Full text: St. Ingberter Anzeiger

in das Unvermeidliche und folgte seinem inzwischen 
erbeigeholten Onkel in dessen Wohnung. Hoffent⸗ 
ich, so schreibt die „B. Ztig.“, verbindet sich der 
utmüthige Onkel mit den vier angebeteten Damen, 
amit zunächst der dem Prinzipal zugefügte Schaden 
gedeckt wird. 
* (Bittgesuch an den Kaiser.) Ein 
aiternloser Knabe von neun Jahren in Stargard, 
zer in Pflege gegeben ist und die Freischule besucht, 
jot sich mit Eintritt der rauhen Witterung in seiner 
stoth mit einem höchsten naiben Schreiben an keinen 
Hgeringeren, als den Kaiser gewendet und diesen 
im Zuwendung „von alten abgelegten Kleidern“ 
zur Bedeckung seiner Blößen gebeten. Dies Schrei⸗ 
Hen ist auch richtig an seine Adresse gelangt und 
„von S. Majestät in gewohnter menschenfreundlicher 
Weise mit eigenhändigen Anmerkungen mittels Bunt— 
tifts behufs Einziehung weiterer Erkundigungen an 
en Oberpräsidenten von Pommern überwiesen, 
er wiederum die Behörde zur Berichterstattung auf⸗ 
orderte. Letztere hat die Angaben des kleinen re—⸗ 
oluten Staatsbürgers bereits als den Verhältnissen 
untsprechend festgestellt. Die abgelegten Kleidungs- 
tücke werden zwar ausbleiben, dach wird ihn vor⸗ 
aussichtlich baid die warme Uniform des Militär⸗ 
Waisenhauses zieten. 
(Die Entschadigung unschuldig 
zerhafteter und Verurtheilter.) Von 
illen Fragen, die in letzter Zeit auf der Tagesord⸗ 
nung der gesammten Presse gestanden haben, hat 
eine ein so andauerndes JInteresse erregt, als wie 
hiejenige wegen der Entschädigung unschuldig Ver⸗ 
jafteter oder Verurtheilter. Und mit Recht; denn 
as menschliche Gefühl sträubt sich dagegen, daß 
rgend Einem eine Unbill zugefügt wird, und doppelt 
si das Rechtsgefühl verletzt. wenn eben diese Un⸗ 
ill im Namen des Rechts, „von Rechtswegen“ 
erübt wird. Und gerade die letzte Zeit war es, 
ie solche Justizunbill ofter zu Tage treten ließ, 
ils wie es sonft der Fall zu sein schien. Da regte 
ich die öffentliche Stimme laut, und das Resultat 
st insofern ein erfreuliches, als sich die obersten 
gehörden veranlaßt gesehen haben, der Frage näher 
u treten und wir jedenfalls demnächst einen, diese 
Materie regelnden Gesetzentwurf zu erwarten haben. 
Von Anbeginn der Frage an theilte sich die 
Bresse in zwei Lager. Auf der einen Seite ver 
angie man, daß nur die unschuldig Verurtheilten 
chadlos gehalten werden, auf der anderen Seite 
var man aber der Meinung, daß diese Schadlos— 
jaltung auch auf die unschuldig Verhafteten bez. in 
jer Verhandlung Freigesprochenen ausgedehnt werden 
nöge. — beide Begriffe scheineu dajselbe zu bedeuten, 
jeden sich aber in Wirklichkeit nicht im Geringsten. 
Unschuldig verurtheilt ist unzweifelhaft der, dessen 
Schuld durch ein faktisch ergangenes richterliches 
Frlenntniß anscheinend festgestellt, dessen Schuld— 
osigkeit durch spätere Aufklärungen bez. Untersuch— 
mgen jedoch zur Evidenz sich ergeben hat. Ohne 
ede Diskussion: Hier ist der Staat rechtlich und 
noralisch verpflichtet, dem Opfer der Justiz eine 
ingemessene Entschadigung zu gewähren; wird doch 
Nleider! — feibst die höchste Entschädigung dem 
gedauernswerthen nicht das ihm geraubte Stück der 
ebenszeit zurückgeben kunnen / 
Ganz anders stellt sich die Sachlage bei dem 
gegriffe „unschuldig verhaftet.“ Im Allgemeinen 
vird man in diese Kategorie alle Diejenigen stellen, 
oelche zwar verhaftet worden sind, aber bei denen 
ie Untersuchung entweder gar nicht zur Hauptver⸗ 
andlung gediehen oder die in dieser Hauptverhand⸗ 
ang freigesprochen worden sind. Sind aber die 
olchergestalt der Hast Entlassenen immer wirklich 
mschuldig?? Wir müssen das ganz entschieden ver— 
einen und behaupten, der überwiegend größere Theil 
ing mit solcher Raffinirtheit zu Werke, daß die 
orhandenen Beweise zu einer Verurtheilung nicht 
usreichten. Beispiele konnten genug aufgeführt 
oerden und leider sind es eben die tausendfachen 
Ausflüchte der Verbrecherwelt, die unsere Richter 
jegen Alles etwas schwergläubig machen, was von 
er Anklagebank überhaupt zu -ihnen gesprochen 
vird. Will man also nicht eine Prämie auf die 
Lerschmitztheit bei Ausführung von Verbrechen 
etzen, so kann von einer durchgängigen Entschädig⸗ 
ing unschuldig Verhafteter bez. Freigesprochener keine 
sede sein! Hingegen dürfte es — da Irrthümer 
zei Verhaftungen. selbredend nicht ausgeschlossen 
ind — wohl am Platze sein, wenn bei Haftent⸗ 
assungen bez. Freisprechungen es dem richterlichen 
ermessen anheimgestellt wird, ob auf Antrag des 
zetroffenen eine Entschädigung zu gewähren sei. 
