Full text: St. Ingberter Anzeiger

en Laden und das Fenster oöffnete. In demselben 
omente fiel ein Schuß und der getroffene Bürger⸗ 
saͤsser fiel seiner herbeieilenden Gattin bewußtlos 
die Arme. Eine mehrere Centimeter lange Wunde 
n Kopfe zeigte, daß der Thäter es auf das Leben 
3 Ortsvorstandes abgesehen hatte. Als nach 
miger Zeit der Schwerverwundete wieder zum Be— 
hußtsein kam, gab er auf Befragen den früheren Ac⸗- 
sser Ph. Mohr an, den er im Moment der That 
annt habe, welcher auch noch in derselben Nacht 
crhaftet und nach Durlach ins Untersuchungsge⸗ 
ingniß gebracht wurde. Die sofort angestellten 
echerchen werden hoffentlich die näheren Beweise 
ber diese ruchlose That zu Tage fördern. Wie 
ir erfahren, soll der gen. Mohr öfter böswillige 
leußerungen gegen den Ortsvorstand sich erlaubt 
ben. 
4 Glinder Eifer schadet nur.) In 
rrankfurt a. M. eutstand am Oftermontage in 
jner animierten Gesellschaft zwischen zwei jungen 
euten aus dem Grunde Streit, weil einer dem 
deren vorgeworfen, er trage einen „Kellnerbart“. 
darüber ergrimmte der also Gekränkte dermaßen, 
saß er nach dem Spötter mit einer Champagner— 
— 
rümmerte aber eine große Spiegelscheibe im Werthe 
on 1600 M., welche der heißblütige junge Mensch 
benso, wie das Kleid einer jungen Dame, welches 
urch den sich aus der Flasche ergießenden Cham— 
agner total verdorben wurde, zu bezahlen haben 
nird. 
Marianne Menzer, eine hervorragende Stütze 
es „Lette⸗Vereins in Berlin, veröffentlicht eine 
zroschüre, welcher wir einige Daten entnehmen, die 
ine treffende Illustration liefern zu dem traurigen 
oose der unverheiratheten Frauen dortselbst. Der 
ungerlohn der Frau (hier ist nur von solchen die 
sede, welche ihre volle Zeit der Arbeit widmen 
zunen) beläuft sich nach verlässigen Angaben der 
nannten Dame auf folgende Summen: „Für 
s Nähen von 12 Portemonaie-Beuteln 1 Mark. 
die Nähseide hat die Arbeiterin zu liefern. Ein 
tbeitshemd mit fünf Knopflöchern 13 Pfg*, ein 
jaar Beinkleider 15 Pfg., ein Dutzend Küchen⸗ 
hürzen mit Latz 35 Pfg.*, ein mit der Hand 
enähter Sack 3 Pfg., 50 mit der Hand genähte 
zäcke 50 bis 80 Pfg. Zu den mit * bezeichneten 
lrtikeln haben die Arbeiterinnen Zwirn und Band 
»lbst zu liefern. Für ein gehäckeltes Mohair-Tuch, 
as 12 Stunden angestrengte Arbeit beansprucht, 
15 Pfg., ein Meter schwarze Fransen mit Perlen, 
Stunden angestrengte Arbeit, 6 Pfg., 12 Dutzend 
zuppenhemdchen 7 Pfg. Bei Stickereien mit bunter 
dolle kommt eine Frau bei angestrengter Arbeit 
uf etwa 45 Pfg. täglich, ohne die Wollabzüge, 
ei Strohflechten für die feinen Damenstrohhüte auf 
15 bis 30 Pfg. täglich. Zu diesen Preisen be— 
chäftigt ein einzelner Fabrikherr oder ein größeres 
deschäft oft bis zu 1000 Frauen und mehr. 
fF Eine Dame in Paris erhielt bei einem 
cinlauf einen kleinen Ballon als Zugabe, den sie 
rem Söhnchen gab. Ihr Gatte band einen langen 
jaden an das Spielzeug und bemerkte, daß der 
aden das Steigen des Ballons nicht beeinträgtigte. 
er befestigte darauf seine Visitenkarte an dem Luft— 
egler, versprach auf derselben dem Wiederbringer 
inen Liter alten Absinth und ließ den Ballon 
egen Zu seiner Verwunderung erhielt er die 
darte in einem Briefe aus Tchigi im russischen 
jubernium Grodno zurück. Ein Pope Andreas 
arochewitsch meldete ihm, daß der Ballon bei ihm 
niedergefallen, mithin in 3 Tagen 2000 Kilometer 
deit geflogen sei. 
