Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Anzeiger. 
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Aß 15. — SZonntag, den 28. Fannar J J 1877. 
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Deüuitsches Reich. 
Verlin, 25. Jan. Der Bundestath hat heule beschlossen, 
den vom Reichslag vngenommenen Gesetzentwurf wezen Abänderung 
des 8 32 der Verfassung, Gewährung von Diäten, in Konsequen 
der früheren Beüschlüsse abzulehnen. 
Offfendb ach, 25. Jan. Nach dem jetzt vorliegenden Ge⸗ 
sammtergebniß der eugeren Wahl zum Reichstag hat Dernburg 
nat.lib.) 12250, Liebknecht (Socialdemokrat) 10550 Stimmen er— 
halten; demnach ist der erstere gewahlt. 
Karsruhe, 25. Jan. Bei der Stichwahl im fünften 
zadischen Wahlbezirke, Freiburg-Waldkirch, wurde Neumann (ultra⸗ 
nontan) mit 9644 Stimmen gewählt. Bürklin (nat.“lib.) erhielt 
2685. Stimmen. 5 433 
Dresden, 5. Jan. Bei der Stichwahl num: Keichstag 
vurde im 20 sächsichen Wahlkreis Brockhaus gegen den socialde⸗ 
mocratischen Gegner gewählt. Im fächsischen Wahlkreise Anuoberg 
wurde Holtzmann (nat.»lib.) gegen Brestfeld (conservativ) gewähli 
nNKusland. J 
Brüssel, 25. Jin. Eine kön'gl. Verordnung verbietet die 
Finfugr und Durchfuhr des aus Deuischland kommenden Veehes. 
Dasselbe Verbot ist in den Niederlanden ergangen.) 
Konstantinopelz425. Jan. Die Pforte beabsichtigt 
den Großmächten eine Sommatidn zuzustellen, in welcher von Ruß 
and ein Zurückziehen der russischen Truppen, vom Pruth verlangt 
wird, widrigenfalls die Psorte de Wallachei zu okkupiten ent— 
schlossen ist. 
JIn Moskau sind in den letzten Nächten Plakate an den 
häusern erschienen, die auch für Rußland eine Verfasfung nach dem 
Vorbild der türtischen verlanger. Die Plakate wurden sofort von 
der Polizei entferun; es ist strenger Befehl gegeben, daß keine rus⸗ 
sische Zeitung über diesen Vorfall berichte. 
Entdecken vertitelt. Der Schloßhof wimmelte noch voller Fran⸗osen 
und versuchten dieselben sich durch die Flucht der Gefangenschast 
zu entziehen, indem sie in Maffe gegen die Ausgänge drängien, 
aber umsonst, denn nach einer nochmaligen Attake im Schloßhote 
toben fie auseinander, warfen ihre Gewehre weg und erflehten met 
erhobenen Händen und auf den Knieen liegend Hardon, Aul dieses 
war das Werk einer Minute und laßt si hounicht so rasch schildern, 
ple es in Wirkuchteit ausgeführt wurde Jetzt folgie auch die6; 
dompagnie mit tambour battant ujnn Hurrah über die Brücken 
ind konnte man nun erst die gemachte Beufe sammels. An 2350 
Befangene, B8vollständige Geschüge 5 üher 1000 Gewehre14 
Ddunitions- und Bagage-Wagen und: 86 Pferde fielen an unjert 
dande. Nach Eiatreffen der 7. Kompagnie, welche wie auch die 6. 
ven äußeren Sicherheitsd eust bekam, fingen wir nun au, da⸗ Schioß 
jenau abzusuchen. Hierbei wollte es der Zusall, daß wir, 3 NRann 
tarb, in einem circa 200 Schritte langen Gang arkamen.c Der 
elbe war lotal finster und nur in einem Zimmer, das unß am 
nächsten lag, war Lcht zu demerten. Ohne langes Besinnen öffnenen 
vir die Thlire und zu unserem allzemeinen Erstaunen fanden wi 
vier ein Früchkezimmer mit Körben vell Trauben, Datteln, Aepfeln 
c. unter der Obhut eines Gärtners und desser Frau. Dicselben 
amen sofort mit Auerdietungen uns entgegen.doch war die Situ 
tion zu ernjte, als daß wir unsere Pfücht dem Hunger,. obwohl 
etzterer sich seit zwei Tagen sehr merklich gemacht hatde, preisgeben 
urften. Auf Befragen. oh die Nebenzimmer offen und mit Fran⸗ 
osen besetzt seien) gab man uns nur eine nichtssagende Antwort. 
