Full text: St. Ingberter Anzeiger

quchtige durch diesen Ruf noch zu größerer Eile 
gespornt wurde, gelang es doch dem mehrer⸗ 
hnlen Passanten und anderen Leuten, die sich 
nselben bei der Verfolgung angeschlossen hatteu, 
n vermeintlichen Einbrecher einzuholen und fest⸗ 
mehmen. Trotz seines Sträubens und der flehent⸗ 
schen Bitte: „Aber Leuteln, macht's mi nit un— 
cklich!“ schleppte man ihn zu dem Hausthor 
rück, wo das noch immer zeternde Weib stand. 
nicht geringer Verblüffung der Eskorte des 
sigenommenen wurde dieser von der Frau mit 
Wrien begrüßt Oho Wolll'st giwiß wieder 
As Wirthhaus abpaschen?“ Es stellte sich erst 
juch längerem Hin⸗ und Herreden heraus, daß 
an es da faktisch mit keinem Verbrecher, sendern 
ür mit einem allzu durstigen Pantoffelhelden zu 
hun habe. 
— Pest, 19. Febr. Das Theater zu Arad 
abgebrannt. Der Schaden betrügt über 180,000 fl.; 
senschenleben sind nicht zu beklagen. Die Ent— 
ehungsursache ist noch unbekannt. 
Der außerordentlich reiche Herzog von 
zutherlhand beabsichtigt große Landkäufe in den 
her, Staaten zu machen. Ein Agent für ihn 
terhandelt bereits mit dem Landagenten der 
Atchison⸗, Topeka- & Santa Fe⸗-Eisenbahn“ und 
qt auch auf Ländereien der „Atlantic⸗ & Pacific- 
sompagnie“ in Arizona und der „Mexikan Central⸗ 
dompagnie“ in Chihuahua den Blick gerichtet. 
FBei Bouchet (nahe bei Corbeil) explodirte 
ine Pulvermühle, wobei 6 Personen getödtet und 
) verwundet wurden. 
FEin fürchterliches Verbrechen ist in Kon— 
zantinopel verübt worden. Jeden Feitag — 
em türkischen Sabbath — werden Gebete für den 
z5ultan in allen Moscheen verrichtet. Während des 
gottesdienstes am letzten Freitag in der Sultan 
lchmed⸗Moschee bestieg der Imaun oder PVriester 
Rie Kanzel, um dieser Pflicht zu genügen, in einem 
lugenblicke, wo das heilige Gebäude mit Gläubi— 
jen gefüllt war. Der Priester war auf dem Punkte, 
zas in Rede stehende Gebet herzusagen, als plötz- 
ich ein Softa, der ihm bis zu den Stufen der 
danzel gefolgt war, einen Yataghan, den er in den 
Falten seines Gewandes verborgen hatte, zog und 
nit lauier Stimme ausrufend: „Was! Du willst 
ür einen Mann beten, der dieses Land in's Ver— 
—ED00 
neinde schien vor Entsetzen starr zu sein, während 
er Mörder gemächlich von der Kanzel herabstieg 
ind, ohne an schleunige Flucht zu denken, bemerkte, 
Ibdul Hamid hätte kein Recht, das Haupt der 
zläubigen zu sein, da er nicht irgend eine der Pflichten 
einer Stellung erfüllt habe. Seitens der An⸗— 
desenden ward kein Versuch gemacht, den Mörder 
estzunehmen, ja einige versuchten sogar, sein Ent⸗ 
innen zu beguͤnstigen. Er wurde erst später von 
er Polizei verhaftet und auf Befehl des Sultans 
iach Yildiz Kiosk gebracht, wo er während der 
dauer seines Verhöres in Gewahrsam gehalten wird. 
EGer Erfinderder — Stiefelwichse.) 
