Hl. Ingberler Anzeiger.
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der St. Ingberter Anzeiger und das (Z mal woͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhallungsblati, (Sonntags mit illustrirter Vei⸗
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M 192. Samstag, den 8. Dezember 14377.
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Deutsches Reich.
Mänchen, 5. Dez. In der heutigen Sitzung der Kammer
der Abgeordneten wurde die Spezialediskussion über den Bergwerks
Etat ohne erhebliche Debatte zu Ende geführt; die Nachweisungen
u den Eisenbahnrechnungen Furden ohne Diskussion anerkaunt.
xẽ6 folgte die Berathung des Strauß'schen Atrags betreffs der
Gehalisverhältnisse der Lehrer.
München, 58. Dee. In der h⸗utigen Sitzung der Abge⸗
oxdne lentammer haben bei der Abstimmung über den die Aufbei⸗
erung der Gehalle der Schullehrer betreffenden Antrag von Strauß
3 Miͤglieder gefehli, nämlich Zz von der rechten und 5 von der
tilen Seite des Hauses. Wäre die liberale Fraction vollzählich
gewesen, was leider sehr selten der Fall ist, so hätte sie heute die
Hehrheit gehabt und wücde der Anirag nicht abgelehnt, sondern
aach der heutigen ersten Beroihung mit 77 gegen 76 Stimmen
angenomuren worden sein. So aber wurde er mit 76 gegen 72
Simmmen abgelehut. Minister v. Lutz hatte zuvor erklaͤtt, wenn
zer Antrag Aussicht auf Annahme habe, werde ihn die Regierung
anterstützen. Die ultramontane Froct'on aber stimmte geschlossen
»agegen. — Der in Aussicht gestellt⸗ Eisenbahn-Gesetzentwurf
Ensenbahn⸗ Netz) soll künitigen Montag im Staatsrath zur Berathung
zelangen und dann alsbald der Kammer vorgelegt werden. — Das
Referat über den Gesetzentwurf bezüglich eines Credits füe außer⸗
ordentliche Bedürfnisse der Armee ist im Finanzausschuß der Abge⸗
rdnetentammer dem Abg. Kopp übertragen, der auch über den
Zesezentwurf gleichen Betreffs am vorjährigen Landtag referirt hatte.
Berrin, 4. Dez. Die „Nat.elih. Corr.“ fchreibt: „Durch
die Presse geht das Gerücht, daß der Reichstagsabgeordnete Fre herr
;. Stauffenberg in den Reichsdienst einzutreten im Begriff stehe;
einem Blaute wicd dies sogat bereits wie eine vollzogene That⸗
ache vehandelt. In KKreisen, welche Herrn von Stauff uberg na ne
ichen, ist von alledem nichts bekannt.“
B riin, s5. Dez. Die von Bern aus signalifirte Mit-
Heilung der Reichs egierung, daß sie vorbehaltlich der Zustimmung
des Reichstages weitere 10 Daillionen Mari zum Vau der Gott⸗
zardeisenbahn beizutragen bereit sei, ist wohl alteren Datums, da
ine entsprechende Miltheilung schon vor längerer Zeit dem Bundes⸗
rathe gemacht worden ist. Ene bestimmtere Zusage zu machen,
dar die Reich zregierung bisher nicht in der Lage, da ein Beschluß
Xs Bundesraths nicht extrahirt worden ist.
Die enzelnen Etats für den Reichshaushalt sind in der
Hotarbeit vere ts erheblich vorgeschritlen, der Militär⸗Etat namentlich
deht der völigen Aufftellung nahe und befindet sich bereits im
R
— Die Mittheilung, daß bii allen Armeekorps Erhebungen
aiber die Wirkungen des Militaͤrstrafgesehzbuches statifin den und daß
hitselben mit der beabsichtigten Neuüregelung des Mililaärstcafver⸗
ahrens in Verbindung ständen, ist irtshümlich. Diese Eechebungen
verden zu statistischhen Zwecen regelmäßig angestellt.
HDie „N. A. Zig.“ schreibt: Die bisher staligehablen Versuche
n't dem Telephon hadben die Ueberzeugung begründet, daß das:
meibe sich zu Kriegszweclen werde dienstbar machen lassen. Die Frage
der miluatischen Benutzung des —A eingehendte
Beochtung gefunden und vird der beuen und w'chligen Erfindung
xr gebührende Plaß nicht vorenthalten werden. Aus diesem Grunde
zeabsichtigt auch die Telegraphenbauanstalt von Siemens und Halske
die von ihnen in neuester Zeit konstenirten Feldtelegraphen mit
Telephons ju versehen, so daß man mitteelst derselben ichriftlich und
nündiich würde lorrespondiren ld men. Derartige Apparate sollen
dem Vernehmen nach von dem Petersburger Hause dicser Firma
„er russischen Armee geliefert worden sein und sich dereits auf dem
triegsschauplatz in Tdätigleit befinden.
Ausland.
