Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Jugberter Auzeiger und das (2 mal wöchenllich) mit dem Hauptblatie verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonniags mit illustrirter Vei⸗ 
lage), erscheint woöͤchentlich viermal: Dienstag, Donxerstag, Samstag nud Sonntag. Der Abonnementéspreis beträgt vierteljahrlich 
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4 51. Dienstag, den s. Apiii 177. 
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Deutsches Reich. 
München. Im Ganzen haben sich in diesem Frühjahr der 
Hrüfung für den Einjährigen-Freiwilligen Dienst in Bayern 187 
junge Leute unterzogen, von welchen 87 dieselbe bestanden haben. 
Es ist somit zwar eine kleine Besserung im Vergleich zur vorigen 
Prüfung eingetreten, immer nodch aber ist die Zahl der nicht ge— 
aügend Vorbereiteten sehr groß. Den hoͤchsten Procentsatz der durch⸗ 
gefallenen (8 und 67 Procent) weisen München nuno Loandshuüt 
auf, dann kommt Speyer mit 41 Procent, Ansbach und Würzburg 
mit 88 und 36 Procent, Bayreuth mit 25, Augsburg mit 22 
indlich Regensburg mit 17 Procent. 
Die „Nordd. Allg. Zig.“ schreibt: Neuere authentische Mit— 
heilungen aus den Industriebezärlen Wekphalens beftätigen 
zie Annahme, daß die Zustände doch nicht so Besorgniß erregend 
iind, wie vielfach behauptet worden. Wenn schon die Lage der 
arbeitenden Classe in Folge der Arbeitsminderung eine gedrückte ift, 
and im Vergleich mit der früheren Schwunghafngkeit dvielleicht als 
ine kümmerliche erscheint, so kann doch von einem wirklichen Noth⸗ 
dande kaum irgend die Rede sein. Die Zustände werden von der 
agitatorischen Presse, sowohl von der ultramontanen wie von der 
socialdemokratischen, übertrieben. Zur Beseitigung momentaner Vetr⸗ 
legenheiten hat der Abzug fremder Arbeiter wesentlich beigetragen, 
die in die Heimath zurückgekehrt sind, weil sich ihnen keine iohnende 
und pafsende Beschäftigung mehr bot. Die meisien dieser fremden 
Arbei:er sind abgezogen, ohne Hilfe in Anspruch zu nehmen; nur 
ziner sehr geringen Zahl von ihnen sind Reisemittel gewährt worden. 
Dagegen hat die Ermaßigung der Fabrpreise auf den Eisenbahnen 
für die Abziehenden sehr vortheilhaft gewirkt. Die zurückgebliebenen 
Arbeiter haben fast sämmilich wieder Arbeit gefunden, lheils bei 
den in Betrieb gebliebenen Etablissements, theils bei Eisenbahn⸗ 
und Wegebau und zum Theil auch bei der Landwirthschaft. Der 
letzteren fehlt es indeß immer noch an Arbeitskräften, weil die Ver— 
theilung derselben auf Industrie und Landwirthschaft schon seit lange 
eine ungesurde geworden. Sehr bemerkenswerih ist der Umstand, 
daß selbst in den letzten Monaten die Zurücknohme von E. nlagen 
aus den Sparkassen nicht wesentlich den Betrag der neu eingelegten 
Spargelder übersteigt. Die öffentliche Sicherheit ist ungefährdet, 
die Bettelei nicht übermäßig, die zur Verftärkung herangezogenen 
Gendarmen degeben sich in ihre Standorte zurück. Der Eisenbahn⸗ 
und Wegebau wird, soweit die Arbeiten vorbereitet worꝛden, emsig 
betricben. Der westphälische Provinzialausschuß hat mit anerlennens 
werther Bereitwilligleit Mittel bew lligt und die Gemeinden gehen 
rüstig mit Neubauten und Revaraturarbeiten vor. 
Student in sicherem Zufluchtsorte. Dann aber drang die Kunde 
on der Gefangenschaft Kinkel's zu ihm und mit Audern berab⸗ 
edete er den Plan, den Genofsen aus der Festung Spandau zu 
befreien. So kühn, so gewagt', so gefahrlich für ihn selbst das 
Anternehmen sein mochte, er ging von der Schweiz nach Berlin, 
ließ sich hier an der Universitat als „Student der Medicin“ ein— 
hreiben, aber er dachte nicht an medicinische Studien und die 
doͤrsäle bekamen ihn kaum zu sehen. Um so thätiger war er ins⸗ 
zeheim für die Ausführung seines Werken Er datte für seine 
Sache Freunde von Einflaß und Reichthum gewonnen, insbesondere 
ine inzwischen verstorbene Dame Heine Baronin, und mit ihrer 
dülfe wurde die schwierige That der Befreiung in's Werk gesetzt. 
dinkel wurde nach London gebracht und Karl Schurz selbsthalte 
zegreiflicherweise alle Eile, nach Amerika zu kommen. Dort lebte 
x zuerst in Philadelphia und später in Walerlower. Bald trat er 
ils Redner und Parteimann hervor; er redigirte später in St. 
rouis die Westliche Post“. Schon 10 Jahre darauf, nachdem er 
die neue Heimath betreten, wähite ihn Lincoln zum Gesandten in 
S„panien; aber der Ausbruch des amerikauischen Befreiungskampfes 
ief den neu ernannten Diplomaten aus Madrid zurück. Derselbe 
Mann, der eben noch die Nepublik am Hofe des Ercuriais ver⸗ 
reten hatte, trat als einfacher Soldan in die Reihen der Armee. 
