Full text: St. Ingberter Anzeiger

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AM 25. Dienstag, den 12. Februar 1878. 
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Deutsches Reich. 
München, 8. Febr. Der Finanzausschuß der Kammer 
der Abgeordneten hat in seiner gestrigen Abendsitzung über dit 
Deckung des nun auf 5 Millionen reducirten Deficits berathen. 
Es wurde beschlossen, unter Ablehnung der Erhöhung der directen 
Steuern die Erhöhung der Tax⸗, Stempel- und Erbschaftssteuer ꝛc., 
sowie die Einführung des Malzaufschlags für d'e Pfalz behufs 
Deckung des Deficits anzuempfehlen. Auf dieser Basis soll das 
Referat zunäast für den Ausschuß, der morgen wieder Sitzung 
hjalten wird, ausgearbeitet werden. Von liberaler Seite wurde 
zabei anheimgegeben, ob Seilens der Pfalz statt des Malzauf⸗ 
chlages ein entsprechendes Aequivalent geboten werden könne, da 
ie mit der Eiführung dieses Besteuerungsmodus in der Pfaljz 
zerknüpften Mißstände für den landwirthschaftlichen Betcied nicht 
jerkannt werden. Ob ein solcher Ausweg noch zu finden ist, bleibt 
ibzuwarten. (Südd. Pr.) 
Die Kammer der Reichsräthe hat am 8. d. den Etat der 
Forst verwaltung erledigt und bezüglich des Forststudiums den neuen 
Vermittlungsvorschlag der Staatsregierung einstimmig angenommen, 
daß Diejenigen, welche sich höherem Studium widmen wollen, 
aach zweijäbrigem Besuche der Foistlehranstalt Aschaffen burg noch 
einem zweijährigen Universitätsstudium obzuliegen haben. Nur 
solche Studirende lönnen Anstellung im böheren Forstdienste er⸗ 
langen. Mach den prinzipiellen Propositionen des Ministeriums 
wird die Oberförsterstelle die erste Stufe der höheren Forstver⸗ 
waliung bilden, und ist schon zu deren Erreichung der zweijährige 
Besuch der Universität geboten.) 
Berlin, 10. Febr. Ein russischer hochoffiziöser Peterd⸗ 
burger Bericht der „Politischen Correspondenz“ spricht sich höchst 
pessimistisch uber die Conferenz aus. Rußland werde sich keine 
Bortheile entziehen lassen. — Das „Tagblatt“ meldet aus Rom, 
»aß die nachgelassene Bulle des Papstes die Aufhebung des Veto— 
Rechtes Frankteichs, Spaniens und Oesterreichs enthält. Der 
Papst hat in seinem Testamente drei Millionen Rente seinem Nach⸗ 
jolger vermacht. — Bismarck wird motgen hier erwartet. — Die 
Ablehnung der Tabaksteuer in ihrer jetzigen Fassung gilt sür ziem⸗ 
lich sicher. 
Dem Reich Stage sind heule Sonntag an weiteren Vor⸗ 
lagen zugegangen: der Entwurf über die Erhöhung der Tabaks⸗ 
teuer, eine Denkschrift über die Ausführung des Münzgesetzes und 
über die Stempelabgaben in den Einzelstaoten, sowie eine Ueber⸗ 
sicht über die Entschließungen des Bundesraths hinsichtlich der in 
der letzten Session vom Reichslag gefaßten Beschlüsse und Reso— 
lutionen. 
Einer der autonomistischen Abgeordneien aus dem Elsaß 
hat sich an' den Reichskanzler brieslich gewandt und diesem die 
droßen Gefahren vorgestellt, welche der schon so sehr bedrängten 
elsässischen Industrie noch dadurch drohen, daß Frankreich im Begriffe 
deht, den Zoll auf die Einfuhr von Bier bedeulend zu erhöhen. 
Dadurch würden die Straßburger Brauereien, deren Biere vorzugs⸗ 
weise in Frankteich, namenilich in Paris getrunken werden, runirt. 
Der Reichskanzler hat dem betreffenden Abgeordneten datauf höfl ichst 
zeantwortet, daß er, sobald er nach Berlin zurückkehre, dieser An⸗ 
zelegenheit ernstliche Beachtung schenlea werde. 
Ausland. 
Wäen, 10. Febr. Gleich Frantreich entsendet auch Oester 
ceihh sofoct ein Geschwader nach Konstantinopel zum Schutze der 
dort ansfäfssigen österreichisch ungarischen Unterthanen. 
