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A 95.
Dienstag den 17. Juni
ig
Deutsches Reich.
Berlin, 14. Juni. In Bundesrathskreisen wird die An⸗
gabe, die Reichsregierung wolle die Doppe lwahrung einführen, be—⸗
sritten; doch wird im Bundesraih demnächst ein Antrag auf Ver—
wehrung der Silbermünzen gestellt werden, da nach Ansicht mehrerer
Regierungen nach Einziehung der Thaler ein großer Mangel an
Silbermünzen sich herausstellen wird.
Berhin, 14. Juni. Der „Reichsanzeiger“ veidffentlicht
einen Erlaß des Kaisers und der Kaiser'n, welcher hervorhebt, wie
die Begehung des 50jährigen Vermählungs-Jubiläums in ganz
Deutschland und weit hinaus über dessen Grenzen zu Festtagen von
allgemeiner Bedeutung sich gestaltet und mehr als je kandgegeber,
von welcher Liebe und Anhänglichkeit das deutfche Volk für seinen
Kaiser und dessen Haus erfüllt sei. Der Erlaß gedenkt des tiefen
Eindrocks, welchen die beglückwünschenden Huldigungen in mannig⸗
fachster Form und die Begründung des über das gesammte Reich
sich erstreckeenden Netzes von Stiftungen zu dauernden Zwecken der
Humanität hervorgerufen, wodurch die mit besonderer Wärme von
dem Kaiserpaar gehegten Wünsche ihre Erfüllung erhielien und
allen Nahen wie Fernen für ihre Aufmerksamkeiten dankt. Der
Reichskanzler ist beauftragt, diesen Erlaß sofort zu veröffentlichen.
Berlhin. Während über den Spruch des neuen Kriegsge—
richts in Sachen des „Großen Kurfürst“ nichts verlautet, wird jeßzt
bekannt, wie das Erkenntniß des ersten Kriegsgerichts ausgefallen
war. Von den drei unter Anklage Gestellten, dem Geschwaderchef
Baisch, dem Grafen Monts und dem Deckoffigier Klausa, waren die
beiden Erstgerannten freigesprochen und nur der Letziere zu einer
mehrwöchentlichen Arreststrafe verurtheilt worden. Auf Grund eines
Gutachtens, welches über dies Urtheil das Beneralauditoriat an
den Kaiser abgab, erfolgte die Verwerfung des Erkenntnisses und
die Einsetzung eines neuen, aus Officieren der Armee bestehenden
seriegsgerichts. Das Generalauditoriat haite in seinem Gutachten
aus gesprochen, daß- nach Laze der Dinge die Ertlassung der drei
Angeklagten aus dem Dienst geboten sein würde.
Das Verfassungsgesetz tüür Elsaß⸗Lothrin⸗
zen soll nach der Absicht der Reichsregierung am 1. August in
eraft sreten. In Straßburg werden bereits die nöthigen Vorbe⸗
reitungen zum Empfang der neuen Behörden getroffen. Der Statt⸗
halier Feldmarschall v. Manteuffel wird in der Präfeltur Wohnung
nehmen, in welcher der Kaiser zuletzt in Straßburg logict hai und
auch in diesem Herbste wieder zu wohnen gedenkt. Für die Siß—
ungen des erweiterten Landesausschusses wird die Mairie in Straß
burg hergest UIt. Als sicher gilt, daß der Unterstaatssekretär Herzog
als Staaissekreiär, der Reichstagsabgeordnete Generaladvokat v.
