Full text: St. Ingberter Anzeiger

8* —. Ingberler Anzeiger. 
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43 67. Dienstag den 1J. Mii J — 1877. 
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Deutsches Reich. 
München, 29. April. Zu der heute in Kissingen statt⸗ 
findenden feierlichen Enthüllung des Bismarck-Denlmals war von 
doct aus der k. Staotsminister des Aeußern, Hert v. Pfreifchner, 
eingeladen worden, es kounte derselbe aber, da er sich von seinem 
Unwohlsein noch nicht ganz vollständig erholt hat, der Einladung 
nicht entsprechen. Startsminister des Innern, Herr von Pfeufer, 
hat sich bereits nach Kissingen begben. 
Aussand. 
Wien, 28. April. Der W'ener „Presse“ wird aus Wla⸗ 
dikawkas telegraphirt: „D'e Russen überrunpelten bei Kars die 
lürkijchen Vorposten urd machten 200 Gefangene. Ziwei türk sche 
Schwadronen kurdischer Reiter gingen zu den Rufsen über. (Die 
urden sind, was man so sagt: „unsichere Kantonisten.“) Z8Zwanzig 
ütkische Ortschaften, dem Verhungern nahe, ergaben sich den Kussen.“ 
— Die Abreise des österreichischen Botschafters nach Konstantinopel 
oll nicht eher erfolgen, als bis Prinz Reuß sich auf seinen Posten 
degiebl. 
Pest, 28. Aptile In hiefigen —(allerdings magyarifchen) 
Areisen wird versichert, daß das Wiener Kabinct rundweg abgelehnt 
habe, auch nur offtz dzsich als neutral gebunden zu etllären. Man 
würde seibst einen Durchzug der Türken durch Serbien nicht als 
inen Friedensbruch seitens der Pforte befrachten, da Serbien ein 
ntegtirender Theil des fürkischen Reiches ist. — Die türkischen 
Softas, welche angeblich auf des Sultans Befehl von Rustschuk aus 
zurückkehren sollten, kommen nun doch nach Pest, wie es hesßt, auf 
hesonderes Betreiben der Pforte, welche sich offisiell entschuldigt, daß 
sie auf Privatleute wie die Softas keiren Zwang ausüben könne. 
hier in Pest werden großartige Vorbereitungen zum Empfange der 
Softa-Deputation gemacht; die Budapester Bürgerschaft wird sie als 
„Ehrengäste“ dehandem. In allen ungarischen Provinzstädten, 
D die Deputat'on bis jetzt paisirte, fanden begeisterte Ovatio⸗ 
nen ftatt. 
Paris, 26. April. (Nochmals Moltke.) Gambettas 
Republique francaise kammt noch einmal auf die Rede des Grafen 
Moltke zurück, um ihre Landsleute gegen den Vorwurf zu verwah⸗ 
ren, daß sie Deutschland verspotteten oder gar geringschätzten. 
. ... Die Wahrheit ist, sagt die Republique, daß wir in 
Frankreich, wenn wir uns mit Deutschland beschäftigen, nur eine 
nützliche Belehrung suchen. Seit 1815 haben wir vierzig Jahre 
lang weiter nichts gethan, als das Genie der Literatur Deutschlands 
gepriesen, seine Philosophie erläutert, seine gelehrten Entdeckungen 
populär gemacht. Und was war unser Lohn? Deutschiand war 
uns feindlicher, als zu irgend einer andern Zeit, und überzog uns 
mit dem verderblichsten Kriege, den wir seit vier Jahrhunderten zu 
hestehen hatten. Jetzt haben wit unsere gunze Aufmerksamkeit auf 
uns selbst konzenrirt. Müssen wir nicht Alles bei uns von vorn 
anfangen ? Wenn Herr v. Moltke das gut kennt, wie wir durch 
den Krieg von 1870 gebeitet sind, so muß er wissen, daß wir nicht 
dieselben heute sind, wie vor 6 Jahren. Wir haben Auderes zu 
thun, als uns über Deutschland lustig zu machen, und wir habin 
in einer herten Schule gelernt, das gewappnete Deuischland des 
Feldmarschalls v. Moltke nicht gering zu schützen ... Eine andere 
NRote schlägt Edmond About im XIX. Siöcle an. ... „Einstweilen, 
schreibt er, und bis wir uns ausschließlich vnd ohne Hintergedanken 
den Arbe ten des Fricdens wid nen können, giebt es eine franzö 
äsche Armee. Eine kleine Armee, minder zahlreich, minder stark 
urd nicht so verschwenderisch ausgestattet, wie Herr v. Moltke vor⸗ 
Ziebt, aber patriotisch vom Wirbel bis zur Sohle und iu aller 
Euhe entschlossen, fuͤr die Vertheidigung des Vaterlandes zu flerben. 
Offiziere und Soldalen sind bescheiden, wie Leute, die eben erst 
besiegt worden sind, und stolz, wie Leute, die morgen vielleicht 
Mähiyrer sein werden. Unler den drei⸗ oder vierhunderttausend 
Rann, die sich um die nationale Fahne schaaren, fande man weder 
,inen Anmaßenden, der sich das Unmdgiche zutraut, noch einen 
Muthlosen, der sich vor der Erfüllung seiner Pflicht scheut. Herr 
v. Maltke Uderschäthzt die Opfer, welche unser Vaterland seit sieben. 
