Full text: St. Ingberter Anzeiger

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M 167. .*5 Donnerstag ben 26. Oktober » ———7* 1877. 
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I Deutsches Reich. 
Der Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer hat — um die 
gesammte Steuerlast des Landes übersehen zu körnnen — von den 
Staatsmiuisterien des Junern und der Finanzen Mittheilung über 
die Höhe der (nach Maßgabe der direlten Steuern erhobenen) Kreis⸗, 
Distrikis und Gemeinde⸗-Umlagen verlangt und bereits erhalten. 
Aus dieser Mittheilung ergibt sich, daß für das Jahr. 1876 in 
den acht Regierungsbezirken betragen haben: die Kreisumlagen 
5,479, 4050 M., die zur Erhebung eingewiesenen Districtsumlagen 
1,462,420 M., dann die erhobenen Gemeindeumlagen 18,931,078 
M. WDie gesammten direkten Staatssteuern belrugen im Jahre 
1876 nur 20,800,000 M.) —E 
Berlin, 23. Ott. Nach dem Bericht der Reichsstempel⸗ 
jeuer· Commission schlägt dieselbe vor a) Entwurf eines Gesetzes 
zelr. die Spielkarlenstempel; b) Entwurf eines Gesttzes betr. die 
Frhebung von Reichsstempelabgaben. Zu diesen find gezählt: Amt— 
liche Aussührungen und Eintragungen, jowie Wechfelproteste, Actien 
und duf, den Inhaber lautende Werthpap'ere, Lombarddarlehen, 
Schlühnoten und Rechnungen über Werthpapiere, Quittungen und 
dottereloose. Für den Gesetzentwurf a) hat die Commission den 
1. Juli 1878 als den Tag des Jukrafttretens angenommen, für 
ven Gesehentwurf b) ist kein Termin bestimmt. 
ANussfand. ——— 
Weren, 23. Okt. Die Zollverhandlungen zwischen Deutsch⸗ 
and und Oesterreich sind vorläufig wieder gescheitert. Die deutschen 
Depulirten reiser heut nach Berlin zurüukkeẽ. 
Wisen, 23. Okt. Die „Presse“ meldet aus Sissowa von 
zestern: Das Corpd in der Dobrudscha und der linke Flügel der 
Urmee am Lom haben sich in Bewegung gesetzt. Großfürst Wladi⸗ 
mir hai das Commando des 12. Armeecorps übernommen. 
Konstantinopel, 283. Ott. Die Blätter melden: 
Das' Coips Ismail Halki Pascha's, das bei Igdüc stand, hat das 
russifche Gebiet verlassen, um sich mit Mulhtar Pascha zu: ver⸗ 
unigen. 
Petergburg, 5. Olt. Ueber den politischen Monstre— 
proceß, welcher am 18./30. ds. hier zur Berbandlung gelangen 
ioll, entnehmen wir dem „Ssew. Wesin.“ nachstehende inleressante 
Vorbemerkungen. Dieser gegen eine schon vor Jahren geplante 
rebobut onäre Propaganda angestrengte Proceß steht um seines eolos⸗ 
salen“ Umfangs willen wohl einzig in der gerichtlichen Praxis 
unseres Reiches, wenn nicht in ganz Europa, da. Um von dem 
Umfang ·desselben eine annähernde Vorstellung zu erhalten, genügt 
s zu erwahnen, daß die Zahl der Ancellagten 198 betrug, und 
da zwei während der Unsetsuchungshaft bereits verstorben sind, 
zegenwärtig noch 196 beträgt; daß. von der Procuratur 472 
Zeugen und von der Vertheidigung zum Mindesten 150 herbei— 
gezogen werden; daß die Voruntersuchung und Ermittelung über 
200 Bände füllt und die Anklageacie eiwa 300 Drudbogen. Die 
Anklage geht auf Bildung und Organisitung von Kreisen behufs 
cevolutionaͤrer Propaganda. Ob diese Kreise aber wirllich unter 
äch eine organisirte revolutionäre Gesellschaft bildeten, oder ob sie 
eben nur Zusammenkünfte einzelner mit der bestehenden Ordnung 
der Dinge unzufriedener Personen bildeten, die sich, wie die Ver⸗ 
heidigung vielleicht aachzuweisen bestrebt sein wird, nur zu gewissen 
Ausschreilungen und tadelnden Aeußerungen haben hinreißen lassen, 
bleibt eben die wesentliche noch zu entscheidende Frage. Von compe⸗ 
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wei Monate lang hinziehen werden. 
Petersburg, 23. Okt. Officiell. Gorni Studen, 20. 