Ohne jeden Zweifel ist die von Kloppstock in seiner 
de „der Eislauf“ ausgesprochene bittere Klage, 
aß „Nacht der Vergessenheit“ der Erfinder unver— 
ientes Los sei, eine nur allzusehr berechtigte. Er— 
reulicherweise läßt indeß auch diese triste Regel 
lusnahmen zu, und sind wir in der Lage, über 
in derartiges tröstliches Exempel im Nachstehenden 
u berichten. Den Bemühungen des um die He— 
ung und den rationellen Betrieb des Schuhmacher⸗ 
ewerbes bestens verdienten Leiters der Wiener 
zchuijmacher-Lehranstalt ist es nämlich gelungen, 
ruthentische Daten über jenen wackeren Mann zu 
immeln, welchem die zivilisirte Menschheit, deren 
iitgenössischen Repräsentanten Schuhwerk ohne Wichse 
hier undenkbar erscheinen muß, besagtes Produkt 
er Stiefel-Kosmetik zu verdanken hat. Wie aus 
en Erhebungen des genannten Forschers hervor⸗ 
ꝛeht, war der Erfinder der Stiefelwichse ein Schuh⸗ 
aacher, Namens Gregor Urban, welcher zu An— 
ang dieses Jahrhunderts in der deutsch-böhmischen 
tadt Budweis gelebt, und dessen „zum großen 
dtiefel, beschildetes Geschäftslocal sich stets eines 
arken Zuspruchs zu erfreuen gehabt habe. Leider 
Illte dem biederen Manne der bittere Schmerz nicht 
Inet bleiben, zusehen zu müssen, wie spekulative 
opfe seine Erfindung alsbald mißbrauchten, um 
nit allerlei jämmerlichen Konkurrenzfabrikate vor 
ie lauflustige Welt hinzutreten. Aus Aerger darüber 
rriff Meister Urban zur Feder, und verfaßte eine, 
on Fachgenossen gebuͤhrend gewürdigte Streitschrift, 
deren erstem Theile er die nothwendigen „Eigen— 
haften einer guten Stiefelwichse“ in das gehörige 
Licht stellte. Den unreellen Konkurrenten aber rief 
er im weiteren Verlaufe seiner Auseinandersetzungen 
folgende, von gerechter Entrüstung getragene Worten 
zu: „Es ist eine freche Anmaßung und schamlose 
Charlatanerie von Stiefelwichse⸗Fabrikanten unbedingt. 
die, ohne die „Idiosynkrasie des Leders“ (sic!) zu 
kennen, Wunderkuren an den Stiefeln verheißen, 
»der keck eine fömliche Wasserscheu durch ihre Kom— 
»ositionen hervorbringen zu köunen prahlen“ ꝛc. — 
Zoffentlich wird der bei seinen Lebzeiten so schwer 
jekränkte Erfinder nicht lange auf ein würdiges 
Ddenkmal zu warten braucheu! 
F Daß jeder Mensch einen „geheiz— 
en Ofen'“ in sich umherträgt, dürfte nicht Vielen 
‚ekannt sein. Das verhält sich nämlich wie folgt: 
So lange das Leben dauert, besitzt unser Körper 
eine Blutwärme von 280 Reaumur oder 3714 0 
Celsius, die sich den verschiedensten Außentem⸗ 
»eraturen gegenüber vollkommen gleich hält, so daß 
»as Blut der Tropenbewohner um nichts wärmer 
sst, als das der Polarmenschen. Im gesunden 
Zustande erleidet diese Blutwärme nur sehr geringe 
—„chwankungen, jede größere Abweichung bedeutet 
chon eine Störung des Wohlbefindens; anhaltende 
Steigerung der Blutwärme heißt Fieber, dauernde 
Abkühlung kommt nur im Zustande großer Er— 
chöpfung, nach schweren Krankheiten u. dergl. vor. 