Dierauf verlanglen wir ein Stearinlicht, zündeien dasfelbe on und 
etzten nun mit der moͤglichsten Vorsicht unsern Weg auf dem —XC 
belcher, wie wir jeyt bemerkten, voller Waffen. Jag, weiter. Nach⸗ 
dem wir verschnedene unbesetzte Zimmer mit und ohne Gewali ge⸗ 
uffnet hatten, bot fich auf einmal wieder eine, abet ung doch über⸗ 
aschende Gelegenheit, den Feind zu finden..“ Wuir lamen naͤmlich 
in ein halboffenes dunkles Zimmer.c AÄuf die „während dem Auf⸗ 
toßen der Thür gestellte Frage Qui vive“, gab es ein sehr starket 
Vaffengeklirr, ohne daß wir noch etwas seben lonnten, da das 
richt unserer Kerze noch micht in das ganze Zimmer gedrungen 
var. Im Momente des Waffengeklirrs waren wir auch mit dem 
ufe u bas vos armes, vous etes pritsoniers“, in das Zimmer 
etreten und nicht weniger als 1 Offizier und 8 Mann wodl be— 
vaffnet, staunden vor uns; doch kenen Moment zoͤgerten dieselben, 
ach nochmalizer Aufforderung „die Waffen abzulegen?, dieß zu 
jun. Dir Oifizier trat sofort hervor, ũbergab seinen cxasch en⸗ 
adenen Revolber, die darin gewesenen sechs Patrouen, Patcontasche 
nd Säbel und die übrigen 8 Mnn waren mit ihrer Entwaffnung 
schnell fertig, daß wir uns nie getraut hatten, in dieser Be— 
ehung eine Wette mit deuselben einzug ˖ hen. Witr⸗ brachena nun 
njere. Gefangenen bis zum beleuchteten Parterre, woselbst sie der 
ntenstehende Posten weiter dirigirte. Wir seßlen unsere Absuchung 
en ganzen Gang weiter, kamen jedoch in keine Kollsion mu demn 
jeinde mehr, worauf wir uns wieder in den Schioß hof. zu Unserer 
domdagnie begaben. EGcluß folgt. 
die Erstürmung des Schlosses Chambord durch 8 
Offiziere und 8M. Mann bder 8. Kompagnie des 
großh. heffschen A. Jufanterie Regiments am 9. 
Dezember 1870. —— 
Gorlischzung statt Schluß) F 
Unser Marsch wunde' jetzt, nachdem noch eine Patrouille von 
circa 10 Mann zum Eiuholen' unseres zurückgelassenen Zuges ab ⸗ 
zegangen war, n einer Stärke von 3 Offizerer und 54 Mann 
Jegen das Schloß angtkreten. Es war stodfinster. Wir hatten 
saum⸗4 Mingien zut ckzelegt, alk uns eine Patrouille der dereis 
iargegangenen 6 Komp. mit der Meldung an— den Bataillous⸗ 
Ldommandeur, welcher sich bei der 7. Kompagnie befand, entgegen⸗ 
lain, doß das Schloß sehe stark besezt sei Unsere Kompagnie 
marschitto noch c rtca 100 Schritte weiter, als plötzlich 3 Salven 
zegeven wurden; gegen welche wir uns schnell decten. Die Kugeln 
zinzen siber unfere Köpfer Wie es schien, waren diese 8 Salden 
et och⸗ auf · die sich rechts von uns in beobachtender Stellung sich 
»findende 6. Kompagnie gerichtet, denn der Feind konnte in Folge 
ner Dunlkelheit weder unsere Stärke voch Ankunft merken. Das 
Schlo war nur noch circa 800 Schritte don unßz entfernt, was 
vir jedoch nur an dessen Thürmen, während sich der Mond einen 
Roment entschleierte, sehen konnten. Unser Hauptmann, der jetzt 
nie Zeit unserer Altibitäl gekommen erachtete, gad den Befehl, nicht 
u feuern, sondern was kommt, mil Kolben und Bosonett zufainmen⸗ 
uhauen, ließ das Gewehr fällen und unter Trommelschlag ging es 
nit Hutrah im Laufschritt übes die vor dem Schlosse sich befindenden 
steinernen Brücken, direck in den Haupteingang des Schlosses 
Der Feind, der die erste Brücke mit2 Geschützen armirt hatte, 
eineie, bis auf einige Artilleristen, welche jedoch sosort niedergehauen 
ourden, keinen Widerstand, sondern ergriff ohne einen Schuß zu 
hun und ohne unsere Ankunft zu erwarten, die Flucht. Der Ver⸗ 
uch des Feindes, aus dem Schloßhose Lin Geschütz mitzunehmen, 
owie das Schloß in Brand zu stecken, wurde durch fruhzeitiges 
Betrmishtes. 49 
Neustadt, 24. Jan. Heute ist hier ein Nest ausgehoben 
vorden, wie es kaum noch vollkommener gefunden worden ist. 
xkin Kaufmann in der Friedrichsstrasze merlte seit zwei Jahren an 
illen seinen Waaren ein Mancon ohne auf die Spur des Niebes 
ommen zu können. Gestern erhielt derselbe endlich von irgend 
iner Seite einen Wink und ließ demzufolge heute früh bei einer 
Urzlich Wittwe gewordenen Frau welche zwar entfernt wohnt, 
iber im Hause selbst bei einer achtbaren Familie Slundenorbeil 
errichtete, mit Hilfe der Polizei Haussuchung halten. Und siehe 
)a. F nes wurde ein vollständiger Framladen gefunden: Töpie voll 
A Flaschen mit Salatol, 
fidol ꝛc. Haufen Cichorie, Seifen, Kase, Sacke mit Kaffee ic. ne. 
die Magd des Hausek soll an diesem Sammeln betheilliate gewesen 
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