St. Ingberler Anzeiger.
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M 62. Donnerstag, den 18. April 1878.
Deulsches Reich.
Mänchen, 16. April. (Zum Reichstaftpflichlsgesetz.) In
Bezug auf die Haftpflicht eines Fabrik-, Bergwerls⸗, Steinbruch⸗
oder Grubenbesitzers für einen beim Betrieb herbeigeführten Unfall
hat das Reichsoberhandelsgericht in Uebereinstimmung mit seiner
bisherigen Rechtsprechung ausgesproch ·n, daß bei zusammentreffendem
Berschulden des Verunglückten und des Betriebsleiters die Schuld
des letzteren gegen die des Verunglückten abzuwägen ist und daß
ein Ensschädigungsanspruch auf Grund des Reichshaftpflichtsgesetzes
in jedem Falle dann nicht begründet ist, wenn der Verunglückte in
frevelmüthigem Leichtsinne gehandelt hat, während dem Betriebs-
leiter eine berhältnißmäßig unbedeutende Verschuldung zur Last fällt.
Berlin, 16. April. (Zur Steuerfrege.) Dem Vernehmen
der „A. 3.“ zufolge hat Fürst Bismarck die preußischen Ressort⸗
minister aufgefordert mit besonderer Rücksicht auf die ihnen unter—
tehende Verwaltung Steuervorschläge zu entwerfen und dem Staats-
nministerium vorzulegen.
Berlin, 16. April. Die „Nordd. Allg. Zeitung“ bört
mit Bestimmtheit, daß über die von der Presse vielfach erörterte
Ernennung des Kronprinzen zum Regenten von Eisaß-Loihringen
in Regierungskreisen Erwägungen überhaupt nicht stattgefunden
raben.
Berlhin. Der Ausschuß des Bundesraths für Handel und
Verlehir hat, einem Antrag der preußischen Regierung entsprechend,
dorgeschlagen, von einer einheillichen Regelung des Apothekerwesens
durch Reichsgesetz zur Zeit noch abzustehen, weil die Frage, ob das
Concessione prieip oder das Princip der, wenn auch beschränkten
Niederlassungsfreiheit anzunehmen sei, noch nicht hinreichend geklärt
sei. Der bayerische Bevollmächtigte war gegen das Verschieben
und erklärle, in d'esem Fall behalte sich Beyern vor, wenigstens
im eigenen Lande die Sache dem Bedürfniß entsprechend zu regeln.
Der württembergische Bevollmächtigte sprach sich für Niederlassungs⸗
freiteit aus und behielt seiner Regierung gleichfalls das Recht vor,
gegenüber hervorfcetenden Mißstanden das Nöthige vorzukehren;
wogegen der preußijche Bevollmächtigte bemerkte, ein gesetzgeber sches
Vorgehen decr Einzelstaaten würde der Lösung der schwebenden
Frage nicht förderlich sein.
Die Commission des Reichstazes für den Neichshaushalt hat
zen ihr zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes,
detreffind den Spielkartenstempel in drei Punkten wesentlich abge—
indert. In 8 1 hat die Commission- beschlossen, daß die zur
Reichskasse fließende Stempelabgabe für jedes Kartenspiel von 36
ader weniger Blättern nur 80 Pf. (nicht 50 Pf., wie die Regierungs⸗
zorlage vorschlägt) und für jedes andere Spiel nur 80 Pf. (nicht
1M.) betragen soll. Von dem Zeitpuntte aß mit welchem das
Besetz in Wirksamkeit tritt — es ist dafür der nächste 1. Juli in
Aussicht genommen —, ist der Gebrauch von anderen als mit deck
Reichsstempel versehenen Spielkarten nicht weiter gestattet. Karien⸗
fabrikanten und Händler und Indaber öffentlicher Lolale haben bei
Vermeidung der in den 88. 12 und 14 verordueten Strafe ihren
Besammtvorrath an Spielkarten der Steuerkbehörde nach näherer
Vorschrift d.es Bundesrathes anzumelden. Auf die zu entrichtende
Reichsstempelabgabe ist der Beirag det von den nachzustempelnden
Karten bereits entrichteten landesgesetzlichen Abgabe abzurechnen.
Andere Personen können die beim Inkraftreten dieses Gesetzes in
hrem Besitz befindlichen ungestempelten oder mit einem geringeren
dandesstempel als dem Reichsstempel versehenen Sp'ielkarten inner⸗
halb einer dreimonailichen Feist bei der Steuerbehörde mit dem
Reichsstempel versehen lassen. Sie haben dabei in densenigen
Theilen des Bundesgebiets, in welchen keine Besteuerung der Sp'el⸗
arten bestand, die im 8 1 bestimmie Abgabe, im übrigen Bundes⸗
gebiete nur den etwaigen Mehrbetrag dieser Abgabe über die ent⸗
richtete Lardesstäuer zu erlegen. Ueber die Theilung des Ertrages
der Nachsteuer zwischen der Staatskasst und den Hossen der einzelnen
Bundesstaaten soll der Bundesrath entscheiden. Im Uebrigen soll
edem Bundesstaat 5 pCt. der in seinem Gebiete zur Erhebung
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gelangenden Stempelabgabe von Spielkarten an Erhebungs⸗ und
Berwaltungskosten vergütet werden.
