Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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AM 170. Dienstag, den 80. Oktober 1877. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 27. Okt. Das Begräbniß des Erzbischofs fand 
unter großer Betheiligung der katholischen Bereine und Bruder⸗ 
schaften statt. Die gesammte Geistlichkeit, sämmiliche bayerische 
Bischöfe gingen vor dem Leichenwagen. Der Genetal Graf Rech⸗ 
decg als Vertreter des Königs, Mitglieder der beiden Kammern, 
der Magistrat, das Universitsrektorat, der Kriegsminister und 
viele andere hervorragende Personen beschlossen den Zug. 
Im Hinblick auf den in Nürpberg stattgehabten hygienis hen 
Kongreß werden die chemischen Großindustriellen eine Versammlung 
abhalten, um sich zu einer dauernoen Vereinigung zusammenzu—⸗ 
schließen. Etwa vierhundert chemische Fabrikanten werden in der 
letzten Woche des November in Frankfurt a. M. zur ersten großen 
Versammlung sich vereinigen. 
Berlin, 27. Ott. Im Bundesratih glaubt man, daß die 
Ausschüsse, denen die Steuervorschläge der Siempelsteuerkommission 
zur Berichterstattung überwiesen worden sind, die Annahme der⸗ 
jelben empfehlen werden. Angesichts der finanziellen Lage des 
Reiches wie der Einzelstaaten werden sie sich nicht bedenken, Steuer⸗ 
vorschläge, die weder große prinzipielle Streitfragen anregen, noch 
in das Steuersystem der Einzelstaaten irgendwie störend oder hin— 
dernd eingreifen, gleichwohl aber eine Einnahme von 20 Millionen 
Mark in Aussicht stellen, zu befürworten. — Der Gesetzentwurf 
wegen Einführung einer Reichsstempelsleuer von Spielkarten erhöht 
die Sätze von 80 bezw. 30 Pf. auf 1 M. bezw. 50 Pf. Die 
Erhöhung wird nur in so weit ausgeglichen, als jedes Spiel 
don weniger als 86 Karten den niedrigen Satz bezahlen soll, 
während bisher jedes Spiel von mehce als 32 Karten 80 Pf. 
Stempel bezahlen muß. Im Uebrigen sind die Grundsätze des 
preußischen Gefetzes unverändert geblieben. Dagegen ist in dem 
Börsensleuergesetz der Stempelsatz erheblich ermäßigt im Vergleich 
zu der letzten Bundesrathsvorlage. 
Berlin, 28. Okt, In hiesigen offiziellen russischen Kreisen 
wird entschieden bestritten, daß Rußland sich jetzt auf Friedens— 
verhandlungen einlussen werde. Es fordert unausgestzt admini— 
strative Reformen für Bulgarien unter Bürgschaft der Großmächte, 
Revision des Pariser Vertrages, Eröffnung der Dardanellen. 
Ausland. 
Paris, 26. Olt. General Grant wird mehrere Wochen 
in Frankreich bleiben und sich darauf nach Spanien begeben; eine 
amerikanische Fregatte wird ihn alsdann in Lissabon erwarten und 
ihn nach dem Mittelmeere führen. 
Paris, 26. Okt. Die Gerüchte, die für das Jahr 1878 
in Aussicht genommene Ausstellung solle verschoben werden, da die 
Arbeiten angeblich noch im Ruckstande seien, werden von der „Agence 
Havas“ für unbegründet erklärt. Eg wird hinzugefügt, die Arbeiten 
für die Ausstellung seien so weit vorgeschritten, daß die Aussteller 
bereits jetzt von den ihnen angewiesenen Plätzen Gebrauch machen 
lönnen. 
Paris, 27. Olt. Der deuische Botschaster, Fürst Hohen⸗ 
lohe, der gestern Abend um 9 Uhr hier eintraf, hat heute Nach— 
mittag dem Marschall Präsidenten und dem Herzog Decazes emen 
Befuch abgestattet. 
Paris, 28. Okt. Der „Francais“ stellt in Abrede, daß 
die Majorität des Senats sich auflösen und die Sache der Regierung 
aufgeben wolle. 
Paris, 29. Oklt. Bei den gestrigen Stichwahlen wurden 
zewählt elf Konservative und vier Republikaner. Die Kammer 
jählt nunmehr im Garzen 320 Republikaner und 210 Konservative. 
