Full text: St. Ingberter Anzeiger

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M 89. —5 Sonntag, den 10. Juni 
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Deutsches Reich. 
München, 7. Juni. Die R. N. schreiben: Man spricht 
diex vom dem Einiritle dez Herrn Staufenbeng in das Ministerium 
aind von Auflösung der Kammer nach der kurzen beborstehenden 
Zulisession. 
Bexrlim, 6. Juni. Die Türken häufen besonders starke 
Massen im Süden Montenegro's an und sollen dort an einem 
Puukte sogar die Grenze überschritten haben. Damit beabsichtigen 
sie wahrscheinlich Niksik und den Duga⸗ Paß in sofern zu degagiren, 
daß die Montenegriner genöthigt werden „ von dort Truppen gegen 
ihre albanische Grenze zu weifen. 
Berlin, 7. Juni. Der „Staats-Anzeiger“ meldet Folgen— 
des: „Die Feierlichkenten, unter welchen am 180 b. M. der Vurch⸗ 
schlag des Tunnels der Moselbahn bei Cochem, des größten derartigen 
Bauwerkes Deutschlands, erfolgt ist, haben wie wir hören, in 
würdigster Weise ihren Abschluß durch die in Anerkennung der hohen 
Bedeulung des Werkes für' die Wohlsart der Mosellandes und die 
Zukunft des Reiches ertheilte allerhöchste Ermächtigung gefunden, diesem 
Tunnel die Bezeichnung „Kaiser-Wilhelm Tunnel“ beilegen zu dürfen. 
NKusland. 
Wien, 6. Juni. die „Pol. Korr.“ meldet aus Galatz 
vom 6. ds.: Der Kaiser von Rußlaud. der Großfürsl⸗Thronfolger 
und die Großfürsten Wladimir und Sergei nebst dem Fürsten Gort⸗ 
chalaff, den Staatsräthen v. Hamburger und Jomini sind mit 
großem Gefolge heute Mittag in Barbosch eingetroffen und haben 
aach halbstündigem Aufenthalt ihre Reise in der Richtung auf 
Braila fortgesetzl. (Am 7. trafen sie in Plojesti ein.) — Dieselbe 
Korrespondenz meldet aus Caltars von heute: Ein gestern bei 
Abaljat Statt gehabtes Gefecht endigte mit dem vollstäudigen Rück- 
zuge der Türken; letztere hallen 700 Mann Verlust, die Montene⸗ 
zriner nur 80. Seit gestern wird in der Gegend von Krstac ge⸗ 
ämpft. Von türkischer Seite verlautet, Ali Saib Pascha, der mit 
10,000 Mann in Älbanien operire, habe die Montenegriner voll⸗ 
tändig geschlagen (7) und die Anhöhe von Danilograd besetzt. 
Rom, 7. Juni. Der Papst hat dem Marschall Mac Mahon 
as Großkreuz des Piusordens derlichen. 
Konstantinopel, 7. Jum Die Pforte traf nach einer 
Neldung der „Agence Hadas“ Maßregeln zur Vermeidung jedes 
donflictes im Suez Canal. Dessen Durchfahrt wird frei sein, nur 
Schiffe mit russischer Flagge ausgenommen Es mwird versichert, 
zaß die Pforte an das Cabinet don Athen eine Note zu richten 
eabsichtige, um über die Rüstungen Griechenlands Aufklärung zu 
derlangen. 
er selbst am folgenden Tage von der Haushälterin ihre Ansprüche 
m ein Vermbgen von etwa 80,000 fl. hatte mündlich bestätigen 
assen, derselben 2856. Mark aus, und zwar gegen einen 
Schuldschein, dahin lautend, daß ste — die Elisabetha Scherer — 
ind der Portier Peter Schmidt von Sender unter Solidarbür g⸗ 
chaft der Eheleute Eisenhut für baar geliehenes Geld, sowie füͤr 
ꝛewilligte Provision 316 M. (also 69 M. Provision ), zahlbar 
nit 6 pCt. Zinsen von der ganzen Summe, schuldig geworden 
eien. Mit diesen 256 Mark kehrte die Beschuldigte zu Schmidt 
urück, und letzlerer befriedigte hiermit verschiedene Gläubiger, na⸗ 
nentlich auch zum Theil den auf Zahlung drängenden Geschäftsmann. 
Am folgenden Tage erschien der Gendarmeriesergeant von St. 