Nusland. J
London, 17. April. Eine Spezialausgabe des „Echo“
rfährt aus guter Quelle: Graf Schuwalow gab heute Salisbury
zie befriedigendsten Versicherungen. Der Zufammentritt der Vor⸗
onferenz ist gesichert.
London, 16. April. Ein Telegramm der „Times“ aus
Wien von heute meldet, Großfürst Nikolaus werde nach Petersburg
urückkehren, nachdem er in San Stefano durch General Totleben
rsetzt worden sei. Dieser Wechsel werde als eine Maßregel der
Bersöhnung aufgefaßt.
London, 16. April. Die „Times“ meldet aus Peters⸗
hurg 15. April: Heute fand ein freundlicher offiziöser Meinungs⸗
iustausch zwischen den Kabineten von London und Petersburg
tati. Ersteres erklärte, es wünsche aufrichtig eine friedliche Lösung,
hmliege die Absicht ferne, den Unterhandlungen unnöthige Hinder⸗
nisse zu bereiien, es wünsche lediglich, daß der ganze Nerlrag dem
dongresse vorgelegt werde. Das russische Kabinet hält ebenfalls
in seiner früheren Haltung fest und weist auf Gortscakow's Pro—
nemoria hin als ein Beweis seiner Bereitwilligteit, selbst die Dis⸗
ussion der wichtigsten Vertragsbestimmungen zu gestatten. J
Wien, 16. Aprik. Die „Polit. Cotresp.“ meldet aus
Bukarest: Die Arbeiten zur Beseitigung der Hindernisse der Schiff⸗
rahrt auf der Donau sind vollendet. Zahlreiche Scheffe befahren
eteits den Strom an allen Stellen. Bratiano ist gestern in Bu—⸗
arest eingetroffen. — Derselben Correspondenz wird aus Kopen⸗
sagen gerüchtweise und unter Vorbehalt mitgetheilt, England hätte
n Stockholm Schritte gethan, um Schweden zu bestimmen, auf
ser Insel Faroe in der Ostsee die Errichtung e nes Stations⸗ und
Depotplatzes für die britische Marine event. zu gestatten.
Paris, 16. Apcil. Die Regierung beschloß, es dem kaiser⸗
lichen Prinzen nicht zu gestatten, während der Ausstellung nach
Paris zu kommen. — Die antirepublikanischen Blätter verlangen
jeute Aujschlüsse von der Repubkque Francaise“ über Gambelta,
da sie bei der Behauptung bleiden, derselbe sei nach Berlin gereist.
— Der französische Handel hat während der ersten drei Monate
1878 folgende Ergebnisse geliefert: Einfuhr 10,3813 Millionen
1877 in derselben Zeit 9074*6 Milltonen); Ausfuhr 711110
Millonen (1877 dagegen 77146 Mill'onen). — Aus Rom wird
Jjemeldet, der Papst Leo XIII. bereite ein neues Schreiben an den
Deutschen Kaiser vor.
Bermischtes.
pIn Zweibrücken machten fich in der Nacht vom
Sonntag auf Montag einige Unberukene das nicht ungefährliche
Vergnügen, einen im Schlachthause untergebrachten Fassel in den
Straßen de- Stadt spazieren zu führen. Die Polizei bekam Wind
yon der Sache und prolokvollirle den zweibeinigen Theil der Nacht-
vandlergesellschaft.
7 In der Nacht vom 17. wurde einem Metzterin Kaifers⸗
waut ern eiwa ein Centner Fleischwaaten gestohlen.
k Eine treue Dienerin ist vor Kurzem in Kaiser sSlau—
ern gestorben. Dieselbe, Caroline Bochle, hat seit dem Jahre
1845, also 833 Jahre dindurch, in dee Familse des königl. Kent⸗
eamten Herrn Hilger gedient. In einem ehrenvollen Nachtuf heßt
derr Hilger die unwandelbare Treue und Audänglichkeit der Ver—
torbenen an sein Haus hervor.
F. Der am 3. Jebrudr ds. Is. in Kaiserslautern gegründele
ßfälzische Jagdschutzverein hat seine Thatigkeit
ereits begonnen indenm er, besonders für die Feld., Wald⸗ und
Jagdschußbediensteten, folgende Bekanntmachung erließ, die jedoch
nehr oder weniger für Jedermann, besonders aber auch für Wild—
rethäudler und Wirthe von Interesse sein wird, da es sich der
zerein auch zur Aufgabe gemacht hat, dahin zu wirken, daß durch
Handhabung der bestehenden diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungeh