St. Ingberler Anzeiger.
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M 41. Dounnerstag, den 18. Marzzz —— 1 7.
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Deutsches Reich.
Mänqhen, 12. Lkärz. In unser m Justizministerium ist
man mit den Einführungzgesetzen zut Cvitprozeßscdnung für das
Deu sche Reich lebhaft beschäftiet. Im Laufe dieser Woche beginnen
dert Verathungen unter Zuziehung von Praktikern aus dem Richter⸗
und Arwalistande benreffs der Zwangevollstrecluug in das unbe—
wegliche Vermögen (Sudhastationsverjahren.) Es ist dringend zu
wünschen, daß die schleppende Procedur unseret gegenwäctigen Sub⸗
hastation in kürzeren Fristen beürenzt werde. Es geht dadurch
ein Vierteljahr unnütz und in häufig dem gaten Rechte des Gläu⸗
zigers gefährlicher Weise dahen. (A. 3.)
München, 12. März. An ein hiesiges größeres Bakhaus
gelangte heute Vor nittag ein in Fränkfurt aufgegebenes Telegramm
ohne Unterschrift; welches das gestern von Berlin aus verbreitete
unwahre Gerücht, daß die Vorschläge Rußlands vos der Türkei
angenommen worden seien, bestätigt. Ob man es dier nun lediglich
mit einer Myst filatlon oder mit einer gewinnsüchtigen Absicht zu
thun hat, das wird hoffentlich d'e sofort von dem betreffenden
Bankhaus veranlaßtt gerich: liche Untersuchung herousstellen. Der
Vorgang erregte auf heutiger Boͤrse nicht geringes Auffthen. J
Einem Arnkel der „A. A. Z.“ über die Reorganisationsfork⸗
ichritte der bayerischen Truppen entnehmen wir die uns wenigstens
dis jetzt unbekaännt gewesene Thatsache, daß die Konstruklion der
deutschen Einheitspatrout (Manser), die ja bekanntlich jetzt auch in
Bahern eingeführt ist. eine Verwendung auch für das neue fran
öjsische Insanter e Geweht (System Gras) zuläht, wogegen umge⸗
iehri die Gras Pattone sich nicht in das deutsche Geweht einladen
näßt. — Die Wichtigkeit dieses Vorth ils wird von Niemanden der⸗
tannt werden, der den Krieg praktisch kennen gelerrt hat.
Berlhin, 12. März. Wegen durch die Preffe verüb'er
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Jahr Gefängniß und gegen den früheren Legationbrath Graf Her⸗
mann Ainim auf 3 Monat Gefängniß erkannt worden.
Berlhin, 12. März. Der vormalige Legationesekretär Fruhr.
d. Los in Paris wurde (in eontumaciam) deute vom Stadigericht
wenen deeiet Artilel in det „Reichsgloce“, deren Autorschaft ihm
nachgewiesen wurde, zu einjährigem Gefängniß verrrtheili.
Berhin, 13. März. In par'amentarischen Kreisen verlautet,
daß der Chef der Admiral tat Stosch, insosge der Vismard'schen
Nedt vom Sonnabend seine Entlafsung nacgesucht hat. Moltte
wird als Verwittler zwischen Bismarck urd Siosch bezeichnet.
Berhin. 14 Mäiz. (Marme) Der ‚Nat. Zig., zufolge
hatte der Admiralitätssschef Stosch seine Eutlassung eingereicht, der
aiser sich aber über die Annahme derselben noch n'cht entschieden.
Die „Berliner Volkezeitung“ vom 7. ds. wodmet Jodann
Jacoby folgende Worte die Nachrufs: „Der Manu der eisernen
Tousequenz mit dem weichen Kinderherzen, der furch: lose Kämpe,
welcher einst seine dier Fragen wie ein drohendes Menenkel in die
Welt schleuderte und eine gewaltige Bewegung, deren Strom
ahrhunderte alten Unrath forisp elte, in Fluß brachte, der unbeug⸗
jame Pdlitiker, der während eines langen einflaßreichen Lebens als
obisten Wahisp uch seines öffentlichen, wie pr vaten Lebens de
Devise: „Dir selbst gesireu“ dochhielt, — Johann Jacot y ist nicht
mehr. Geliebt von jedem, der ihn kannte, geachtet felbit von
einen erbitieristen Gegnern, verehrt von llen, die unbeugsame
Tharalterfestigleit zu schätzen wissen, dewundert selbst voꝛ. denen.
welche mitten in den Kämpfen des pralktischen Lebens stehend, ihm
zuf seinen idealen Bahnen, wie sie des Denkers strenge Conse quenz
hm vorjzeichnete, nicht zu folzen vermochten, lebte und wirkle er in
seltener Anspruchslosigleit und Uneigennüßigkeit. Streng gegen
sich seibst, doch milde in seinem Zorn, maßboll in jeder Gefühls⸗
regung, doch unbeugsom gegenülber der Gewalt, war diese sokratijche
Natur ein leuchtendes Vorbild in trüben Zeilen, wo die Realtion
das politische Leden in ihren eisernen Klammern hielt, wie in
Tagen der Erregung, wo zersetzende Gährung den klaren Blick des
XV
Wilhelm IV. das mahnende Wort sprechen durfte: „Das eben ist
das Unglück der Könige, daß sie die Wahrheit nicht hören wollen,“
st verssummt.