London, 27. Olt. Der „Daily Telegcaph“ glaubt Grund 
zu der Annahme zu haben, daß Osman Paschas Vertheidigung 
von Plewna bald beendigt sein wird; selbst in Konstantinopel hält 
man dessen Position für gefährlich, da er nicht Leute genug habe; 
die Pforte fühlt bereits überall den Mangel an Soldaten und 
Geld. — Nach den „Daily News“ ist Plewna seit einer Woche 
vollständig eingeschlossen; Osman Vascha dürffe eben so schwer 
durchbrechen können, wie seinerzeit General Trochu aus Paris. — 
Die „Times“ ist ermächt'gt, eine Beschreibung eines Diners im 
„Golos“ zwischen Mehemed Ali und dem russischen Fürsten Tschere— 
metieff für unwahr zu erklären. — Unter den Katholiken Bos⸗ 
niens zirkulirt eine Petition, betreffend die Annexion Bosniens 
durch Oesterreich. 
Konstantinopel, 26. Olt. Wie die „AgencezHavas“ 
bissen will, wäre Mehemed Ali Pascha nunmehr definitiv zum 
Oberbefehlshaber der Armeekorps in Bosnien und der Herzegowina 
ernannt worden. 
Konstantinopel, 28. Ott. Die Pforle benachrigte 
den Boischafter Englands Layard: Ismail Pascha vollzog mit 40 
Batalonen seine Vereinigung mit Mukhtar Paicha. Letzierer kon⸗ 
entrirte sich nach Vereinigung der Truppen bei Köprikoi in starken 
Posit onen und erwartet die ihn verfolgenden Russen. J 
Petersburg, 27. Okt. Offizielles Telegramm. Groß⸗ 
ürst Nikolaus besichtigte eroberte Positionen bei Dubniak. Haltung 
der Truppen bewundernswerth. Unsere Verluste gegen 2500 Mann. 
30 Offiziere gefangen, 4 Geschütze, eine Fahne erbeutet. 
Vermischtes. 
In Neustadi geht nach der „Neust. Zig.“ der Handel 
nit Neuem sehr flau, lebhaft der Verzapf von Federweißem. Tre⸗ 
zermost wird von O— 12 M. per. 50 Liter bezahlt; für gekelterten 
vurde schon bis zu 250 M. gegeben. In Hambach ist der ge⸗ 
kelterte Most so ziemlich alle zu dem Preis von 140 bis 145 M. 
die 1000 Liter in feste Hünde übergegangen; die Logel Treber⸗ 
most von 50 Liter wurde mit 8 M. bis zu 8 M. 50 Pfg. ver⸗ 
fauft. 
F Die 1. Eskadron des 5. Chev.Reg. wird am 1. Nov. l. 
Irs. von Fohrbach nach dem Regimentsstabẽquartiere Saargemünd 
derlegt. 
Vor einigen Wochen wurden von englischen VBauunter⸗ 
nehmern zweihundert deutsche Maurer nach London berufen, um 
dort an Stelle ihrer strikenden Londoner Collegen den Bau der 
Berichtshöfe weiter zu jühren. Als sie jedoch in London ankamen, 
heilten ihnen die englischen Maurer nach ihrer Auffassung den 
Sachverhalt über die Arbeitseinstellung mit, und wußten die Deut⸗ 
schen zu bewegen, wieder in ihre Heimath zurückzukehren. Von 
hamburg aus versicherten die Zurückbeförderten ihte Londoner Col⸗ 
egen ihrer besonderen Hochachtung und Theilnahme. Damit schien 
nun die Ueberführunz deutscher Maurer nach London ein fuür alle 
Mal beendet zu sein. Dem ist jedoch nicht so. Die englischen 
Unternehmer haben in Deuischland neue Verbindungen angeknüpft 
uind schon sind wieder 60 deutsche Maurer, wie „W. T. B.“ aus 
London von gestern meldet, daselbst angekommen, um bei dem Bau 
der Gerichtshöfe beschäftigt zu werden. Weitere deutsche Maurer 
werden erwartet. Man darf nun gespannt sein, wie sich die Eng⸗ 
sänder den deutschen Arbeitern gegenüher benehmen werden. Schwer⸗ 
ich werden unliebsame Zusammenstöße zwischen Engländern und 
Deutschen ausbleiben, falls die letzteren den eindringlichen Ueber⸗ 
redungskünsten der Londoner, wie ihre Vorgänger nicht weichen 
und es vorziehen nach Deutschland zurückzukehren. 
F Paris, 23. Ott. Der Prasident der Gasgesellschaft, 
Dubochet, ist gestorben. Derselbe hat, wie gerüchtweise verlautet, 
sein Vermögen von 80 Milonen an Gambetta vermacht. Mach 
inderen Angaben nur 25 Millionen davon. Gambetta kann auch 
damit zufricden sein.) 
— Todesurtheile in Frankreich. Seit dem 1. Januar d. J. 
änd in Frankreich vierzig Todesurtheile verhängt und zwölf voll⸗ 
strekt worden. 
Für die Redaction verantwortlich: F. X Demetz. 
Die zweite Nummer pro 4. Quartal der Pfälzischen Geflügel⸗ 
Zeitung ist bereits erschienen, und hat abermals wieder einen seht