Full text: St. Ingberter Anzeiger

rartenfleuergesetzes und 80 Kartenspieler mit je 500 resp. 80 M. 
Sirafe belegt wurden, bildet jolgender Foll: Das Gesetz, belreffend 
den Gewerbebelrieb im Umherziehen, trat am 1. April l. Is. in 
Bahern in Kraft. Ein badijcher Getreidehandlet iraf am 31. 
März l. Is. in der Pfalz ein und verkaufte am diesem Tage da⸗ 
selbsi auch einige Säcke Gerreide. Folgenden Tags bot er solche 
nun auch aus, wurde aber dabei von der Gendarmerie ertappt und 
auf Grund des Haufirgesetzes von dem Rentamt N. N. beanzeigt. 
Unser Badenser, der jedensalls im guten Glauben mit seinem An⸗ 
gebote handelle, wurde pldtzlich mu einem Strafbescheid von 380 
Ht. isberrascht. An diesen Beijpielen kann man ersehen, in welcher 
Schaͤrfe unsere neuen Steuergesetze gehandhabt werden und wie Vor⸗ 
sicht hier am Plaze sei. 
7 Seit Sonntag Abend werden in Spey err zwei auf dor⸗ 
tigen Bureaus beschaftigte junge Leute vermißt, die, nach einem 
zurückgelassenen Brief zu schließen, im Rhein ihren Tod gesucht 
haben. 
Saarbrüchen, 8. Ma'. Ein schweres Unglück hat 
heute Nachmittag einen Lehrer hierfelbst betroffen. Die Ehefrau 
desselben ging heute Nachmittag zw'schen 2 und 3 Uhr mit ihrem 
Zjährigen Söhncheun vor ihrer Wohnung, Thalstraße 27 hierselbst 
auf dem Banket spazieren, als plötzlch ein Lothringer Fuhrmann 
dus Kerbach, Kreis Forbach, mit einem eiuspännigen Wagen im 
schnellsten Trabe herangefahren kam. Der Fuhrmann hatte durch 
uberaus schuelles Fahren sein Pferd nicht mehr in der Gewalt, und 
so tam er mit seinem Fuhrwerk von der eigentlichen Fahrstraße ab 
und auf die eine Seite des Bankets, wo die Frau mit dem Kinde 
war, welches überfahren wurde. Das linke Rad exrfaßt es und 
beide Räder gingen über Kopf und Brust des Kindes, es eine kleine 
Strecke mit fortfchleifend. Das Kind starb Abends 8 Uhr in Folge 
der erhaltenen Verletzungen. (Saarbr. Ztg.) 
7 Der „Hag. Zig.“ zufolge wird das Schleißthal⸗ 
Weißenburger Pferderennen in herkömmlicher Weise am 
—X jedoch wird 
dasselbe von nun an von dem neugegründeten elsaß⸗ lorhringischen 
Pferdezuchtverein veranstaltet werden. 
Saargemund. In Folge Besuchs höherer Thier⸗ 
arzte aus Stroßburg und Würzburg haben dem Vernehmen nach 
die hiesigen bayerischen Chevaurlegers wiederum 6 Pferde verloren. 
Dieselben mußlten als rotzverdaͤchtig abgethan werden. Diesem 
Verdachtsmoloch opfert der Trappentheil nun seit 8 Jahren nicht 
mit auffallender Begeisterung, wie leicht zu begreifen. Die Schulb 
un der Seuche, deren Identitat mit dem eigentlichen Rotz jedoch 
beharrlich in Abrede gestellt wird, schiebt man auf die Stallungen, 
namentlich in einem Flügel der Caserne, wo dem Gerücht nach zu 
französischer Zeit sogar unter den Mannschaften typhusartige Krank⸗ 
heiten so regelmäßig auftraten, daß man die Raͤume gänzlich auf⸗ 
gab. (Straßb. 8.) 
dDas Scoffengericht in Homburq hat in einer Klage⸗ 
sache entschieden, daß in der Aeußerung, Jemand gehdre der social⸗ 
demotraßschen Partei an, eine Ehreukränkung liege, und den Au⸗ 
gellagten in eine Geldstrafe von 80 Mt. verurtheilt. 
FeAus Nürnberg hört man, daß die Negergesellschaft, 
welche daselbst am Stadttheater en deuischer Sprache „Onkel 
Tom's Hütte“ aufführt, eine so gewaltige Zu, kraft ausübt, daß 
selbst die jetzt arrangitten Nachmittags⸗Vorstellungen bei woral aus⸗ 
verkauftem Hause stattfinden. Von Nürnberg begiebt sich die Ne⸗ 
gergeselljschaft nach München, wo sie bis 15. ds. im kal. Theater 
am Gärtnerplatz gastirt und dann nach Augasburg (Staditheater) 
übersiedelf. 
