Full text: St. Ingberter Anzeiger

Schulinspektor ergangenen Bescheide ihren Vollzug gefunden haben; 
im Uebrigen ist mit dem Maßstabe der Lehrordnung an die ein— 
zelnen Schulabtheilungen heranzutreten. 3. Wegen der Entlassung 
aus der Werktagsschule wird unter Hinweisung auf die Entschließung 
bvom 12. März 1875 (Amisbl. Nr 16) noch Folgendes bemerkt: 
AMus der unteren Abtheilung der Oberklasse (5. Schuljahr) kann ein 
Schüler, welcher bis zum 80. April l. J. sein 13. Lebensjahr 
vollendet, nur dann entlassen werden, wenn derselbe den in der 
Lehrordnung für das 5. Schuljahr vorgeschriebenen Unlerrichtsstoff 
so gut inne hat, daß er ohne Arstand in die obere, Abtheilung der 
Oberklasse (6. Schuljahr) vorrlicken könnte; andernfalls ist derjelbe 
unnachsichtlich zum Besuch der Werktagsschule auf die Dauer eines 
weiteren Jahres anzuhalten. Unter keinerlei Umstäuden aber kann 
ein Schuler aus den beiden Unterklassen (15 2., 3. und 4. Schul⸗ 
jahr) enttassen werden, devor derselbe enn Strafjahr erstanden hat. 
Neben den zu entlassenden ist auch allen zurückzebliebenen Schülern 
dir einzelnen Abtheilungen ganz besondere Achtsamkeit zuzuwe den 
und haben zu diesem Behufe die Lehrer in ihren Prüfungslisten 
anter Angabe der Ursachen des Zurüchebliebenseins diesbezügliche 
Vormerkungen zu machen. 4. Wo die Gejsammtzaht der Sonntags⸗ 
schüler einer Gemeinde über 25 fleigt, ist deren Prüfung gesondert 
dorzunehmen; desgleichen ist in Gemeinden. wo die Schülerzahl 
jeden Geschlechts über 40 beträgt, für jedes derselven eine esonderte 
Prüfung anzuberaumen. Alle Schüler, welche im laufenden Kalender- 
jahr ihr 16. Lebensjahr vollenden, siad auf Entlaffuung zu peüfen 
und, wenn sie bestanden haben, unter Behändigung ihrer Zeugnisse 
innerhalbe des in 8 5 der k. allerhöchsten Verordnung vom 31. 
Dezember 1864 (Minist.-Blait Nr. 2) festgesetzten Termins förm⸗ 
lich zu entlassen. Von der Entlassangsverweigerung an ungenügend 
Unterrichtete ist der ausgedebnt ste G⸗brauch zu machen. Im 
Uebrigen ist Sorge zu kragen, daß auch an den die Sonntugs⸗ 
schule ersetzenden örtlichen Fortbildungsschulen der Unterricht bis 
zum Schluß des Wintersemesters fortgefetzt werde und deß dent 
Distrikts ⸗Schulinspektoren — wo dieselben nicht jelost Visitatoren 
der Fortbisdungsschulen sind — gemäß Ziffer 9 der Entschließung 
vom 17. März 1870 (Amtsblatt Nr. 28) die Mitwirkurg bei den 
Schlußprüfungen ermöglicht wird. Mit Beginn des Sommersemesters 
— 
schule heranzaziehen. 5. Die Prüfungen sämmitl'cher konfessionell 
gemischten Schulen sind zuiolge F 13, Absaß 7 der k. allerhöchsten 
Verordnung vom 29. August 1873 (Amtsblatt Nr. 63) von den 
einschlägigen k. Distrikisschuliuspektoren beider Konfessionen gemeinsam 
borzunehmen. 
München, 6. Febr. Die verschiedenen Zeitungsnachrichten 
bezüglich der Adele Spitzeder, daß sie an verschiedenen Theatern 
Engagement angenommen, ein Theater gepachtet hat ꝛc., werden 
als unwahr bezjeichnet. Dieselbe besindet sich noch in W'ldbad 
und in einem so leidenden Zustande, daß sie jedenfalls noch für 
längere Zeit nicht daran denken kann, ihren früheren Beruj als 
Schauspielerin wieder aufzunehmen. 
Hammelburg, 3. Fibr. Am Mittwoch, den 31. 
