St. Ingberler Anzeiger.
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M 31. — Sonntag, den 23. Februar J J F 9* 1877.
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Deutsches Reich. 9
Mäünchen, 22. Febr. Die Bestimmungen Über die dies⸗
aͤhrigen, nach Beendigung der Herbstwaffenübungen zur Ausführumng
zelongenden Aeuderungen in der Tislocation der Armee haben in
diesen Tagen die Genehmigung Sr. Maj. des Königs erhalten.
Truppentheile, die sich in der Pfalz befinden, werden von den dies⸗
maligen Aenderungen nicht berührt.
Berhin, 22. Febr. Se. Maj. der Ka'ser hat heute Nach—
mittag 112 Uhr die Session deg Reichsstags mit einer Thronrede
rröffnet, aus der wir die Stellen, das Reich in seinen inneren Zu—⸗
däuden und die äußere Politik betr. entnehmen: ‚Leider dauert die
gedrückte Lage, in welcher Handel und Verkehr sich in den deiden
jetzten Jahren befunden haben, bei uns wie in den audery Ländern
noch heute fsort. — D'e unausgesctzien Ewägungen der verbün—
deten Regieiungen üder die Mittelt, derfelben abznhetfen, haben
Mir nicht die Ueberzengung gegeben, daß de inneren Zustände des
Deutschen Resches einen wesemlichen Antheil an den Ursachen der
Uebelstände haben, die in allen andern Läudern gleichmäßig gefühlt
werden. Die Aufgabe, augenblicklichenm und örtlichem Mangel an
Beschäftigung für Arbeit suchende Kräfte abzuhelfen, lient den ein—
zelnen Staaten näher als dem Reich. Insowent der Wiederbelebusg
des Verkehrs ein Mangel an Vertrauen auf die zukünftige Sicher⸗
deit der Rechtszustände innerhalb Deutschlands etwa im Wege steht,
werden Sie nut Mir solche Besorgnasse für unbegründen halien.
Die Organisation des Reshs und der gesunde Sinn des deutschen
Volkes hilden eine starle Schutzwehr gegen die Gefohren, welche
anarchische Bestrebungen der Sicherheit uud der regelmäßigen Ent
wickelung unserer Rechts zuständer bereiten köͤnnten. Von au?wärtigen
Befahren aber, welche aus der noch ungeloöͤsten orientalischen Krisis
hervorgesen bönnten, ist Deutschlaund weniger bedroht als a dere
Landexr, Mene Paltik ist den Grundsätzen, welche sie vom Be⸗
ginn der otiendalischen Verwickelung an befolgt hat, ohne. Schwanken
ueu geblieben. Die Cauferenz in Konstantinopel, hat. leider nicht
den. geheffien Erfoalg gehabt, die Pforte zur Gewährung der Zu⸗
geständnisse zu vermögen, welche d'ie europässchen Mächte im Inie
resse der Menschlichkeit und pur Sicherstellung des Friedens für die
Zukunft glaubten verlangen zu sollen. — Die Co seren, verhand⸗
lungen haben aber das Ergebniß gehabt, daß die christlichen Mächte
unter sich über das Maß der von der Pforte zu bean pruchenden
Bürgschaften zu eirer Uebereinstimmung çgelangt sind, für welhe
oor der Conferenz wenigstens ein allseitig anerkannter Ausdruck noch
nicht besta.d. Es ist dadurch ein fester Grund zu dem Vertrauen
zewonnen, daß der Frieden unter den Mächten auch dann gewahrt
bleiben wird, wenn die Hoffnung sich, nicht verwirklichen sollie, doß
die Pforte' aus eigener Entschließimg die Reformen beezüglich ihrer
christlichen Unterthanen zur Ausführung bringen werde, welche von
der Conferenz als europaisches Bedürfniß anerkannt worden änd.
Wenn die Erwariungen unerfüllt bleiden sollten, welche in dieser
Bezichung sich an die Verheißungen der Pforte und an die Ein⸗
sleitung der Friedensderhandlugen grite Serbien und Montenegro
knüpfen, so wird Meine Regiserung wie bisher so auch ferner be⸗
müht sein, in einer Ftagc, in welcher d'e deutschen Interessen ihr
rine bestimmie Linie des Verhaltens nicht vorschreiben,, ihren Ein⸗
fdluß zum Schutze der Chriften in der Türkei und zur Wahrung des
europäischen Friedens, insbesondere aber zur Erhaltung und Be—
jestigung ihrer eigenen guten Beziehungen zu den ihr verbündeten
und befteundeten Regierungen aufzuwenden. Zo diesem friedlichen
Werke rechne ich, vertrauensvoll auf Gottes Segen“
Berhin, 22. Febr. Die erste Sitzung des' Reichstages
wurde von dem Altersprandenten v: Bonts eröff net. Der Namens
aufruf ecgab 262 anwesende Abgeordnete, demnach ift das Haus
veschluzfähig. Morgen sindet' die: Wahl der. Präsidenten statt
De Södialdemoktaten rommen; belauntlich in der Zahl bvon
13 Mitgliedern in den Reichstam; sie können' daher keine eigenen
Auträge stellen, da die Geschaftzordnung 15 unterstützende Stimmen
ür jeden Autxag fordert. Es wird nun gemeldet, daß die 4 De—⸗—
molraten oder Volkeparteiler, welche in der gleichen Lage sein
würden, und die 13 Sozialdemokraten sich dahin verständigt hätten,
die etwa fehlenden Stimmen zur Ermsglichung eines Antrages sich
zegensennig zu fichern, ohne daß aber diese Ünterstützung auch für
„ie Abstimmung verpflichten, präjudiziell sein jolele. —*
Die vom Reichs⸗Eisenbahnamt vorgeschlagene Einrichtung, daß
kisenbahnbillets auch innerhalb der qgroßen. 8
nsbesondere in Hotels veckauft werden, hat.sich hisher in Berlin,
Dresden und Frankfutt a. M, so gut bewährt, daß jetzt die weitere
lusdeßnuag der in Rede fiehenden Verkehrserleichterung bei den
hetteffenden deutschen Eisenbahn Verwaltungen angeregt worden ist.
