Full text: St. Ingberter Anzeiger

guilleaume aus Adin, der Leiter des Unternehmens, sowie mehrere 
Phere Postbeamte bei. * 
7Dresden.“ Eiielleitsfolgen.) Die Familie eines 
qhtestschen Gutebefitzerz ist in grotze Betrübniß versezt worden durch 
zen Tod ihrer einzigen Tochter, einer blühenden jungen Dame von 
i8 Jahren. Seit langerer Jeit bei einer defreundelen Familie in 
Dreeden lebend, und zwar Zwecs ihrer weiteren Ausbildung, halte 
sie troß dringenden Abrathens ihrer Umgebung und ohne Wissen 
zer Eliern sich der Eitelleitssucht nach einer recht eugen Taille hin⸗ 
egeben. In der Steigerung dieser Modethorheit hatte sie eß in 
setzter Zeit bit zu der fast anglaublichen Enge von 40 Centimelern 
zebracht, ja die Schnürmieder mußten für sie ertra angefertigt 
verden. Durch diese Abnormität, bei sonst breitem dollem Wucha 
hrer Figur, erregte felbstverständlich allgemeines Aufsehen, ebenso 
iber auch durch ihre krankhaft bleiche Gesichtssarbe und sichtbar 
eidenden Zustand. Mit der Famllie in Dresden hatte sie nun vor 
Zurzem eine Erholungsreise nach einem Olljeebäde augetreten da 
rifft plötzlich die telegraphische Nachricht don idrem Ableden bei 
den Eltern ein. Die bedauernswerthe Selbstquälerin ist mährend 
zer Table d'höte von einem momentanen Bchlagamfall getnotet 
orden; der entsetzlichen Zusammenschnürung von Magen, Lungen 
ind Leber vermochten diese edlen Organe nicht länger Widerstand 
u leisten. Wir bezweden mit dieser ausführlichen Schildetung der 
raurigen Benebenteit gleichzeitig eine ernste Warnung vor diefser 
bdrichten Verunstaltung werblicher Schönheit, der leider noch von 
„ielen Angebörigen des schwächeren Geschlechts auf Kosten voun 
Zeben und Gefundheit gehuldigt wird. * 
JeEin Läpziger Blatt bringi folgende originelle Reclame: 
Fanft, 2. Theil. Faust, schlummernd im Palmenhain des Sehers 
alchas, Wieseuthorstraße 17. (Neben ihm der schadige Rest eines 
f. Lagerbier in 10 Pf.) Fritz Ariel: 
Er schlummert süß, er ahnt die Kunde, 
Tie durch ganz Leipzig geht von Mund zu Munde. — 
Frwache, Faust! Van heut' an reichen wi 
Borzũgtichs echt · Zertster Bitterbier, *7 
Ddrðed uxd stiune! — fuür der Nickel weil —W 
(erwachend): 9* 
—XED 
Für zehn Pfenn'ge. O mein Schmerz,. mein hechster, 
Ift endlich auch herschwurden! Fritz Ein Jerbster! 
Berfin. Ein wvffendarer Drucsehler hat zwei hiesige 
Blatter sehr in Harnisch' gebracht und fie vtranlaßt, sich icht 
Mman auf die uuderäußerlichen“ M.nschenrecht?, sondern auch auf 
en bornehmsten Paragraphen der preußischen Verfaffung zu berufen. 
In einer dom koniglichen Polize-Präfi ium unterzeichneten Bekanni⸗ 
rachung um einen Verkauf ausrangirter Bekleidungsstücke der 
Schutzmannjchaft· die an den Messtbietenden abgegeben werden 
llen, findet sich nämlich ein Passus, der folgendermaßen lautet: 
Die cemaͤß den Bedingungen einzureichenden christlichen P: eis⸗ 
fferten sind bis zum 26. Juli et. abzugeben.“ Es ist aber augen⸗ 
cheinlich, daß dier ein Druckfehler eine heitere Rolle gespielt hat, 
d die Offerien nicht den christlichen?, sondern nur den schrift⸗ 
jchen* Charorter tragen folten. Mithin ware das koenigliche Polizei⸗ 
Prasidium von der schweren Anklage, die Verfassung, die alle 
hreußen vor dem Gesehe für gleich eiklärt und die Beeintraͤchtigung 
hrer Interessen wegen konfessioneller Untersch ede verbieten, außer 
icht gesetzt za haben, freizusprechen. Eine Verfassungsberletzung 
negen alter getragener Kleidungsstücke wäte auch zu lomisch. 