7 Niz34, 3. April. Wahrend des Gottes⸗ 
ienstes brach heute in der Kirche Feuet aus, wo⸗— 
urch eine große Bestürzung entstand. Im Ge— 
tange wurden 20 Personen zum Theil lebensge— 
aͤhrlich verletzt; eine Person fand auf der Stelle 
en Tod. 
Nizza, 5. April. Das auf dem Damme 
u Meere gelegene Kasino mit den dazu gehörigen 
Unlagen ist vollständig niedergebrannt. Der Scha— 
„n wird auf vier Millionen geschätzt. derselbe ist 
do durch Versicherung gedeckt. Niemand verun— 
lüdte. 
Im Landschafts-Krankenhaus in Rjasan 
elang es jüngst, wie den „Nowosti“ von dort ge— 
hrieben wirde einem Irrsinnigen, in die Todten— 
anmer zu dringen. In derselben befand sich zur 
rit die Leiche eines schon eingesargten Verstorbenen. 
t Itrsinnige nahm die Leiche und trug sie an 
uaen für einen Todten gerade nicht sehr passenden 
Ort, dann legte er sich selbst in den Sarg. Als 
edoch jemand vom Kirchenpersonal in der Todten⸗ 
ammer erschien und die üblichen Todtengebete ab⸗ 
zulesen begann, sprang der Kranke aus dem Sarge, 
türzte sich auf den bestürzten Leser und prügelte 
hn in fürchterlicher Weise. Nur mit Mühe gelang 
den auf das Geschrei Herbeieilenden, den Un⸗ 
zlücklichen aus den Händen seines Peinigers zu 
efreien. Der so Ueberfallene soll infolge des 
Schrecks und der Hiebe nach einigen Stunden 
einen Geist aufgegeben haben. 
fF(Irrfahrten eines Kindes.) Wäh— 
end des Aufstandes in Kairo im vergangenen Juli 
war auch der achtjährige Sohn des Sectionschefs 
im egyptischen Handelsministerium, George Bey, 
plötzlich abhanden gekommen und alle Versuche, eine 
Spur des Verschwundenen zu entdecken, blieben er⸗ 
'olglos. Wie groß war nun die Freude der Eltern, 
als ihnen vor einigen Tagen ein Freund in Alexan⸗ 
dria den verlorenen Sohn wieder zurückbrachte. 
Der Knabe war im Juli mit einer Schaar flüch⸗ 
iger Europäer auf den Bahnhof in Kairo gerathen 
vo ihn ein Conducteur wider seinen Willen in ein 
Foupe schob und so nach Port Said erpedirte. Hier 
erbarmte sich nun des trostlos in den Straßen 
imherirrenden Kleinen ein griechischer Schiffskapitän, 
der ihn mit sich auf sein Fahrzeug nahm. Der 
Zleine machte so mehrere Seereisen mit, auf denen 
er die Türkei, Griechenland u. s. w. besuchte, und 
raf vor einigen Tagen mit seinem Schiffe in 
Alexandria ein. Der Capitän gestattete ihm hier, 
die Stadt zu besuchen, und als der Knabe erfuhr, 
daß dieselbe Alexandria heiße, da erinnerte er sich 
ogleich an einen daselbst wohnenden Freund seines 
Häters, der ihn auch auf das Gastfreundlichste auf— 
iahm. 
FGas Baumaterial der Zukunft.) 
Im nordamerikanischen Staate New-Jersey wird 
in vielen Stellen und in großen Mengen ein rother 
Thon gefunden, der vielseitig zu technischen und 
rnamentalen Zwecken verwendet wird. Aus der 
beren Lage desselben, die seither als unverwendbar 
veggeworfen wurde, hat man neuerdings eine Masse 
ergestellt, welche große Vorzüge vor allen bisherigen 
abrizierten Steinen besitzt. Dieselbe ist absolut 
euerfest, bröckelt nicht und läßt sich mit Meißel 
ind Säge bearbeiten. Ein eingetriebener Nagel 
jält darin ebensofest wie in Holz, und außerdem 
ann dem Material durch den Hobel eine völlig 
latte Oberfläche gegeben werden. Die Herstellung 
zesteht einfach darin, daß man den Thon mit ge— 
vöhnlichen Sägespänen vermischt, in eine beliebige 
form bringt, an der Luft trocknet und dann im 
Rfen bei langsam zunehmender Hitze brennt. Durch 
etzteres Verfahren verbrennen die Holstheilchen voll⸗ 
aaͤndig, lassen aber an ihrer Stelle Poren zurück, 
delche gleichmäßig durch die ganze Masse vertheilt sind. 
