Full text: St. Ingberter Anzeiger

—XV 
pom Kriegsministerium auf 248,500 Franlken festgesetzt wurde. 
Die Summe erscheint der Stadt zu gering und die städtische Ver⸗ 
waltung hat sich an den Staatsrath gewendet, um ihre Erhsödung 
durchzujeßen. dan theh J 
d'aag, 19. Febr. Die 4wreite Kommer hat die mit 
Peeußen abgeschlossene Convention betreffend die Verbindung der 
niederlandischen mit preußeschen Canalen genehmigt. 
Barcelona, 20. Febr. (Comploit.) H'er wurde ein 
von Anhängern Zorilla's geplantes Complot entdedt, weldes während 
des Befuches dez-Königs hier zum Ausbruch kommen sollte. Sie-— 
ben Personen murden derhaftet ünd die Untersuchung eingeleilet. 
Neapel, 20. Febr. Der Redakteur des Journals „Roma“ 
jaite heute ein Interdiew mit? Midhat Pascha. Der Tehemaligẽ 
Broßvezier bestaͤtigte seinem Befucher, daß sein Sturz dem Einfluß 
des Schwagers vom Sultan Mahmud Damad Pascha zuzuschreiben 
ei. „Mahmud Damad unterstützte die Umtriebe, welche sich im 
Ministerrath der Pforte gegen die Verfaffsung bemerlbar machten. 
Didhat Pascha seibst will ausche nend nicht- an seine Rückberufung 
Jlauben. Er chält den Krieg für unvermeidlich und für unmittele 
dar devorfte hend ungeacht et: eines Friedensahschlusses zwischen der 
Türkti und Serbien. Seiner Meinung noch ist ür Rußland ein 
Rüchzug unmöglich, wveil ein solcher ihen den Verlust seines ganzen 
xkinflusses auf die Ballanbölter einbrächte. und die Früchte seiner 
qundertijährigen Politil opferte. Midhat Pascha verzweifelt selbst- 
petstündlich nicht an einem der Türlei qünsti zen Ausgang des 
Zriegeß. Nach seinet? Ueberzeugung ist eine Lokalisirung des orien 
ralischen Krieges nicht denkbar, weil Oesterreich durch die Provo 
ntionen seiner slavischen Bevöllerungen zu einer altiven Politik: 
ueiner. Interbention wird gezwungen werden. Gesch'eht dies, 
dann est ein allgemeiner Krieg unausbsetblich, denn die anderen 
dänder würden sich einmischen. Frankreich und England würden 
eine türtkenfreundliche Haltung einnehmen; Fürst Bismarck aber, 
der „eigentliche Urheber aller jetzigen orientalischen Ver: ickelungen“ 
draänge Oesterreich zu einer Ausdeknung-der önerreichis ren Macht 
nach den Slavenländern, um desto sicherer und: ungenirtet das 
deuische Reich ducch die Annexion von Deutsch Oesterreich vergrößern 
ju können und um Rußland eiune Annexion der fürlischen Be— 
itzungen zu ermoͤglichen. 
Konstantinopel, 21. Febr. Wenn es' gelingt. den 
Frieden mit der Pforte zum Abschluß zu bringen, so sollen die 
detreffenden Protokolle vorerst den Garantimächten zur Gutheißung 
und Ratfizirung unterbreitet werden. Dann aber solle der Sultan 
eine Amnestie ertyeilen und die früher Serbien zuslehe den Rechte 
in einer Fr'edensprotlamation nochmals ausdrücklich vestätigen. 
Konstantinopel, 21. Febr. D'ie Pforte hat ihre 
—I 
daß die Nachrichten über den Gesundheitszustand des Sultans, 
welche in der europäischea Presse circuliren, jeder Begründung ent⸗ 
behren. Der Sultan sei vor einiger Zeit von einem Zahnleiden 
heimgesucht worden, welches aber gegenwärtig gehoben Pi. Seine 
Besundheit sei in jeder Beziehung zufriedenstellend. In einer wei⸗ 
teren Depesche der Pforte an ihre Vertceter werden alle Gernchte 
über eiuen bevorstehenden Wechfel im Großbenerat als anbeqründet 
dezeichnet. 
