutsches Reich.
Mänchen, 7. Febr. Es scheint sich in unseren boöͤchfien
2reisen gegenwärtig eine Schwenlung zu vollziehen, von der wit
freilich nicht zu behaupten wagen, daß sie zu einer vollen Frontver⸗
derung führ en wird, die aber immerhin Beacht ung verdient
Anläßlich der bevorstehenden Conferenzen über die deuische Ge⸗
aichtsorganisati on fanden in unserem Justizministerium Berathungen
zJalt, zu welchen auch außerhalb dieser Behörde stehende hervor⸗
agende Fachmänner beigezogen wurden. Insoweit nun diese Ver⸗
handlungen den zu bildenden obersten Reichsgerichtshof berührten
haben fich wie ich glaubhaft vernehme, die bisherigen Anschau
ingen des Just izministers und nach dessen Aeußerungen auch die
seiner übrigen Collegen zu Gunsten der ursprünglich von Preußen
vorgeschlagenen Zusammenseßzung ; und Competenz dieser Behoͤrte
geändert, so daß diel Commission zueinem im Wesenilichen zustimmenden
Zotum gelangte. Es ist anzunehmen, daß, nachdem es an der
entschie denen Bevorwortung nicht fehlen wird, der Beschluß die
jdnigliche Sanction erhält, denn es istddoch schwer zu glauben, daß
sich der Justizminister und Collegen led iglich zur Salvirung ihres
persönlichen außeramtlichen Liberalismus für eine aussichtslose
Sache engagirt hätten. Was die Motive Adieser Sinnesänderung
anlangt, so dürften sie wohl in der Erkeantniß don der unaus
zleibluͤhen Isolirung Bayerns zu suchen sein, die durch das Ab⸗
springen Württembergs von der förderalistischen Coalition und dem
Schwanken des für die Schöffengerichte nicht unempsindlichen
Sachsens in unheimlicher Nähe sich zeigt. Der „Rechtshof scheint
somm in der Geaurt erstidt und nicht einmal in das Stadium
chatzbaren Materials gelangt zu sein. In Bezug auf die Schoͤffen⸗
gerichhte ist man der Ansicht, daß sie in den kleineren und mit—
eren Formen sich wohl empfehlen, daß aber unsere Geschworenen ˖
gerichte undedingt für die schweren Fälle, sowie für politische und
Hreßdelicte erhalten werden müssen. (W. 3.)
Mäanchen, 11. Febr. Im Auftrage des Koͤnigs wird
Hrinz Luitpold nach Wien reisen, um daselbst dem Kaiser ein
Tondolenzschteiben wegen des Todes der Kaiserin ⸗Wittwe zu Über⸗
reichen. — Der König von Preußen hat, außer der schon jüngsi
erfoigten Verleihung des Ordens pour 1a mörite an Generallieut.
„. Maillinger, noch den preuß. rothen Adlerorden 5. Klasse ver⸗
liehen: den Generalmaloten Frhrn. v. d. Tann, Kommandeur
der 4 Inf⸗Brigade, v. Horn, Kommandeur der baher. Bejatzungs
brigade in Meß und Ritter v. Täufenbach, Kommandeur der 8.
Inj⸗Brigade; ferner das eiserne Kreuz 1. Klasse: den Obeistlieut.
d.Schonhueb vom 13. Inf. Reg. und Anton Orff vom 31 Art.
Reg. dem Major O. v. Schintling vom 15. Inf. Reg., den
dauptleuten Ritter d. Xylander vom Generalstab und Carl Rehm
hom Jäger. Bat., dann dem Premierlieut. Theodor Nusch von
1. Inf. Reg.
Verlin. Die Rede, die Lasler in Eisenbahn⸗Angelegenheiten hielt,
and die sich zunächst gegen den Geheimen Regierungsrath Wagener
ind seine Eifenbahn⸗Spekulationen kehrte, beschäftigt die Presse in
dollstem Maße. Die Rede hat eben offen zu Tage gelegt, wovon
man schon lange munkelte, daß bei Eisenbahn⸗Conzessionen Mancher
ein Schäffchen scheere, dem das Fell nicht gehöre und daß das
preußische Beamtenthum durch einige seiner hervorragenden Per⸗
dnlichkeiten der Gefahr ausgesetzt ist, stark compromittirt zu
virden. Daß aber gerade der Herr Wagener es ist, den die
Fnthüllungen des Lasker moralisch vernichten, gibt der Sache noch
ine andere Bedeutung. Wagener ist ein Haupthahn jener einst Spanien.
