Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingber ker Anzeiger. 
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der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wochentlich) mit dem Hauplblatte verbundene Unterhaltungablatt. (Sonntagt mit illustrirter Bei⸗ 
ꝛage), erscheint wochentlich viermalz Dienstag, Donnerstag, Sametag und Souutag. Der Abonnementsépreis beträgt vierieljahrlich 
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M 133. Ft Eonntag⸗ den 26. Auausi 
1877. 
rekept AMatcbkw “ 
. Deutsches Reich. 
Mäünchen, 23. August. S. M. der König hat für 1877 
den philologisch⸗gebildeten Lehrer der neueren Sprachen. Jos. Stein⸗ 
berger am WilhelmsGymnasium in München und Alphons Mayer, 
uin der Gewerb⸗ und Lateinschule in Denkelsbühl Reisestipendien von 
je 900 M. behufß ihrer weiteren Auabildung in Engiand, dann 
dem Philologen Dr. Ph. Thielmann, Siudienlehrer in Speyer, 
rin Reisestipendium von 2160 M. zum Besuche des archäologischen 
Instituts in Rom und seiner Filiale in Athen verliehen. 
Berlhin, 28. Aug. Der Kaiser wird auf der Reise zu den 
rheinischen Mansvern von der Kaiserin, den königlichen Prinzen, 
der Kronprinzejsin und der Prinzefsin Charlotte, den Großherzögen 
yon Baden, Mecklenburg, Oldenburg, den Fürsten von Schaum⸗ 
ourg⸗Lippe und Lippe⸗Detmold begleitet sein. 
Berlin, 28. Aug. Fürst Bismarc ist heute Nachmittag 
2 Uhr mit feiner Gemahlin und Tochter sowie beiden Söͤhnen auf 
der BerlinAnhalter Eisenbahn abgeresst, um sich nach Gastein zu 
zegeben. Seit Jahren sah der Fürst nicht so wohl und kräftig 
aus wie jetzt. Ziemlich bestimmt auftretende Gerüchte, die immer— 
jin Etwas für sich haben, wollen wissen, er werde nicht aus 
Bahern scheiden, ohne den König Ludwig gesprochen zu haben, der 
eine solche Zusammenlunft seit Jahren wünscht. Den Spätherbst 
soll Fürst Bismarck in Varzin zu verbringen beabsichtigen. 
Berlhin, 24. Aug. In dem Augenblid, wo die kürken⸗ 
jteundliche Presse den deutschen Vorstellungen in Koustantinopel 
wegen der Grausamkeiten türkischer Soldaten jede Bedeutung adzu⸗ 
prechen versucht, weil der deutsche Reichskanzier „nur“ die Genfer 
stondention der Pforte ins Gedächtniß zurückgerufen habe, nimmt 
der sonst so schweigsame „Deutische Reichs-Anzeiger“ das Wort, um 
zu konstatiren, daß die deussche Regierung „auf Grund amtlicher 
Berichte über die gegen russische verwundete nund gefangene Sol⸗ 
daten von turkischen Truppen verübten Grausanileiten“ die Genfer 
ronvention angerufen habe. In sehr treffender Weise hat der 
Reichskanzler sich der Türkei gegenüber nicht auf die Rücksichten 
der Humanität oder auf Sähe des Völkerrechis berufen, sondern 
anf eine internationale Stipulation, welcher die Türkei als Mit⸗ 
zlied des europgaischen Konzerts feietlich beigetreten ist. In der 
Benfer Konvention hat die Türkei sich freilich nicht ausdrücklich 
erpflichtet, verwundete oder gefangene Soldaten nicht zu mißhan⸗ 
)eln und umzubringen. Aber die sämmtlichen Stipulationen der 
donvention gehen von der Voraussetzung aus, daß der Feind in 
dem Augenbhick, wo er verwundel wird, oder eilrankt, aufhört, 
Feind zu sein; nur der hilfebebdürftige Mensch bleibt übtig. Dem⸗ 
jufolge werden alle Anstalten und Personen zur Verpflegung der 
Verwundeten und Kranken für neutral erklärt; sogar jedes Privat⸗ 
jaus, in dem ein verwundeter Soldat gepflegt wird, ist nach Artikel 
5 der Aondention unter dem „Schutze“ derselben, die Einwohner 
»on Einquartierung befteit. Nach Artikel 6 sollen die verwundeten 
and ertrankten Krieger aufgenommen und verpflegt werden, zu 
velcher Nation sie auch gehören mögen. Wie die Türkei diese Ver⸗ 
flichtungen erfüllt, ist belannt geuug, und desdalb werden sich die 
ibrigen Neutralen, welche ja auch Mitinteressenien der Genfer 
donvention sind, der Einladung nicht wohl entgiehen lönnen, sich 
dem Vorgehen des Prinzen Reuß anjusdließen. 
Aussand. 
Wien, 23. Aug. Die „Politische Korrespondenz“ will in 
ẽrfahrung gebracht haben, daß der österreichijche Boischafter in 
donstantinopel augewiesen fei, sich dem Vorgehen des deuischen 
Botschafters bezüglich der don kürlischen Truppen gegen russische 
Berwundete und Gefangene verübten grausamen Handlungen an— 
uschließen. Aehnliche Schritte seien auch von Seiten des ilaüenischen 
dabineis in Konsiantinopel unternommen. 