Die Friedensverhandlungen mit Serbdien dverlaufen so rasch, 
daß eine Verlängerung des Waffenftillstandeß, der Ende dasf⸗s 
Monats adläuft, kaum nothwendig werden dürfe. In Pera warde 
die Unterze'chnung des Friedens schon am 21. da. erwariet. Das 
Prototoll würde alsdann den Garantiewächten vorgelegt werden, 
vworauf der Sultan für alles Geschehene Absolut' on ertheilen würde. 
Das „Journal de St. Petersbourg“ schreib an der Sp'tze 
seiner politischen Tazesrundschau: „Die jeß'ge Krisis wirft eine 
große Uncewißheit auf alle internationalen Beziehungen. Gs int 
Fies vielleicht unvermeidlich aber man muß gestehen, daß die Sprache 
der Zeitungen aller Lander nicht dazu angerhan ist, diesen bedauer 
iichen Umfiand zu mindern. Erst kürzlich iasen wir in mehreren 
Otganen unserer Presse bittere Vorwürfe an die Adresse Deutsch ⸗ 
lands über den wenigen guten Willen, welchen dieses gegen Ruß⸗ 
jand unter den obwaltenden schwierigen Verhältnissen bezeige. Heute 
slagen die nämlichen Zeitungen das Berliner Kabinet an, zu viel 
ju thun und zum Kriege zu treiben. Wir tonnen dieses ewige 
Mißtrauen nicht füt gute Polink halten. Es trägt sicherlich nicht 
ur Bewahrung des guten Einvernehmens bei, ohne welches die 
Vefahren, welche die Orientfrage birgt, sc werlich deschworen werden 
zonnen. Es scheint uns mithin, daß unsere Zeitungen, anfstatt durch 
wohlfeile Verdächtigungen die Altion Deutschlands zu entmuthiaen 
— vwelches die an den Orientangelegenheiten uninteressirteste Macht 
ist und demgemäs auch die unparteiliüste sein kann — dieselbe 
hielcnehr mit ihren Wünschen anrufin sollten, und daß der einzige 
Borwurf, weiqen sie an die Adresse des Berliner Kabineis richten 
ünnten, der nare, diese Alt'sn nicht mit gerügender Festigkeit 
dudzuüben.“ Sonderbater Weile ertont auch gegenwärtig wieder 
jon enguischer Seite der Hilferuß, Deutschland möge doch feite 
—ERO 
darin scheint der zweifellose Veweis zu liegen, daß Deufschland 
nach wie vor am Besten thut — gar nichts zu thun. 
— Rofssisch»dsterreich ibche Convbention. Es 
Jeißt, die rujsische Regierung hätte Oesterreich Ungarn angesichts 
zes bevorstehenden Ausbruchs des tückisch-rusfischen Krieges wichtige 
torschlage gemacht. Namentlich soll Rußland für den Krieg fall 
ie Besetzung Serbiens durch öefterreichisch⸗ungarische Truphen gut⸗ 
seißen. mwatß auch deshalb geschehen mag, weil Oefsterreich Ungarn 
ventuell die Besetzung Serbiens im Schilde führte. Wenn nun 
ieselbe von Rußland aus vorgeschlagen wird so verliert fie dadurch 
en russenfeindlichen Charakter, den sie sonst angenommen hätte. 
Jü Ungaru ist der Gedanke, Serbien durch österreichische Truppen 
a besetzen, dleineswegs unpopuhär. Man wöürde das hier als eine 
zürgschaft çegen pauflawistische Agitatiorꝛen während eines rusfisch⸗ 
ärlischen Krieges betrachten und zugleich als ein Faustpfand gegen 
dußland, weun letz'eres sid in der Bulzarei festhetzen wolle. Frei⸗ 
ich müßte man die anderen Bedingunzen lernen, welche mit der 
waigen Vejetzung Serbiens durch österreichijche Truppen in Ver—⸗ 
—I 
»es russischen Vorfchlages ein Urtheil fällen tönnate. ( Köln. 3.) 