die Oberfläche der fertigen Steine wird dann durch 
Szägen geglättet, und dieselben sind zur Verwen— 
zung fertig. Dieses Baumaterial ist nur halb so 
chwer und dabei feuerfester als Backsteine, ist ebenso 
u Wänden wie zu Fußböden und Decken ver— 
vendbar, und die einzelnen Stücke können durch 
Rägel verbunden und dann an der Oberfläche ab— 
Jjehobelt werden. Das Material nimmt jeglichen 
Anstrich an und zeichnet sich noch dadurch besonders 
aus, daß es ein äußerst schlechter Wärmeleiter ist. 
Die New-Jerseyer „Deutsche Zeitung“ nennt 
zies „Terracotta-Lumbher“ das Baumaterial der Zu⸗ 
zunft. In Bezug auf Feuersicherheit ist es auch 
rahezu vollkommen, und zwar vielmehr als Eisen, 
Hranit und sonstige Bruchsteine, denn Eisen wird 
zurch die Hitze biegsam, Granit springt bei sehr 
tarkem Feuer und bei allen anderen Steinen zer— 
allen die sie verbindenden Mörtelschichten zu Staub. 
Zei dem neuen Material schließen sich aber die 
inzelnen Stücke so fest aneinander und sind unter 
ich so innig verbunden, daß die Flammen ganz 
nachtlos dagegen sind. Die bisher das Material 
jerstellende großartige Fabrik kann alle die Auf— 
räge, die sie erhält, nur zum kleinsten Theile aus— 
ühren. In der That scheint die Erfindung eine 
dzer wichtigsten der Neuzeit und besonders auch 
»adurch von Segen zu sein, daß sie dem unge— 
jeuren Holzverbrauche einigermaßen steuern wird. 
Gemeinnütziges. 
(Das kohlensaure Natron in der 
düche.) So einfach die Anwendung die ses 
eicht zu beschaffenden Mittels ist und so augen— 
ällig die dadurch erzielten Vortheile sind, so wenig 
it dasselbe bisher nach seinem eigentlichen Werth— 
in der Haushaltung gewürdigt worden und machen 
wir daher nachstehend auf einige Fälle aufmerksam, 
in denen das kohlensaure Natron, das man in jeder 
Apotheke und Droguenhandlung haben kann, von 
desonderem Nutzen ist. — Sauer gewordene Ge— 
müse und Fleischbrühen sind wieder genießbar zu 
machen, wenn man sie mit kohlensaurem Natron 
aufkocht. — Ranziger Butter wie auch ranzigen 
Fetten kann man den vollkommen frischen Geschmack 
»adurch zurückgeben, daß man das eine wie das 
indere mehrmals in Wasser auswäscht, worin etwa 
ein Eßloöffel voll kohlensaures Natron aufgelöst ist. 
Wollen Hülsenfrüchte, wie ja bisweilen vorkommt, 
trotz längeren Kochens nicht weich werden, so braucht 
man demselben wiederum nur ein wenig kohlen⸗ 
aures Natron beizufügen, damit die Früchte nach 
einigen Minuten sich von ihren Hülsen losen. — 
Schüttet man endlich kohlensaures Natron in das 
Wasser, womit man Kaffee oder Thee bereitet, so 
verden beide Getränke stärker und besser. — In 
England bedient man sich des kohlensauren Natrons 
carbonateof soda) vielfach anstatt der häufig 
jehr unangenehm schmeckenden Hefe zum Bereiten 
yon allerlei Backwerk. 
