Full text: St. Ingberter Anzeiger

den eine gute Aufnahme, auch wenn sie nicht rechtzeitig 
»ptirt und ihr Domizil nach Frankreich verlegt hätten. Das 
scheint — wie so manches Andere — ein frommer Wunsch der Liga 
Jewesen zu sein; die französische Regierung faßt die Sache anders 
Juf. So ist gestern ein gebuͤrtiger Straßburger pex Schub aus 
Frankreich hier angekommen, welcher einfach wegen Mangels an 
Subsisteuzmitteln dort ausgewiesen wurde. 
Ems, 17. Juni. Kaiser Alerand er und Kaiser 
Wil heIm find heute Vormitlags 10 Uhr nach Coblenz gefah— 
en, um der Kaiserin Augusta einen Gegenbesfuch zu machen. 
Frankreich. 
Aus Frankreich, 18. Juni, Der Hafen von Sables 
d'Olonne, der erst vor Kurzem eröffnet wurde, ist plötzlich zusam⸗ 
mengestürzt. Der Schaden ist auf 800,000 Fr. abgeschäßt — 
Das Segelschiff „Boussuet“ wird am 29. Juni Bordeaux verlassen 
nu 60 weibiichen Sträflingen, welche auf ihr Verlangen nach 
Neu⸗ Caledonien derbracht werden, um sich dort mit Deportirten zu 
verheirathen. — Wie bereits gemeldet, ist der Marschall Elio, 
Kriegsminister des „Konigs Karl VII.“ in Paris angekommen, 
Dem“,Univers? zufolge soll der koͤnigliche Botschafter in den Re— 
gierungskreifen Aufschluß geben über die Vorgänge in Spanien und 
ber Len wahrhaften Charatter der carlistischen Bewegung. 
Paris, 18. Juni. Das linke Centrum fordert durch 
eine im Journal des Debats“ veröffentlichte Erllärung das 
rechte Ceutrum abermals auf zu einem geschlossenen Zusammen- 
zehen, für Errichtung der Republik, als einzig mögl cher Regi⸗ 
rungsform, und macht dasselbe im Falle einer“ Ablehnung für 
die leicht mogliche Wiedererrichtung des sKaiserreichs verant⸗ 
worilich. 
Paris, 16. Juni. Der Botschafter, Fürst Hohen. 
bohe, wird sich morgen zum Besach der internationalen landwirlh⸗ 
schaftlichen Ausstellung nach Bremen begeben. (T. N) — 
WMan schreibt aus Marseiller In unserer Stadt ist vielfach 
die Rede von der Gründung eines großen bonopartistischen Blattes, 
welches direlt von Herrn Paul de Cassagnac inspiritt und von 
den Herren Rouher, Abbatueci, Levert und Lagarde mit Rath und 
That unterstutzt werden soll. ——— 
Schweiz. 
Bern, 12. Juni. Im Jura sind in den letzlen Tagen 
wiederholi fanatische Exzesse vorgekommen. In Bonfol saß der 
Gendacm, welcher die Berhaftung zweier Excendenten vorgenommen, 
sich sogar genöthigt, von der Schußwaffe Gebrauch zu macheu. Alle 
diese Änftritte sind nur den Hetzereien von jenseit der französifchen 
Grenze zu verdanken. 
Spanien. 
Santander, 16. Juni. Hier geht das Gerücht von ei⸗ 
nem großen Slege der Regierungskruppen über die Carlisten bei 
Lodosa (in Navarra, am Ebro gelegen). Die amtliche Beftätigung 
feht!. General Echague operirt gegen die linke Flanke der Car⸗ 
üsien auf dem Gebiete der Cinco-Villas. General Concha richtet seinen 
Vormarsch gegen Estella. 
England. 
Queenstowein (Irland), 16. Juni. Rochefort ist hier 
eingetrossen und nach Duplin w iler gerrist. Eine zahlreich ver— 
sammelte Volskmenge vor dem Hotel und Bohnhose rief: „N'eder 
mit Rochofort!“ 
Amerika. 
New-PYork, 18. Juns. Der Praͤsident der Republik Gua— 
terala ba die Erschießung Gonzales', der den-englischen Vicecon— 
sul Magee tkätlich mikhandeln ließ, angeordnet. 
