St. Ingberler Znzeiger.
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der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗
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M 114. Donnerstag, den 20. Juli I 1876
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Deutsches Reich.
Mänchen, 185 Juli.' Die Abgeordnetenkammer erledigte
jeute die Eiats der Staatsrealitäten, Grundzefälle, Pensionen,
Zustentationen 2c. nach den Ausschuß-Vorschlägen. Mor en Prü⸗
ung der Wahlen von Regensburg,. Sulzbach, Weißenburg und
Aschaffenburg. ⸗
Ausland.
Der „Pester Lloyd“ gibt sehr schätzenswerthe Andeutungen
über die naͤchsten Ziele des Drei Kasser Bundes. Wir erfahren,
haß zur definitiven Schlichtung der Wirren in der Türkei
nicht ein Kongreß in Aussicht genommen werde, zu wel⸗
hein nach den Bestimmungen des Variser Vertrages auch die
aͤforte hätte eingeladen werden müssen, sondern es sollen nur
veriraul'che Erdrierungen? von Kabinet zu Kabinet stattfin⸗
ꝛen, und sollen an den Berathungen nur die chr'stlichen Groß⸗
nächte theilnehmen. Dadurch erscheint die Türkei faktisch aus
»em europä'schen Staaten - Concerte ausgeschlossen. Weitet
tlärt der Pester Lloyd“, daß wenn sich die Gräuelthaten der
Türken in Bulgarien wiederholen sollten, es „allerdings nicht un⸗
»enkdar ist, daß die europäischen Mächte durch die beleidigte
zffentliche Moral rascher zu einer Einmischung gedrängt werden,
aiz dies bei den Reichstädter Besprechungen in Kussicht genommen
vorden zu sein scheint.“ Diese Sprache läßt an Deuthchkeit
achts zu wünschen übrig. Die Dinge entwigelu sich raich.
Paris, 18. Jull. Der „Agentur Havas“ wird aus Thera⸗
ina unterm gestrigen Dalum telezraphirt: Die Einnahme von
Zlek durch die Montenegriner wird oöffiziell bestätigt.
London, 17. Jult. Im Unterhause antwortete Disraeli
zuf eine Anfrage Baxters, die Depeschen des Botschafters Lord
ẽzlliot bewiesen. daß die Berichte von neuen Grausamkeiten in Bul⸗
arien stark übertrieben jeien; eine Depesche Elliots meldet den
Fintritt christlicher Freiwilliger in die türkische Armee.
Konstaniinopel, 18. Juli. Der „Agentur Havas Reu—⸗
er“ wird gemeldet: Die türkische Armee ist von Nisch aufgebro⸗
—
die türk schen Journale bestätigen, daß Tschernajeff von Babinag-
aba delogirt ist und sich auf dem Rückzuge befindet.
Vermischtes. J
— Die Ausweise über die Einziehung von deutschen Münzen
ür Rechnung des Reiches „eigen, daß bis Ende Juni d. Is. zur
kinziehung gelangten, Landes-Silbermünzen 476,671,0389 Mart
dupfetmunzen 2,702, 208 Mark, zujammen 476,373,302 Mark.
Inler den Silbermünzen befanden sich 39,218,180 Thlr. Zwei—
halerstücke, ferner Thalerstücke 29 225,569 Tholr.
f Ueber einen entsezlicen Unglücksfall wird uns vom 11. d.
N. aus Königshätte gemeldet: Die Ehefrau des bei der „Kö⸗—
aigshütte“ als Wächter angestellten Panczyk brachte gestern in Be—
lcitung ihrer 4wölffäͤhrigen Reichte und ihres acht Jahre zählenden
Sohnes, das Jüngste in den Armen haltend, ihtem auf dem Posten
ich befiodlichen Manne das Abendbrot. Die Familie setzt sich in
as Wärterhäuschen und, während der Vater das einfache Mahl
enießt, plaudern sie sorglos über allerhand gleichgilt'ge Dinge.