Jahren für seine Armee gebracht hat; aber die Opfer, welche un⸗ 
ere Armee für das Vaterland bringen will, wird er nie überschätzen. 
1870 liegt weit hinter uns. Nicht, als ob die französische Regie⸗ 
zung diese Zeit verwerthet hätte, wie Herr v. Stein die Jahre von 
1806 bis 1813: aber Frankreich ist besser, gesünder und stärker 
zeworden. Gs kennt sich genauer und ist auf Alles gefaßt. Eine 
neue Invasion würde es nicht nur weniger unvorbereitet finden, 
'ondern auch sicherer seines guten Stechte. Das Bewußtsein unseres 
Iurechts hatte eineu großen Antheil an unsere Niederlage und das 
heste Mittel, gute Soldaten zu haben, ist eine gute Sache. Darum 
ind wir beinahe gewiß, daß ein wahrhaft verstängiges Volk nie⸗ 
nals datan denken wird, mit uns ohne gerechten Grund Händel zu 
uchen. Frankreich aber ist fest entschlossen, Riemand anzugreifen, 
ede Gelegenheit, selbst zu einem gerechten Streit, zu vermeiden und 
ich ruhig zusammenzuziehen, wie das ruhigste und fsanfteste 
iller Thiere, der Igel.“ — Der Allerweltsnarr „Figaro? will in 
xtfahrung gibracht haben, daß die Pforte dem Exmar'schall Bazaine 
)en Oberbefehl üder ihre europäische Armee mit der Würde eines 
Zerdar-Ekrem a getragen hätte. Bazaine hätte zunächst mit feinen 
Waffengefährten. Rücksprache nehmen wollen und seine Antwort stehe 
och aus: Bojaine' sollte bekanntlich schon im Karlistenkriege als 
Ibergeneral der spanischen Armee engagirt werden. Der Figaro⸗ 
Witz ist also nicht ganz originell mehrh. 
VLondon, 25. April. Der „Globe“ bespricht spöltisch den 
römmelnden Ton des russischen Manifestes, „hinter dessen Maske 
ich Pläne schändlicher Selbstsucht bergen“. Der Krieg könne scharf 
lud kurz entscheidend verlausen; es sei aber wohlgethan, der That⸗ 
'ache in's Gesicht zu schauen, daß wir vielleicht an der Schwelle 
von Ereignissen stehen, wie sie Europa seit der vereinten Bekaͤmpfung 
ranzösischen Ehrgeizes nicht gesehen habe. Moltle's Rede sei ein 
jöchst besorgnißerregendes Vorzeichen für die „Nichtlocalisirung“ des 
drieges. Tie „Pall Mall Gajette“ beurtheilt das Manifest des 
daisers ähnlich; das Rundschreiben Gortschatow's sei gleich der 
Rede eines schlauen Advokaten und diene zur Verwirtung. 
London, 29. April. Es heißt, daß die englische Re⸗ 
zierung entschlossen sei, eine Flotte nach Alerandria zu senden. 
Belgrad, 28. April. Die Gerüchte die Androhung einer 
ütlischen Besetzung Kladowas werden offiziell dementirt. (Wie man 
jört, will die Pforte die Neutralität Serbiens nur unter der Be⸗ 
ingung respekliren, daß die serbische Regie rung garantert, daß auf 
erbischem Boden keine Freiwilligenbanden gegen die türkische Armee 
Jebildel werden.) 
Moskau, 28. Apsil. Die hiesige Kaufmannschaft hat eine 
Million, die Kleinbürgerschaft 25. 000 Rubel zur Unterstützung der 
Berwundeten und ihrer Familien angeboten. 
Kischeneff, 27. Apris. Großfürst Wladimir ist hier einge⸗ 
roffen. General Tschernajeff bat sich heute bei dem Höchstlomman⸗ 
direnden gemeldet. 
Vermischtes. 
F St. Ingbert, 80. April. Je näher der Tag der 
Fröffnung unserer Ausstellung rückt, desto mehr häufen sich die 
Arbeiten des Comites. Am Saustag-Abend wurde von demselben 
das Programm der Erdffnung festgesetzt und zugleich ein Delorations⸗ 
Ausschuß gebildet. Vas Programm wird nun jsofott gedruckt und 
vann unter das Publikum gebracht werden. Dem Dekorations⸗ 
JIusschuß liegt die nicht unwichtige Aufgabe der Ausstattung der 
rokalitäten od, um schon durch das äußere Arrangement den Ein⸗ 
Ruck auf den Bejucher zu einem angenehmen zu machen. 
Der Katalog wird erst festgestellt werden, wenn Anfang nächster 
Woche die Ausstellungs Odjette an ihren Platz gebracht sind. Wie 
nan im Allgemeinen sich die Er fahrungen aus andern Ausstellungen 
o viel als möglich zu Nutzen macht, so ist man auch besonders 
zarin, daß dem Kataloge ein Adreß⸗Kalender hiesiger Firmen bei⸗ 
gegeben ist, dem Vorbilde anderer pfälz. Städte gefolzgt. Im In⸗