Ingbert im Bahnhofgebäude daselbst und stellte die Haushälterin 
iber die Erbschaftsgeschichte energisch zur Rede. Da gesiand bieselbe 
in, daß Alles er lo gen sei und daß sie selbst alle Briefe ge⸗ 
hrieben habe. Sie wuͤrde verhaftet und gestand nun ein, daß sie 
ei verschiedenen Leuten in St. Ingbert theils Geld, theils Waaren 
ich hinter dem Rücken des Schmidt, bald in dessen angeblichem 
luftrage, bald unter Vorgabe ihres baldigen Reichthums erschwindelt 
zatte. Die von ihr selbst vorher geschriebenen Briefe hatte sie 
edesmal beim Nachhausekommen vom Narkte mitgebracht und dabei 
ingegeben, daß sie dieselben von einer Boͤtin, bald von einem Knecht, 
ald von der Post erhalten habe. Der Porlier hatte in ihre An⸗ 
aben keine Zweifel gesetzt und vdis in die letzte Zeit selbst an das 
Borhandensein einer Erbschaft geglaubt. Er schlägt seinen Schaden 
iuf etwa 500 M. an. Die Beschuldigte wurde wegen Betrugs 
um Nachtheile des Geschäftsmannes in St. Ingbert, des 
kaufmanns Sender in Bruͤcken und verschiedener anderer Personen 
n die bereits mitgetheilte Strafe von 8 Jahren 6 Monaten Ge— 
ammtgefängniß verurtheilt. Was nun das Moiiv betrifft, das 
ie Beschuldigte bei ihrem großartigen Schwindel leitete, so gab sie, 
ierüber befragt, an, sie könne Das nicht sagen, sie habe es eben 
inmal gethan. Offenbar aber ging ihre Absicht dahin, den Portier 
„chmidt vor Entdeckung ihrer Lügen und durch dieselben zur Ver⸗ 
helichung mit ihr zu bringen. Es braucht wohl kaum beigefügt 
u werben, daß der „Pfarrer Scherer“ sowie die „Schwester“ Uber⸗ 
Jaupt nie existirt haben, und daß die übrigen Personen, welche die 
Beschuldigte auf der Buͤhne erscheinen ließ, wie die verschiedenen 
Zürgermeister niemals mit derselben in Berũhrung gekommen fird. 
fErlenbach, (Kanton Otterberg), 5. Juni. Ein —X 
Linwohner gerieth heuke Morgen mit seinem Sohne in Streit, ber 
ʒellagenswerlhe Folgen hatte. Nachdem der Vaiter ursprünglich den 
Zohn mit einem Pistole bedroht, wurde ihm dasselbe von einer 
»ritten Person entrissen. Darauf ergriff der Sohn die Waffe und 
euerte einen Schuß auf den Vater ab derselbe verwundete nicht 
nur den Vater schwer am Arme, sondern verletzte auch noch eine 
abinter stehende dritte unbetheiligie Person am Brige. Det Thater ist 
erhaftet (G. 3.. 
F Diedenhofen, 4. Juni. Unler der hiesigen Garnison 
zrassirt die Trichinose sehr siartk. Die Zahl der erkrankten Sol— 
aten, welche dem Lazareth übergeben wurden, beträgt über 90. 
Wie die „Straßb. Z.“ hört, trut die Krankbeit glüclicherweise ge⸗ 
inde auf und es steht zu erwarten, daß nur Wenige derselben zum 
IOpfer fallen. 
rWünchen. Der Kronprinz und die Frau Kronprin⸗ 
essin des Deutschen Reiches sind dem Kunstgewerbeverein als Mil⸗ 
glieder beigetreten. Der Ausschuß desselben ließ die betreffenden 
lufnahmsurkunden in besonders reicher kalligraphischer Ausstuttung 
jerstellen, und sind dieselben bereitz nach Berlin abgesandt worden. 
f. In Franzensbad weilt jetzt als Kurgast eine Dame, 
—RIV genannt zu werden ver⸗ 
ient. Man schätt sein Vermögen auf 600 Millionen Piaster. 
Im Hotel Post, wo die Dame adstieg, zeichnete sie ganz bescheiden 
hren Ramen: „Frau Sofie Spartali, Kaufmanns⸗Gattin aus 
Zmhrna“ ins Fremdenbuch. 
Zermisqhtes. 
Zweibrück een, 28. Mai. (Zuchtplzg. Verh.) Ver⸗ 
andlung gegen Elisabet b Scherer, 42 Jahre ali, ledige 
dienstmagd dus Höhmühlbach, Kantons Pirmasens wegen mehr⸗ 
acher Betrugshandlungen. (Schluß.) 
Jetzt sagte der Porlier seiner Begleiterin bestimmt in's Gesicht, 
»aß er Älles für erlogen halle, worauf fie sich aber, wie gewöhnlich, 
uf ihre Briefe derief. Sie fuhren wieder nach Hause und nahm 
ich der Portier vor, in der Sache noch einen letzten Gang, und 
ind zwar nach Nünschweiler, zu machen. Ehe er aber Dies thurx 
onnte, hatte der Geschäftsmann, der die 360 M. geschossen, an⸗ 
gefangen, auf Bezahlung zu drängen, weil die Sache so lange zu 
einem Abschluß kam. Sqhmidl schrieb deßhalb an feine in Schö 
enberg verdeirathete Schwester einen Brief, worin er sie unter 
Nittheslung feiner Erbschaftshoffnungen bat, ihm durch Vermittlung 
hres Mannes ein Darlehen oh i fl. zu beschaffen. Mit diesem 
Briefe schickie er am 18. Februar abhin seine Haushälterin zu 
einer Schwester, welch' letztere ihten Mann zur Beischaffung des 
beldes vermochte. Dieser, ein gew sser Joseyh Eisenhut, ersuchte, 
amentlich bewogen durch die den Auͤschein der Wahrheit tragenden 
Angaben der Beschuldigten, den Kaufmann Ferdinand Sender von 
zZrücken um das verlangte Darlehen, und dieser händigte, nachdem 
Dckon verantvortlich: F. x D