Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Braunschweig, 183. Juni. In der Stadt Seesen 
schlug während des gestrigen Schützenfestes ein Blig in dan Festzelt 
anter die dort⸗ befindlichen Personzn. Vier/ davone, wurden sofori 
etodtet, 2 zeitwise gelaähmt. Unter den Getödteten befinden sich 9 
Brirder, Zwillinge, welche an dem Tage, ihren 838. Geburistag feierlen. 
fLondon, 16. Juni. Durch den Streike der Kohlen 
zruben⸗Arbeiter in West-Lanceshire sind circa 80,000 Personen be⸗ 
haftigungsloß geworden. Von dieser Anzahl sind 20,000 Kohlten⸗ 
ruben · Arbeiter, und die anderen Personen, die durch die Arbeits⸗ 
instellung in den Kohlengruben ĩn Mitleidenschaft gezogen worden. 
Ihne ihrer Arbeiter um⸗ O. pCt. herabzusezeu, gegeben. Vorlqufig 
A noch wicht die Mmindeste Ausficht nuf eine Einigung vorhanden. 
Eine für das Eisendahnwesen wichtige und von dem Reicht 
cisenbahnamt sehr günftig aufgenommene! Eifindung, die bereit 
atentirt ist, wird jetzt wie die IVosse gtgenniminheilt, von de— 
Zotadomer Bahn · teiner genauen Probe untetzogen. Det Appare 
iatden Gwech, die aisher nn⸗ den Bahnbartieren am häufigster 
atgekommenen Unglücsfalle dadurch zu verhüten, daß der Waͤrter 
zwungen wird, dieselben immer beim Passiren der Züge zr 
ließen. Der-Apparat besteht in einer Controluhr, welche unte 
n Schienen angebracht ist und mit der Barriere in Verbindun— 
ht. Jeder. Aber die Uhr hinweggehende Zucg wird durch eim 
dreibvorrichteng genau aufge zeittnet, fobaid die Barriere ge 
lossen · wird. Hat ver Watter durch Hrichischliehen “seine Pflig 
qt · xfüllt, so bemerlt“ die Uhr dies ebenfalls durch ein Zeiche 
ie Beamten lönnen fo genau feststellen, dei welchem Zuge d 
arriere offen oder geschlossen swor und welll er Warter nicht zr 
rlässig ist. Die Contrsoluhr ist seit 8 Tagen in Friedenau, w 
er Erfinder wohnt, augebracht und Hewährt sich, wie man hört 
Der Il cken Amstettt enn im Oberwienerwald ist am 
17. d. von inem großen Brandungluͤck heimgesucht worden. Nach⸗ 
nittags 2 Uhr entstand, wie man sagt, beim Fässerpichen im Brau⸗— 
hause Feker, das bis nach 11 Uhr Nachts wüthete und 112 Ge— 
züude derzehtte. Es sollen drei? Feuerwehrmänner verunglückt sein, 
doch steht rdas noch nicht feftt. 
f, SinHeldenmaädchen. Temesvarer Biatter mel⸗ 
deten kürztich, daß Im 18. d. vin der Meierei der Temesvarer 
Schulschwestern ein Stier seinen Wärtet- getödtet. Die „Tem. 