Präservier-Packpapier für Kleider, Pelze, 
Früchte ec. Um Kleider, Pelzwerk tc. gegen Motten 
und Meltau zu schützen, sind sie in Manilla-Papier 
einzuwickeln, welches auf folgende Weise präpariert 
sst. Das Papier wird in ein Bad von 70 T. Oel, 
das von Kohlenteer (Naphtha) abdestilliert ist, ge— 
aucht, welchen man 5 T. Karbolsäure zugefügt, 
as 205,00 oder mehr Phenol und 20 T. dünnen 
dolenteer bei 1600 F. enthält. Dieser Mischung 
verden noch 5 T. raffiniertes Petroleum zugefügt. 
Nachdem man das Papier hat abtropfen lassen, 
wird es getrocknet. — Zur Präservierung von Früchten 
aimmt man sog. Seidenpapier, das man in ein 
Bad von Salicylsäure taucht und an der Luft 
rocknet. Dieses Bad besteht aus einer starken Al— 
kohollössung von Salicylsäure und vielem Wasser. 
Aepfel, Orangen und andere Früchte werden in 
solches Papier gewickelt und in Kisten oder Fässer 
verpackt. Nach dem Auspacken dieser Früchte kann 
dieses Papier geglättet und immer wieder gebraucht 
werden. 
— EA 
— —— 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Impflingen Babette, 5 J. a. T. v. 
Johannes Stentz; in Mörlheim Frau Luisa Kö— 
bel, geb. Hörner, 62 J. a.; in München Gener— 
alsekretärs-Wittwe Frau Anna Maria Müller, 
33 J. a.; in Zweibrücken Frau Philippine Ber g⸗e 
thold, geb. Simon; ebenda Frau Betty Heß, 
zeb. Kehrmann, 24 J. a.; in Kaiserslautern Jo⸗ 
hann Schmitt, k. Premierlieutenant a. D.; in 
Ilbesheim Elisabetha Krill, geb. Schütz; in 
Frankenthal Frau Elisabetha Huber. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 5. April. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
ualienmartt.) Weizen O M. — Pf., Korn 7 M. 30 pf., 
Spelz O M. — Pf., Spelzkern — M. — Vf., Dinkel 
— M. — Pf, Mischfrucht O M. — Pf., Hafer 6 M. 
37 Pf., Erbsen O M. — Pf., Wicken 6 Min59 Pf., 
Berste zweireihige 6 M. 98 Pf., vierreihige 6 M. 26 Pf., 
Tartoffeln 3 M. 70 Pf., Heu 3 M. 530 Pf., Stroh 2 M. 
50 Pf., Weißbrod 17,3 Kilogr. 52 Pf., Kornbrod 3 Kilo 
58 Pf. Gemischtbrod 3 Kilogr. 73 Pf., paar Weck 90 Gr. 
b Pf., Rindfleisch J. Qual. 66 Pf., II. Qual. 60 Pf. Kalb⸗ 
dleisch 56 Pf. Hammelfleisch 60 Pf., Schweinefleisch 55 Pf., 
Butter 4 Kilogr. 1 M. 15 pf. Wein 1 Liler 80 Vi 
Bier J Liter 24 Pf. 
Homburg, 4. April. (Fruchtmittelpreis Sund Viktu— 
lienmarkt.) Weizen 9 M. 48 Pf, Korn7 M27 Pf., 
Spelzkern — M. — Pf., Spelz O M. — Pf., Gerste 
reihige — M. — pf., Gerste 4reihige — M. — Pf., 
dafer 7 M. 32 Pf., Mischfrucht 7 M. 40 Pf., Erbsen 
— M. — Pf., Wichen 0 M. — Pf., Bohnen O M. 
— Pf., Kleesamen — M. — Pf., Kornbrodbe6 Pfund 
58 Pf. Gemischtbrod 6 Pfund 70 Pf. Ochsenfleisch — Pf., 
stindfleisch 60 Pf., Kalbfleisch 30 Pf., Hammeleisch -- Pf., 
Schweinefleisch 36 Pf. Butter 1Pfund 1 M. 20 Pf., 
Zartoffeln pet Zentner 3 Mz0;Pf. 
Fur die Redaktion verantwortlich F. X. Demetz. 
Telegraphischer Schiffsbericht. 
Mitgetheilt von Jean Peters in St, Jughert. 
Das Hamburger Postdampfschiff „Silesia“ 
Fapt. Barends von der Linie der Hamburg— 
Amerikanischen Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft, wel⸗ 
hes am 18. März von Hamburg via Havre ab— 
zing ist nach einer glücklichen Reise am 31. Maärz 
vohlbehalten in New-York angekommen.