Wien, 10. Febr. Eine Berliner Correspondenz der hoch— 
affizidsen „Montags- Revue“ schreibt über die Ziele der russischen 
Bolitik; Rußland habe den Krieg nicht gegen die Türkei, sondern 
gegen die Machtstellung geführt, welche England schon jetzt am 
zinzigen Ausgaug des Schwatzen Meeres einnahm. Augenblicklich 
volle Kaiser Alexander ehrlich den Frieden. Innerhalb des Rahment 
»es Dreilaiserbundes habe Gortschaloff die Mission, einen Ausweg 
wischen dessen friedlichen Auschauungen und den nationalen Aspi 
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rationen zu finden. Dieser Umstand dürfte die Refusirung Wiens, 
owie jeder aundern großmächtlichen Residenz als Conferenzort be⸗ 
zründen, da Gortschatoff schwerlich an einer Conferenz theilnehmen 
vürde, auf welcher er nicht den Vorsit führen könnte, in Residenze 
tädten aber der Minister des Aeußern zu präsidiren pflegt. Ruß« 
and wird seine dominirende Stellung vor Konflantinopei voll und 
janz für Garantien einer ficheren Friedensausführung ausnutzen. 
Die Interpellation Bismarcks dürfie Mitte nächster Woche damit 
)eantwortet werden, daß nach wie vor der gute Wille aller deei 
Machte zur Aufrechihaltung des Dreikaiserbundes vorhanden sei. 
( D. M.Bl. 
Paris, 9. Febe. Die „France“ meldet, daß drei englische 
driegsschiffe vor Konstantinopel eingetroffen sind und den türiischen 
Behoörden angezeigt haben, sie hätten blos Befehl, für die Sicher— 
jeit der englischen Unterthanen zu sorgen. Die Maunnschaften wurden 
treng an Bord gehalten. 
Rom, 9. Febr. Die „Opinione“ meldet: Die Vertreter 
ser Mächte beim päpstlichen Stuhle sprachen dem Cacdinal Simeoni 
jegenüber die Hoffnuug aus, daß der Papst in Rom gewählt werde, 
vo die vollständige Freiheit der Wahl von der italienischen Regie— 
ung verbürgt werde. Simeoni erwiderte, dies sei auch die Absicht 
es heiligen Collegiums. Ener der Vertreter solle noch gefagt 
aben, der helige Stuhl solle nunmehr die feindselige Haltung 
jegen die Regierung aufgeben. Die „Opinione“ bemerltweiter, 
deir von Keudell sei von seiner Reçierung dahin instruirt worden, 
ich jeder Einmischung in die Wahl des neuen Papstes zu enthalten. 
— „Popolo Romano“ sagt, es scheine endgiltig entschieden zu sein, 
»aß das Conclave in Rom zusammentreten werdr. Die Eröffnung 
oslle am 17. ds. stattfinden. — Gestern wurde das Testament 
Zius' eröffnet. Dasselbe ist sehr kurz und ausschließlich kirchlichen 
znteressen gewidmet. Der Papst constatirt, daß die Bestrebungen 
eines ganzen Lebens dem Wohle des heiligen Stuhles gegolten 
ind empfiehlt der Kirche, während der Vacanz drei bereils nom— 
aft gemachte Kardinäle mit der Leitung der Kirche zu betrauen. 
Das Testament macht allgenrein einen sehr guten Eindruc. Gestern 
Ubend wurde ein Ministerrath abgehalten, welcher die nöthigen Die⸗ 
positionen getroffen hat, um die volle Freiheit des Conclabes zu sichern. 
Die Cardinäle aus den Provinzen beginnen bereits einzutreffen. 
Ronn, 10. Febt. Die italien sche Regierung traf aus An—⸗ 
laß des Conclave alle Maßtegeln zur Aufrechthaltung der Ord⸗ 
zung, die übdr gens wahrscheinlich gar nicht gestött wecden wird. 
Die beim Vatican beglaubigten Verltreter Frankreichs, Oesterreichs, 
Portugals und Spaniens haben häufige Conferenzen. Heute früh 
vurde der Leichnam des Papftes öffenilich ausgestellt. Der Beiuch 
var ungeheuer stack. Dem „Popolo Romano“ zufolge wurde der 
Beschluß, das Concladve in Rom abzuhalten mit großer Mehrheit 
gefaßt, nür 11 Stimmen seien dagegen gewesen. 
Florenz9. Febr. Als nach dem Requiem, welches für 
billor Emanuel abgehalten war, die Arbeitervereine wieder nach 
dause zurückkehrten, kam es zu Ruhestörungen, indem ein Indi⸗ 
»iduum eine Orsini-Bombe unter die Massen warf; es wurden 
sierdurch fünf Menschen verwundet. Der Thäter wurde verhaftet 
ind konnte kaum vor der Wuth der auf ihn eindringenden Menge 
zeschützt werden. 
RVermischtes. 
aiserztfautern, 9. Fedr. Der diesjäͤhrige pfäl⸗ 
ische Lohrindenmarkt findet am Dienziag den 12. März don Vor⸗ 
nittags 10 Uhr an im Hotel Karlsberg Statt. Zur Versteigerung 
tommen hiebei über 62,000 Ctt. Lohrinden. 
f Am 6. Febtuar ertranb in einem Graben vor Oggers⸗ 
deim eine Schirmhändlerin von Maßenberg. Dieselbe soll total 
detrunken gewesen sein. 
t Mainz, 10. Februar. Das Rochusspital steht seit he ule 
Motgen in Flammen. Der Enistehungsheerd deß Feuers war die 
benachbarle Wirthschaft zum Goltstein. 1Fr. 3.)