Ss. Ingbeilet Anzeiger.
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Der St. Inzberter Anzeiger und das (2 mal wöo hentlich) mit dem Hiupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei—
lage), erscheint wo heatlich viermul: Dienstaz, Donaerktaz, Sünstaz uund Souitag. Der Abßanementepreis beträgt vierteljährlich
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MsS 20. Dienstag, den 6. Febrraer J J 1877.
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Deutlsches Reich.
Berlin, 3, Febr. Der Reichskanzler legte dem Bundesrath
ein Gesetz vor, wonach das Reichsgericht nach Berlin kommt.
— H ute verlautet, daß der Reichetag am 26. Februar zusammen-
iritt.
Wer wird als Altersprosident das Scepter dieses Mal im
Reichstage führen? So kurz der Herrschertraum eines Alters⸗
dräßdenten in miserm Parlamente auch ist, so hat doch die Be—
a twortuang jener Frage dieses Mal insofern ein erhoöhtes Interesse,
als es sehr Jicht möglich ist, daß das Ecepter einem — Sociute
demokraten in, die Hand fällt. Wir finden zum ersten Male in
der. soust so jugendlichen Phalorx der Soziald-mokraten würdige
Breise, starle Siebziger, und zwar den wohlbegüterten Herrn Rit-
inghausen aus Köln und den Bourath Demmler, den alten Dutz;
druder des verstorbenen Großherzogs von Mecklenburg. Freilich,
Her v. Gerlach ist älter als diese graubärtigen Sozialisten, aber
er wird sich kaum d'ie Last eines Alterspräsidiums aufbürden wollen.
Ist daher Herr v. Vonin nicht gleich am 1. Tage der Sröffnung
der Session auf seinem Possen, so können wir es erleben, daß der
deutsche Reichstag seine erste Sitzung urter dem Vorsitze eines
Sozialdemokraten obhält.
Der ,Gewerkverein“ schreibt: Die Socialdemokraten verwahren
ich stets mit Entschiedendeit gegen den Vorwurf, daß sie eine ge⸗
valtsame Revolunon ansteben * —
daß eirer der Herren Agitatoren aus der Schule plauder —38
Vedanlen der Führer verräth, die man soust vor den eigenen An⸗
dangern zu verhe mlichen sucht. So äußerte sich der Hamburger
Sozialist Breuel vor wenigen Tagen in einer Volks versammlung
nit folgenden Worten: „Ja, wenn wir (die Sacialisten) einst die
Majorisät im Meichstage haben uund die Regiecung unterwirft sich
nichi unsern Bejchlüssen, dann sind wir gezwungen, diese mit Waßfe⸗
gewalt zu erzwingen, und sind bis dahin in unsecrn Reihen waffeii⸗
ähige Mäuner genug, de gelernt haden, mit dem Bajonett um—
jugehen.“ Das ist doch deutlich genug gesprochen!
Berlin, 3. Febr. Weder eine demnächstige Drei Kaiser⸗
Zusammenkunft in Warschu, roch de Fortsetzuug der Konferenzen
vird her für wahrscheinlich gehalten. Friedens⸗ uud Kriegs⸗ Gerüchte
hatten sich de Waage. (Frkf. J.)
Ausland.
Wie der „Imparcial“ von Madrid meldet, wurde Ma— r·
fori, der bekannte Feund der Ex Königin Isabella, vor einigen
Tagen vom Gerichtshofe in Cadx wegen Ungebors mis gegen die
Regieruug zu einer aunderthalbjährigen Gefangnißstrfe verurthili.
Konstantinopel, 4. Febr. Man hält hier die Ver⸗
ständ gung mit Serbien aussichtslos. Die sabische Antwort be⸗
züglich der Garanl'en gilt als ungenügend. Fürst Mihemn weigert
sich sogar, die bestimmie Verpflchtung eir zugehen, wah end ener
Jjewissen Zeitdauer den Frieden uecht zu brechen. Ndret Pascha
sußerte dacauf, er wolle keinen „Ffaulen Frieden.“ Die Pforte
derfügte die Aufbebung des selbstständigen Gouvernements in der
Herzegowina, indem sie dasselbe mit Bosn'en wieder vrreinigt. —
Der chr'echische Christ Vassa-Effendi wurde zum Gouverneur des
aeugebildeten Regierungebezirks Kossowa ernaunt, welcher aus den
drei rumelischen Kreisen Nisch, Prizrend und Neskub zusammenge⸗
orden ist.
wbi d e urg, 3. Febr. Was in auswärtigen Zeitungen
Aber die Organisirung des Landsturms geschrieden wird, wird hler
als nicht zutreffend beze chnel. Nirzensswo haben Berufungen zum
Landsturm statigefunden; es liegt nichts weiter vor, als vie laͤngst
rwarlete ergänzende Nobelle zum Gesetze üder die Wehrpflicht.
Insbesondere hat auch der Minister des Innern nicht, wie behaupiet
worden, einzelnen Gemeinden Darlehen oder Vocschässe für die Or—
ganisation des Londsturmes bewilligt. .4
Pereraburg, 4*. Febr. De Citculardedesche des Fürsten
Bortschatoff, von welcher seit eininer Zeit in den Blattern de
seoe war, ist jetzt wirklich erlassen wotden. Sie ist von 19./31.