Wien, 28. August. Es sind abermuls neue Amendements 
u der Adresse des galizischen Landtages an den Kaifer eingebracht 
vorden. In denselden wird gesagt, ein Bündaiß Oesterreichs mit 
Rußland müsse perhorreszirt werden; das Wiederaufleben volens 
sei ein Erforderniß des Wohles der Monarchie und des europãischen 
Friedens. Sollten diese Amendements der Adresse einverleibt 
verden, so dürfte der Kaiser die Annnahme der Adresse verweigern 
ind der Laudteg aufgelöst werden. 
F. Wien, 23. August. Die „Neue freie Presse“ meldet 
us Plewna vom 21.: 6000 Russen mit mehreren Baͤtterien de— 
ouchirten heute auf das Plateau zwischen dem Wid⸗ und dem 
Isler⸗Flusse, in der Absicht, die Verbindungen der türkischen Ar⸗ 
nee bei Plewna mit Sophia zu bedrohen. Nach mehrstündigem 
dampfe wurden die Rufsen von Hassan Pascha mit bebemenden 
Beclusten zurücgewiesen. 
Bukarest, 23. August. Die Russen sollen gestern zehn 
AX Schipkapaß zurückgeschlagen 
jaben. Ebenso soll eine unter dem persönlichen Commandé Osman 
baschas bei Leiwi vorgenommene siarke Recognoscirung von den 
ttussen unter Führung des Fürsten Mirski zuruckgewiesen worden 
ein. Die Türken hatten auf beiden Schlachtjeldern große Verluste 
erlitten. 
Konstantinopel, 23. August. Der Gouverneur von 
Adrianope! meldet, daß mebr als die Halfte aller Juden in Kasan⸗ 
iyt von den Bulgaren ermotdet worden seien. 
Petersburg, 23. August. Amtlich wird aus Gorni⸗Suden, 
22. ds. gemeldet: Den letzten Nachrichten zusolge fuhren die Russen 
'ort, die tütkischen Angriffe auf den Schipla⸗Paß zurückzuweisen, 
Beneral Radetzky rückt zur Unterstüzung heran. Der gestern an⸗ 
getrelene Vormarsch der Türken aus Lowischa gegen Seibi IX 
estellt, heute früh aber von Neuem aufgenommen worden. Rus⸗ 
ische Truppen haben die Nosition von Selbi besetzt. Vor Plewna 
Jalles ruhig. Aus der Riqtung don Rustschuk, Rasgrad, 
Z„chumla und Eski Dschuma her machsen die Türken Versuche, die 
ussische Vostenkette zu unterbrechen 
Vermischteee. 
- Bei dem Feuerwehrf este in Zweibrücken wmachte ein 
Feuerwehrmann von da Scandal und insultirie den ihn zur Ruhe 
erweisenden Gendarmerie⸗-⸗Wachtmeister thaͤtl ich. Das Zuchtpolizei⸗ 
zericht verurtheilte ihn dafüt zu 1 Monat und 6 Tagen Ge⸗ 
angniß. J 
f In Neustadi sieht das Schuͤtzenwesen in Flor; die 
zortige Schlutzengesellschaft zahtt 202 Milgüeder, die hoͤchste bis 
etzt erreichte Ziffer. 
ftMünchen, 21. Auguft. (Militarbezirkagericht.) Se⸗ 
ondelieutenant Lorenz Brunner bom 8. Jagerbataillon zu Strau⸗ 
ing hatte im Dezember v. J. auf einen don ihm ausgestellten. 
Wechsel von 600 M. über seine Unterschrift und die einen Kame⸗ 
aden des Secondelieutenants v. Gorup, der sich als Bürge zeich⸗ 
zete, die Worte gesetzi: „Auf Ehrenwort,“ und zwar gegen den 
usdrücklichen Willen des Bürgen Gorup. Unter einen anderen 
Vechfel über 8500 M., den Brunner dem Privatier G. Hofmann 
n München für ein Darlehen von 5880 M. auf zwei Monale aus⸗ 
tellen mußte, setzte er den Namen des Lieutenanis d. Gaußler als 
Zürgen ohue defssen Wissen. In Unterjuchungshaft genommen, 
zruch Lieutenant Brunner aus und wurde im Aprilel. J. in Bu⸗ 
arest aufgegriffen. Privatier G. Hofmann bekam sein Geld von 
inem Verwandten Bruanert. Lieutenant Brunner wurde zu zwei 
Jatzren sechs Monaten Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust ver⸗ 
artheill. 
fMunchen, 20. Angust. Am 16. d. Mis. sollte die de⸗ 
aunte Dachauerbant ⸗ Inhaberin A. Spitzeder, zum ersten Male feit 
drer millionmörderischen Laufbahn in Damms Theater auftreten. 
Da mag es denn angezeigt sein, schreibt der Niederbairische Ku- 
ier,“ darauf hinzuweisen, daß diese Rückkehr zur Kunft Thaliens nur 
ine scheinbace ist, um die Wiederetabliruag einer Dachauerbank in 
damburg zu maskiten. Es ist namlich eine Thatsache, daß von 
Rünchen troß alledem bereits wieder namhafte Summen in den 
Schoß Adelens nach Hamburg fließen und daß die alten Weider.