Puttlammer als Unterstaatsselretär der Justiz nach Straßburg geht;
zum Unterstaatssekretär für das Innere soll, wie verlautet, der im
Reichskanzleramt für Eisaß Lothringen beschäft'gte Geheime Ober-⸗
Regierungsrath v. Pommer⸗Esche, der Schwager des Staatsminisiers
Delbrück, ernannt werden. Der Reichslanzler wünscht, als weiteres
Mitglied der in Straßburg zu etablirenden Regierung einen einge⸗
bornen Elsässer zu gewinnen. Wegen eines solchen Eintrit!s in
die Regierung haben mit dem bekannten Apoiheker Klein in Straß⸗
burg, dem Vorsigenden des unterelsässischen Bezirkstages, Verhand⸗
lungen stattgefunden, die sich jedoch zerschlagen haben sollen, da
Herr Klein nicht gewillt zu sein scheint, dem an ihn ergangenen
Rufe Folge zu leisten. Mit der Einführung des neuen Verfassungs⸗
gesetzes in den Reichslanden wird auch ein großer Umschwung in
den dortigen Preßverhältnissen eintreten. Wie wir hören, beab⸗
sichtigen die Protestler ein großes Blatt in Straßburg, die Aulo⸗
nomisten ein solches in Metz zu begründen. Man rechnet mit Be⸗
stimmtheit darauf, daß der Statthaller v. Manteuffel der Begrür⸗
dung eines Blattes, auch durch die Protestler und die Klerikalen
gegenüber, keine Schwierigkeiten in den Weg legen wird.
Ausland.
Aus Petersburg wird jett verschiedenen Blätiern ge⸗
hrieben, der Czar habe die Reise nach Berlin aus Furcht vor den
Nihilisten unterlassen, die Berliner Polizei sei den Vorbereitungen
zu einem Attentat gegen ihn auf die Spur gekommen. Allem An—
—
schein nach haben wir es jedoch nur mit einer Conjunclur Solcher
zu thun, welcher der officiosen Versicherung, daß er nur wegen der
Erkrankung der Großfürstin Marie Paulowna sein Erscheinen zu
dem Berliner Freudenfest abgesagt habe, nicht Glauben schenten wollen.
Schwurgericht der Pfalz.
Bei der am 16. d. Mis. (geslern) unter dem Vorfitze des k. Ap—
pellationsgerichtsrathes Schuler begounenen Session des pfäl⸗
jischen Schwurgerichts pro U. Quarlal 1879 kommen folgende
Fälle zur Aburtheilung: 1) Montag, den 16. Juni, Vormit⸗
taga 8 Uhr: Verhandlung gegen Aulon Wen zel, 20 Jahr
alt von Ramstein, wegen Körperverletzung mil tödtlichem Ersolge.
2) Dienstag, den 17. Juni, Morgens 8 Uhr beginnend und am
iolgenden Tage: Verhandlung gegen a) Anna Maria Ipser, 47
J. alt, von Donsieders wegen vorsätzlicher in betruͤgerischer Absicht
derübter Inbrandsezung von Waaren und b) ihren Ehemann den
Bildweber Johanues Kohlmayer, 51 J. alt, ebenfalls von
Donsieders wegen Anstiftung zu diesem Verbrechen und Betrugsver⸗
suchs. 3) Donnerstag, den 18. Juni, Morgens 8 Uhr beginnend
und den folgenden Tag: Verhandlung gegen Georg Paul Lein—
zeber, 35 J. alt, Müller in Walsheim, Kanlons Landau, wegen
Brandstiftung und Betrugs. 4) Samsiag, den 21. Juni, Morgens
3 Uhr: Verhandlung gegen Thomas Moriso, 42 J. alt, Winzer
uind Adjunkt in Raaschbach, Kanlons Landau wegen vorsätzlicher
Brandstiftung. 5) Montag, den 23. Juni, Vormittags 8 Uhr und
den folgenden Tag: Verhandlung gegen Christian Thomann,
pegen vorsaätzlicher Brandstiftung, vorsätzlicher Koͤrperderletzung und
