St. Ingberler Anzeiger.
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der St. Ingberter Anzeiger und das (Zmal woͤchentlich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, GSonntagt mit illustrirter Vei⸗
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M 91. Donnerstag, den La. Juni
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Deutsches Reich.
München, 11. Juni. Es ist, wie wir vernehmen, bereits
als bestimmt anzunehmen, daß die jseierliche Eroffnung des Land⸗
sages am 2. Juli ni ht durch den König, sondern durch einen der
gl. Prinzen erfolgen wird und sonach auch diesesmal, wie bei
ꝛinigen vorhergegangenen Landtagen kine Thronrede nicht gehalten
verden wird.
Berlin, 12. Juni. Gegenüber den Meldungen ver⸗—
hiedener Blaätter von der Ausrüstung eines zweiten deutschen
Evolutions Geschwaders, erlsärt die „Nordd. Allg. Ztg.“e fei
veder an eine Indienststellang von fechs bis sieben neuen Kriegs⸗
jahrzeugen, noch an die Ausrüstung eines zweiten Evolutious—
Geschwaders gedacht worden; auch eine spezielle Anordnung in
Betreff der Nichtbeurlaubung seepflichtiger Mannschaften exiftire nicht.
Berlin, 12. Juni. Das „Tageblatt— will aus zuber⸗
assiger Quelle erfahren haben: Die belgische Regierung hat ihren
Wesandlen bei den auswärtigen Höfen ein Ruudschreiben übersendet,
durch das ausdrücklich de Redewendungen, welche die Zeitungen
dem Koͤnig der Belgier anläßlich seines Aufenthalies zu Lüttich in
den Mund legten, als unrschtig bezeichnet werden. Es wird in
dem Rundschreiben auseinandergesetzt, es sei falsch, daß der König
die Solidität der europaischen Garantien bezweifle, welche von den
zuropä schen Mächten zu Gunsten der Unabhängigkeit Beigiens über
nonmmen seien. Diesbezüglich herrsche in Brüssel nicht die geringste
Beunruhigung über die Zulanft Belgiens. VDemnach könnle der
König auch nicht einer derartigen Empfindung in Lülttich Ausdruck
gegeben haben.
SZüurst Bismarck hat in Kissingen keineswegs diejenige Ruhe,
deren er bei Antritt seines „Urlaubes“ so bedürftig schien. Der
Telegraph, der von Kissingen direct mit Berlin in Verbindung ist,
ist fast den ganzen Tag uͤber in Thätigkeit. Zehn Slunden Ar—
beit des Tages über soll nichts Seltenes für den Kaniler sein,
den neben der orienlalischen Frage noch die immer ernster werdende
Lage in Frankreich in Anspruch nimmt. Daß Fürst Hohenlohe
dem letzten Empfange bei Mac Mahon sich fern hien, laßt sich nur
u leicht erklären. Der deutsche Botschafter dürste sich in einem
Hause, das zut Zwingburg des Ultramontanismus geworden, kaum
dohi fühlen.
Darmstadt, 13. Juni. Großherzog Ludwig Ul. (geb. 9.
Juni 1806) ist heute Vormittag halb 11 Uhr in Seeheim sanfi
derschieden.
dolonnen aus Erzerum, Zivin und Bardeß von den Russen wider⸗
tandslos verlassen. Ein türkisches Streiftorpy unter Hassan Bey
iberschritt russisches Gebiet an der Grenze be Achalzich, nachdem
es ein entgegenstehendes russisches Korps geschlagen hatte.
Athen, 11. Juni. Reuter's Bureau meldet: Die National⸗
versammlung von Kreta beschloß, nachdem die Pforte ihre Forde⸗
rungen abgelehnt, ihre Rechte mit den Waffen zu vertheidigen.
Es stehe ein allgemeiner Aufstand bebor. Auch in Epirus seien
einzelne Aufstände vorgekommen.
Sit. Petersburg, 1I. Juni. Nach russischen offiziellen
Berichten ist die türkische ürmee bei Zenin vor Etrzerum 50,000
Nann stark. — Die „Russische Petersburger Zeitung“ leiht den
Erwartungen Ausdruck, welche sich an den Donauubergang knüpfen.
xFin neues Ultimatum vor dem Uebergang an die Türkei zu senden,
vürde den Muth der letzteren nur heben. Das Schicksal der Mol⸗
au und Wallachei wird endgiltig nur hinter dem Baltam eni-
chieden, dort befindet sich noch der Schlüssel zu einer vollständigen
Befreiung Bulgariens, Bozniens, Serbient, der Herzegowinag und
der andern chriftlichen Provinzen der Türkei. Na h Erfüllung dieser
lufgabe erst kommt die Reihe an die eigenen Interessen Rußlands
und daun eist wird das große Wort ausgesprochen werden, welches
das historische Schiksal des Slaventhums bestimmen muß.
Vermischtes.