Mäanqcen, 7. April. Föür die Ausstellung in Mel ⸗ 
bourne haben sich aus Oberdayern bei der Handels- und Gewerbe— 
sammer zwar nur 12, aber die hervorragendsten Industriellen an⸗ 
gemeldet. 
Wie in wohlunterrichteten Kreisen verlautet, hat Kronprinz 
Friedrich Wilhelm die bayerische Regierung um die Wahrung des 
fürengsten Incognito während seines hiesigen Aufenthaltes gebeten 
und in Rüdsicht hierauf jedes auffällige Anerbieten dankend abgelebnt. 
x Auf der Eisenbahnstrecke zwischen Capellen und Neuß ereig⸗ 
nete sich vor einigen Tagen ein Fall, der neuerdings zeigt, wie 
gefähtlich es ist, Kinder während der Fahrten in den Wagen an 
den Thüren stehen zu lassen, der zugleich aber die controlirenden 
Zugbeamten iehren wird, wie nöthig es ist, daß sie, bevor sie die 
Thüren des Waggons öffnen, den belreffenden Passagieren dies 
durch Klopien, auf die Fensterscheibe etwa, auzeigen. Auf bejsagter 
Strecke nämlich stürzte, als ein Schaffner waährend der Fahrt 
plötziich de Thür eines Coupees öffnete, ein sechtjähriges Mädchen 
hinaus aus dem Wagen; der Beamte fing das Kind zwar mit 
dem Arme auf, gerieih aber zugleich in die Gefabr, mit der Klei⸗ 
nen vom Teitibreti hinabzufallen. Man kann sich die fürchterliche 
Siluation der im Wagen sitzenden Fahrgäste denlen, welche so 
zwei Menschenleben zugleich in der schredlichssen Gefahr schweben 
jahen. Zum Gluck gelang es dem Schaffner, der dadurch, daß er 
a dem Augenblicke, wo das Kind in seine Arme fiel, sich mit der 
anderen Hand so fest an dem Wagengriffe hielt, daß er oat 
Hleichgewicht nicht verlor, die Kleine wohlbehalten in den Wage 
urückzuschieben. „Wir alle aber, die im Wagen saßen“, so er⸗ 
zählte uns einer der Passagiere, „waren todtenbleich, eben so der 
Zeamte, und noch zwei Siunden, nachdem der Fall sich ereignele, 
jonnte ich nicht aus dem Zittern kommen.“ 
Sonderbares Vergehen. Aus Wattenscheid, 30. April, 
chreibt die dortige Zeituag: Gegen einen Anwohner hiesiger Stadt 
vird demnächst die Königl. Staatsanwaltschaft vorgehea. Dersel be 
tiefette einigen Nachbarn von seiner Kuh die Milch, wobei er, wie 
sich herausgestellt hat, lüchtig aus der Wassrleitung zufüllte. Ein 
eines Kind, bekam von dieser Milch seine einzige Nahrung, ist 
aber in Folge der bedeutendsten Falschung und der wenig nährenden 
Ztoffe aus fraglicher Misch nah langerem Siechthum gestorben. 
dierauf hin soll gegen den Milchlieferanten ein Strafantrag wegen 
ahrlassiger Tödtung gestellt sein. Auf den Ausgang der —X 
darf man sehr gespannt sein. 
F Von den meht als 49 Local ˖ Gewerbe Vereinen des Groß⸗ 
herzozihums Hesssen haben sich nur 3 kleinere Vereine für die 
cinführung des Innungszwanges ausgesprochen. 
Id uebertingen' wucde am 5. d. eine Riesenfor:lle 
im Gewicht von 30 Pfund gefangen. 
Wie dem „N. B. B.“ mitgetheilt wird, ist ein großer 
Theil des Marktes Bruck bei Nittenau letzten Sonntag Nachts ein 
staub der Flammen geworden. 42 Häauser sollen vollständig ab⸗ 
Jebrannt sein, darunter der Pfarrhef und das Rathhaus, Kirche 
uind Schulhaus blieben verschont. 