Oft. Am 10., überfielen 2 Compagnien Türken mit berittenen 
Baschibözuks unsere Vorposten' bei Chanklioi, wurden aber mit 
großem Verluste zurückgewiesen. Auf, unserer Seite 2 Mann ver⸗ 
wundet. Bei dem Rustschuker Corps wurde auf der ganzen Linie 
eine Recognoscirung' aushgeführt, wobei einzelne türlische Posten 
glarmirt wurden. Verluste erlitt nur die Abtheilung, welche auf 
Jovan und Tschiftling zuging. Es standen ihr auf dem rechten 
Ufer des Lom bei Aoschawa und Niszowa 5000 Mann türkischer 
Infanterie, 8 Geschütze und Kavallerie gegenüber. Unser Verlust 
var: 1 Oifizier, 14. Mann verwundet, 2 Mann todt. — In der 
stacht vom 5. auf den 6. Oktober griffen 4000 Mann Türken mit 
5 Geschützen und 300 Tscherkessen auf der von Plewna nach Sofia 
ührenden Straße die Kavallerie-Abtheilung des Obersten Lewick 
jei dem Dorfe Radmicze an. Die Abtheilung schlug alle Angriffe 
zurück und zog sich ani Morgen nach Mahala am Flusse Isker 
zurück. Verlust unbekannt. — Am 9. d. bei starkem Schneefall 
iberfielen 300 Tschirkessen die Vorposten der Luhen'schen Husaren 
in der Nähe von Kazeljewo am schwarzen Lom, wurden jedoch 
urückgewiesen. Am 10. erneuerten die Türlen den Brückenbau bei 
Silistria. Die Türken haben ferner von Rustschuk aus die Bahn⸗ 
tdation in Giurgewo, aber erfolglos beschossen. 
Englischen Blättern wird aus der russischen Seefeste Kron⸗ 
tadt unterm 10. d. geschrieben: „Heute cursirt in gut unterrichteten 
dreisen das Gerücht von der Entdeckung einer revolutionären Ver⸗ 
chwoͤrung, sich der Werfte in Nikobajeff (am schwarzen Meere) 
zu bemächtigen. In Folge dieser Nachricht wurde ein Bataillon 
Matrosen von Petersburg per Sonderzug zur Bewachung der Regie⸗ 
ungs Etablissements im Süden abgesendet, und in Nikolajeff selbsi 
jat der Gouverneur die Bildung eines Wachsamkeits-Ausschusses, 
jestehend ans Beamten und Bürgern unter der Leitung der ersten 
Marine⸗Blamtta des Hafens genehmigt. Gruppen von Ausschuß⸗ 
Mitgliedern, mit Revolvern bewafsnet, patroulliren des Nachts in 
der Stadt, und die Behörden glauben, daß, da die Rädelsführer 
des Complots verhaftet worden sind, keine gewaltthätigen Scenen 
tattfinden werden. Ich habe dersucht, Einzelheiten über den Zweck 
er Verschwörung zu erlangen, aber die Marine⸗Beamten in Kron⸗ 
ljadt verweigern jede Auskunft.“ (Es wird auch bezüglich dieses 
Berüchtes. — denn mehr ist es vorerst nicht — Bestätigung abzu⸗ 
warten sein.) * 
Vermischtes. 
F Man schreibt aus Edenkoben, 22. Olt. Ein Alt 
zrutalster Rohheit, deren Beweggrund wahrscheinlich Rache ist, wurde 
zestern in, Roschbach verübht. Ein von Militär entlassener junger 
Mann stieg am Nachmittag heimlicher Weise in den Siall des dor⸗ 
igen Herrn Weinhändlers Kern, ergriff, in der Absicht, dem Besitzer 
empfindlichen Schaden zuzufügen, ein Beil und schlug damit so 
inbarmherzig auf das in Sitall ftehende Rind, daß dasselbe später 
zetödtet werden mußle; hierauf' dearbeitete er in ähnlicher Weise 
die Kuh, welche fich wahrscheiulich auch nicht erhalten läßt, und 
entfloh dann. De hiesige Gendarmerie wurde fofott benachrichtigt 
und ist es ihr bereits gelungen, den Thierquäler, dessen Kleider 
noch Blutspuren trugen, in Haft zu nehmen, und wird ihn nun 
die verdiente Strafe treffen. 
f In Speyer sind am 22. ds. 26 junge Leute zur 
Prufung fur den Einjährig-Freiwilligendienst erschienen. Die Auf⸗ 
jatzthemate lauten: 1) Drei Blicke thu zu deinem Glück: Blick 
nufwärts, vorwäris und zurück. 2) Macht und Ohnmacht des Geldes. 
3) Die herbstliche Natur und ihre Sprache. 
F Die „Pf. Zig.“ schreibt: Herr Domcapitular und Stadt⸗ 
farrer Dt. D. Becker hat jein Mandat für den Landrath der 
Bfalz niedergelegt. An seiner Stelle wird der Ersatzmann Decan 
duth von Pimasens einberufen werden. Herr Dr. Becker gehoͤrte 
su den wenigen hervorragenden Mitgliedern des Landrathes und 
iein Ausscheiden wird nicht nur in diesem eine merkliche Lücke lassen, 
ondern allgemein bedauert werden. 
Der „Sp. Zig.“ wird aus Böhl,22. Okt. geschriebem: 
Am gestrigen Kirchweihtage geriethen einige Burschen von hier, 
während des Tanzes in der Wirthschaft zur Krone in Streit, in 
Folge dessen der ledige Ackerer Philipp Werling den ebenfalls 
edigen Ackerer Adam Groß, beide von hier, mit einem Dolchmesser 
in die Hüfte stieß, so daß derselbe sogleich zusammensank. Auf die 
sofort herbeigerufene ärzüiche Hilfe erklärte der k. Bezirksarzi die 
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