da nähert sich ein Wagen mit glühender, im flüssigen Zustande
efindlicher und nur in ihren außersten Schichten einigermaßen er⸗
tarrter Schlacke, die nach dem Ablad-platze, einem Teiche gefahren
vird, dem Wächterhäuschen. Plötzlich ein furchtbarer Knall, ein
ẽrdröhnen der Luft, und die Wächterfamilie ist über und über mit
der ladaähnlichen Masse bed ckt. Offenbar explodirt der noch nicht
ränzlich abgekühlte Schlackenkuchen und übergoß mit seiner flüssigen
Hluih die Panczyk'sche Familie. Der Vater, an Häuden und
Füßen verbrannt, mußte sofort in das Knappschafts-Lazareh ge
racht werden. Die Mutter, ihre Kinder und die angenommene
Nichte sind dagegen im Gesicht und am Leibe mit ausgebrannten
Löchern bedeckt. Bereits ist das erwähnte 12iährige Mädchen, dem
bei der Katastrophe buchstäblich die Augen ausgebrannt wurden,
dreu furchtbaren Qualen erlegen. Auch hinsichtlich der Uebrigen
ist sehr wenig Hoffuung vorhanden, daß sie am Leben erhalten
werden. Sie bieten einen schauderhaften, herzzerreißenden Anblick
dar.Erwähnung muß noch des Aufsehers Hytrek geschehen, der
heifend hinzusprang, aber auch verunglückte und gleichfalls ins
dazareth geschafft werden mußte.
F Aus der Junstruktionsstunde. Ein Unterofficier examinirt
einen Emjährigen und fragt unter Anderm: Was ist das Staats-
eigenthum? Dieser giebt eine Definition, welche indessen nicht be⸗
riediat, und an einen anderen Einjährigen wird die gleiche Frage
zestellt; dieser fucht eine andere Begriffserklaäͤrung zu geben, welche
benfalls nicht acceptirt wird, Nachdem noch ein dritter gefragt ist,
'obt der Instruktionsm:ister über die Einjährigen, „die sonst immer
nit gelehrten Wörtern und Ausdrücken um sich werfen,“ und giebt
un endlich selbst die authentische Definition: „das Staatseigen—
hum ist — zu schonen!“
f Der Blitz als Stiefelknecht ist die neueste Sensation
in Süd⸗Manchester (Conn). Dort traf der Blitz eine Kirche; an
der Mauer standen drei Knaben im Alter von 14 Jahren, denen
ämmtlich die Stiefel von den Beinen gecissen wurden, ohne daß
ie sonst Verletzungen erhielten.
F Kriegsdepesschen. In einem Telegraphenbureau
u Wien:
Ein Beamler zieht seine Uhr.
— Verdarimt, heute komme ich wieder nicht in den Prater.
— Weshalb denn nicht?
— Ich muß auf die Depeschen auf Belgrad warten, sie kom⸗
nen gewöhnlich zwischen 11 und 12 Uhr Nachts.
Der andere Beamte sinnt einen Augenbl'ck nich
— Hast Du schon die Depeschen aus Konstantinopel?
— Ja.
— Dann schreibe doch ganz einfach das Begentheil und geh'
tuhig spazieren!
Dienstesnachrichten.
Dem k. Rathe und Notar VMoré in Ludw'gshafen wurde auf
Anfuchen gestattet, den geprüften Rechts candidaten Ludw. Eswein
in Ludwigshafen auf ein Jahr zum Amtsverweser zu bestellen.
Für die Redaction verantwortlich “ R X Demes.
Die beiden neuesten Nummern deec Illustrirten Frauen⸗
Zeitung (vierteljährlicher Abbnnementspreis M. 2.50) euthalten:
. Die Moden-Nummer (27): Anzuge für Gebirgsreisen nebst
zacken, Rock- und Staubmantel, Promenaden-Toiletten, Ueberkleider,
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der Wäschekorb, Fliegenglocke, Raudbekleidung für eine Speisen⸗
orm, Arbeitstasche, Prodianttasche. Schreibtischteppich. Bunte und
Veißst ckeresen, Hakelstrickarbeiten ꝛc. zc. mit 62 Abbildengen, und
inem großen colorirten Modenkupfer. 2. Die Unterhaltung⸗
stummer (28): harzreise. Humoreskte von Otto Girndt. 2.
— Der Ring des Nibelungen. Ein Bühnenfestspiel von Richard
Vagner. Von H. Ehrlich. 1. Einige Kapitel über Spitzen.
ßon Jakob Falke 2. Mit zwei Abbildungen. — Verschiedenes.
— Briefmappe. — Frauen-Gedenktage. — Ferner folgende Illu—⸗
tratioßen: Spruchdild. Von C. E. Doepler. — Unter dem
Regenschiin. Bon G. Peenat. — Jüdin aus Tetuan. Von
J. Porlaels. Italienische Reticella-Spitze. Sechzehntes Jahr⸗
qunder. Zwei Abbildungen.