Aber er hatte sich bald zum Range eines Generals emporgeschwungen 
ind konnie seine Tuchligkeit in einigen Schlachten beweisen. Als 
der Krieg zu Ende war, iral er wieder ins bürgerliche Leben zurück 
und nahm seine Stellung als Parteimann und Polit ker wieder 
nuf. Seine Reden vor freien Versammlungen und im Senat 
jaben eine bohe Berühmtheit erlangt und sind in Amerika ir vielen 
Tausenden Abdrücen verbreitet. Als unter Granss Regierung die 
epublitanische Partei mehr und mehr der Corruption verfiel, war 
„churz es, welcher, einer der Ersten, sich zum Anwalt der dffent⸗ 
ichen Entrüstung machte und im borigen Jahr in Gemeinschaft 
nit anderen hervorragenden Politikern den Plan entwarf, aus 
)en reineren und gemäßigten Elementen der Demokraten und Repu⸗ 
lilaner eine neue, de sogenannte Reformpartei zu bilden. Aber 
n einer nicht ganz aufgellärten Schwankung kehrte Schurz plötzlich, 
ioch vor den Novemberwahlen. zu den Republilanern zuͤrück. XC 
S„ hritt koßstete ihn einen Theil seines Ansehens als Parteimann, 
at ihm aber nach dem Siege des republikanischen Kandidaten 
Zoyes das Portefenille des Ministere des Innern eingetragen. Vor 
zicht allzu langer Zeit hat Karl Schurz die alte Heimaih wieder 
zesucht und ist auch in Berlin gewesen. Auch er gehört zuͤ denen, 
die sich allmahlich aus esöhnt daben mit der neuen Wendung der 
Dinge, und der Flüchtling von Anno 1848 gehört zu den warmen 
Unhängern des Deufichen Haiferreiss ven 18751 
Der erste deutsche Minister in Amerika. 
Bei der lebhaften Theilnahme, welche man in Deutschland der 
Ernennung von Karl Schurz zum Min'sser des Innern in den 
Ver. Staaten zugewandt hat, werden die folgenden Mittheilungen 
über dessen bisheriges Leben nicht ohne Interesse sein: 
KarlSchurz, früheres Mitgüed des Senats und jt zt 
Minister des Innern, ist noch heute, trotz des Antheils, den er 
peteits an den Bewegungen der Jahre 1848 und 1849 genommen, 
lein alter Mann. Er hat unmitlelbar, ehe er zum Ministet ernannt 
vurde, am 2. März seinen 48. G.burtatag gefeiert. Schurz ist 
1829 in dem kleinen, 700 Eirwohner zaͤhlenden Dorfe Liblar in 
der Rähe von Koln geboren. Ursprünghch sollte er Sprachen und 
Zeschichte sludiren, und als studiosus philologiae befand er ũch 
Bonn. Aber da drauste die Bewegung des Jahres 1848 durch 
ne Welt, und der junge, feurige Sludent war iner der Ersten, 
ie sich ihr anschlossen. Er befand sich bei denen, die sich am 
jegburger Zeughaussturm betheiligten, und als dann der badische 
Aufstond ausbrach, gehörte er zu den Schaaren, die unter Hecker's 
Führung den preußischen und badischen Truppen bis zum leßlen 
lugenblick Widerstand ieisteten. Als aber am Tage von Rastatt 
Alles verloren war, flüchtete er sich verlleidet in die Schweiz. Nie 
flucht gelang und eine geraume Weile hindurch hielt sich der junge 
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Permischtes. 
fDer neueste „Staatsanzeiger“ meldet: Der Direk⸗ 
ion der Pfälzischen Bahnen ist für das prenußische Staats⸗ 
zebiet die Erlaubniß zur Anfertigung der Vorarbeiten für 
ꝛeine Eisenbahn von St. Ingbert nach St. Johann— 
Saarbrücken ertheilt worden. (S. 3.) 
F Sit. Goarshausen. Am Sonntag wurde in dem 
enachbarten Lierschied ein vollständiger Menschenarm aufgefunden, 
in welchem ein Zettel hing mit der Bemerkung: „Hier liegt der 
lem eines to ten Menschen 1877. Noch war eine lateinische 
Schrift dabei, welche durch ihre Kleinheit fast unleserlich war. Ob 
)ier ein Verbrechen vorliegi, wird die gerichtliche Unlersuchung 
ebren. 
f London, 26 März. Spät am Samstag Abend wurde der 
ztadtthel nöordich Holborn durch Feuerlärm und bald auch durch 
ꝛinen Feuerschein eischreckt, dir auf einen großen Brand schließen 
ieß. Im Gefangniß der Grafschast Middie x für schwere Berbre⸗ 
her war Feuer ausgebrochen, glücklicherweise aber nur in unbe. 
vohnten Theilen, der Treimühle, dem Backhaus 2c Nichtedestowe.