It. IJugherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inagbert.
der „St· —AnDVDD
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3 117.
Samstag, 16. Juni 1882.
17. Jahrg.
—
Dentscher Reichstag.
Berlin, 14. Juni. Fortsetzung der Mono—
oldebatte. Abg. Ackermann: In Sachsen sei
ast die ganze Bevölkerung gegen das Monopol,
Felches auch die Selbstständigkeit der Einzelstaaten
angiere. Er betheilige sich am Begräbnisse des
Monopols ohne Schmerzen. — Fürst Bismarck
riderlegt die gestrigen Ausführungen Richter's.
— VV——
u zu bemerken, daß der Zolltarif von 1879 un—
noglich mit Abschluß des Jahres 1881 zur vollen
hirksamkeit gelangt sein könne, daß die Getreide⸗
ifuhr durch den Getreidezoll nur gering belastet
i, daß der Ausfall der russischen Ernte auf die
eutschen Getreidepreise mehr einwirke, als der Ge—
reidezoll. Der Reichskanzler weist die Vorwürfe
iber im Jahre 1879 angeblich von ihm gemachte
jersprechungen, die unerfüllt geblieben seien, zurück;
handle sich nicht um Versprechungen, sondern
m Bitten, die der Reichskanzler abgelehnt habe.
ꝓegenüber den Vorwürfen über einen allzugroßen
silitäraufpand bemerkt der Reichskanzler, die Re—
ierung habe keine Freude an einem so großen
heere, sie sei zur Unterhaltung desselben durch die
entrale Lage Deutschlands genöthigt. Die Oppo⸗
ition behandle alle diese Fragen nur theoretisch,
nicht praktisch. Der Kanzler widerlegt sodann die
Angriffe auf die Eisenbahn-Politik der Regierung.
durch den Bahnankauf sei dem Staate nur wieder⸗
egeben, was ihm gehöre. Redner bestreitet ferner
ie Behauptung, daß er nicht mit einem Parla⸗
nente regieren könne, und exemplificirt auf Eng⸗
and, wo jetzt auch schwerer mit dem Parlamenie
vorwärts zu kommen sei, als früher, wo nur zwei
darteien vorhanden. Eine Parteiregierung sei in
Deutschland immöglich. Mit einer Majorität der
artei Richter könne überhaupt kein Mensch regieren.
)er Reichstag möge doch seine Inilialibe benutzen,
im an die Stelle der Vorschläge der Regierung
ndere zu setzen. Er verlange eine klare Autwort
a oder Nein, undwolle nicht, daß man sage:
die Antwort ist uns unbequem. Ich halte alles
ufrecht, was ich bezüglich der Fraknonpolitik ge
agt habe. Die Fraktionen sind nicht als Ausdruͤck
vß Volkswillens hinzustellen. Ich denke: ich habe
ussebbe oder ein groͤßeres Recht, namens der Na⸗—
unzͤu sprechen als Richter und Genossen, da ich
m Namen des Kaisers und im Namen der Re—
erungen hier stehe. Wer außer mir setzte denn
n ganzes Ich für die nationale Polilit ein, wer
ibtirte den Krieg dafür, dessen Ausgang nicht von
wr abhing? Will Richter mir gegenüber ein Ver—
benst für die Herstellung desdeusschen Reiches
— so sage ich: Da kommen Sie mit
nicht mit. (Die Rede des Fürsten Bismarck
zwei Stunden) — Bamberger ver—
F igt sich gegen die Vorwürfe Bismarcks. Er
pr —— Politik dauernd unterstützt, bekämpfe
das Bestreben, Einrichtungen fremden Musters
irütren. Er habe das Recht, seine Meinung
inneten er höre vielleicht die Stimmen des
* —— in der Nation besser als der Reichs⸗
n Fürst Bismarck sei als politische Groͤße
v etoleich. Redner sehe ihn auf dei Wege,
helittche Größe zu ruiniren. — Fürst Bi's
n Warum follen wir Frankreichs gute Ein⸗
des Monopols nicht acceptiren? Welch'
en eGeschäfte macht Amerika mit den Schutz·
cleh die viel größer sind, als die unsrigen?