FSt. Ingbert, 18. Juni. Heute Mittag nach 12
Uhr hatten wir etwa einen, . Stunde andauernden Gewittersturm
mit Hagel, der jsedoch keinen besondern Schaden berursachte.
,Ensheim, 9. Juni. Heute schlug der Bliß bei hef⸗
igem Gewitterregen in der Nähe des Dorfes in sechs Telegraphen⸗
tangen und spallete dieselben der ganzen Länge nach.
F Vor die am 18. ds. Mis«. unter dem Vorsitze des k. Ap⸗
»ellation gerichtsrathes Hessert ia Jweibrücken beginnende Schwur⸗
Jerichtsession des II. Quartals pro 1877 sind folgende Personen
ur Aburtheilung verwiesen. 1. Wölfling, Johann Philipp 40
Jahre alt, Tagner von Heiligenstein, wegen vorsätzlicher Brand⸗
tiftung. Verhandlung am 18. Juni, Morgens 8 Ubr. 2. Mohr,
Jatob, 17 Jahre alt, Kaufmannslehrling in Mutterstadt, Sohn
»es verstorbenen Lehrers Adolph Mohr zu Freinsheim, wegen Todt⸗
chlags. Verhandlung am 19. Juni, Morgens 8 Uhr.
f In HÄoringen hat sich am 9. Juni ein Bauersmann
Namens Brenner, mittelst einer Sense den Hals abgeschnitten⸗
derselbe war schon lange Zeit geisleskrant.
f Berlin, 11. Juni. Der Reichsanzeiger“ schreibt: Nach
amtlichen Nachrichten hat am 5. Juni in Yolohama (Japan) eine
Schlägerei zwischen Matrosen des deuischen Kriegsschiffes „Elifabeth“
ind französischen Seeleuten Statt gefunden, wobei von den letzteren
in Mann geltödtet und ein zweiter toͤdtlich verwundet wurde. Die
Zerausforderung scheine von franzdsischer Seite ausgegangen zu sein.
ẽ8 sei dasür Sorge getragen, daß die Untersuchung des bedauer⸗
ichen Vorfalles eingehend und unparteiisch erfolge.
Reichs⸗Oberhandelsgericht. Zwei „edle Seelen“ offe abarten
n erinem Rechtastreite ihre Beschäftsgehe:mnisse. Der Eine ist
Weinhändler, der Andere ist Weinfabrikant; Beide wohnen in
Korddeutschland und der Kläger forderte den Kaufpreis für 6000
riter Wein, wogegen der Andere einwendete, es sei ihm gar lein
Wein geliefert worden sondern ein Gebräu, bestehend aus Grüne—
erger Gewächs (schrecklihhen Angedenkens ), Wasser und Trauben⸗
ucher. Der klagende Weinhändler bestritt dies gar nicht, bewies
iber, daß der Verklagte gerade diese Mixtur bestellt habe, weil er
araus die sehr beliebten Ungarweine fabticire. Natürlich wurde
inter solchen Umständen der Käufer zur —AV
von 30 Pf. pro Liter () verurtheilt. Dabn hatten freilich die
Zuhörer die lebhafte Empfinvung, ez sei Schade, doß die Siaats⸗
nwaltschaft leine Noliz nehme von solcher schamloser Verfälschung
von Nahrungqsmitteln.
Ausland.
London, 11. Juni. Die „Times“ berichten von e'nem
Seegefecht, welches in oder vor der Sulinamündung stattgesfunden
habe, und bei welchem drei tussische A
Broße russische Truppenmassen tonjentriren sich zweschen der Aluta
und Vede.
London, 12. Juni. Bel dem gestrigen Diner der
Schneidergilde berüßrten Lord Salisbury und Lord Derty die
Rolhwendigleit eine Politik des Friedens zu verfolgen. Derby
sagte, Endland muüsse bereit sein, seine Interessen zu dertheidigen,
wenn dieselben angegriffen würden, aber das größte aller britischen
Inleressen sei der Friede. — Midhal Pascha war zugegen.
Bukarest, 12. Juni. Mojor Friedrich von“ Kraut
wurde gestern im Haup:quartier zu Plojesti als der Spionage ver⸗
»achtig erschossen. Zwei andere Perfonen, Oesterreichere, ebenfalls
derdächtig, wurden verhaftet, aber von der österreich schen Regierung
rellamiri.
Konstantinopel, 11. Juni. Gestern hat sich die
danonade zwischen den Positionen von Giurgewo und Rusischuck
diederholt. — Vom asiatischen Kriegsschauplaß liegen keine Neuen
—VR— steht noch vor Erzerum. —
die hiesigen Zeitungen sind aufgefordert worden, ihre Sprache
jegen Griechenland zu mäßigen.
onstantinopel, 12. Juni. Die russische Avant⸗
surde räumte Olti; Penek wurde nach Entisendung dreier üürkischer