Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberlker Anzeiger. 
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der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöoͤhenilich) mit dem Hauptblatie verbundene Unterhaltungseblati. (Sonntagt mit illustrirter Vei 
age), erscheint woͤchentlich viermal: Dienstaz, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierteljahrlich 
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M 115. Donnerstag, den 26. Juli 
1877. 
Fur die Monate August u. September 
ann auf den „St. Ingberter Anzeiger“ bei allen Post⸗ 
mstalten und unsern Zeitungsträgern, sowie bei der Expe—⸗ 
ition abonnirt werden. 
Desterreich entschlossen, Bosnien und die Herzegowina zu ollupiren, 
wenn England Truppen in Gallipoli ans Land setzt. 
London, 25. Juli. Die Times⸗ exfährt aus Malta, 
die englische Flotte in der Besikabai habe die Ordte erhalten, in 
durzem nach Gallipoli abzugehen. Die Tocystische Presse fährt 
jort, auf eine rechtzeitige Besezung von Gallipoli zu dringen. 
Bukarest, 24. Juli. Gutem Vernehmen nach wird der 
Czar in den ersten Tagen des August in St. Petersburg erwartet. 
Er begibt sich von dort alsbald nach Tiflis und ins Lager der 
aukasischen Armee nach Alexandrappl. 
Die „Polit. Corresp.“ meldet aut Cettinje: Die Mon⸗ 
enegriner erstürmten am 22. ds. die derschanzten Hohen von 
Trebesch, weiche Position sowohl die Festung als die Slabt Nicsic 
ominirt. Das Fort Gorjarnopoliski capitulirie nach kurzer Be⸗ 
dießung, es wurden darin 53 Nizams gefangen. Am 23. d. 
vurde auch das zweite Fort Rahovaß bei Nicsie genommen und 
abei 30 Nizams zu Gesangenen gemacht. 
Nach einem amtlichen cussischen Bericht aus dem Hauptquartier 
Tirnowa vom 20. Juli sind drei Passe ũber den Balkan (bei 
-—chipka und Jahiny) in dem Besiß der russischen Truppen. Ein 
ünkischer Bericht gesteht zu, daß die Russen auch Kalifer und 
darlowo (beide im Tundscha⸗Thal westlich von Kesanlyk) besegt 
saben und auch Esk sagra behaupten. Die Bewohner der von den 
tussen zunchst bedrohten Bezirke flüchten sich massenhaft nach Adria⸗ 
iopel und Konstantinopel. Suleiman Pascha und Reuf Pascha 
eiten die zum Schutz von Adrianopel getroffenen Vorkehrungen. 
Eriwan, 21. Juli. Das Vordringen der Türken gegen 
Igdyt hat hier eine derartige Pank hervorgerufen, daß die Siadt 
iahezu gantlch verlassen ist und fost saͤmmtliche Bewohner nach 
vrusien flüchten. Die Tartaren des Bezittks zeigten eine bedent⸗ 
iche Stimmung. Mulhtar Pascha befestigt die Bergpässe in der 
ähe von Ardost. 
Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus dem Hauplquartier 
uthtar Pascha's gemeldet: Die Rüssen seien nach einer 
„on 8 Regimentern Cavalerie und 8 Geschuͤtzen gegen die Armee 
Nukhtar's unternommenen —XRXX zurückgegangen, 
hr Lagergeräth sei nach Dijannishdash und Alexandrapoi zurück⸗ 
ransportirt. 
New-⸗York, 24. Juli. Der Streik der Eisenba hnbeamten 
zjewinnt noch immer an Ausdehnung. In San Francisto und an 
anderen Orten herrscht große Besorgniß. Washington, Philadelphia 
und Baltimore werden durch Bundestruppen geschützt. Die niederen 
Vollsschichten sympathisiren mit den Streikenden. Man befürchtet, 
)aß die Ruhestörungen eine ernstere Gestalt annehmen werden. 
Hier in New VYork bewacht die Milij den Ärsenal, die Bevölkerung 
nsultirt die Soldaten. In einer gestern hier abgehaltenen Volka— 
ersammlung wurden sehr erregte Reden gehalten. Es wurde be⸗ 
hlessen, ein Monstre⸗Meeting abzuhalten, um den Sympatleen der 
zZebölkerung süur die Streikenden Äus drudk zu geben, — In Reading 
Pennsylvanien) greff die Menge die Milißtruppen an, welche Feuer 
aben und 7 der Aufruhrerischen todteten und 25 verwundelen. Die 
Menge bemächtigte sich des Zeughauses. Auch in Harrisburg sind 
kKuhestoͤrungen vorg-kommen. Die Regierung hat deßhalb befohlen, 
Hanzerschiffe zu armiren. Die Truppenkonientrationdauert fort. 
Die Gouverneure der Oststaaten haben ihre Unterstützung angeboten 
Deutsches Reich. 
München, 28. Juli. Das tgl. Kultusministerium hat zum 
HDoslzug der Schulordnung für die kgl. bayer. Realschulen die Dis⸗ 
iplinar · Satzungen jür die Schüler der Realschulen mil dem Beifügen 
tlassen, daß dieselben sofort mit Beginn des neuen Schuljahres von 
»en Reltoraten den Schülern in feierlicher Weise bekannizugeben sind. 