Spandau, 20. Febr. Eine große Anzehl Ärbeiter rottele
ich am Montag Mittiag vor dem Rathhause in Spandau zus
ammen und verlangte stürmisch Beschäftigung. Die Leuile bellagien
ich hauptsächlich darüber, daß man bei den Festun serweiterungs-
anken, welche 4war nur schwach betrieben werden frernde gumeist
»oluische Arbeiter beschäftige and einheimische Arbeiter- wit ihren
vesuchen um Beschästigung abwehge. Da der Aluflauß zunmer größere
Dimenfionen anrahm, so mußte schließlich die Polizei einschreiteu,
pobei emuge Vertzaftungen von Personen, welche sich den polizei⸗
lichen Anorduungen widersetzten, vorgenonmen wurden.. 4.*
Gordd. Allg. Zighe
Ausfand. 3
WBen, 22. Febt· Vas Herrenhaus hat —X
Zefetzentwurf betreffs der Vewilligung cimt Ceedieavoc 600. 00
l. inr Befchcdung der Parifet: Wieltausstelluund antzenommen —
Stocdholm, 21. Febr. Die Stadd Herbasande wurde von
iner riesigem Feuersbrunst heiczgesucht, sechs Straßendiertel find
ingeuüsche re Der diliale der hirsigen Maͤlatbank sind sämmtüche
Wer!hpapiere und Wechsel verbranng J
—
Vermischtes. —
4 Fut Landstuhl. und Umgebinig: erschtinde bom .Maͤrz an
in Localblati Sidinger Bote“, daß, vonn den Jagerschen Buch⸗
»ruderei in Speser ausgegeben wird, Dies uane Blatt hat, wie
e .K. 3.7 meint, sediglich —den Zwerl, unter der Matte der
Unabhängiglkeit den Ultramontanen dies Wege pu bohnen And vas
Poll reif zu machen füt die bekauntew Zipecen, der ARheinpfalß
ind der „Pfälzer Zeifung“. * e re 7
JoWeyer zleß“ ein sogenannter We nverbesserer eine
eiserne Röhre über die Straͤze an den Gemeindebrunnen degen,
hne däß ded Gecneinderath etwag bavon wußte., Da letzterer aber
archaus keine Weinfabrikatisn untkrstüßen will, Aoch soiche duldet,
o wurde dagezen protestirt und in Folgel dessen de Roͤhre entferut.
r Die Zahl der kaufmännischen Fallimentenin B ayern,
1875 135 betrug“ stiege im Jahre 676 auf 173 8. i. um
28 pC..
In der Gemeinde Fe'her basch jf die Schile schon; in der
)ritten Woche geschlossen wigen der daselbstherischenden Haldbraude
ind Masernkraulheit, die innerhalb.5 Wochen 13 Kinder doͤhin
affle; daruuter ·2 Schullinder mit 12Jahren' und' 2 Jünglinge
nit 19 Jahren. Nun ist“ ein Stillfand? edugetreten und werden
)ie zeängstigten Eitern, so: Gott will, von weiteren Opfern ver⸗
chont bleiben.
Stutügrari, 21, Febr. Cannsladt ist in große Auf⸗
egung vbersetzt durch das Verschwinden des Commercienrathes Paul
drauß, und die gleichzeilige Entdeckung eines Deficits von 200,000
Mart in der unter der Direction des Genannten stehenden Spar-
and: Votschuß; Bauk⸗ Niemand hätte diesem zu den höchsten ffäd⸗
ischen Ehren berufenen Mann folche Schwindelwirihschaft zuge⸗
raut. 0D. R. P.)
—e Aus- Darmstadt kommt die Nachricht, daß der Großherzog
jum dritten Male seit zwei Jahren — in großer Lebentgefahr
schwebte. Sein Wagen stieß bei Bessungen auf ein ländliches Fuhr⸗
wert mit solchel Kraft, daß die Deichsel, die Achse und ein Vor⸗