Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Aus Kaiserslautern wird die Ankunft der Schwal⸗ 
hen berichte. —E J 
FBei Neustadi stehen die Mandelbäume bereits in vol⸗ 
lem Blüthenschmucke. J 
Faus Oppau, 209. Marz, becichtet die Fr. 3.“: Gestern 
Morgen versank im Rhein in der Nähe des Canalhauses ein mit 
Steinen schwer beladenes Neckacboot; der Führer desselben, ein 30 
Jahre alter Mann aus Neckarsteinach, bat in den Fluthen des 
Rheins seinen Tod gefunden. Der Berunglüctte Linterläßt 6 un⸗ 
versorgte Kinder. Zwei Schiffsstnechte, die sich in einem anhaängen⸗ 
den Schleppnachen besanden, vermochten sich dadurch zu retten, daß 
sie schleunigst das verbindende Seil kippten. 7 4 
»F. Edenkoben. Daß das Schießen mit den kleinen 
Schrotkugeln, wie es auf Jahrmärlten in den Schießbuden geschieht, 
nicht immer so ganz ungefährlich ist, beweist ein Vorfall, der vor 
einigen Tagen hier vortam:, eine solche Kugel prallte ab und 
drang einem Kinde unter dem Auge ins Fleisch; nur unlter Zu⸗ 
ziehung eines Arztes war es möglich, dieselbe zu entjerncn. Wate 
die Kegel eiwas höher eingeschlagen. so wäͤre gewiß der Verlust 
des Auges zu beklagen gewesen. (Gzt). 
pSpeiser. Das k. Corsistorium ertäßt Folgendes: Am 19. 
April laufenden Jahres sind es gerade 350 Jahre, daß sechs Für⸗ 
sten und 14 freie Städte des deutschen Reiches gegen den für das 
rvangelische Bekenntniß so verderblichen Beschluß des Reichstages zu 
Speyer jene Protestation urnterzeichneten, von welcher unsere Kirche 
einen ihrer bedeutungsvollen Namen trägt. Es hat daher der 
Retscherverein, welcher die Aufgabe sich gesiellt hat, dieses weltge⸗ 
schichiliche Ereignitz durch ein Denlmal in Spiher zu verherrlichen, 
den Wunsch ausgesprochen, es möchten die prot⸗stanuschen Geistlichen 
der Pfalz in der am 20. April 1. Is- zu halienden Sonntagspre⸗— 
digt auf jene Glaubene- und Gewissensthat der Väter entjprechenden 
Bezug nehmen und diese Gelegenheit benützen, um ihre Gemeinden 
auch für die Errichtung des genannten Denkmals immer mehr zu 
gewinnen. Indem die unterfertigte Stelle von diesem Wunsche des 
Ausschusses des Reischervereins den protestantischen Pfarrämt rn an⸗ 
durch Kenntniß giebt, thut sie es in der Ueberzeugung, daß die 
Weisilichen gerne bereit sein werden, dem ausgesprochenen Wunsche 
zu entsprechen und die für die ganze prolestantische Kirche bedeut⸗ 
same Absicht des Reischervereins nach Kräften zu fördern ⁊c. Glaser. 
7 Jun Sachen der Wiederbelebung der Innungen hot der Köl⸗ 
ner Gewerbeverein in einct neulichen Sitzung folgeude Resolulion 
erlassen: „Wir sind der Ansicht, daß durch vereinte —A 
die Interessen des Gewerbe⸗ und Haudwerkerstandes besser gefö dert 
werden können als bisher, daß dies aber im Rahmen örilich be⸗ 
grenzter Vereine geschehen müsse; daß diese Vereinigung jedoch vicht 
nuf der Basis einzelner Handwerts⸗Innungen ersolgen dürfe, indem die⸗ 
selben ihrer Natur nach nicht das allagemeine Juleresse des gesammten 
Gewerbestandes zu lördern in der Lage sind, sondern durch Ver⸗ 
folgung von Sonderinteressen bald in Meßkredit gerathen würdn; 
daß ferner jeder Beitriuszwang in, diesen Vereinigungen ausge⸗ 
schlossen sein solle, da dieselben sich vortheilhaft nur freiwillig kon— 
stituiten dürften, daß eine aus freier Wahl aller Gewerbetreibenden 
herdorgehende Gewerbelammer das wünschenswerthe Organ zur 
Verlreiung der Gesammtmieressen des Gewerbestandes sei, welchem 
Organ eine Mitwitkung bei Erledigung aller, das Gewerbe betref⸗ 
senden Fragen durch die Gesetzzgebung zugesichert werden müsse.“ 
Bezüglich der Innungen hat sich der Gewerbeverein in Kai 
ferslautern in seiner Sitzung am vorigen Samstag dabin 
ausgesprochen, daß dieselben an uͤch, aichtig geleitet, ersprießlech wirken 
dnnen, voraussichtlich, daß der Grundsatz der Gewerbefre heit und 
der Freizügigkeit gewahrt bleibt, die persönliche Freiheit der Ge⸗ 
werbsgenossen uicht übermäßig beschräntt wird und diesen nicht zu 
große VLasten auferlegt werden; daß aber im jetzigen Zeitpunkt und 
dei den j tzigen Verbälin ssen der Gewerbebercin es nicht passend 
erachtet, seinerseins in dieser Richtung thätig zu sein, daß er es je⸗ 
doch mit Freuden begrüßen würde, wenn cuuztlne Gewerbszweige 
von sich aus Innungen errichten wollien. 
