Full text: St. Ingberter Anzeiger

Znzeiger. 
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M 110. DDiriewsstag den 17. Juhnn 18817. 
—— — 
Deutsches Reich. 
Die bielannke Häusersteuer⸗Interpellation der Abg. Franken⸗ 
zurger und Gen. wurde in der Abg.Sitzung vom 13. d. seitens 
des Finanz ninisters v. Berr eingehend beantwortet, und zwar in 
zer Hauptsache dahin, daß über die Anwendung des Häusersteuer— 
gesetzes bei örtlicher Revision der Steuer eine besondere Instruktion 
nicht ertheilt worden sei, daß er bezüglich der in der Interpel⸗ 
lation aufteführten Klagen 1459 ohne aktenmäßige Einsicht das 
Statt gehabte Verfahren nicht mißbilligen könne, und daß hinsicht⸗ 
äichtlich des Klagepunktes 10 (Gutachten des Obertaxators weitere 
Erhebungen würden veranlaäßzt werden. 
München, 14. Juli. In der heutigen Sitzung der Ab⸗ 
zeordnetenkammer waren am Ministertische der Minister des Aus⸗ 
wärtigen v. Pfretzschner, der Finanzminister v. Berr und der Kriegs— 
minister von Maillinger. Dr. Ratzinger ist nicht anwesend. Abg. 
Freytag verliest eine Interpellation, den Bundesrathsbeschluß be⸗ 
üglich der Niedersetzungg einer Commission zur Vorberathung eines 
Gesetzentwurfes wegen Einführung einer Reichs-Stempel⸗ und Erb⸗ 
chaftssteuer betreffend. Minister v. Pfretzschner beantwortet dieselbe 
»zahin, daß ellerdings auf Antrag Preußens eine Commission von 
Sachverständigen verschiedener Bundesregierungen ernannt sei, welche 
diese Fragen, die Uebertragung der Spielkartenstempel, der Urkundeñ⸗ 
tempel und der Erbschaftsstener auf das Reich zu prüfen hätte. 
Bahern habe sich ablehnend zu diesem Antrage verhalten, „indefsen 
jabe der Bundesrath am 25. v. Mis. den ersten Äntrag Preußens 
in etwas modificirter Fassung angenommen. Boyern werde jedoch 
seine Interessen nach besten Kräflen wahren. Es folgt die Fort— 
etzung der Berathung und Beschlußfassung über den Rilitäretat. 
Abg. Dr. Friedrich Frank bringt zwei Klagen eines Landwehr⸗ 
anterofficiers über nichtgezahlte Reisegelder bei der diesjährigen 
kinziehung, ferner über Verköstigung während der Dauer der Land— 
wehrübung vor. Der Kriegsminister sichert strenge Untersuchung 
u. Referen Frankenburger bemerkt anläßlich einer Frank'schen 
Aeußerung, welcher vou jüdischen Lieferanten sprach, die Qualität 
der Menage erscheine ihm doch unabhängig von der Confession des 
Lieferanten zu sein, das müsse der Herr Vorredner doch selbst am 
zesten wissen. (Große Heiterkeit.) Abg. Hegele wünscht, daß der 
Bau der Commandantur für Ulm in Neu⸗Ulm statifindet und nicht 
in Uim. Der Kriegsminister erklätt, daß es wohl kaum möglich 
ein werde, die Wünsche von Neu-Ulm zu befriedigen. Ohne weitere 
Distussion werden darauf alle Titel der beiden Etats nach dem 
Ausschußantrage genehmigt und schließlich das ganze Gesetz bei 
Vamensaufruf einstimmig (148 Stimmen) angenommen. Dec Prä— 
sident vectagt darauf die Sitzung big heute Nachmittag 42/023 Ühr. 
Dder Landtag wird sonach noch heute geschlossen. 
München, 14. Juli. Bei der Eröffnung der Abendfitzung 
er Abgeordnetenkammer verlas der Minister des Innern, v. Pfeufer, 
ine Botschaft des Königs, durch welche die Kammer vertagt wird. 
Die Sitzung wurde hierauf mit einem dreimaligen Hoch auf den 
stönig gefclossen, 
Berlin, 15. Juli. In verschiedenen Bezirken Preußens 
vird gegenwärtig für die Absendung von Massenpetitionen an das 
Idgeordnetenhaus betreffs Abschaffung der M aigesetze agitirt. 
Es sind Unierhandlungen angelnüpft worden, um eine Aen— 
derung der mit Württemberg abgeschlossenen Militär⸗Konvention 
u erzielen, da die bisherige Einrichtung, wonach der oberste Befehl 
ꝛes württembergischen Armeekorps zwischen dem Kriegsministerium 
ind dem General-Kommando getheilt ist, zu vielen Uebelstaͤnden 
Jeführt hat. Auf beiden Seiten hat sich das Bedürfniß zu einer 
Uenderung herausgestellt und es ist daher mit Sicherheit auf einen 
uufriedenstellenden Verlauf der Verhandlungen zu rechnen. 
Antivari, wo bereits 10 andere urkische Schiffe siegen. Diese Schiffe 
sollen bestimmt seia, die unter Suleimannn Pascha stehende Division 
einzuschiffennnn. 
