Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingber ler Anzeiger. 
— — 
21— 
Ler St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal woͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblait, (Sonntagt mit illustrirter Vei- 
age), erscheint wöchentlich yiermal: Dieustag, Dounerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementépreis beträgt vierteljahrlich 
Marl 20 R.⸗Pfz. Anuzeigen werden mit 10 Pfg., von Auzwärtz mit 15 Pfi. für die viergespaltene Zeile Blattschrijt oder deren Raum. Necla nen 
mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. 
M GI. aunstaa- den 21. averii 1377. 
—X 
Deutsches Reich. e 
München. Das Finanzministerium hat im Einverständnisse 
nit den übrigen Minssterien behufs Etzielung eines gleichmäßigen 
Berfahrens bekannt geseben, daß die im kaufmännischen sowie 
ionstigen gewerblichen Verlehre von Pribaten mit den Staats- und 
inderen oͤffentlichen Behörden und Anftalten üblichen Eingaben und 
Torrespondenzen, insbesoudere Anzeigen, Geschäfis Empfehlungen, 
Brofpette und Preiscourants, Bestellungen und Offerten von 
Wagaren oder Dienstleistungen, Submissionen, Accordanerbieten, An⸗ 
iragen und Reclamationen ꝛc. als „Schriften“ im Sinne der 
Ztempelordnung vom 18. Dezember 1812, 8 7. Cl. J. Ut. a. 
aicht zu erachten seien und dader stempelfrei belassen werden dürfen. 
Bleiches gilt von din Beilagen solchet Eingaben, sofern erstere nicht 
wie beispielsweise die Quittungen über Zahlungen aus öffentlichen 
sassen vermöge anderer gesetzlchen Besuimmungen schon an und 
ür sich der Stempelpflicht untcꝛliegen. — Im Uebrigen, namentlich 
also in Bezug auf Angebote und Gesuche wegen stauf, Tausch, 
Berkauf, Pacht oder Miethe von Immobilien und gleichgeachteten 
Kechten, dann in Bezug auf Gesuche um Erhöhung vereinbarter 
Acco:dsummen, Entbindung von Verträgen und Freigabe der Cau⸗ 
—8 Ablauf der Haftzeit bleiben die bisberigen Bedfimmungen 
nbæ Hrafth. 
Berlhin, 11. Apr's. Heute ist an den Reichstag eint 
Zetition der Bergisch Märkischen Eisen? und Stahlwaaren-Fabrika ten 
„elangt, unterzeichnet von mehreren Industritllen, welche folgendes 
Betitum an den Reichstag stllen: 
„Bei Wiedereinführung der Eisenzoöͤlle müssen wir eine Thei⸗ 
ung der früheren Position 60. 2 des Zolltarifs in 4 Klassen 
nit verschiedenen Zollsätzen fordern, wobei theilweise eine Ernied⸗ 
rigung, wo erforoerlich eine Erhöhung des ursprüglichen Satzes 
intreten würde. Die Bildung der 4 Klassen schlagen wir in 
olgender Weise vor: a. für folgende Gegenstände einen Satz von 
Mark und zwar: Ambose, Schraubstöckt, Winden, Schppen, 
fannen, Wagenfedern u. s. w.; b. Gegenstände mit mindestens 
Mark zu vrrzollen, als Drahtgewebe, Fallen, Nägel, Aexrte u. s. w.; 
. Gegenstände, welche mit 5 Mark zu verzollen sind: Alle ange⸗ 
ührten Sachen verkupfert, verzinnt odet verzinkt, Schlösser, grobe 
Messer, Beile, Sensen, Sicheln ꝛc.; d. Gegenftände mit 8 Mark 
u verzollen: Degenkliugen, Feilen, überhaupt alle Werkzeuge aus 
Stabl. allez pro Ceutner. 
Wie das Justizmnisterium gegenwärtig mit Eingaben und 
betitionen weßnen der Vertheilung der Landgerichtssitze destürmt 
vird, so belagert man das Kriegseministerium und das Reichs 
mzleramt seitdem der Kasernirungsplan der Militärverwaltung 
jekannt geworden ist, mit den verschiedensten Gesuchen. Für viele 
leine Städte ist das Verbleiben der bisherigen Garnison allerdings 
jeradezu eine Existenzfrage, aber auch reiche Handelsstädte sehen 
ine beabsichtigte Verminderung ihrer Besatzung nicht mit Gleich⸗ 
ältigleit an. In den letzten Tagen weilte hier z. B. eine De 
—XVX 
aehreren Stadträthen, welche die Verlegung eines Theils der Gar⸗ 
ison nach Heidelberg abzuwenden versuchen wollee. Schwerlich 
hird den Hetren das gelungen sein, denn die Belegung der schönen 
Iniverfitätsstadt mit einem Insanterie-Bataillon entspricht den 
Wünschen der Behörden ebenso, wie der studirenden Jugend, so 
aß sie sicherlich richt trüdgängig gemacht werden wird. Ebenso 
vie Heidelberg soll bekanrtlich auch Bonn nach dem neilen Plane, 
ieben dem Könias-Husaren-Re.giment, Jefanterie-Garnison erhallen. 