'In St. Johann wurde am Dienstag ein junger 
Mensch derhaftet, welcher dis Hausknecht im August v. J. den In⸗ 
halt eines ihm dort zur Absendung nach hier übergebenen Geld— 
brieses unterschlug und sich seitter den Nachstelungen der Polizei 
zu entz ehen gewußt hatte. 
pWürgb'urg. Die „Würzb. Presse“ schreibb: Irde 
Wache hatte seicher eiae Anzahl scharfer Patronen. Es wurde 
nun jüugst angeordanet, daß dieselben nicht mehr wie bisher offen 
zum Gebrauche der Mannschaft daliegen, sondern daß sie in einem 
bersieg˖lten Paqueie dem Commandanten überwiesen werden, welcher 
dann im Bedarfsfolle sie zu vertheilen hat. 
— 
Frau ihr eigenes Kind auf eine schreckliche Weise verbrannt, indem 
fie deim Kochen, wahrscheinlich in großer Zerstreutheit, das arme 
Aind in ein Gesfaß mit siedend heißem Wasser hineinsetzte. 
ürrburae Bekanntlich hatte der Stadtmaaistrat im 
»origen Herbst die Bierpressionen als gesundheitsschädlich verboten 
and d'ese ortepolizeiliche Vorschrist war auch von der Kreisregie⸗ 
eung als vollziehbar erllürt worden. Dagegen batten 23 hiesige 
Bierwirthe Beschwerde eingelegt, indem sie behaupteten, die Prej⸗ 
jonen seien nicht an sich schädlich, sondern es komme auf ihre Ein⸗ 
richtung und die Art ihrer Benützung- an. Die Kreisregierung 
orderse nun von dem unlserfränkischen Obermedicinalcomitee ein 
Butachten. Dieses sprach sich unterm 21. v. Mis. dahin aus, 
daß 1) nach den eigenen Erfahrungen der Mitglieder des benann⸗ 
sen Comile's das Bier in den Pressionen zur heißen Jahreszeit 
nach den Preisionsröhren rieche und schmecke, und daß der Geruß 
des Bieres aus den Pressionen mitunter Ekel Empfindung errege, 
jerner 2) der Att und Weise des Bierqusschankes bei der allge⸗ 
me'nen Verschlechterung des Bieres verdoppelte sanitäre Aufmerk⸗ 
amteit zuzuwenden sei, daß ferner 3) die behauptete läugere Zu⸗ 
rückhaliung der Kohlensäure im Bier durch die einfachen Pressionen 
nicht statrfinde, vielmehr bewirkt werde, daß ein Drittheil des Faß⸗ 
inhaltes als schales, adgestand⸗nes Bier zu Tage trete; ferner 
Y bei Anwendung von Kodlensfäure als Druck abe statt der 
nimosphärischen Luft zur Etzeugung der ersteren nur völlig reine 
Salzsaͤure erforderiich sei, welche wegen des höheren Preises von 
»en Pressionsbesitz ru nicht benützt werden würde; endlich 5) d'e 
Toutrole über die nothwendige Reinhaltung der Schläuche oder 
Rohre bei der einen, wie bei der anderen Pressionsmethode, resp. 