BVermischtes. 
f Neustadti, 20. Fobr. Es vwird in diesen Tagen hier 
ine Revifion und Inspellion der Waaren in den verschiedenen 
Zpezerei⸗ und Materialhandlungen vorgenommen. Va man hierbei 
orzugsweise sein Augenmerk auf Schnupftabal und Gewürze ze⸗ 
ichten zu baben scheint, so gehen wir wohl kamm irre, wenn wir 
zie Anotdnung dieser Maßregel mi dem in Permasens vorgelom⸗ 
nenen Fall einer Bleibergistung durch Schnupftabak und den ähn⸗ 
ichen Vorkehrungen in andtren pfälzischen Städten in Zusammen⸗ 
jang bringen. Von etwa vorgekommenen Confiscationen von Waaren 
jaben wir bis jetzt nichts vernommen, doch sind uns Zurhand- 
rahmen von Gewürzproben behuss Unersuchung auf ihrt Resnheit 
dekaunt geworden. Von der Walter'scheu Tabakfabrik zu Godram⸗ 
tein find Ankündigungen erlafssen worden, worin sie ihre Kunden 
nuffordert, jene Tadaksorten, welche in Blei verpockt und noch in 
händen der Abnebmer sind, behufs Auswechselung gegen andere, 
zie in Z'nnfotie verpackt sad, an sie einzusenden. Zugkeich zeigt 
ie Firma an, daß sie sich künftig nuc noch der letzteren Verpackungs⸗ 
irt bedienen werde, obgleich sie nicht glaubt, daß die bezügliche 
gergiftung von ihrem Fabrikat hetrühre. Das wiꝛd wohl die 
Iaterjuchung herausste len. 
Von Sr. Mij. dem Kaiser von Deutschtand und König 
»on Preußen wurde dem kgl. Regierungedirektor v. Meyet, igl. 
Fommissär der Pfälz schen Eisendahnen, der Kronenorden zweiter 
Flafse (Comthurkreuz) und den Oberingenienr der Pfälzischen 
Zahnen, C. Bas!er, der Kronenorden dritter Classe Kitterlreuz 
l. El.) verliehen. 
FDr. Johann Jacob ey ist steinle dend und muß sich 
Rieefer Tage det Operation der Steinzertrümmerung unkterziehen. 
Vdan ist um sein Leben besorgt. 
In New-Orleans starb vor Kurzem ein junger Mann (J. 
M.) gebirrtig aus Kandel, in Folge eines Sthhlangenbisses. 
F (Wie vielmal hanen die day⸗rischen Reichsboten im jüngsten 
Keichzs‘ag das Wort ergreffen?“ Im Ganzen 54 Mal und zwar 
16 Mal von bberaler und 8 Mal von ultramontaner Seite. Von 
ersterer Partei' sprachen: Dr. Buhl, O Mal, Dr. Vötk und De. 
Ziun 8 Mol, Bezirks Gerichts Rath Herz 7 Mal, Dr. Franken⸗ 
‚urger 6 Mas, Dr. Marquardsen 4 Mal, Dr. Erhard 2 Mak und 
yrhr. v. Stauffenberg und Appellrath Schmitt je 1I Mal. — Von 
—XEV— 
nann Hauck 6 Mal und Dr. Jög 2 Mal. — Unser Jusftiz⸗ 
ninister Dr. v. Fäustle nahm, ausschließlich in der Justizgesetz⸗ 
zebunge debatie 6 Mal das Wort. 
— Aus Landshut gwird dem ‚R. T.“ folgendes n'eder⸗ 
hayerische Kulturbild berichtet: In den henachbarten Achdocf that 
ich eine kleine Trinlgesellschaft zusammen, welche am Faäftnacht⸗ 
onntag Nachmittags 5 Uhr zu trinken anfiag und deren letzte zwei 
Theilnehmer bis am Fastnachtsdienstag um Mitternacht e nem groß⸗ 
artigen Kneipen obl gen. Sohin franken dieselben 33 Stunden 
mausgesegt fort!? Derjeniae von den Beiden, der am Meisten 
nanke, soll während dieser Zeit 69 Liter, der andere dagegen nut 
gegen 40 Liter vertilgt haben. 
rNeupfonz. Der Stand der Herdst⸗ und Wigotersaaten 
in der Rheinniederung ist ein sehr befriedigender. Der schöne, 
varme Herbst begünstigte aber auch die Saatbestellung und das 
ufteimen der Körner außeroidentlich, so daß die Saaten nicht 
elten zu dicht stehen. Der Weizen hat wohl den sbönsten Stand. 
derselbe vird bei uns vor der Aussaat mit Vitriol oder Kallk ein⸗ 
ebeizt. Die Haupisorte, welche dahier angebaut wird, ist der Bart⸗ 
veizen, welcher Grannen trägt und nicht so leicht durch ungünflige