Jan. hat sich auf der Straß von hier »ach Gauagschach, ungesähr 
I Stunde von h'er, eine kolossaltiefe Er ktuft gebildet. Die kri⸗ 
lische Stelle passirte am Mittwoch Mittags zwischen 8 und 4 Uhr 
noch ein von Hammelburg nach Sauaschoch g hender Mann, welcher 
nicht das geringste Auffalle de dort bemerkt hatte, und kaum eine 
Vrertelstunde später kam ein anderee Mann, der nach Hammelburg 
giag, dorthin, und gewahrte die inzwischen jedenfalls prohztich ent⸗ 
standene schaurige Kluft. Bei seiner Hieherlunft mach e der betr. 
Mann sofort dem lk. Bezirksamte von diesem Vorkommnisse Mit⸗ 
theilung, woraufhin d'e Straßenstrecke abgesperrt und mit War— 
nungstafeln versehen wrrde. Wie uns mitgetheilt wird, bettägt 
die gerade Tefe der Schlucht etwa 172/23 Meter, während sich 
seitwärts verlaufend eine verläufig noch gar nicht zu bemessende 
noch größere Vertiefung zeigt, welche von rauschenden Gewässern 
durchzogen wird. Anfänglich hatte die Oeffnung nur einen Um— 
fang von ca. 2 bis 223 Meter, dieselbe dat sich aber inzwischen 
durch fortwährendes Nachrutschen der Straße bedeutend erweiiert. 
— Sonderbarer Weise sieht man von den e'ngesunkenen Material⸗ 
massen nicht die Spur und besteht nach Annahme Sachveiständiget 
sogach große Gefahr für weitere plötßliche Senlungen, weswegen 
das Betreten der kritischen Stelle non Seite Unberufener strengstens 
untersagt wurde. Die gänzliche Absperrung und Aufstellung von 
Wächtern für Tag und Nacht ist bereits amtlich angeordnet. 
F Die Frage, ob Etiquetten unter das Markenschutzgesetz ge⸗ 
hören, ist jüngst vom Saarbrücker Obergericht bejaheud entschieden 
wotden. Henach wurden mehrere Kaufleute wenen Verkaufs eines 
mit nach eahmten Etiquetten versehenen Getränkes (sog. Boonekamp 
of Magenbitter) in eine Gecostrafe zu je 200 M. und der bethei— 
ligte Lithog'aph wegen Hilfeleistung bei der verübten Täuschung 
zu 150 M. Strafe verurzheilt. Der Beurtheilung wird noch eine 
Schadenens zklage Seitens der berechtiglen Firma folgen, d'e sich 
ziemlich hoch belausen dürfte, da derselben sogzar aus Australien 
Proben der mit dem dalkfilale dorthin gelançgien nachgeahmlen 
Etiquetien zugesandt wurden. 
FMannheim, 7. Febr. Von der Druckerei der, Mann⸗ 
heimee Zeitung“ wird Folzendes bekannt gemacht: „Eingetretener 
Verhältnisse halber ist der Fortbestad der „Mannheimer Zeitung“ 
unmöglich gewordene, ebenso die Fortführung der Druckerei. Die 
von Seiten unsecer Abornenten eventuell zu erhebenden Ansprüche 
auf Ersotz bereits gezahlter Abonnementsgelder darften bei der Gant⸗ 
verwaltung anzumelden sein.“ 
fHeidelberg, 686. Febr. Nachdem in letzter ZSeit 
mehrere Raubanfälle in der Gege d zweschen Moikenkut und Karsec- 
stuht vorgekommen und in einer vorangegaugenen Woche eia hier 
lebender Russe nur durch den Revolver, den er zufaällig bei fich 
trug, sich zwei Strolche vom Hals gehal:en, wurde in der Racht 
dom 1. Febr. in der Stadt jelbst ein wobhlzeplanter Uebdecfall 
zerübt. Der in der Nacht von einem Ball hennkehrende Kaufminn 
—X 
vurde im selben Momente auf den Boden niedergedrückt. Eine 
Schlinge, die man ihm über den stopf geworfen hatte, um ihm 
en Hals z zuschnüren, zecfleischte ihm unbarmherzig den Mund. 
Zugleich erhielt er mehrere Sliche in den Leb, die ohne denm dick 
watirten Ueberzieher sicher senen Tod zur Folge gehabt hätten. 
Udr und Portenonatie wurden ihm abgenommen, den Ring zonmer 
freiwisllig aus, als der eine Kerl den Andern zum Abschneiden des 
Fingers anfforderte, worauf sich der v elfach Verwunrdete mühsam 
nach Ha se schleppt· In derselben Nacht wurde sstud jnr. Lwpp 
in einer andern Straße gleichfalls von zwei Kerlen angefollen, stieß 
aber den Einen zur Erde und entfloh dann schleunig. (S. M.) 