f Ein großariiger, in dieser Weise wohl noch nie dagewesener 
zchwindel in von einer Berliner Firrma, im Spandauer. 
iraßenviertel, ausgeführt worden. Zwei Brüder betrieben daselbst 
in Engros · Waarengeschäft, hatten ein stets gefüllies Lager von 
Stückwäaren und verschafften sich von geschäftslastigen Fabrilanten 
n dieser stillen Geschäftszeit durch ihr „reichhaltiges Lager einen 
Fedeutenden Waarenkredit. Eines schoͤnen Morgens blieb aber das 
seine Engroshaus geschlossen. Die Gläubiger, ängstlich geworden, 
ien das Local durch die Behörde öffnen, aber, welche Freude, 
zas prächtige Lager wenigsiens war noch gänzlich unberührt, glatt, 
srotzend, in bester Ordnung. Schon glaubte man, daß den soliden 
Zeschafizinhabern ein Unglück passitt sei, man suchte, man überlegte, 
ind einer der Creditoren nahm denn auch, wie um sich wenigslens 
in seiner unbedingten Deckung zu trönen, ein Stücder schöͤnen 
Drare von einem Regal herunter, aber — merkwürdig — wie 
var ihm denn, das faßte sich ja so papieren an und war so leicht, 
leim Fweifel mehr, man hatie es hier nicht mit einem Wagren- 
jallen sondern nur mit einer Altrape, mil einem aufgeputzten Papp⸗ 
aflen zu thun. Eine sofortige genaue Durchiuchung des Lagets 
rgab denn auch, daß alle die schön aufsgepußien Stücke Waaren 
nchts als Papptarions in Form von Waarenstücken, deren Rücken 
der Schaufeite vollständig von einem schönen Muster von neueflem 
Ztoff bellebt und so aufgestellt waren, daß jedem Eintretenden nur 
niese Seite sichtbat war. Tas vorgefundene kostbare Lager war 
Als Vapye, nichts alß Poppe! Die Behörden werden aber hoffentlih 
den „genialen Herren“ auf die Spur zu kommen wissen und ihnen 
zann für. idre Galamentearbeiten einen Lohn anqgedeihen lassen, der 
icherlich vicht von „Pappe“ isht. 
F D er gabratte ne Mospte. „Idc war früher mal 
Ibdeter un seit die Zeit hab' ick ne hesondere geidenfchaft for 
Runde,, namentlich wenn ei Modse sind,“ so äußerts sich der ein 
penig schiefgewachsene Arbeiter da Wilhelm Wansleben vor 
en Stadlgericht in Besrhiengund führte damit jeine glänzende 
Hhextheidigung eiin. 
Präs. »Aber die Anklage wicst Ihnen vor, Sie hätten den 
hund des Fräulein Laura aus der Hausthür weggelockt, an sich 
enommen und dann nachdem Sie ihn getsötet, gehraten und auf⸗ 
egessen d 
Angekl. Ick. Herr Alluwarius, ich? Wowär ic denn, 
ind dit können Se mir och in Ernstnich zutrauen. Det ick den 
Nops an mir gelockt habe, det is och nich wahr. Sehn Se, de 
dunde haben mir alle so jerne, un da is er zu mir gekommen; 
kuhab ihn wezqejagn, aber dit war nischt, er kam doch widder. 
Un wie ick u Hanfen bin, wer war da? mein Mopß. 
Pras. Sis bestreiten also auch, den Hund gelödtet und ver⸗ 
ehrt zu haben. 
