Sl. Ungberter Anzeiger.
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M 119. Donnerstag, den 2. August 1877.
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Deutsches Reich.
München, 27. Juti. Ju militärischen Kreisen tkriit
remlich bestimmt das Gerücht auf, daß der preußische Militärbevols
mächtigte, Major v. Stülpnagel, in bayerische Dieuste übertreten
uind Commandeur des Leibregiments werden soll.
Berlin, 31. Juli. Die hiesige türkische Botschaft ist er⸗
nächtlgt, die aus einem Wiener Blaite in hiesige Zeitungen über⸗
zegangene Nachricht von eiuem unter der christlichen Bevblkerung
jon Jeni⸗Saghra uud Kabarna angerichteten Blutbade formell als
uinbegründet zu erllären, mit dem Hinzufügen, daß dieser Nachricht
einige dort vereinzelt vorgekommene Ermordungen als Grundlage
zedient zu haben scheinen.
Berlin, 31. Juli. Die „RNordd. Allg. Zig.“ erfährt aus
nester Quelle, daß die militärischen Maßnahmen, welche ciwa seitens
)er österreichischen Regierung beschlossen werden sollten, einen nur
eschränlten Umfang haben und sich auf vier Divisionen erstrecken
werden. Von Seiten Oesterreichs werde damit in keiner Weise ein
Berlassen der bisherigen neutralen und reserbirten Haltung beab⸗
ichtigt, noch weniger würden diese, sowie etwa noch folgende An⸗
xdnungen die vortrefflichen Beziehungen berühren, welche zwischen
)»en Höfen von Wien und Petersburg bestehen.
Köln, 31, Juli. Der Kölnischen Zeitung wird aus Kon⸗
tantinopel vom 31. telegraphirt, daß bii Jeni Zagra, wohin sich
»e Russen von Karabunar zurückgezogen hätten, eume große
53chlacht stattgefunden habe, in welcher die Russen total
jeschlagen seien. Nähere Details fehlen noch.
Magdeburg, 31. Juli. Geheral von Blumenthal
zat anläßlich der Feier seines 50jährigen Dienstjubildumg von dem
daiser und der Kaiserin, dem Kronprinzen und der Krorprinzessin,
)en Großherzogen oon Baden, Hessen und Sachsen⸗Weimar, sowie
on einer großen Anzahl hervorragender Persönlichkeiten Glückwunsch⸗
Telegramme erhalten. Die Uniberfität Halle übersandte dem General
as Doktor-Diplom.
Ausland.
Bad Gastein, 8315 Juli. Kaiser Wilhelm reist am 7.
August ab und trifft folgenden Tages in Ischl mit dem Kaiser
von Ossterreich zusammen.
Wien, 31. Juli. Das „Tageblatt“ meldet aus Bukarest:
Bborgestern soll am Lomflusse bei Rustschuk zwischen dem Großfürsten⸗
khronsolger und Achmed Ejub Pascha eine Schlacht stattgefunden
jaben. Letzterer soll geschlagen worden sein, und hätten die Türken
30 Geschütze, 10 Fahnen und 5000 Gefangene verloren.
Wien, 31. Juli. In dem heutigen großen Ministerrath,
ei weschem der Kaiser den Vorsitz fübrte, wurde beschlossen, wenn
ie Ereignisse den Gang nehmen, der vorauszusehen sei, zunächst
vier Divisionen zu mobilisiren, drei Divisionen, also ein Anmee—⸗
orps, gegen Serbien, eine Division in Dalmotien aufzustellen.
den Ze ipunkt, diese Mobilisirung formell au zusprechen, witd der
daiser für geko nmen halten, sobald Andrassyees erklären wird,
»em heute die Zustimmung der Miinister gegeben wurde, so daß
eine Minister⸗Kouferenz mehr nöthig sein wird. Jene vier Divi—
ionen werden nach erfolgter Mobilisirung 80,000 Mann mehr als
ezt start sein. Für Ändrassy's Politit wurde in allen Phasen
ne vollständige Billigung des Ka'sers und die Zustimmung beider
tegierungen ausgesprochen,
Wisen, I. Aug. Die Journale melden übereinstimmend:
der gestrige Ministerrath beschloß weder eine allgemeine, noch eine
zeilweise Mobilisitung. Andrassy, dessen Politik vodständig gebilligt
vurde, erhielt nur die Ermächtigung, ebentuell eine Verstärkung
et an der Südgrenze bereits echeloirten Truppen eintreten zu
assen. Gleichze g wurde bezüglich der auf etwa 25 Mill'onen
hulden vranschlagten Kosten einc allfälligen Mobilisirung der vier
—X Unterhandlung gepflogen.
Paris, 31. Juů,“ Die Gerüchte von demnächstigen Ver—
IXX diplomatischen Vertretung Fraakreichs sind, dem
NMoniteur“ zufolge vollständig unbegründeil.