8 wir daran kein Beispiel nehmen? Redner
irt sich dagegen. Vamberger berfönlich ber—
dächtigt zu haben. Nicht Majoritäten, sondern
das Rationelle einer Sache, vereint mit der Auto—
rität des monarchischen Prinzips, sei entscheidend
für Einbringung einer Vorlage. Durch Resolu—
tionen werden die Regierungen sich nicht umstim—
nen lassen. An den schützenden Zöllen ist festzu⸗
jalten. Mögen Sie die Resolutionen mit über—
vältigender Majorität annehmen, uns wird die
deberzeugung von dem, was recht und für Deutsch⸗
land nützlich ist, höher stehen als die Majorität. —
Abgeordneter Rich ter wehrte in einer neuen Er—
wiederungsrede die Angriffe des Reichskanzlers, der
den Saal verläßt, ab. — Inzwischen ist folgender
Antrag des Abg. v. Ludwig eingegangen: „Nach
Beendigung der Debatte über 8 Jwird die Vor—
lage nochmals der Siebener⸗Commission überwiesen
zur Berichterstattung über folgende Punkte: 1) Aus
welchen Gründen sind die Verschiedenheiten in den
ziffermäßigen Angaben der Motive der Gesetzesvor⸗
age und den Angaben des Kommissionsberichtes
entstanden, und welche Zahlen sind die richtigen?
2) Bedürfen die deutschen Einzelstaaten Zuschüsse
nus Reichsmitteln zur Herstellung geordneter Fi—
ianzverhältnisse, und welchen Betrag eventuell er—
reichen dieselben? 3) Durch welche Mittel kann
ventuell das Reich diese Summe beschaffen?“ —
Nagdzinski: Die polnischen Abgeordneten
tehen der Monopolfrage im Wesentlichen neutral
jegenüber, ihre Landestheile sind beim Tabakbau
venig oder gar nicht interessirt, gleichwohl, auch
venn im Prinzip das Monopol annehmbar er—
chiene, könnten sie doch aus politischen Gründen
nicht sür das Monopol eintreten, um nicht die
Macht der Regierung zu stärken. — Zu sehr vor—
gerückter Stunde wurde zur namentlichen Abstim⸗
nung über den entscheidenden 81 geschritten. Es
daren 331 Abgeordnete anwesend, von denen sich
2 der Abstimmung enthielten, 276 mit Nein, 48
nit Ja stimmten. Mit „Ja“ stimmten von den
deutschkonservativen: v. Buße, v. Colmar, Graf
döhnhoff⸗Friedrichsstel, Flügge, v. Gehren, v. Ger⸗
ach, v. Hammerstein, Graf v. Holstein, Graf v.
dleist, v. Köller, v. Lüderitz, v. Maltzahn⸗Gültz, v.
Manteuffel, v. Maszow, v. Minnigerode, Saro,
Staudy, Wichmann. Von der Reichspartei: Becker,
ßraf Behr⸗-Negendank, Dietze (Barby), Fürst v
Zatzfeldt, v. Kulmig, v. Neurath, Fürst Pleß,
herzog von Ratibor, Stälin, v. Unruhe GBomst)
und Wöllwarth. Vom Centrum: Graf Adelmann,
Maier (Hohenzollern), Schröder (Lippstadt). Von
den Nationalliberalen: Täglichs beck (Ottweiler
St. Wendel-Meisenheim) und Krämer (Zwei⸗
zrücken⸗Pirmasens); ferner die Elsässer Grad und
Zorn v. Bulach; die Minister v. Goßler und v.
Puttkamer, die Abgg. v. Levetzow und Treitschke.
Gegen den 8 1 stimmten mit „Nein“ geschlossen
die Sozialdemokraten, die Volkspartei, der Fort⸗
schritt, die Secessionisten, die Nationalliberalen bis
auf 2, das Centrum bis auf 3 Abgeordneten, fer⸗
ier der Rest der Konservativen und der Reichs⸗
»artei. Darauf wird um 554 Uhr die weitere
Berathung auf Donnerstag 11 Uhr vertaot
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 14. Juni. Der Kaiser, welcher
jestern Abend nach Ems abzureisen gedachte, hat
zem Vernehmen nach die Abreise bis zum Samstag
verschoben. Derselbe wird unterwegs den Prinzen
tdarl in Cassel besuchen.