Vermischte s. 
rZweibrücken, 16. Juni 1874. (Schwurger'chts-Ver— 
handlungen pro II. Quartal.) Anklage gegen Johann Jokob Roͤder, 
61 Jahr ali, früher Wirth, in Ludwigshafen wohnhaft, weqen be— 
trügerischen Bankerotls; vertheidigt durch Anwalt Rosenberger. 
Mil guten Zeugnissen vom Mil'tär entlaffen, wurde der Angeklagte 
Polizeidiener. In dieser Stellung verblieb er mehrere Jahre, bis 
jum Jahr 1858, wo Röder in Ludw'gshafen eine Wirthschoft an 
fing. Diese Idee war keine schlechte gewesen, denn da er aufmerk 
sarn, fleißig und sparsam waz, machte er ganz gute Geschäfte; auch 
stand er immer im besten Rufe. Da kam im Jahre 1869, ver⸗ 
anlaßt durch den Bau der neuen Rheinbrücke, ihm der unselige 
Entschluß, um hievon Vortheil ziehen zu können, an ein hier in 
der Rähe gelegenes Haus noch einen Saal zu bauen. Veranschlagt 
war dieser Bau, auf 7000 fl. bis derselbe aber vollständig fertig 
dastand, betiugen die Herstellungskosten über 14,000 fl. Solch be 
deutenden Ausgaben war der Angeklagte nicht gewachsen, und er 
mußte dißhalb, weil er seine Gläubiger nicht mehr befriedigen konnte. 
feite Zahlungen einstellen. Daraufhin wurde er durch Urtheil dis 
Benrksger'chteß Franke thul, als Handelsgericht sprechend, vom 
27. Mai 1870 in Fallimeßtszustand erklärt. Schon gelegentklich 
der Inventarisirung und Verfiegelung der Masse kam der Verdadh 
ruf, daß mancherlei Gegenstände des Falliten, namentlich die 
Wirthsgeräthschäften desselben, da sich hievon auffallend wenig vor— 
anden, auf die Seite geschafft sein müßten. Es wurde deshalh 
die Gensdarmerie zur Recherchirung aufgefordert und, nach Fest 
tellung verschiedener den Röder belastender Umstände durch dieselbe 
Antersuchung wegen betrügerischen Bankerotis gegen den Fallium 
ingeleitet. Als nun der Untersunchsrichter behufs erneuter Haus 
uchung die Räumlichkeiten des Angetlagten betrat, lief der Ange⸗ 
lagte barhäuptig davon. Dieses verdachtige Benehmen veranlaßl⸗ 
zu um so genauerer Durchsuchung des ganzen Hauses. Man fand 
denn auch, außer auderen vergrabene Gegenständen Wein ꝛc.) in 
duftheizungsapparate des Saales versleckt, eine Menge Gläser, Teller 
— im Laufe dir 
Antersuchung festgestellt, daß Sachen der obenerwähnten Art nud klei⸗ 
— —— — bekannten und dver—⸗ 
vandien Personen in Ludwigshafen gebracht, sowie daß endlich für 
36 fl. mehrere Möbel, (Commode, Tisch) an einen Mannheimer 
—-chreiner verkauft wurden. Den Gesammtwerth der fso auf die 
Zaite geschafften Effecten berechnet man auf 208 fl. All dieß — 
)ie Beiseitschaffung und der Verkauf — sollte zwar dor der Falli 
nentserklärung, aher nach Einstellung der Zahlungen, — wie die 
Staatsbehoörde aufstellle, — auch heimlich in der Absicht, die 
Bläubiger zu benachtheiligen, geschehen, mithin der Thatbestand des 
zetrügerischen Baukerottä gegeben sein. — Das Vecfahren wurd 
zegen Röder fortgefetzt und derselbe, da man seiner nicht habhaf! 