Bedrohung. 6) Mittwoch, den 25. Juͤm, Morgens 8 Uhr: Ver—⸗
jandlung gegen Jakob Schüler, 18 J. au, Schreinergeselle
on Speyer wegen Mords. 7) Donnerstag, den 26. Juni, Morgens
3 Uhr: Verhandlung gegen Johann Balima nun, 26 J. alt,
Maurer auf dem Weinbrunnerhof bei Otterberg, wegen Körperver⸗
etzung mit nachzefolgtem Tode (verübt au seiner Fran). 8) Freitag,
deu 27. Juni, Morgens 8 ühr: Verhandlung gegen 3) Jakob
denhart, 53J. alt, Bäcker von Edenkoben, wegen betrügerischen
Bankerotts, und b) G⸗org Becker, 81 J. alt, Metzger von Ven⸗
ringen, zuletzt in Edenkoben, wegen Beihilfe hiezu. 9) Samstag,
den 28. Juni, Morgens 9 Uhr, Verhandlung gegen Barbata
Sprenger, 35 JJalt, ledige Tagnerin, von Lug bei Ann⸗
veiler, wegen Kindsmords. 10) Verhandlung gegen a) Peter
dennel, 63 J. alt, Ackerer, und b)y dessen Ehefrau Philippine
Forster, 59 J. alt, beide von Otterbach. wegen vorsäatzlicher
Brandstiftung in gemeinsamer Ausführung, e) dessen Schwiegersohn
Johannes Gehm, 34 J. alt, Diensilnecht in Otterbach, wegen
Btandstiftung, und d) dessen Sohn Franz Kennel, ledig, 82 J.
alt, wegen Beihilse zur Brandstifiung.
Zweibrücken, 16. Juni. Verhandlang gegen Anton Wenzel,
20 Jahre alt, Tagner von Ramstein bei Landstuhl wegen Koörperverletzung
mit tödtlichem Erfolge. Vertreter der nk. Staatsbehörde: Stactsanwali
Petri, Vertheidiger: Anwalt Gebhard.
Am Abend des 29. April abhin saß der Angeklagte nachdem er am
Morgen desselben Tages der Ausloosung der Wehrpflichtigen in Homburg
eigewohnt hatte. in der Hene'schen Wirthschaft zu Ramsiein in Gesellschaft
nehrerer Kameraden. Der ledige Schustet Adam Fendler von Ramstein
'am um halb 10 Uhr ebenfalls dahin und gerieth hier mit dem Angeklagten
in einen Wortstreit, der jedoch von keinerlei Bedeutung war. Als Feier⸗
abend geboten war, verließen sämmtliche Vurschen die Wirthschaft. Fendler
trat in Begleitung eines gewissen Noll ebenfalls heraus und traf auf der
Straße auf den Angeklagten und einen gewissen Peter Heinrich, welche Beide
— nach Angabe des Noll —- mit offenen Messern daftanden und dem Fend⸗
ler mehrere Fußtritte versetzten. Dieser verhielt sich Anfangs vollständig
ruhig, als ihm aber diese Behandlung zu bunt wurde, drehte er sich um
und wollte gegen den Angeklagien stoßen, erhielt jedoch im selben Augenblick
von demselben einen Stich in den Unlerleib, woraͤuf er davonlief, jedoch nach
etwa 200 Schritten zusammenstürzie und noch in derselben Nacht, nachdem
man ihn nach Hause gebracht hatte, verschied, bevor noch ärztliche Hilfe her⸗
beigeholt worden war. Der Stich war nach dem ärztlichen Sektionsbefunde
ein absolut tödlicher. Der Angeilagte leugnete nicht, den tö dlichen Stich
zeführt zu haben, will aber vorher von Fendler durch „Anrempeln? dazu
zereizt worden sein. Weder Fendler noch der Angeklagte sollen erheblich be⸗
runken gewesen sein. Letzterer genoß bis jett einen recht guten Ruf. Ohne
Annahme mildernder Umstände, ganz nach Antrag der k. Staatsbehoͤrde, von
en Geschworenen fur schuldig eriläri, wurde der Angeklagte zu einer sechs