lleinen aber mächtigen Partei, die die schmachvolle — — Madräd, 11. Febr. Zorilla antwortet in der Cortessi⸗
mit ihrer gesetzlosen Willkührherrschaft in Scene gesezt und das zuung auf eine Anftage von Figueras, daß die Lage eine schwie⸗
dand an den Abgrund gebracht hat. Man fühlt es, daß in Wa⸗ rige sei; der Koͤnig habe am Sonnabend die Absicht, abzudanke n
gener eben seine ganze Richtung getroffen ist. So faßt die „Voss. rklärt, und bleibe auf derselben trotz aller Bemühungen bestehen
—V die Sache auf, wenn sie sagt, daß in der Person Wageners Zorilla verlangt schließlich eine Frist von 24 Stunden und be—⸗
ine Partei von der Nemesis ereilt wird, und sie sagt von dieser merkt, daß die Cortes ein Votum nicht eher hervorrufen könnten
Partei: „Jede Partei, die es nöthig hat, die Moral ausdrücklich ais bis die Abdankung officiell sei. Der König fordere die R⸗
in ihe Programm aufzunehmen die Gott und Tugend fortwährend publikaner auf, nichts zu übereilen.
im Munde führt und gegen alle Welt vertheidigen muß, geht in
Heuchelei jaämmerlich zu Grunde. Von der Partei Wagener's ist
nichts als diese (Heuchelei) übrig geblieben, und wenn sie auch noch
nanchmal Rückfälle in den hohen Ton don früher hat, so besteht
sie doch am zahlreichsten in dem zurückgebliebenen Pflegma. Das
ind die Personen und Figuren, die an bestimmten Siellen kleben
Jeblieben sind oder der Weg zu ihnen finden gelernt hatten.“ Die
Spenersche Ztg.“ richtet die Schneide ihrer Reflexionen an den
dandelsminister. Ueber seine jüngste Erwiderung auf Laslker's
Pede bemerkt sie: Wenn der Herr Handelsminster auf die gest
rige Rede des Abgeordneten Lasker nichts weiter erwidern konnte,
als was er heute erwiederte, so wäre es besser gewesen, er hätte
zeschwiegen. Er will den stenographischen Bericht durchstudiren und
ach dann weitere Bemerkungen vorbehalten. Wir koöͤnnen ihm mit
»em Abg. Berges nur empfehlen, daß er sich ganz besonders die
Ztellen ansieht, in denen die Integrität des preußischen Beamten⸗
hums, im Ganzen, natürlich mit Einschluß des Herrn Handels⸗
ninisters, ausdrücklich in Schutz genommen, in denen aber zugleich
jervorgehoben wird, daß Einzelne dieser Beamten der Leitung ihres
Beschäftes nicht gewachsen seien. Gegenüber so unerhoͤrten Dinge
vie sie am 10. de. Graf Iztenplitz darbot, das ist wahrlich
deprimirend am meisten für die, welche auf die Staatsautorität
etwas halten. Im Interesse dieser Staatsautorität möchten wir
dringend wünschen, daß Graf Itzenpitz sich selbst überlegte, ob es
für die Regierung vortheilhaft ist, in ihren Verhandlungen mit
der Landes-Vertretung parlamenarisch so repräsentirt zu werden
wie es am 10. ds. geschah“. Die „Kreuzzeitung“ ist völlig
ttumm; sie äußert über die moralische Vernichtung ihres ehe⸗
naligen Chefredacteurs kein Wort. Das einzige Berliner Blatt,
das für Wagener das Wort zu nehmen wagt, ist die „Norddeutsche
Allgemeine Zeitung.“ Sie stellt die Handlungen Woagener's, auf
die es ankommt, als dem Privatleben angehsͤrend hin, und jam⸗
mert über die parlamentarische Redefreiheit, vermöge deren
Jemand in die Lage kommen könne, als Schuldiger zu erscheinen,
bevor cr gehört worden sei. Das officiöse Blatt möchte natürlich
den Scandal in den Alten des Disciplinargerichtsh ofes begraben
wissen.
ß Aus der Provinz Hessen, 3. Febr. wird der „Dorfz..“ aus
guter Quelle mitgetheilt, daß diejenigen Lehrer, welche 25 Jahre
definitiv im Schuldienste angestellt waren, eine Zulage von 8
Thalern 10 Silbergroschen erhalten haben; macht auf ein
Dieustjahr netto 10 Sgr. I
Frankreich
Paris, 11. Febr. Edgard Quinet hat, wie die, Agence
davas“ meldet, heute von Figueras und Castellar eine Depesche
erhalten. Dieselbe ist aus Madrid vom 11. Febr. Mittags datirt
and lautet: die Repuplil wird heute Abend in Madrid proklamirt
werden.