F Witten a. d. Rahr, 4. Febr. Es ist ein trübes Bisd, 
welches die mo nentane Lage in unserm Kohlenrevier darbietet und 
leider ist vor der Hand auch nicht die geringste Auesicht auf irgend 
velche Bisserung vorhanden. Während im Jahre 1875 es noch 
erträghich gina, hat das Jahr 1876 uns immer mehr zu ückzebracht. 
Mit dem 15. Februar werden im Oberbergamtsbezirk Dortmund 
mindestens 6000 Arbe ter brodlos sein, und diele Zahl wird sich 
in den folgenden Monaten ohne Zyesfel erheblich vermehren. Die 
Bettelei und der Diebstahl nehmen in unserer Gegend überhand, 
Bedrohungen vereinsamt liegender Gehöfte durch vertmummte Kerle 
daben bereits statgesunden. Man sucht nach Mitteln, um dea 
irgsten Nothständen zu be,eqgnen, man denkt an Wegebauten, unmn 
die brodlosen Arbeiter zu beschäftigen. Die Wohlthätigkeit, welche 
heteits jihe angespannt ist, leistet viel, aber es wird das auf die 
Dauer nicht genügen. Viele Arbeiter sid froh, wenn sie für 1 
Vt. 50 Pf. pro Tag Beschäftigung fiaden, aber auch das gelingt 
nur einem kleinen Theile. (R. A. 3.) 
F Auch in Köhnn ist bei einigen aus dem Osten gekom⸗ 
menen Stücken Vieh die Runderpest zum Ausbruh gekommen und 
sind sosorr etw. 20 Ochsen, die mit denfelben im selben Stall ge⸗ 
standen waren, getödtet worden. 
FAus Westfalen. In Sachen Lebensm ittel Verfälschung 
scchte bt der Weftf. Merk., hat sich eine große Chokol idenfabrik verr 
anlaßt gefunden, eine Anzahl Präparase, welche von Konkurrenzen 
anter dem Namen „C.otolade“ verkauft werde;, analysi en zu 
lassen. Die Herren Dr. Vohl in Koͤln und Apotheker Heinz in 
Du sburg, zwei anerkinnte Hemische Autoritäten und erklarte, Feinde 
der Leb usmiitel-Verfärschumg, unterzogen sich d'eser Aebeii. Die 
Nefultate waren unglaublich, von siebzehn AÄnalysen ergaben neun 
das vollstandige Fehlen von Cacao; nuce gemahlene Cacasdfhalen 
und Keime, Rindertalg, ordinäres gebrauntes Mehyl und schlechter 
Zicker bildeten die Bestundtheile dee sozenannren Blode, Suppen« 
und Bruch Chokoladen. In 2 Füllen hat anßerdem Zusaß von 5 
resp. 10 pCt. Sdwerspath stattgefnuden, abgesehen von der Bei⸗ 
mischung vegetabilischer Farben. Die Analysen von zwei der „be— 
rühmten holländischen Puder-Cacaos“ der zwei bedeuter flen Firmer 
hollands ergaben eine Beimischung von 10 resp. 12 pCt. werth⸗ 
oser Stoffe! Also: Wirnung vot dem Ankaufe zu billiger Choco 
laden! 
F Dortmurd, 4. Febr. Auf Zeche Germania bei Marten 
verunglückten durch eine Explosion schlagender Wetter 10 Berg— 
leute, fünf blieben sofort todt und fünf andere hdaben bedeute. de 
Btandwunden erlitten. 
feUeber jeuenen Schneefall im Erzgebirgesschreibt der 
„Dresdener Anzeiger uaterm 2. Febr.: „Uebereinstimmenden brief⸗ 
lichen und mündlichen Berichten zufolge hat es seit Menschn⸗ 
gedenlen im obern Erigebirge innerhalb 18 Stunden noch nie so 
heftig geschneit, als am vergangenen Mittwoch. Nachden dort 
nämlich schon am Montag und Dienstag bei zienilicher Windstille 
zeriodisch Schnee gefallen und in der ungefähren Höhe von, 20 Centt 
neter liegen geblieben war, fing es an 31. Januar früh gegen 8 
Uhr bei einem ork mart'g auftretenden Südw-ststurme so fuschtbar 
in zu schneien, daß schon bei Tagesanbruch die meisten Bewohner 
)er höchftgelegenen Dörfer von Lauenstein an in der Nähe des 
Mückenthürmchens bis hinaus nach Schöneck im oberen Voigtlande