Kaum glaublich! Die Mittheilung des Pariser Figaro, be⸗ 
reffend den Rüchkauf von Lothringen durch die Legiti— 
nisten war insofern nicht aus der Lust gegriffen, cls die Anhänger 
jes französischen ‚„Roy“ in der That wenigstens den Versuch eines 
olchen Geschafts beschlossen hatten, als die Nachricht von dem 
Rücktritißaeßsuche Bismarck's in Varia hefkannt wurde. Dieselben 
hoff'en, wie man der Koͤln. Z.“ schreibt, mit kennzeichnender Ver⸗ 
»lendung, daß die ullramontan⸗realt onäre Partei in Berlin ans 
Kuder kommen und diese ihre Zustimmung zum Verkauf von 
klsaß:Lothringen zeben werde, damit der Roy dieses Land als 
Morgengabe mitbringen und so den Thron besteigen könne. Es 
lingt sehr toll, aber die Legitimisten haben andere Ideen von der 
Welt als liherale Menscherkinder. 
Berlin, 17. April. Nach dem heute vom Reichstag ge⸗ 
aßten Beschluß, mit welchem sich auch der Kriegsminister von 
damecke zufrieden gab, wird in dieser Session nicht der ganze 
vesetzentwurf über die allgemeine Casernirung des Reichsheeres (au 
velchem Behuf eine Anleihe von 168 Millonen M. aufgenommen 
verden soll) berathen werden, sondern man wird nur jene Casernen⸗ 
auten herausgreifen, welche zunächst im Nechnungsjahr 1877/78 
vorbereitet oder begonnen werden sollen; es find das Casernen für 
25 Bataillone Infanterie, 26 Batterieen und 22 Schwadronen 
Favalerie, deren Kosten eiwa 44 Mill. Mark ausmachen würden. 
Im Jahrt 1877/78 würden davon aber nur etwans Millionen 
Mark ausgegeben werden, da meistentheils erst die Vorarbeiten zu 
nachen sind 
Berlhin, 18. April. Die ministerielle „Provinzial⸗Korre⸗ 
pondenz“ schreibi; Die Qrientfrage sei zu einer entscheidenden 
Vendung gelangt. Angesichts der schroff ablehnenden Erklärung der 
Bforte sei jede Hoffnung auf einen Erfolg weiterer Verhondlungen 
zeschwunden. Wenn somit der Kriegsausdruch nicht mehr zu ver- 
chieben sei, werde das gemeinsame friedliche Streben der europäi⸗ 
chen Mächte gewiß um so enischiedener dahin gehen, eine irgend 
velche weitere Ausdehnung des Krieges in jeder Weise zu verhüten. 
- Das Blatt bespricht ferner den Gang der Reichslagsverhaudlun⸗ 
jen und glaubt, der Schluß der Session könne selbst unter Verzicht 
iuf die Erled'gung mehrerer wich'igen Votlagen kaum vor Mitle 
zes Monats Mai erfolgen. Die Reise des Kaifers nach Wiesbaden 
ürfte, falls die Witierung es gestattet, geaea Ende dieser Woche 
tfolgen. 
Ausland. 
Wien, 17. April. (Pf. 3) Oesterreich mobilisirt zwei Ar⸗ 
netkorps und beruft die ungarischen Honbeds ein. Erzherzog Al⸗ 
hrecht wird das Ober⸗Kommando des Beobachtungsheeres uberneh⸗ 
nen und am 21. nach Siebenbürgen abte sen. 67) 
Wien, 18. Apeil. Die „Politische Cotr.“ meldet aus 
Bukarest von heute; Die rumanische Regieruag hat die Concen⸗- 
ritung vor 10,000 Mann jzum Schutze der Haupistadt gegen 
inen allfälligen Haadstreich seitens der irrequlären türlijchen 
Trupphen beschlossen 
Wien, 18. April. Der Handelestand in Odessa ist auf⸗ 
zefordert worden, die im Hafenzollawt lagernden Waaren sofort zu 
»eziehen. Der Landsturm des Rayons Odessa wird organisirt. 
In Rumänien sind alle Urlauber und Reservisten einberufen worden. 
Die serbiß! e striegspurtei regt sich. Der türtisch-serbische Korflikt 
hat bereits drohende Dimensionen angenommen. — 485,000 Perser 
mit 50 Geschüzen stehen an der Grenze (A. 3.) 
Paris, 17. April. Der Herzog von Dicazes theilte in einem 
Jeute Morgen statt zehabten Ministerrashe mit, daß ihm von Berlin 
uind London die ausdrüdliche Versicherung friedsertiger und versöhn⸗ 
icher Stimmung Deutschlands gegen Frankreich zugegangen sei. 
Diese Versicherungen sesen direlt durch den deutschen Botschaf⸗ 
er, Fürsten Hohenlohe, bekräftigt worden. 
London, 17. April. Im Unserhaufe erklärte der Unter⸗ 
taatssekretär Bourke auf Anregung Sandford's, die Neuiralität Ru⸗ 
näniens sei weder im Pariser noch anderen Verträgen garantirt. 
Pumänien werde amtlich Fürstenthum Moldau⸗Walacgi gdenann—