die Bescheffung eines brauchbacen Leitungésmateriales überhaupt 
nicht möglich sei, weil Rohre von englischem Zuunn, welche als die 
möglichst unschadlichen bezeichnet und deshalb meistens zu den Prej⸗ 
fionen verwe: det würden, dem Bier Geruch und Geschmach mit⸗ 
cheilen, Kauischukrohre aber absolut unzulassig seien. Das Gut⸗ 
achten gelaugt zu dem Endresultat, daß völlig reine Bier-Prefsionen 
nicht hergestellt und nicht controlirt werden flönnten, unreine Pres⸗ 
sionen aber als gesundheitsschädlich zu erachten seien. Die Kreis⸗ 
regierang ist daher der Ansicht, daß eine unschaͤdliche Handhabung 
der Prefsionen, selbst wenn alle Bedingungea einer solchen dorlägen, 
ohune ununterbrochene und nachdrückliche polizeliche Controle keines⸗ 
jalls zu erwarten sei, daß aber eine solche Coatrole gar nicht durch⸗ 
Jeführt werden könne, und sie hat daher die Beschwerde jener 22 
Wirihe abgewiesen. —— 
Gorfeigen auf Kommando.) Der bayerische Seconde⸗ 
cieulenant Rudophe Frhr. Schenk v. Geyern wind sich, wie die 
Raürnd. Presse“ mitthe lt. demnächst vor dem Militärbezirlsgericht 
Würzburg wegen brutaler Behandlung seiner Untergebenen zu ver— 
7alworten haben. Er ließ nämlich einzelnen Soldaten, um sie zu 
trafen, von ihren Nebenmännern Ohrfe gen geben, und wenn nach 
iner Meinung der mit der Exekution Betraute nicht drastisch ge⸗ 
aug vorgegangen war, wurde auch er bestraft in der Weise, daß 
)er von ihm sauft Behandelte ihm die Ohrfe gen zurückgeben mußte. 
Auch eine Art von Sp'eßruthenlaujen führte Heir Schenk v. 
Beyhern wieder ein; er siellte nämlich seine Leule in zwei Reihen 
d Zeringem Abstande vor einander auf und ließ den Delinquenten 
Zie enge Gasse passicen, wobei er von jedem Manue der Re he nach eine 
Ohrfeige erhieit. Es hat auf diese Weise ein Mann die respec⸗ 
able Zahl vo: 36 Odrfeigen erhalten. Daß diese Execution 
ängere Zeit fortgesetzt werden kounte, erklärt fich nur daraus, daß 
)reraetige Ex cutionen nur dann vorgenommen wurden, wenn der 
heit. Leutenant als einziger und oderster Befehlshaver am Platz 
wat, und daß keiner der Leute sich zu beschweren wagke. Duich 
Inen in der Nähe wohnenden Ciwilisten wurde die Sache dem Di⸗ 
zifions Kommando angezeigt, worauf Schenk v. Geyern, der sich 
pen auf Kommandod sin Lichtenau befand. sofjort juependirt und 
auh gegen die nächsten Vorgesetzten desselben, den Compagnieche! 
und den Batai ons Kommandanten, disz'phnär vorgecangen wurde. 
Demnächst kommt eine türkische Kommission nach Essen 
(Keupp'sche Werke) unler Führung des Artillerie Generals Hoci 
Schubar Pascha. Letzterer heißt mit seinem Geburtsnamen Ma 
o. Bonin. Derselbe wurde als Sohn des Staatsministers a. D. 
b. Bonin auf Schloß Detzel bei Neuhaldensleben, der ehemaligen 
d. Boniu'schen Besitzung, geboren. Max v. Bonin trat 1854 beim 
26. InfeKeg. ols Avantageur ein, verliß ledoch bald den Diens 
ind ging rach der Türkei. 
In Rixdorf dei Berlin sind etwa 30 Personen an 
Trichinosis erkrankt, von denen jedoch bis jetzt Nieemand der Krank— 
Jeit erlegen ist. Die meisten der Vetrofsenen haben sich die Tri⸗ 
hinosis durch Genuß von gehactem rohem Schweinefleisch zuge⸗ 
—XR 
Der Welstadt Berlin sind doh noqhh so manche Stadi⸗ 
im deutschen Reiche — weniastens im Postverkehr — über. Einer 
»om Generalpostamt neuerdings aufgestellie Statistit fur das Jaht 
1877 gibt hievon schlagenden Beweis. Unter den 39 größeten 
Ztadten, welche in dieser Statistik aufgeführt sind, haden die drei 
zroßen Handelsstätte Frankfurt a. M., Leipzig und Hamdurg die 
erhältnißnaßig größte Porto Einnahme erzielt. Auch durch Mann— 
ain Bermen Kom, Sieuin und Karlsruhe wird Berlen bei leiner