Konstantinopel, 30. Juli. Amilich wird gemeldet:
Die Montenegriner wurden bei einem am Donnerstag unternom—
nenen Angriff auf Nicsie mit großen Verlusten zurückgeschlagen.
Gegen Sil istria zu sind die Russen neuerlich zucückge viesen worden.
Konstantinopel, 8i. Juli. Aarifi Pascha (Minister
des Aeußern) gab seine Entlassung. Als Nachfolger ist Midhat
einstweilen nicht zu erwarten, sondern Server oͤder Kadri, welche
deide eine bestimmt ausgesprochene politische Richtung nicht haben.
Vorläufig lauten die Bericht? von allen Kriegsschauplätzen bor—
refflich. Suleiman verlor nicht, wie irrthümlich gemeldet, zehn
danonen, sondern eine fleine Truppe, welche einen Balkandaß allzu
zartnäckig vertheidigte und von den Russen umgangen wurre.
Ueber die entfetzlien Graussa mkeiten, welche die Rüussen
n Nikopoltis verübteu, meldet ein Correspondent der „N. fr.
br.“: Von Augenzeugen, die gleich nach der Einnahme von Niko—
nolis die unglückliche Staͤdt besuchten, erhalte ich über die Gräuel,
ie von den russischen Soldaten begangen, über die Grausamkeiten,
die an den Einwohnern verübt wurden, detaillirte Berichte, welche
vahrhaft schaudererregend sind. Die ersten Kosalen-⸗Abiheilungen,
die nach der Uebergabe der Festung in die Stadi eingerückt waren,
ingen sogleich damit an, mehrere Mohamedaner, welche sich zufällig
n den Straßen befanden, niederzustechen. Aus Furcht vor der
leichen Behandlung schloß fich der größte Theil der Tücken, und
Jauptsächlich die Ftauen, in ihre Häuser ein und weigerten sich,
die Thore den Siegern zu öffnen. Sofort wurde zum Sturm
jegen die Häuser geschritten. Die Türten leisteten einen berzweifelten
Widerstand, und Hous um Haus mußte erobert wirden. Den
janzen Tag des 16. dauerte das Schlachten in den Straßen der
Zradt, und unter das Klirren der Waffen und Krachen der Flinten
nischten sich das Gestöhne der Verwundeten, das Wehklagen der
Frauen und das Geschrei der Kinder. Alle Mäu er, die Wider—
sand gele'stet, wurden niedergemetzelt, die Frauen wurden erst ge⸗
händet und daun ebenfalls getödtet und die Kinder lebendig in
die rauchenden Trümmerhaufen geworfen. In einem Stadttseile,
vo der mehr fanatische Theil der Bevölkerung wohnt, ist nicht ein
Zaus unversehrt geblieben und kaum gibt es einen Einwohner, der
nicht mißbandelt worden wäre Dan wurde auf ausdrücklichen
Befehl des Generals Krüdener die Stadt der Plünderung pteis—
egeben. Um acht Rubel konnte man ein Paar Ochsen kaufen,
Silber⸗ und Goldgegenstände wurden zu Spottpreisen an die Juden
erkauft, da bekannttich den russischen Soldaten verboten ist, Gegen⸗
tände mit sich zu tragen. Mit den Büchern und Manuscripten,
die vorgefunden worden waren, wurden Scheiterhaufen errichtet, die
sann in Brand gesteckt wurden, während daneben die Soldalen sich
nit Rochin betranken. Ich bin weit entsernt zu glauben, daß die
ürlischen So.daten in Rußland anders gehandelt hätten, wenn sie
)as Glück gehabt hätten, die Russen zu besiegen; aber ich frage
nich vergeblich, weichen Vortheil uns denn eigentlich daun der Sieg
er Russen breingt, wenn wir berurtheilt sind, diese Iben Gräuel, die—
elbe bestialische Art Krieg zu fuheen, mit anzusehen. Es blutet
inem das Herz, wenn man fieht, mit welchem frevelhaftem Leicht⸗
inn Tausende von Menschen geopfert, die Ersparniße jahrelangen
Fleißes und Arkeit in einer Minute vernichtet werden. Europa
aber sieht eleichgiltig diesem wüsten, wilden Treiben zu.
Washington, 81. Juli. Der Streit kann als beendet
betrachtet werden, obwohl sich auf den westlichen Eisenbahnlinien
noch einige Streikende hefisden.
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Vermischtes.
FLandan. Der am 80. Juli hier verstorbene k. Rath
deller hat unserm Bürgerhospital 10,000 Mark vermacht.
fLandau, 30. Juli. (. A.) Die Dienstmagd Kugher,
pzahde don dem geistakranlen Vischoff iebenegesahcng verle tzt wurde,
st am vergangenen Freitag gestocben. Bischeff der s r
daft befindet, erzählt, die seugler habe ihn geieizt, hah aed
Sichel nach ihm geschlagen, und Hhu nit zinem Stein geworfen,