Poris, 4. Dez. NMan behauptet jezt im Elysee die
gewißheit zu haben, daß sich im Senate für die Aufldsung der
Depulirtenkommer eine Mojorität von mindestens 18 Stimmen
finden werde. Heute Abend, nachdem die Vorgänge in Versaillea
tannt geworden waren, herrschte in Paris eine gewisse Aufregung.
die Boulevards waren mit Menschen überfüllt, welche über die
Situation diskutirien.
Paris, 5. Dez. Die von den Vorständen der Linken deß
Senals veröffentlichte Etllätung lautet: „Der heute in den Couloira
der beiden Kammern angeschlagenen Note der „Agentur Havas“
zegenüber erklären die Vorständen der Linken des Senats, daß kein
Mitglied der Linken des Senats vom Präsidenten der Republick
den Auftrag erhielt oder aufgefordert wurde, im Namen der Linken
tZedingangen für die Bildung eines parlamentatischen Minster ums
ruf zustellen. (Folgen die Unterschriften der Vorstände.)“ Diese
xtiäarung beslatigt, daß vollständige Einheit unter den Republikanern
iller Schattirungen herrscht. Am entschiedensten zeigen sich die
Nitglieder des uͤnten Zentrums, die wirklich geglaubt hatten, das
xẽlysee meine es ernstlich mit den friedlichen Ideen, welche es
vährend der letzten Tage zut Schau getragen. Wenn die Stimmung
teibt, wie sie jetzt ist, so wird die Deputirtenkammer weder einer
euen Auflöfung, noh selbst einer neuen Vertagung die geringste
stechnung tragen, sondern sich sofort in Permanenz erklären und
e Armee und die Vevölkerung zu ihrem Schutz anrusen.
London, 5. Dez. Die „Times“ meldet aus —A
»om 4.: „Gaͤsstern langien wichtige Depeschen an, worauf sofor!
ia Kabineisraih berufen und an olle Miliz-Abtheilungen der Befehl
gesandt wurde, bis auf Weiteres Halt zu machen.“
Der rufsfisch⸗türkische Krieg.
Furopäischer Kriegssch auplhatz. Die Nachrichten
iber die Simanon bei Plewna lauten wieder einmal ganz wider-
prechend. Während auf der einen Seite behaupiet wird, daß
Plewna bis zum 10. d. von selbit kapituliren werde, wird anderer⸗
eits behauptet, daß schon in wenigen Tagen ein allgemeiner An⸗
riff auf die tütkische Stellung bevorstehe. Dies wurde eine plötzliche
lenderung in den Absichten der russisch⸗rumänifchen Kriegsleuung
deuten, welche sich hierin auf die Eroberung von Kars ftüßt,
urch die der sogenannten Sturmpartei im russischen Kriegsrath
ewissermaßen Recht gegeben und die Stimmung der Armee un⸗
ertennbar gehoben wird. Dann scheint sich bei den Türken auch
in Anfang von Demoralisalion bemerkbar zu machen und endlich
ind die Vortheile, welche den Russen durch eine bald'ge Einnahme
‚on Plewna erwachsen würden, so groß, daß sogar starke Verluste
zurch eine gelungene Ueberrumpelung reichlich aufgewogen werden.
Nach dieser Version könnte men sich demnach gefaßt machen, in
den nächsten Tagen, sobald nur wieder trockenes Welter eintritt,
nit der Nachricht eines blutigen Kampfes bei Plewna überrascht zu
derden. So unerwartet d'eser plötzliche Umschlag in den Dis posi⸗
sonch der russischen Kriegsführung vor Piewna sein konnte, ist
zerselbe, so sagt man, doch eine naturliche Folge der von der rusfisch⸗
umãnischen Armee bei ihren Vorstößen in Westbdulgarien gemachten
xtfahrungen. Ueberall wurden nämlich enorme Vorräthe aufgespeichert
gefunden. In Wroza, an den verschiedenen E:ꝛappen der Orkhanie⸗
Ztraße, in Rahova u. s. w. waren so große Depots errichtet
dorden, daß es taum möglich eischeint, daß die Haupistellung
Plewna selbst, nicht verhältuißmäßig in derselben Weise mit Pro⸗
Fiant b dacht wäre, umsomehr, da während 213 Monaten die Ver⸗
proviantirung der lürkischen Stellung durch nichts gehindert wurde.
Aus Bogot wird gemeldet, daß die Russen d'e von ihnen
besetzte Stellung bei Etropol stark besistigten. Orkhanie ist von
den Russen vollständig umzingelt. Damit ist also jede Verbindung
wischen Sofia und Plewna vollständig abgeschnitten und Mehemed
Ili ganz auker Stand gesetzt, Osman Pascha irgendwie direkt zu
dilse zu kommen. Es wird denn auch bereiis der Rüchzug Mehemed
u's nach Sofia und die Besetzung der auf dieser Seite nach
sumelien führenden Balkan ; Uebergünge durch die Russen gemelder.
Die in den übrigen, weiter öfstlich gelegenen Balkanpässen, so werden
die Russen auch den 2700 Zuß hohen Uebergang bei Araba⸗Kona⸗