Diese unsere Blut- oder Lebenswärme wird inner— 
jalb unseres Organismus erzeugt durch chemische 
Vorgänge, nämlich durch die Verbindung und Ver— 
»rennung von Korperbestandtheilen mit dem aus 
der Luft eingeathmeten Sauerstoff. Kohlenstoff und 
Wasserstoff, die Grundbestandtheile der meisten 
S„toffe, auch der Nahrungsstoffe, verbrennen mit 
SZauerstoff zu Kohlensäure und Wasser, wobei 
Wärme erzeugt wird. Es ist nachgewiesen, daß 
durch solche Verbrennungs-Vorgänge innerhalb des 
Zörpers genau ebenso viel Wärme erzeugt wird, 
als wenn dieselben Elemente außerhalb des Körpers 
derbrannt werden. Wir heizen also gewissermaßen 
insern Körper mit Brennstoffen, die als Nahrung 
eingenommen und durch die Verdauung in Be— 
tandtheile des Blutes verwandelt werden. Mit 
dem Blute kreisen sie in den Adern und durch die 
derschiedenen Organe, in denen die wärmebildenden 
Verbrennungsprozesse vor sich gehen; das also er— 
pärmte Blut kreist weiter und vertheilt die Wärme 
zleichmäßig durch den ganzen Körber, wobei das⸗ 
enige, was an der Oberfläche des Körpers an die 
ältere Umgebung verloren geht, durch die im 
Innern fortwährend neu gebildete Wärme ersetzt 
vird. Durch geeignete Speisung „unseres Ofens“ 
nei entsprechender Sauerstoff-⸗Zufuhr kann bald 
nehr, bald weniger Wärme erzeugt werden; die 
zothwendige Regulirung erfolgt durch Wärmeab— 
jabe an unsere Umgebung, namentlich die Luft— 
ind durch Verdunstung des Ueberschusses durch 
daut und Lungen. So verdunstet beispielsweise 
in Erwachsener an einem Ruhetage 900 Gramm 
Vasser, dagegen an einem Tage anstrengender 
ürbeit 2000 Gramm, d. h. vier Pfund Wasser. 
da ferner jeder warme Körper durch Wärmeabgabe 
in die Umgebung sich nach und nach abkühlen muß, 
venn ihm nicht neue Wärme zugeführt wird; da 
vir überdies viel kalte Speisen und Getränke in 
inserm Innern erwärmen und beim Alhmen sehr 
iel kalte Luft als warmen Hauch zurückgeben, so 
st es begreiflich, daß die Wärme-Erzeugung in 
inserm Koörper sehr reichlich und unablässig erfolgen 
nuß. In der That ist durch genaue Versuche er⸗ 
nittelt, daß ein Erwachsener ohne besondere Kör⸗ 
'erarbeit täglich durchschnittlich so viel Wärme an 
eine Umgebung abgibt, also auch in sich erzeugt, 
ils erforderlich ist, um 293 Millionen Gramm 
Wasser um 1 Grad Celsius zu erwärmen. Da 
nan die Wärmemenge, die nöthig ist, ein Gramm 
Vasser um 1 Grad Celsius zu erwärmen, eine 
Wärme-⸗Einheit“ oder „Calorie“ nennt, so werden 
ilso von dem erwachsenen Menschen täglich im 
Durchschnitt 233 Millionen Calorien entwickelt. 
ZBei körperlicher Arbeit wird noch bedeutend mehr 
Wärme erzeugt bezw. abgegeben. — Der so selt⸗ 
am klingende Ausspruch, daß jeder Mensch seinen 
ꝛigenen Ofen in sich selbst umherträgt, hat also 
eine volle Berechtigung. 
F Newyork, 18. Febr. Bei dem Gruben— 
Anglück in Braidwood (Illinois) sollen neueren 
Nachrichten zufolge 74 Arbeiter, meistens Ausländer, 
ims Leben gekommen sein. 
F Newyork, 18. Febr. Das Wetter ist 
älter geworden. Der Ohio in Louisville beginnt 
zurückzutreten. In Cincinnati fängt das Geschäft 
vieder an aufzuleben. Jeffersonville ist ganz über— 
chwemmt. Es ist dort gestera ein großes Haus 
eingefallen. Sieben Personen wurden dabei ge— 
ödtet, 10 verwundet. In Saint Louis wird ein 
Steigen der Fluthen erwartet. 