Ein Berliner Abendblatt fatzt die Lage zusammen in den
Worten: „Die Dinge sehen wieder mehr nach einem' kriegerischen
Ausgange aus, ntürlich nur in dem Sinne eines russtch-türtischen
drieges.“ Die Forderungen Rußlands sind allerdings derart, daß
ie auf Andahme der Maächte nicht rechnen sönnen. Rußland
zerlangt entweder, daß die Mächte nach einer gewessen Frist sich
jerbindlich machen, gemeinschaftliche Zwangsmaßregeln gegen die
Türkei zu ergreifen, falls diese die Reformen nicht ausführt, oder
s8 will selbst an den Pariser Frieden von 1856 nicht fserner gee
unden sein. Die friedliche Sprache des Generals Ignotiew hat
her keine nachhaltige Wirkung ausgeübt, und man erinnert sich
iberdies, daß er nicht in dem Rufe großer Zuverlässigkeit steht.
ja einer Skizze „Aus der Petersburger Gesellschaft“ wird erzählt,
zgnatiew habe den Beinamen „Vater der Lügen“, Personen,
velche aus Petersburg kommen, erllären, man erwarte dort allge—
nein den Ausbruch des Krieges im Mai; Kaiser Alexander habe
zgnati wemit Friedenshoffnungen entlassen, aber seine Gesundheit
ei angegriffen und die Viilitärpartei scheint die Ueberhand zu ge⸗
vianen·
Karlsruhe, 13. März. Der Großherzog und die Groß⸗
rerzogin siad heute aus Italien wieder hier eingetroffen. Die
Nachrichten aus Palermo über das Befinden des Prinzen Wilhelm
auteten im Ganzen besrird gend. 9 Katlsr.Z.)
ausfand.
Wien, 12. März. Die Pforte beruft sämmilich Reserven
der Flotte ein. — Die montenegrinischen Bevollmächtigten sind
Bäste des Staates. — In Boznien werden umfassende Vorkehrungen
getroffen. Alle größeten Orte werden verschanzt, alle Uebergänge
der Save und der Unna befestiztgt.— (A. 3. 7*
Paris, 11. März. Am Diensteg wird zu Ehren des
Benerals Ignatneff ein großes Diner im Palais Elysee staufinden.
Weahrscheinlich wird Jznatieff am Mitiwoch oder Donnerstag ab⸗
reisen.
London, 13. Mätz. Von der' Entscheidung des Minisser-
ralbes hängt wahrsche nlich der Ausgang der orientalischen Krisis
ab. Schuwalow proponirt, die Türkei folle ein Proiotoll mit der
Berpflichtung zur Ausführung der von der Prälininar ⸗Confer enz
perlangten Reformen unterzeichnen. Alle anderen' Mächte sollen
sontrasigniren, von einem Zwang gegen die Türkei oder einer be⸗
stimmten Frist ist leine Rede. Wena England diesen Plan an⸗
nimmt, werden die anderen, Mächtle zust mmen und Rußland demo⸗
hilisicen.
Vermisqhtes.
Zweibrücken,;, 12. März. (Schwurgerichtsverhandlung
der Pfalz J. Quattal.) Angeklagt Arton Nundeimer, 33 Jadre
ait, Tagner in Alsenborn, wegen Körperverletzung mit nachgefolgtem
Tode,, vertheidigt durch den kgl. Aopokal Anwalt Gebhari. Der
Tagner Marnuu Koop von Alsenborn schuldete dem Angeklagten
inen in 4 Termineun zehlbaren Ackrsteigptels. Da er mit den
peiden ersten Terminen im Verzug war, ließ ihm der Ungeklagte
eine gerichtiiche Ladung zustellen, worauf die Zahlung erfolgte.
Mit dem 3. Termine blied Koop wieder im Verzuge. Die ge⸗
ichtliche Ladung und das wiederholte Drengen des Gläubigers
cheint ihn jedoch geärgert zu haben. Am 10, Dezember vorigen
Jahres kam er in die Wohnung des Augeklagten und erklärte
zessen Frau, bis Weihnachten zahle er. Er begab si ) alsdann in
die Kraffi'sche Wirtihschaft, wo man ihm sjdoch anfangs wegen
jemlicher Betrunkenheit nchts verabreichen wollte, spaler aber aus
Furcht vor seiaer Skaudaljucht 2/8 Liter Brannimein vorsetzte.
ẽt suchte nun mit den anwesenden Gästen Händel anzufangen und
vandte sich dabei auch an den anwesenden Augeklagken mit einigen
oottijchen Bemerlungen wegen der Ladung und Forderung. Als