Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Nnzeiger. 
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der Et. Jugberter Auzeiger und das (2 mal wochentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntagt mii illustrirter Eei⸗ 
lage), erscheint wöchentlich viermal: Dieus tag Donmerstag, Samstag nud Sountag. Der Aboume meuntepreis betragt vierieljahrlich 
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Eaxiataa. der 10. aannn 17. 
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V Deutsches Reich. 
Manhen, 6. Piäch.Die in mehrere Blatter übergegan⸗ 
zexe Nachricht, als seien die in der bayerischen Armee für den 
Eentritt als Offiziers: Adspiranten geforderlen Bedingunger in 
uͤngner Zen in versch edenen Pankten soreit herabgemindert worden, 
daß sie hinter den bezügl chen Anforderungen anderer deutschen 
kontingente zurückflehen, eutbehrt jeder Begründung. Thatsächlich 
zat sich an den bieherigen Bedingungen nichts geäunderte, als daß 
o¶ Brogranm füc die Portepe fähnrichtprufu ad bis auf Weiteres 
ne Er näß'gung insofern erfuhr, als es nit dem fuͤr die breußische 
Arinee gült'gen Programme füc diese Prüfungen in näbere Uber— 
instimmung gebracht wurde. 
Berlin, 5. Marz. Der dem Reichetan vorgelegte Reichs— 
jaushaltsetat enthält eine Erhöhung der Matrikula beiträge um 
26,314,931 Mark mit dem Vorbehalt, die Erhöhung der eigenen 
Keichseinnahmen in Erwägung zu zieden. Die Ausgaben sind am 
.7*4 Millionen köber, die Einnahmen um Sis Mil nen niedriger 
zeranschlagt. Der Betrichsfouds für Durchführung der Vünzreform 
oll von 53 auf 100 Millio en erhöht werden. (A. 3. 
Bertin', 5 März. Der „Kreuzieitung“ zufolge machte 
Bismarckz Andeutung auf der vorgestrigen Reschstagssoiree: die 
Muͤhte sesen einer aktiven Betheiligung in den Orientwirren ab 
eneiat, den beruhigendsten Eindruck. (A. 3.) 
Berlbin, 7. März. Der Reichsanzeiger ergreift in feier⸗ 
ichet Weise das Wort, um wieder einmal einer haarstiäubenden 
Cute das Lebenslicht aus zublasen. „Ultramontan⸗ Biäter,“ sagt 
et, »gefallen sich darin, die bereits als unwahr bezeichnete Naqch⸗ 
richt auf's Neue zu verbreiten, daß Se. Majeftät der Kuiser von 
Rußland dem General Feldmarschall von Manteuffel den Oberbefehl 
einer Sudarmee angetragen habe, und fügen jeßt hnzu, der Flld 
narschall habe das Auerbeeten aus zeschlagen, wen er eine ungünstige 
MNeinung von der russischen Armee habe. Wier sind zu der Er⸗ 
läruug ermächtigt, daß Se. Maj⸗stät der Kaiser Aler inder nie⸗ 
nals dem Feldmarschall don Maͤnteuffel ein Kommando angetragen 
at, der letziere also nicht in dir Lage gewesen ist, ein solches 
2usaaschlagenn, auch der Feldmarschall niemals ein nachtheiliges Ur⸗ 
heil über,die russische Armee ausgesprochen hat.“ 
Man geht vielleicht nicht fehl, weun man annimmt, daß dieses 
O menti in gewissem Zusammenhang stht mit den politischen Ge⸗ 
prächen, welche General Ignatieff gestetn und heuse dier gehabt. 
Der rujsische Staatsmann hat sich hier ziem!ich aufgeknöpst gezeigt. 
hanz im Sinne der bieher dekunnten russischen Auff ssurgmeint 
tx, daß Rußland unter kleinen Umständen abrüsten oder sparer einen 
Frieden mit der Türkei schließen werde, bedor nicht die dringeudst 
erlangien Reformen mit den entiprechenden Garautien von der 
Bforte gegeben seien. In Vergleich zum vergangenen Sommer 
jahbe allerdings die e regte Bolksstimmung und das Kriegsgeschrei 
m Lande sich etwas gelegt; dennoch jetze man sowohl in Regierungs; 
reisen als wie im Volke es als ganz felbstverstäändlich voraus, daß 
cagend Etwas geschehen müssez die ganz enormen Kosten der Mobuü— 
aachung, die großen p kuniären und maleriellen Opfer, die Rußland 
ner its gebracht, erforderten unter allen Umständen einen Ersatz. 
tuß and werde wider seinen Willen, »ꝛrzählt in Gewähr maul 
er Rationale Zeitung, durch die Macht der Umstände und die un⸗ 
oiderstehliche Veacht natioualer Bande zu einem eneraischen Vor⸗ 
schen gegen die Türke: gezwungen. Von einer durch dis Schritern 
er Couferenz herborgecusenen Verstimmung gegen Deutschl nu sei, 
on einigen dem Deutschthum stets feindlichen —XR 
a Rußlaud) weder in ojfic ellen noch in Volkstte sen das Geringste 
u bemerkeny; im Gegenthel, man deginne den Vortheil, den Ruß⸗ 
and aus dem Drei⸗Kaiser⸗Biludniß ziehe, immer miehr einzusehen. 
