St. Ingberler AAnzeiger.
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M 114. ——— DDienstaa, den 24. Juii IJ 1877.
Deutsches Reich.
Aus Berlin, 19. Juli, schreibt man der „Allg. Ztg.“:
Noch ehe die Sachberständigen⸗Commission zur Eroͤrterung. des
teichastempelsteuer⸗Projecis auch nur zusammengetreten ist; scheint
man sich selbst in denjenigen Kreisen, aus denen die Anregung
desselben hervorgegangen ist, überzeugt zu haben, daß die sachlichen
Schwierizleiten, mit denen die Ausführung des Plant zu kämpfen
jaben wird, sich als unüberwindlich erweisen. Am steuerpolitischen
dZorizont tritt nach dem Zeugniß kundiger Beobachter das Tabak⸗
zeuerproject wieder in den Sehkreis. Der Vorschlag, den Reichs⸗
rinnahmen durch die Echöhung der Tabalzolle und in Verbindung
damit auch der Tabalsteuer aufzuhelfen, war im vorigen Winter,
wie erinnerlich, an dem Veto des Reichskanzlert gescheitert. In—
wischen wird die Frage der Erhöhung der Reichteinnahmen in der
nächsten Session eine sehr viel dringlichere Form annehmen, wenn
auch nicht für die Reichsregierung, die sich darauf berufen kann,
daß der Reichtlag die Wahl hat, entweder die Matricularbeiträge
u erhdöhen, oder neue Reichsseinnahmen zu beschaffen. ...
Berling, 21. Juli. Zur Lehrlingsfrage geht
vem „Pfih. Beob.“ folgende Mittheilung voa vielleicht nicht un⸗
zedeutender Tragweite zu: Einen nicht uninteressanten Pafsus dal
der General ˖ Posidireltor in die SubmiffionsSbedingungen dei Post
bauten aufnehmen lassen. Es wird den sich meldenden Unter⸗
aehmern zur Pflicht gemacht, nur sol he Gesellen anzustellen, welcht
sich über eine ordnungemäßig zurückgelegte Lehrzeit ausweisen können.
Der praltische Generalpostmeifter hat hier der Loͤsung der Lehr⸗
ingsfrage einen Impuls gegeben, der von weittragender Bedeutung
ein kang.
— Anlaßlich des Ablebent des Bischofs von Rainz, Freiherrn
„. Ketteler, werden in allen katholischen Gemeinden Deutschlands,
uhnlich wie bei dem vor drei Jahren erfolgten Tode des Abgeordneten
». Mallinckrodt, Trauergottesdienste veranftaltet werden.
fuslsand.
Wikben, 21. Juli⸗ Die Offizidsen setzen auseinander, Kon⸗
zantinopel falle ebenso sehr in die Interessenspäre Oesterreichs als
n die Englands.“ Oesterreich könne nicht dulden, daß Konstan⸗
linopel selbst zeitweilig; in Befitz irgend einer europäischen Macht
jalle. Die durch-den Krieg geschaffenen Umstände seien nur pro⸗
disorifch. Desterreich habe deutlich erllärt, ohne sein Zuthun dürfe
uͤber das Schicksal keines Orientdorfes entschieden werden. Je
Irößer die Zurückhaltung während des Krieges, desto nachdrüdlicher
werde es bei der Schlußabrechnung mitsprechen.
Wien, 21. Juli. Die „Politische Korrespondenz“ meldet
mus Vukarest vom Heutigen: Das Korps des Großfürsten⸗ Thronfolger
delagert Rustschuk, dessen Beschießung unverzüglich beginnen wird.
Das neunte russische Armeekorps rückt gegen Widdin vor. Dem
dorps in der Dobrudscha wird schweres Belagerungegeschütz nachge⸗
chickt. Die vor Hirsowa biz zur Mündung frese Donau wird zum
Transport von Kranken und von Verwundeten benutzt. — Die
„Polit. Korresp.“ mieldet serner aus Belgrad von heute: Die
Stupschtina ermächtigte die Regierung zu allen durch die Lage
erforderten Schritten. — Der Zar beglückwünschte den Fürsten
Milan zu der reservirten Haltung Serbiens. Aus dem gleichen
Anlasse wurde auch Rstic vom Fürsten Gortschakoff beglückwünscht.
Wien, 21. Juli. Der „Presse“ wird aus Konstantinopel
jemeldet: Die Festungen in Bulgarien und Rumelien, selbst Adria⸗
nopel nicht ausgenommen, sind nicht in vertheidigungsfähigem
Zzustande. Auf den Wällen von Adrianopel fehlen die Kanonen,
die auf verschiedenen Bahnhöfen stehen. Die Türken arbeiten fieberhaft,
in das Versäumle nachzudolen.
Aus Prag, 19. Juli, meldet man der „N. Fr. Pr.“:
Zämmtliche bulgarische Studenten an der Prager Universität er⸗
ielten vom „Revolutionscomite“ Auftrag, unberzüglich in die
deimath abzuteisen und einzurüchen. Den Briefen lagen je 100
id 200 Rubel bei. Die Mehrzahl der Studenten ist heute ab⸗
gereist. Aehnliche Weisungen sollen auch an die bulgarischen Siu⸗
denten au den anderen österreichischen Unibersitäten ergangen sein.