Ztg.“ bringt Zun Rine autheintische Darstellung des Aragischen Vor— 
alles. Nach derselben war der Getoͤdtele ein ältlicher Mann, nicht 
er eigentleche e Wãrter des Thieres, sondern erst vor einigen Tagen 
jur Ausdelfe An der Meirteiz nus Baiern ingetroffen. Obwohl 
zot der Wildheit des Thieres gewarnt, dieß er irotz Abreden eines 
dort bediensteten Gyerihyamoser Bauernmädchens den St'er in den 
Hof hinaus und führte mit der Peitsche mehrere Hiebe auf seinen 
Zopf, was zur; Folge hatte, daß der auf ihn lorstürmende Stier 
ihn niederrannte und mit den Vorderfüßen auf dessen Brust kaeend, 
ihm mmit dem ** furchtbare Stoͤße versetzte.“ Das Madchen, 
velches Zeugin diesed grauenvollen Vorganges: war, suchte · das Thier 
zuerst durch Geschrei und Schwenken eines Tuches zu verscheuchen, 
allein der Stier. nahm keine Roliz davon und begann sein Opfer 
m Hofe herumzuwälzen. Und nun nahm die Heldenmüthige einen 
Zampf auf, der wohl selbst in einer fspanischen Stierkampf⸗-Artena 
nicht seines Gleichen fiden dürfte. Sie füllte ihre Schürze mit 
ztoßen Bruchstücken von Ziegelsteinen, ging auf den Stier loz und 
chlug demselben die Steine einen nach dem andern mit aller Kraft 
auf die Schnauze. Einer dieser wuchtigen Schläge traf so gui, 
daß das Thier den Körper des Manres losließ, sich hoch dufbäninte 
ind daunn auf feine Feindin losstürzte. Das Mädchen gab zu 
Protokosl, daß sie diesen Augenblick für ihren letzten hieit; irotzdem 
vollte sie aber nichts unversucht laffen, um ihr Leben und das— 
enige des Mannes zu reiten, der in Blut gebadet auf dem Boden 
ag.“ Sie rannte gegen ein kleines in der Umfassungsmauer an⸗ 
jebrachtes Pförtchen, welches zum Glücke ossengelasfen worden, 
qᷣlũpfte hinaus und schlug das Pfoörtchen rasch hinier sich zu. Als 
»as vütheude Thier sah, daß hm seine Feindin entschlüpft sei, 
ließ es ein Gebrülle aus und kehrte zu seinem Opfer zurück, dasselbe 
vieder auf dem Boden herumwälzend, bis es in die Nähe des Pfort⸗ 
hens, tam Nun sprang das Madchen, das Rettungswerk noch 
mmer nicht aufgebend, wieder hervor und machte, mit einem großen 
Steine versehen, einen plötzlichen Angriff auf den Stier und schlug 
renselben so kräftig auf die Rafe, daß das Thier von Schmerz 
uußer fich ein paar Schr'tte zuruͤcwich. Diesen Augendlick benutzte 
jas Heldenmädchen, ergriff den Mann bei den Füßen und zoz ihn 
jurch daz Pförtlein ins Freie. Der Stier aber kehrte plotzlich in 
xn Stall zurück, von wo bald darauf das Brüllen der Kuͤhe ver⸗ 
ieth, daß das Unthier nunmehr an ihnen seine Wuth auslasse. 
In die Kühe zu retten, eille das Mädchen nunmehr in den Stall, 
anhdem fie ihre Schürze wieder mit Ziegelsteinen gefüllt hatte, 
chlich sich unter den Bäuchen der Kühe an den Stier heran und 
ersuchte ihn durch Schlaäoe in die Nose an seinen Plaß im Sialle 
u bringen, was ihr denn auch nach unsäglichtr Mühe gelang. 
jm Augenblicke aber, wo sie dem Stier die Keite über den Kopf 
verfen wolltee bemerkte derselbe leine T und senkte die Hör⸗ 
er, um nach-Werselben zu, stoßen. Da in hrer hoͤchsten Gefahr, 
hwang sie sich blißschneli auf seinen Rücken und ehe dak Thier 
ich noch auf der Boden strecken konnie, um seine Bürde ubpu⸗ 
jreifen, hatte sie ijhm die Kette um din Hals geworfen und auch 
inige Male um dl Hörner geschlungen, so daß die Bestie nun⸗ 
nehr machtlos war. Das Mädchen sprang nun herab und kilte 
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nuhungen nicht mehr zu retten war. Die e Stierlampferin j 
zht in Temesviur die — * Tade An —3 
F Der Haͤndel mi frschein amerikanischen Fleisch: nanmt immer 
srößeren Aufschwung, seit dem das Gefriek'ystem sich als vorireffliches 
Erhaltungsmittel d sselben bewährt hu.“ Die Dampschiffe, deren sich 
it Engläuder zum Trausport des-Fleisches bedienen, qinde in 
vesrieclam.neii mit Hormetsch· durch Wolle und Holzsägespahnen 
vet stopften· Wanden· verwandelt. In diesen Kammern sind Eis⸗ 
loͤcke aufgestellt, über welche ein beständiger Luftzug geleitet wirde 
Das Fleisch, in Stücke zerlegt und in Leinwand gewickelt, ist in 
en KKammern aufgehängt. Die Tex peratur dit Aufbewahrungs⸗ 
äume, wird gleichmäß gfast unter Null erhalten. In Liberpool 
gmon zin der vergangenen Woche 1200 Tonnen frischen amerilanischen 
Fleischez an. Neue große Sendungen werden erwariet ‚um dem 
nelseitigen Begehren nach diesem wichtigen Nahrungsmitlel zu genügen. 