Wien, 16. Juli. Das „Tageblatt“ meldet aus Rasgrad: 
Der Bahnverkehr zwischen Rustschuk und Rasgrad ist am Freitag 
durch rufsische Vorposten unterbrochen wor den, welche sich dem Bahn⸗ 
diper bei Wetova näherten. Die Kosacken sireifen bis Chelitzkoi z 
die Türken bezogen eine feste Stellung bei Beilakbi. 35 
Paris, 14. Juli. Abends. Die meisten Abendzeilungen 
nelden, es sei wahtscheinlich, daß die Neuwahlen für die Deputirten⸗ 
'ammer auf den 14. Oktober anberaumt würden. — Der Appell⸗ 
jof hat die Verurtheilung von Bonnet ˖ Duberdier, ehemaligen Praͤ⸗ 
aidenten des Parifer Geurcinderathes, zu 15 Monat Gefängniß 
nestätigt. 
Paris, 14. Juli. Nach der „Estafetle“ wird sich die 
Kegierung, da die Kammer vor ihrer Aufloösung sich geweigert, die 
»irekten Steuern zu bewilligen, an den Staatstath wenden, damit 
ieser ihr die unegatbehrlichen Credite zur Verfügung stelle. In 
ꝛiefem Falle würde auch die für Augusi angekündigie Sefsion der 
Beneralräthe vertagt werden. 
Paris, 14. Juli. Das „Memorial diplomatique“ meldet 
sjeute, daß sobald die russische Armee den Balkan glücklich über⸗ 
chritten hätte, Fürst Bismarck, im Einvernehmen mit den anderen 
hroßmächten, einen sechswöchentlichen Waffenstillstand vorschlagen 
verde. In bestunterrichteten hiestgen deuischen Kreisen weiß man 
aichts von diesem angeblichen Plane des deutschen Reichtzkanzlers 
ind erklärt ihn für absolut erfunden. 
London, 14. Juli. Die „Morning Post? erklärt, es sei 
inrichtig, daß Fürst Bismarck gesagt hade, die Besetzung Konstan- 
inopels durch die Russen sei für Deutschland gleichgiltig. — Die 
ussischen Panslabistenkomitees fordern laut die Ernennung Tscher⸗ 
najeffs zum Kommandirenden der Kaukasus-Armee. 
London, 14. Juli. Nach einer Depesche der „Daily News“ 
vurde die russische Uebergangsbrücke bei Simnitza theilweise zerstört, 
vodurch eine große Verzözerung im Nachschub der Truppen eintritt. 
London,; 14. Juli. Der Dailh Telegraph meldet, daß 
die Tüiken von Widdin aus beginnen, offensid vorzugehen. — 
Zine starte Truppenmacht konzenirirt sich auch bei Kezanlik (im 
Balkan bei Tirnowa), man will veisuchen, die Russen zu umzingeln. 
Aus Bukarest schreibt man der „Nat.Ztg.“: „In den 
bisherigen Gefechten jenseits der Donau, namentlich um Biela sind 
unter den todten und verwundeten Officieren überraschend viele 
Engländer entdeckt worden. Die tütlischen Dispofitionen nach der 
einmal stattgefundenen Versäumniß der Abwehr des Donauübercçanges 
lassen die russischen Generalstab sofficiere vermuthen, daß höhergestellte 
militärische Rathgeber aus der englischen Armee bei Redif Pascha, 
der sich gegenwärtig neben Abdul Kerim in Schumla installirt hat, 
Tinfluß fanden. Doß englische Officlere in den türkischen Lagern 
in Kleinasien eine große Rolle sp'elien, steht ganz außer Zweifel.“ 
Ragasa, 14. Juli. Tie Montenegriner haben wieder die 
Offensive ergriffen und die Türken bei Tara geschlagen, wobei sie 
300 Mann Verlust hatten. Zwischen England und der Pforte 
chweben Verhandlungen darüber, in Galipon eine englische Flotten⸗ 
lation zu errichten. 
Cettinhe, 14. Juli. Der montenegrinische Heerführer 
Seco Pecavecs schlug die Türlen an der Tora, besetzte sechs Dörfer 
und brachte den Türken große Verluste bei. 
Konstantinopel, 15. Juli. Ismail Pascha und Fait 
Pascha treffen Vorbereitungen zur Ueberschreilung der russischen 
Gienze in der Richtung auf Eriwan. Die Russen fahren fort, sich 
aördlich von Kars zu conzentiren. Die bei Bajazid stehenden 
cussischen Truppen leisten noch Widerstand. 
General Tergukasoff meldet, daß bei dem Rückzug seiner 
Colonne nach Bajasid „diese Stadt dermaßen zerstört und durch 
aulende Leichen infieirt erschiene“, daß ein weiteres Verbleiben der 
Trubpen daselbst sich als unmöglich heraus sellte.“ 
NAusland. 
Wien, 14. Juli. Nach einem Telegramm der „Polit. Korresp.“ 
ius Ragusa vom heutigen Tage hat Lin türkischeez Geschwader, 
elches aus 17 Schiffen bestand, Badug passirt mii dem Kurse nach