Puiaferbarmersbach. Unglaublich, aber wahr! ruft 
der „O. B.“ bei Mittheilung des Folgenden: Die Steuerbehörde 
jat der hiesigen Gemeinde die einzige Feuerspritze gepfändet. Wie 
s aussieht, wenn es brennt, ist schwer zu sagen. Geld ist in der 
Hemeindekasse, aber der Redner ist ohne Dekretur nicht in der 
dage, Gelder verausgaben zu können, und so scheint eben nur eine 
dässigkeit an dieser Blamage schuld zu sein. 
F Ds8bein. Welch abscheulich dumme Witze von lei chisin⸗ 
aigen oder boshaften Menschen verübt werden, das beweist ein hier 
ꝛürzlich vorgekommener Fall. In der letzten Montagsnummer der 
Dresdener Nachrichten“ findet sich eine voa hien eingeschickte Todes⸗ 
anzeige, in welcher die „tiefbetrübten H'nterbliebenen? den Tod eines 
ziefigen Fleischers anjseigen und das Begräbniß für letzten Mittwoch 
ansehen. Infolge dessen erhält die Famil'e eine Menge Trauerkarten 
und Todtenkranze. Mittlerweile wandelt der „Todte“ noch ganz 
seisch und munter unter den Lebendigen — und die Todesnachrich 
eilt sich als der schlechte Witz eines Dritten heraus. 
In Eislheden hat ein Postbeamter von dem Birubaum 
in seinem Garten goldene Früchte geeratet; sie hingen aber nich 
un den Zweigen, sondern in den Wurzeln. Er fand beim Aus 
soden des Boums Goldmünzen im Werth von 27,000 Mark. 
FBerlin muß recht biele abenteuerlustige Einwohnet zaͤh⸗ 
len, denn wie die „Kreuzzeitung“ mittheilt, ist Prinz Alexander 
von Battenberg in den wenigen Tagen seit seiner Wahl zum Für⸗ 
sten von Bulgarien mit einer solchen Fülle von Anstellungẽg⸗fuchen 
ꝛc. zum'ist aus Berlin überfluthet worden, daß derselbe erforder⸗ 
lichen Falles fast sämmtliche Militdr⸗ und Cwilstellen in gan z Bul⸗ 
zarien von Beilin aus zu desehzen im Stande wäre. 
Ein dor drei Wochen verstorbener Berliner Namens Splitt⸗ 
zerber hat seiner Vaterstadt ein Kab tal von 150,000 Mark ver—⸗ 
macht zur Begründung und Unterhaltung eines Hospitals für in⸗ 
palide und altersschwache Arbe ter und Handwerker.“ 
4— Friseur:-Kongreß. Am 14., 15., 16. Juli d. J. findet 
in Ber din der siebente Kongreß der deuischen Friseuf⸗ Genossen⸗ 
chaft statt. Mit dem Kongreß wird eine große „Haar und Be⸗ 
harfsArlikel-Ausstellung“ sowie ein großes „Preis⸗Frisicen“ ver⸗ 
nüpft sein. 
7 uUm seinen Stammgästen den Frieden beim Bier zu wahren 
zak der Wirlh eines von dem saliden Bürgerstande start besuchten 
Ferliner Lokals über den Siammtisch folgendes Warnungs Plalat 
inbringen lassen: „Wer hier am Tisch für Squtzzoll spricht — 
Fur Freihandel eine Lanze bricht — Uad sich m Volkswirthschaft 
versucht — Der sei verflucht! — Wer dennoch dies Gesttz herletzt 
—Dem wird ein „Stiefel“ vorgesetzt — Daß er auf Kosten 
jeiner Kasse — Ihn unverzüglich füllen lasse!!“ 
f Gegen den Vertried von Geheimmitteln tritt jetzt das Be r⸗ 
linner Poltzeipräsidum recht wirlsam auf, indem es —A 
iber den Werth, oder richtiger, Unwerth dieser Mittelchen den 
Zeitungen zugehen läßt. „Eine Annonce — so lautet die neueste 
ʒerartige Pablitation — findet sich jetzt vielfah in den Zeilungen, 
'n welcher unter Hinweis auf ein daneben gesetztes blühend aus⸗ 
chendes Frauenbitd graines de beaute de Dr. Penelle in Paris 
zum Preise von 8 Mark die Schachtel mit dim Bemeiken ausgeboten 
verden, daß der Genuß der Plllen ebenso blüh nde Fotmen, wie 
Figura zeigt, schon nach kurzem Gebrauch herstelle. Dem —X 
nehmen nah hat auf Veranlassung des Poligeiprasidii esne chemische 
lütersuchung der Biln stautgeiunden und erqgeben, daß die mit