luch auf den französischen, nach Amertkas gehenden Schiffen,werden 
ett solche Abktühlungtkammern eingerichtet,um für Frankreich 
diesen Handelszweig gleichfalls nutzbar zu machen. — —— 
fGegen Jasetkltenstüche.“ Von werschiedenen Seiten 
ortnan Ihon uwieder üͤher Ungluasfaälle betichten die durch dan 
Nichtbeachten von Infettenfiechen entstanden sind. Ea follte doch 
stiemand verfäumen, bei einem irgendwie gefährlich scheinenden Stich 
ofort ärztliche Hülfe in Anspruch zu nehmen, da die Wirlung 
ieser Gifte off in 24 Stunden den Tod herbeiführt. Befonders 
efährlich sind Stiche auf Finger, welche mit Ringen versehen sind, 
ofern »man dies Finge nicht gleich abzieht. Dunch die Ein⸗ 
hwulstt w rd dit Mut odungszusiand nut gesteigert eGeten das 
zuden gewöhnlicher ——u u* ist ein Anfeuchten mit Salmial⸗ 
eist sehr wirksam, man sollte deshalb ein kleines Flaͤsch hen davon 
tets zur Hand haben. ανut rε)α 
Dienstesnachrichten. 
Der kathol. Pfarrer Ernst Ripplinger von Rheinzabern wurd⸗ 
sum Deean des. Capitels Germerbheim ernau. 672 
Landwirthschaftlichs·. 
Vortheilhafte Benutzung des Straßenstaubes. In der trodenen 
jahreszeit sollte sich jeder Landwirth eine Quantität. diesez Mate⸗ 
ials verschaffen, da er bei unbedeutend nKosten sich mit großem 
Jortheil zut Vermehrung und Verbesserung des Düngers bennzen 
üßt. In die Hühnerställe eingesteeut, liefert er einen dem Guano 
in Werth jest gleichkommenden Dünger, ohne dessen unangenehmen 
Veruch zu besizen. Zum Einstreuen in die Abtritie benugt, zer« 
lört er die Gerüche und bindet die gesundheitsschädlichen Gase, 
ebenbei einen ausgezeichneten Dünger darbietend, der dein Guano 
und anderen theueren Düngstoffenein nichts nachsteht. 
Um aus Hühner- und Taubendung Guano zu bereiten, ver⸗ 
ahre man auf folgende Weise: Man nehme ein altes: Faß, bringe 
ine 3—85 Centimeter dicke Lage Straßenstaub auf den Boden, 
jarauf eine Laze Huhner · oder Taubeumist, dann wieder Staub 
t. s. w. Ist det Straßenstaub lehmhaltig, so sollte die Lage des⸗ 
Aben gleich stark wie die des Düngers, ist er dagegen von san⸗ 
iger Beschaffenheit, doppelt so stark sein. Je dünner die einzeinen 
Jagen der beiden Stoffe gemacht werden, desto werthvoller wird 
jer daraus erzeugte Dünger. Wenn die Höähnerflaͤlle regelmäßig, 
pie es die Reinlichkeit und Gesundheit der Thiere erfordert, aus— 
sepugzt werden, so läßt sich auf diese Weise in einem Jahre eine 
iemli se Quantität des besten, fast dostenlosen Düngstoffes bereiten. 
Wird dann der Juhalt des Fafsses auf einer Tenne zu Pulver ge⸗ 
doßen, so läht er sich wie Guano und anderer künstlicher Dünger 
n Garten und Feld vecwenden. Er wirkt besonders günstig auf 
Burzelgewächse, aber auch auf Blumen, Gemüse, Getreide und 
Biesen. —Schwache Saaten im Früdjahr damit bestreut, erholen 
ich oft auffallend, besonderd wenn die Anwendung unmitielbar vor 
inem Regen gesch'eht. Es ist gewiß seltsam und von keiner be— 
anderen Jntelligenz zeugend, daß manche Landw'rthe bedeutende 
zummen für künstliche Düngstoffe ausgeben, mit denen sie noch 
azu haufig betrogen werden, weil denselben werthlose Stoffe wie 
Zand, Sch verspath, Steinkohlenashe u. s. w. beigemischt sind, 
Ahrend fie die dor ihrer Nase liegenden und oft ihre Nase litzelnden 
Dungstoffe entweder gar nicht, oder in ganz angeeigneter Weise be⸗ 
meen. Es gilt dies besonders von den menschlichen Auswurieljoffen,