Veden konnte, im Jahre 1871 durch den k. Schwurgerichtshef 
ohne Geschworene) in coutumatiam zu 4 Jahren Zuchthaus verur⸗ 
heill. Weil im Laufe dieses Jahres der Angeklagte, der unter⸗ 
dessen in Amerika gewesen, sich stellte, verlor, gesetzlicher Vorschrift 
Jemäß, dus frühere Uriheil seine Wirksamkeit und hatte XRC 
Herhandlung, und zwar vor den Geschworenen, in der Sache stell 
ufinden. Daß verschiedene Gegenstände, durch Verkauf, Verbringung 
u anderen Personen, sowie durch Vergraben oder Verbergung in 
duftheizungsaͤpparate, auf die Seite geschafft wurden, bestritl weder 
der Argeklaͤgte'noch dessen Vertheidiger. Da also die Thaisache 
des Beiseitschaffens von Effecten feststeht, behauptete die k. Slaats 
behörde heuͤte, es müsse eine Vrrurtheilung des Röder erfolgen, weil 
auch das andere geseßlich zum Thatbestande des betrüglichen Ban— 
kerons nöthige Erforderniß, die Absicht (durch die —A 
die Gläubiger zu benachtheiligen vorläge, wie aus der Art der 
Berbergung, aus der Nichtangabe, ja dem ausdrücklichn Ableugnen 
der beireffenden Gegenstände an den darnach fragenden Massenber 
walter, vervorh: ge. Der Angeklagte, wie sein Vertheidiger dagegen 
stellten das Vorhandensein, der erwähnten Absicht entschieden in W 
rede. So behauptete der Erstere namentlich bezüglich der in 
Hause versteckten Sachen, daß diese nur um seinem Sohne Mah 
degen Verbürgung für eine Schuld des Vaters Sicherheil zu ge— 
vähren, dorthin verbracht wurden; letzterer, daß die wieder hollen 
Beifuch‘, mit günstigen Anerbietungen an die Gläubiger behuß 
Zustandbringurg eines Arrangements, sowie der Umstand, daß reß 
der Möglichkeit des Verkaufs, die Sachen nicht veraußert wordin 
wären, die Annahme obiger Absicht ausschlössen. Die Geschoren:n 
ertlärten den Angellagten für nicht schuldig. (Pf. P.) 
f Landstuh, 17. Juni. Der Bezirkslehrerverein —RB 
serslautern Landstuhl hat heute seine anßerordentliche Jahresbet 
sammlung dahier a bgehalten, welche zadlreich besucht war. An 
Antrag des Vorsitz enden sprach die Versammmung einstiwmig du 
egl. Regierung den wärmsten Donk aus für die Berufung und 
rẽrnennung praktischer Lehrer zu Schulinspektoren. Ein sehr mtere⸗ 
santer Vortrag wurde durch den Vorsitzenden Grobhoffer gehalien 
Uber das Thema: „Die Natur des Kindes in ihren Haupttypen. 
pKaifersltautern, 16. Juni. GPf. Zts.) Der Vor⸗ 
stand der hiesigen Eisenbahnwerkstätte, Hr. Maschinenmeister Mahla 
hat dem Veruehmen nach eine Anstellung als Obermaschiuenme 
der bei den bayerischen Staatsbahnen in München erhalten. 
Der „Sp. Anz.“ meldet unter'm 18. Juni folgende edle 
That: Der erste Bezirtsamtsgehilfe Herr Stenglein bemerkte au 
einem Spaziergange an dem Rhein, den er gestern ug die zweit 
Mittagsstunde machte, eine Gruppe Menschen, welche sich in auß 
jallender Weise an der Mündung des Spfierbaches in den Rheir 
hin und her bewegle. Er trat herzu und sah in dem Wassen 
velches an dieser Stelle ungefähr 18 Schub Tiefe hat, einen mi 
den Fluthen ringenden Knaben, der im Untersinlken war. Her 
Slenglein“ worf Rock, Hut und Stock von sich, schwang fih übe 
den Zaun in das Wasser, faßte das etwa zehnjährige Kind 
der Jacke und brachte es glücklich an das Ufer. 
F In Landau haben die Geschaftzleute Levy und Trauthe 
Zahlungen eingestellt. Das Defizit soll sehr bedeutend sein. 
Oggersheim, welches seire eigene Apothele schon⸗ 
jaben glaudie, ist nun wieder apothekenlos gestellt: das Minist⸗ 
jum Hhat die Entshl'eßung der Kreisregieruncg, welche die Conce