die XXLX Gesinnungen weiche die drei Monarchen 
negensentig beseelen, fossen auch in den Nationen selbst Wurzeln und 
detschenchen mehr und mehr das vorhandene WMißtrauen. Gerade 
m gegenwärtigen Augenblick seien die Beziehungen zwischen Peters⸗ 
urg, Berlin und Wier die allerbesten. Was die Moͤglichkeit eines 
vevorstehenden Krieges betreffen so neige man zur Zeit in Pelert⸗ 
urg der Auficht zu, daß sich die Pforte zu den v rlangten Kon⸗ 
essionen entschließen und nicht an das Waffenglück appelliren 
verde. Roch bis in die jüngste Zeit habe man in Konstantinopel 
n den unerschütterlichen Gluuben gelebl, daß man in einem Ktriege 
eden Rußland sch'ieblich doch seine Alliavzen finden werde; es sei 
vesenilich das Verdienst Lord Salisbury's, der in Konftantinopel 
inser kuter Freund geworden,“ der Türkei hierüber auch den lezten 
ldest der Hoffnung zerstört zu haben. Freilich seien die Verhält⸗ 
aisse am Bosporus völlig unberechenbar; seit der Entthronung von 
Abdal Aliz befinde sich Alles in größter Verwirrung, der Staat 
vanke in seinen Grundfesten und Niemand tönue fagen, ob die 
Pforte das morgen halte, was sie heute versprochen. Rußland 
verde den Krieg, indem es nach den kundigsten Versicherungen 
cinen materiellen Vortheil suche, wenn es irgend angeht, dermeiben, 
hu aber andernfalls mit aller Energie führen. Von den übrigen 
tächten erhofft Rußland eine wohlwollende Neutralität; den Demon⸗ 
trationen der „Pester Softas“ brauche man keinea Werth bei⸗ 
ulegen. — 
Wenn' man nicht wüßte, daß es Geueral Janatieff aus Ge⸗ 
oohnheit und diplomatischer Aefthelik nicht allzu genau nimmt mit 
em, was gemein⸗bürgerlich m Verstand als „Wahrheit? gilt, dante 
nan mit diesen Aufschlüfsen recht zufrieden jein. Aulein ganz so 
dyllisch dürfte sich wodl das wider Willen“ in den Krieg irei⸗ 
ende Rußland in der Nähe nicht ausnehmen. Jedenfalls ist eß 
ioch necht.festgestellt, ob Janatieff nach London geht und ob er auf 
ner Rückreise Wen berüurt. Daß seiner Resse auch finanjzielle 
Z ele zu Grusde liegen, hat er hier weislich derschwiegen. 
Aussand. I 
Stodholm, 6. Märg. Wie in hiesigen Hoflreisen derlautet, 
vird der Koͤnig am Schluß dieses Monats inkognito nach Deusch⸗ 
ind kommen zum Besuch seiner in Heidelberg weilenden kranten 
zemahlin. egp 
Pest, 6. Mäcz. Gutem Vernehmen nach steht schon in den 
üchsten Tagen die Ueberreichung der Antwortsdepesche der Groß⸗ 
aãchte auf das Gortschatoff's he Cirtularschreiben vom 30. Januar 
n St. Petersburg bebor. Uedber dieses Attenstückk sind folgende 
*nzelheiten defannt: Die Answorleg werden dem Inhalt nach 
ibereinstlͤnmend gehalten sein. Ihr Ton üund ihre Tragweite 
dird Rußland nicht nur nicht brüstiren, sondern ihm nach Innen 
ud Außen eine Rückzugslinie offen lassen, ohue daß Rußland nothig 
atte. feiuen diplomalischen Rückzug offen einzugesiehen. Die 
Räachte werden gemeinsam —RX 
nd auf sich nehmen. Gleichzerig aber wird in den Depeschen 
uch betont, daß bei dem, was sur Besserung des Looses der christ⸗ 
chen Bebblkerung in der Türkei bereus erreicht wurde, dem Be⸗ 
iuhen des Autlaudes ein hervorragendes Verdienst zugesprochen 
»eiden müsse. 
Paris, 6. Maͤrz. Wie in unterrichteten Kreisen verlautet, 
ei die Mission des Generels Janat eff nach Paris zuglesch auch 
nanzieller Natur. Die Haufer Ephrusi in Paris, Hope in Amsier 
am, Varing in London haben sich zu einem Lotserie ⸗Anlehen im 
etraxe von 59 Vinl onen Rabel, zuͤm Uedernahmskurse von 60 
ereit eitlart, iudem sie sich verbindlich machten, bei guter Aufnahme 
er Operation durch daß Publikum, größere Emissionen folgen zu 
assen. Rothschild hat seinerfeits jede Betheiligung abgelehnt. 
Man erwartet neben Ignaueff auch noch den russijchen Boischafter 
n London, Grafen Schuwaloff in Paris. Beide sollen gemein⸗ 
Hafilich mit dem Fürsten Orloff den Vertrag mit diesen Geld⸗ 
näqcten ratifiz ren. 
VLondon-⸗ 6. März. Man will hier wissen, daß die Reise 
Ignatieffs unter Anderem den Zwed dat, von den Kabinenen 
ine Zusichetung dahin gehend zu rlangen, daß fie sich nicht actid 
n die etwaigen Orientwieren einmischene Ignatteff sJolle daher 
uf eine Sicherstellung Rußlands in Form einer regeltechten Neu⸗ 
ralitaͤtß: Erllaͤrung dringen.