Das Vermögen der Eisenbahn-Magnaten be— 
ziffert ein New-NYorker Blatt folgendermaßen: 
W. H. Vanderbilt .. 260 RMill. Doll. 
Jay Gould... 100, 
Leland Stanford. .. 100, 
C. P. Huntington 600, 
Charles Crocker. 30 F 
Hopkins ... 50 
Russel Sage .. 0 
James Flood .. 20 F 
James. G. Fair. 0 
J. G. Mackehy. 30 
Cyrus W. Field.. 25, J 
James Keene... 20, 
Nachlaß von Tom Scott 20, 
John W. Garret. 20, 
Samuel J. Tilden.. 158, 
fCincinnati, 14. Febr. Von sechs 
Ztadttheilen, in denen ungefähr 30,000 Menschen 
vohnen, sind nicht weniger als zwei Drittel des 
Areals überschwemmt. Die Bewohner befinden 
ich meist in den oberen Stockwerken der Häuser, 
ohne Heizung und fast ohne Nahrung. Es sind in 
derschieden Stadttheilen Suppenküchen errichtet wor⸗ 
den und der katholische Bischof hat angeordnet, alle 
atholischen Kirchen für die Obdachlosen zu öffnen, 
und für diese Sammlungen zu veranstalten. Man 
ürchtet, daß Wassermangel eintreten werde, auch 
ind alle Kohlenlager überschwemmt und da die 
rdandleute nicht in die Stadt kommen können, ist 
in Fleisch und Gemüse Mangel. Die Staatsle— 
zislatur hat gestern eine Bill angenommen, welche 
die Stadt Cincinnati autorisirt, 100,000 Dollars 
zur Unterstützung der Ueberschwemmten aufzunehmen. 
In Louisbille, wo ein Fünftel der Stadt über— 
hwemmt ist und 8000 Personen obdachlos sind, 
jat bei dem Dammbruch eine arge Panik geherrscht. 
Die Leute schliefen gerade und wurden erst durch 
das Rauschen der anstürmenden mächtigen Wasser— 
voge aufgeweckt. Viele Häuser wurden fortge— 
chwemmt oder zerstört. Durch rasche Hilfe in 
Booten wurden hunderte von Personen gerettet, 
andere flüchteten auf die Hügel, wo man große 
Feuer anzündete, an denen sich die Unglücklichen 
wärmten. Es ist noch als ein Glück zu bezeichnen, 
daß bei dem plötzlichen Hereinbrechen der Fluth 
nicht mehr als 80 Menschen umgekommen sind. 
Binnen einer halben Stunde wurden 35 dicht be— 
vohnte Häuserquadrate, welche ein paar Tage vorher 
für durchaus sicher gehalten worden waren, mit 
Wasser von 10-30 Fuß Tiefe bedeckt. Es waren 
meist kleine hölzerne Häuser. In allen Städten 
am Ohio unterhalb Wheeling stocken die Geschäfte. 
In Lawrenceburg (Indiana). einer Stadt mit 5000 
Einwohnern, stehen alle Häuser im Wasser, die 
höchstgelegenen 2 Fuß tief. Die Noth ist daselbst 
sehr groß, ebenso in vielen anderen kleineren Or— 
sen, doch soll gestern überall Hilfe angelangt sein. 
In Newport sind 260 Acres überschwemmt und 
2500 Versonen obdachlos 
Sterbefälle. 
Gestorben in Landstuhl der kgl. Steuer— 
und Gemeinde-Einnehmer Karl Keßler, 64 J. 
7 M. a.; in Theisbergstegen Stationsverwalter 
Ednard Kaysing, 532 J. a.; in Zweibrücken 
Bertraud Oster, geb. Köster, 83 J. a.; in Alt— 
ttadt Frau Charlotte Schleppi, 26 J. 9 M. 
a.; in Neunkirchen a. Bl. Hermann Drunzer, 
Zechenschmied auf Grube König, 39 J. a.; in 
Rülzheim Frau Katharina Wünstel, 73 J. alt. 
Nr. 20 des praktischen Wochenblattes für 
alle Hausfrauen „Fürs Haus“ (Preis vieriel⸗ 
ährlich 1 Mark) enthält: 
Notariats- Urkunde. — Tochterchen auf 
Reisen. — Das Zimmer der Einsamen. — 
Künstliche Blumen. — Die Wolletracht. — 
Einschläfern der Kinder. — Aufwaschen. — 
Unser täglich Brot. — Für die Kinderstube. 
— Für die Küche. — Räthsel. — Fern⸗ 
precher. — Inserate. — Probenummer gra⸗ 
is in jeder Buchhandlung. — Notariell be⸗ 
zlaubigte Auflage 10,000.