Januar datirt. Dieselbe erinnert zunächst daran, wie die Ueber⸗
uinstimmung der Großmächte bei Beginn' der orientalischen Krisis
vermöge der Intiative Rußlands erzielt wurde, und führt sodann
uius, daß diese Uebereinstiumung durch die Zurückweisung des
Berliner Memorandums gestört, bald aber auf der von englifcher
Seite vorgschlagenen Grundlage wieder hergestellt worden sei und
»ndlich dazzu geführt habe, daß die Mächte einstimmig ihre: For—
)erungen auf der Conferenz der Pforte voehten, welche dieselben
ilsdann abgelehnt habe. Die russische Regierung glaube, daß
kuropa durch d'e vereinigte d'plomatische Action bewiefen habe,
zaß es lebhaft für die Erhaltung des Friedens im Orient interessiri
ei und als seine Pflicht wie als sein Recht erkenne, dazu Namens
)»er allgemeinen Interessen mitzuwirken. Die russische Regierung
abe daher, bevor sie einen Euntschluß in der Angelegenheit faßte,
jeleitet von dem Wunsche, auch in dieser neuen Phase der orien⸗
alischen Frage d'ie U-bereinstimmung Europa's aufrechtzuerhalten,
hre Vertreter bei den fünf Vertragsmächten beauftragt, sich darüber
vewißheit zu verschuffen, was die Regierungen, bei welchen sie
»eglaubigt siad, gejenüber deer von der Pforle ausgegangenen Ab⸗
veisung ihrer einstimmigen Wünsche nunmehr zu thun gedenken.
VRermischtes.
J Pirmasens, 3. Fest. Heute Morgen erhängte sich
g. einem Anfall von Geisteszerrüttung die Frau des Schnubmachers
jner wahcen Selbstmord wänsk Oerfuit aswier armükhsetrank und
on wiederholt ihrem Leben durch Ertränken, E: hängen, Ver—⸗
rennen und erst vor kurzem durch Trinken eines Quantums Salz-
aure ein Ende zu machen verfuchte, cClüctlicherweise aber jedesmal
och rechtzeitig daran verhindert werden kornte. Dieselbe ist erst
usge Jahre verheirathet und Mutter eines Kindes.
Landau, 2. Febr. (K. A.) In heutiger geheimer
Ztadiraths⸗-⸗Sitzung wurde für die durch Todesfall in Erledigung
Jetommene Gemeinde⸗Einnehmer⸗Stelle Herr Jos. Bortschellet, Rent⸗
misgehilfe in Ftanlenthal, gewäblt.
F Herr Regierungspräsident von Braun hat beschlossen,
)oß zur Hebung der Kunstindustrie Preisaufgaben für eine vot zůge
iche Leistungeim diesem Gebiete ausgeschrieben werden und das
»fälzische Gewerbe-Museum damit betraut. Für das Jahr 1877 ist
As cTohcuritendes Gewerbe die Tischlerei und Möbelfabrikation ge⸗
väh't und als Gegenstand e'n Nähtischchen im Renaissancestyl mit
obipletier Einr'chtung, jeooch ohne Utensilien. Schönheit und
Zweckmäßigkeit der Form, sowie prattische Unwendung der Erforder⸗
isse sind Haupibedingung. Die ausgesetzten Ehrenpreise bestehen
FGesdbestägen von 180 und 100 M, nebst Diplom. Die Geld⸗
»eträge sind geichöpft aus den Jahreszinsen der Stiftung des Königs
ur Foidecung der Gewecbsthätigkeit in dem Regierungsdezicke der
Pialz. Die Arbeiten sind bis 1. August an das pfalzische Gewer be⸗
nuseum abzuliefern.
pIn Ludwigshafen bat in der Nacht zum 1. d. eine
Frau ihr 14 Tage altes Kind im Anfall von Wahnsinn getoͤdtet.
pEisenbahnungluücd. Am letzten Samstag Abend
iuhr der Postomnibus von Frankenshal nach Freinshein an dem
Flornersbeimer Straßenübergang bei offener Barriere über den
Bahnkörper, da wurde er vog dem diherbrausenden Zuge erfaßt
uind zertrümmert. Der Postillon wurde vom Bocke geschleubert, der
aine Passagier d.s Wagens verletzt und ein Pferd brach das Bein.
Stelli sich' die Sahe in der Weise als wahr heraus, so liegt eine
frevelhaste Fahrlässigleit dem Unglücke zu Grunde.
. Ja Frankfurt wurde bei der Reichsbankstelle ein
zalscher 20-Markschein angehalten. Derselbe ist den echten Scheinen
so gut nachgeahmt, daß er sich nur bei aufmerlsamer Betrachtung
als fatsch erweiss.
'än Frankfort wurde tine Frau, die faule Eier für
er sche verkanfte, zu einem Mounat Gesängniß verurtheilt,
pIn der Resta uranon Klähn in Leiphzig ist gegen⸗