Angetlt. Ick dhue keenen Menschen wat, um wie viel we⸗ 
niger det niedliche Thierken. Un Hundefl esch is sonst meine Pas⸗ 
ion och nich. Bei dem hartnäckigen Leugnen des Angellagten 
verden die Zeugen vernommen und sagen aus wie folgt: J 
Fräulein Laura P., 38 Jahr alt (im August werd ich 39, 
29.), evangelisch. Sehen Sie, Hert Staattanwalt, es war 
chrecklich, meine arme Lilly weinte so jämmerlich — — 
Präf. Wer ist Lilly? 
—Zeugin. Nun, meine Lillh, mein Hündchen, sie konnte 
weinen wie ein Mensch und sich freuer. — 
Präs. Ecsählen Sie zur Sache. 
Zeugin. Ja, der Mensch griff so entsetzlich hart nach meiner 
Lilly, und da schrie fie, und ich mußle das mit ansehen, und lief 
venn Menschen: nach. Der rannte aber davon und jeitdem hab' ich 
sie nie wieder gesehen. F 
Präsf. (zum Angekl.). Sie hören nun, daß Sie doch nach 
dieser Aussage den Hund westohlen haben. 8 
Angekl. Voriäufig weeß ick von nischt, ick bestreite Allens 
uin fordere den Jejenbeweis. ——— a 
Der Angeklagte zieht aber andere Saiten auf, als der Zeuge, 
Arbeiter Sch hereingerulen wiͤ⁊dd. 
tAngekt.Hegr Gaichte hof, ick protestire dajeien, det Sch— 
zexnommen wii1id... 
Präaͤp. Warum? 2 * 
Angekl. Weil del meis Freind is und der selber von den 
dund mitjejessen hat. * 
Präs. Sie gestehen also jetzt tin d 
Angekl. Nech janz. —— 
Der Zeuge Sch., „Freind“ des Angeklagten, wendet sich an 
esen direlt mit den Worten: Laß doch man sind, Fritze un 
reite nich immerzu. Du hasi Dir den Mops jebrabdes und jeschmeckt 
at er Dir och. Ja, Herr Präsident, Allens wat wahr is, jedahn 
zat er't, wenn er och mein Freind is. 
Den Schuldigen irffft eixe Gefängnißstrafe von v'er Wochen. 
„Vier Wochen sor so'nen kleenen Mops,“ sagte er beim Hi⸗ 
zausgehen. 
‚Ach. meine arme, atme Lilly,“ jammerte Fräulein P., „hätte 
ch doch nur ihr Fell zum Andenken!“ 
F Basel, 21. Juli. Nach einem Telegramm des „Schweizer 
holksfreunda“ ist bei Colonbier (Kanton Neuenburg) die Reblaus 
ufgetreten; die belreffende Parzelle ist vorläufig sequestrirt. Das 
idgenössische Departement des Innern hat zwei Experten an Oert 
ind Stelle gese det. 
F Cincinnati. Die wegen Verg'fiung ihres Bruders zum 
dode und später zu lebenzlangem Kerker verurthrilte Satah Victor 
zat, nachdem sie bereits einige Jahre im Gefängnisse verbüßte, um 
Jollstreckung des Todesurtbeits nachgesucht. Diese oft tagelaug wei⸗ 
iende Delinquentin führt zur Begründung ihret Gesuches an, daß 
ie ja nie zur Unwandlung ihrer Todes⸗ in eine Kerkerstrafe die 
zustimmung gegeben. Die Entscheidung über diesen seltsamen 
fall kommt dem Suprewe-Gourt des Staats zu. 
Hienstesnachrichten. 
Der baherische Richtscand'dal E. Dümmler zu Zweibrüden 
st zum Advocaten im Bezitk des kaiserl. Appellationsgerichts in 
Toln.ar und zun Anwalt bei dem kaißerl. Land gericht in Mülhausen 
rnannt worden. 
Der interimist. Verweser der prot. Schulverweserstelle zn Becher⸗ 
zach, Ludw. Muhlberzer, wurde zum Lehrer an der prot. Schule 
u Fifchboch, Lehrer Joh. Ludw. Henrich in RNiedergailbach zum 
de rer an der kath. Schule zu Gershem, der inlerimist. Verweser 
an der unteren kaih. Knabenschule zu Ramstein, Exspectant Johann 
Muy, pum Schulverweser ernannt.