Zast in allen Departemenis haben die Poligei Kommissaͤre die
Vorsteher der Freimaurer⸗Logen vor sich kommen lassen und die
Mittheilung der Mitgliederlissen und Auslunft über die Zusammen⸗
eung der Vorftände begehrt. Aber fast Uberall weigerten fich die
Vorsteher, diesem Verlangen zu entsprechen, und wandien sich sofort
in die republikanischen Ausschüsse der Rechtsgelehrten. Das wird
hner ader wahrscheinlich sehr wenig helfen; dermuthlich dürfen faf
ille Freimaurer Logen in Frankreich geschlossen werden.
Loudon, 21. Jut. Der , Economist“ beanlworier in
ꝛinem bemerlenswerthen Attilel die Frage, ob England Gallipoli
zesetzen solle, verneinend und erklärt, daß England bloß ein ein⸗
iges absolutes Interesse besitze, nämlich die Sicherung des Weges
nach Indien; diesen zu vertheidigen, möce schon Englands Kräafte
iberaus anstrengen, und gefährlich wäre es, anderwärts dieselben
zu vergeuden. Der „Sp ctator? erllärt ebenfalls, daß ein activen
Vorgehen Englands Wahnsinn sein würde, waͤhrend „Telegraph“
ind „Morning⸗-Poste für eine sofortige Intervention find. Der
„Standard“ für eine Metzelei der Christen in Konfiantinopel. —
Die drei Truppenschiffe, weiche von der Admiralität Befehl erhalten
jaben, in Portemouth bis Mittwoch segelfertig zu sein, gehen nach
Indien, um, wie in jedem Jahr, die abgelosten Truppen nach
xẽngland zu transportiren. Mit dem russisqheturkischen Krieg hat
hre Absendung nichts zu schafffgee. 68x. 3..
London, 21. Juli. NVach der Times hätien die Kussen
bei der Einnahme von Pikopolis nur 2000 Gefangene gemacht.
Berüchtweise verlautet, Mahmud Damat Pascha sei aus —XV
tinopel geflüchtet.
. S2ndon, 21. Juli. „Daily Newa“ gibt ein Gerücht
aus Bukarest wieder, nach welchem zwischen dem Cjar und Fürf
Vorischatoff bezüglich des lünftigen Friedens Mißhelligkeiten be—
tänden. — Großfürst Michael verlegte sein Haupiquartier naqh
Bornari. General Loris.Melikoff ging nach Tifiis. — Ismau
Pascha, der in Mussin steht, erhielt den Befehl, in Rußland ein⸗
zufallenn. J 37
Konstantinopel, 22. Juli. Mehemed Ali Pascha, der
an Abdul Kerim's Stelle den Oberbefehl üder die Donau-Armee
übernimmt, ist nach Schumla abgereist.
Petersburg, 22. Juli. Offiziell wird aui Tirnowa,
19. d., gemeldet: Der Schibkapaß wurde heute durch das Orlowsche
Regiment und zwei Geschüte genommen und besett. Am 17.
lämpfte das Orlowsche Regiment mit außerordenilichem Muthe
zegen 14 Tabors Türlen, verlor 100 todte und 100 verwundele
Soldaten sowie 2 todte und 5 verwundete Offiziere. Am selben
Tage besetzte General Gurko Kazanlyk und Dorf Schibka. Am
9. nahm das Orlowsche Regiment die Offensive wieder auf. Die
dürken ergriffen aber die Flucht. Ohne Kampf, sogar ohne
5chuß flohen sie westwärts, 8 Fahnen und 8 Geschühe, sowie
Waffen hinterlassend.
New⸗York, 21. Juli. Seit mehreren Tagen streilen die
Beamten und Maschinisten der Baltimore Ohio Bahn. Der Züge⸗
jerlehr ist völlig eingestellt. Die Bundestrnppen stellien die Ordnung
vieder her und verhafteten die Führer. Seitdem ist der Siren
iberall verbreitet, und es hat sich eine allgemeine geheime Verbin—
dung der Eisenbabnbeamten herausgestellt. Der Eisenbahnverkehr
in Pennsylvanien und Ohio ist gestört, nehrere Regimenter Miliz⸗
ruppen sind zum Schutze der Bahnlinien herbeigeholl. Die Truppen
n Baltimore wurden durch eine Voltsmenge ven 5000 Rann
angegriffen und mehrere Soldaten verwundet. Die Solbalen
euerten, 10 Aufrührer sind getödtet, 30 verwundei. Der Pobel
zerstörte den Bahnhof und das Telegraphen⸗Bureau.
New⸗York, 283. Juli. Pittsburg ist in Händen 8000
Strikendetr. Am Naqmittage des 21. d. feuerte die Miliz auf
die Ruhestörer, wobei eb 20 Todte und 29 Verwundele gab. Der
Bahnverkehr in ganz Pensylvanien ist zerstort. Vom 22. d. (Sonn.