Berlin, 15. Juni. Wie die „Nordd. Allg.
Ztg.“ erfährt, ist das Kanonenboot „Habicht“ be—
»rdert worden, sich von Malta nach Alexandrien
zu begeben, um dort die deutsche Flagge zu zeigen,
vent. den deutschen Staatsangehörigen Schutz und
Zuflucht zu gewähren.
Im Reichstag hat der Abg. Grillenberger
'olgende Interpellation eingereicht: „Geschieht es
m Auftrage der Reichsregierung, oder der königlich—
reußischen Regierung, daß die sozialdemokratischen
Mitglieder des Reichstages, so wie mit ihnen ver—
ehrende Personen durch geheime Agenten der Ber—
iner Polizei in der zudringlichsten Weise auf Schritt
ind Tritt verfolgt und überwacht werden? Und
vas gedenkt die Reichsregierung zu thun, um die
Bürde des Reichstages und der betreffenden Mit—
zlieder des Hauses gegen diese Behandlung zu
chützen?“
(Innungswesen.) Der preuß. Handels-
ninister hat darauf hinweisen lassen, daß für die—
enigen Innungen, welche bei Erlaß des Gesetzes
vom 18. Juli vor. Is. bereits bestanden haben,
die in den 88 81-96 der Gewerbeordnung ent—
zaltenen Bestimmungen so lange in Kraft bleiben,
bis eine Umgestaltung der Innungsverfassung nach
Maßgabe des vorgenannten neuen Gesetzes erfolgt,
iese Innungen aber, sosern sie bis zum Ablaufen
»es Jahres 1885 ihre Verfassung den Bestimmungen
es Art. 1 des erwähnten Gesetzes entsprechend nicht
umgestaltet haben, nach Art. 3 desselben durch die
Lentralbehörde — den Minister für Handel und
GBewerbe — aufgefordert werden können, diese Um—
Jestaltung innerhalb bestimmter Frist zu bewirken,
und, wenn dieser Aufforderung nicht entsprochen
wird, die Centralbehörde befugt ist, die Schließung
der Innung anzuordnen.
Kiel, 13. Juni. Das Panzergeschwader aus
oier Panzerfregatten und dem Avisodampfer „Grille“
ormiert, unter dem Befehl des Contre⸗Admirals
». Wickede, welches aus der Nordsee kommend einige
Tage im Kieler Hafen vor Anker lag, ist gestern
Abend wieder in See gegangen. Dasselbe soll in
der Neustädter Bucht und an der mecklenburgischen
xüste ausgedehnte Schieß⸗ und Manðvrierübungen
iusführen und dann in den östlichen Theil der
Ostsee bis nach Memel segeln, um genau Unter⸗
suchungen über alle maritimen Verhältnisse an den
ostpreußischen Küsten, namentlich darüber, wie weit
roße Kriegsschiffe sich ihnen nähern können, anzu⸗
tellen. Es ist aber allen Schiffen aufs strengste
nerboten, in die russischen Küstengewässer zu kommen,
ind befohlen, was sie irgendwie mit den russischen
Land- und Seebehörden in die mindeste unange⸗
iehme Berührung bringen könnte, wie denn über—
Jaupt zwischen deutschen und russischen See⸗Offi⸗
ieren nur noch der foörmlichste und ceremoniellste
Verkehr stattfindet. Die Manbver ver Panzerschiffe,
hei denen auch Abwehr von Torpedobooten, die da⸗
ei durch kleine Schaluppen dargestellt werden, viel
Jübt wird, geschehen jetzt häufig in nächtlichem
Dunkel durch Anwendung des elektrischen Lichtes,
mit dessen Benutzung bei Kriegszwecken zu Lande
und zu Wasser jetzt viele Versuche angestelle werden.
Ausland.
Paris, 14. Juni. Die Deputirtenkammer
hat heute in zweiter Berathung Art. l des Ehe⸗
scheidungsgesetzes, welcher das Gesetz von
1816 aufhebt, das die Ehescheidung abschaffte, mit
344 gegen 148 Stimmen angenommen.
London, 13. Juni. (GGam betka in Lon—
Von.) Der Telegraph kündigt den Besuch Gam—