Die Socialdemokratie und die Arbeitgeber. Kein 
iderer Vorwurf setzt die Socialdemoltatie dermaßen in Entrüstung, 
vie der ihr seit einigen Jahren vielfach gemachte: daß sie großen 
AIntheil habe an der Noth der Zeit, die noch immer kein Ende 
ehmen will. Eine chemische Analyse zu geben, wieviel Procent 
Zchuld auf den Geschäfistaumel der Gründerzent kommen und wie— 
„iel auf andere Dinge und Menschen, maßen wir uns nichl an, 
jalten aber mit voller Zuversicht die Behauptung aufrecht, daß die 
mhaltende Stodung von Gewerbe und Handel zum Theil, und 
war zum groen Theil, hervorgegangen sein muß aus der social⸗ 
scmokralischen Aufwiegelung. Denn bekannt genug ist es doch, daß 
diele, die ehedem für eigene Rechnung großen Unternehmungen vor⸗ 
danden, diese nur darum in Ackiengesellschaften umgestalteien, weil 
ie es müde waren, Tag für Tag mit Arbeitern zu verkehren, von 
enen sie für „Aneigner fremden Verdienstes, Preller, Blutsauger, 
Zlusmacher, Leuteschinder, Umsonstfresser ꝛc.“ gehalten wurden. 
giele Industrielle scheuen ausgedehnte Geschäfte und beschränken sich 
uuf das Rothwendigsie, weil, je mehr Alrbeiler sie anstellen, desto 
nehr Austsicht ist auf Hader und Verdruß. Wie sollte auch der 
Unternehmer jene dem Erfolg so noͤthige Arbeitsfreudigkeit, welche 
eim Arbeitnehmer methodisch untergraben wird, sich selber bewahren, 
venn von der anderen Seite sein Thun gar nicht einmal als ,Arbeit“ 
etrachtet wird ? — Karl Marx erkläri in seinem Werke zwar, daß 
jem einzelnen Capitalisten leine Schuld beizumessen, daß er vielmehr, 
»lange die jetzige Productionsweise bestehe, gezwuugen sei, an der 
Selbstoermeh ung des Capitals durch den Profit theilzunehmen, 
seil ersonst selbst zu Grunde gehe. Dies hindert indessen viele 
ʒocialdemotraten keinen Augenbũd, jeden Arbeitgeber als Aussauger 
inzusehen. (S. C.) 
NAusland. 
Wien, 24. Juli. Der ‚Neuen Freien Presse“ wird aus 
jaßfy vom 22. ds. gemeldet: Unter den für die russische Armee 
eestimmten Viehtransporten ist die Rinderpest in verheerender Weise 
usgebrochen. 
London, 28. Juli. Daily News bestätigt d'e —X 
getliner Tageblatt, nach welcher Fürst Gortschaloff Material zu 
mer Note sammle, um zu beweisen, daß England nicht nach den 
Ztundfätzen handle, welche ihm die Neutralilat vorschreibe. Die 
kussen hoffen Adrianopei Anfang August zu etreichen. Fürst Bis⸗ 
natt soll fuͤr Anspruch Rußlands auf Freigebung der Dardanellen 
intreten. In Armenien soll furchtbare Anarchie herrschen. Alle 
Sbitäler sind ohne Medizin und ohne Aerzte, 
London, 23. Juli. Wie die Times wissen will, werden die 
iussen in zwei Kolonnen vorrücken, von denen die Eine nach Gaͤllipoli, 
e Andere nach Konstantinopel dringen soll. Die Einwohnerschaft von 
hilippopel wandte sich butend an den Sultan wegen Abschlusses 
ines Waffenstillstandes. Die Pforte beschloß die Entfaltung der 
eiligen Fahne, sobald die Russen vor Adrianopel stehen. In 
idrianopel herrfcht grenzenlose Pank. Bulgarien wird ganz revo⸗ 
nionirt. — In Zleinasien erhielten die Russen Verstaͤrkungen. 
ãie überschritten von Neuem die Grenze bei Alexandrapol und er— 
aiffen abermals die Offensive. 
London, 24. Juli. Nach einer Times⸗Debesche wäre 
Vermischtes. 
fF Neustadt, 23. Juli Der Stadirath hat in seiner 
jeutigen Sitzung beschlossen, die saͤmmtlichen Ardeiten der Herstelluug 
iner erweiterten Wasserleitung den Herren Jooß Söhne u. Comp. 
nn Landau, welched von der ursprüngiich veransch agten Summe von 
81,000 M. auf 110,273 Mark heruntergeboien haben, mit der 
Bedingung zu übergeben, daß die zu verwendender stehend gegossenen 
doöͤhren von dem Werke der Herren Bocing zu Hallberg⸗ Huͤtte (bei 
Zaarbrücken) zu beziehen fiud und daß daß Angebot noch um 
500 M. ju ermäßigen sei.