diermit dürfte der richtige Mittelweg getröffen sein 
ind vor allen Dingen wird dadurch erreicht, daß 
insere staatsanwalischaftlichen Organe, speziell die 
Bolizei bei Verhaftungen mit mehr Vorsicht zu 
Werke gehen werden, als wie das bis jetzt öfter 
)er Fall ist. Die möglichste Garantie der perfön⸗ 
ichen Freiheit, des höchsten menschlichen Gutes, 
nuß unser zu erstrebendes Ziel sein!“ 
F (Der Bock als Gärtner.) In Karls— 
vurg in Siebenbürgen gelang es der Polizei, eine 
efährliche weitverzweigte Einbrecherbande zu ver— 
aften; einer der Rädelsführer dieser Bande war 
ein städtischer Nachiwächter. 
Für Billardspieler wird es interessant 
ein, die neuen Regeln zu erfahren, die bei dem 
im Montag in Paris begonnenen Billardwettkampf 
wischen dem Franzosen Vignaux und dem Amerikaner 
Zchöffer gelten. Weiße Linien sind von einem Ende 
is zum andern in der Länge wie in der Breite 
iber das Billard gezogen und zwar in einem Ab⸗ 
tand von ungefähr 21Centimetern von den Banden. 
diese Linien bilden sonach acht rechtwinkliche Figuren, 
n deren Innerem der Spieler nur ein Mal caram⸗ 
joliren darf, wenn er nicht wenigstens einen 
er gegnerischen Bälle über die Grenze treibt. 
Wird diese Bedingung nicht erfüllt, so kommt dem 
hegner der nächste Stoß zu. Ist der Ball einmal 
jus dem Rechteck, in dem er sich befand, heraus— 
Jetrieben und kehrt dahin zurück, so gilt der Stoß 
ind der Betreffende bleibt am Spiel. Am ersten 
Abend des Wettkampfs machte Hr. Schöffer 600 
Zoints, Vignaux 488; in zwei Touren hatte Schöffer 
105 resp. 125 Points gemacht. 
F Triest, 30. Nov. In der Offizin des 
Triester Tagblatt“ sind heute Nacht zwei Petar— 
en explodirt; es wurde jedoch kein Schaden an⸗— 
erichtet. 
Petersburg, 3. Dez. Es herrschen heute 
—D0 
nassenhaft aus dem Ladogasee in die Newa gehen⸗ 
es Eis. 
Ein furchtbares Verbrechen wurde 
n Laconia (New⸗Hampsfshire) verübt. Ein gewisser 
Thomas Samon ermordete eine Frau Ford, bei 
velcher er logirte, packte die Leiche in einen Koffer 
ind fuhr mil demselben nach dem eine Meile ent⸗ 
ernten Hause eines gewissen James Ruddy, bei 
velchem er sich einlogirte. In der Nacht zum 
Zamstag ermordete er Ruddy und dessen Kind und 
verwundete Frau Ruddy mit einem Beile derartig, 
aß er glaubte, sie sei todt. Dann steckte er das 
zaus mittelst Petroleum in Brand. Das Feuer 
ilarmirte einen Nachbar, der Frau Ruddy im 
zreien liegen fand. Sie war nämlich aus dem 
Fenster gesprungen. Das Feuer murde geldscht. 
zrau Ruddy liegt im Sterben, aber ist im Stande 
sewesen, Aussagen zu machen. Samon wurde am 
nächstfolgenden Tage verhaftet. 
(Eine Riesenhochzeit.) Dem Progresso 
Italo⸗Amerikano wird unterm 14. Nov. aus Pitts⸗ 
urg geschrieben: „Es sind schon alle Vorbereitungen 
ur Heirath der deutschen Riesin Miß Annie Duz 
nit dem irländischen Riesen Patrick O'Brien ge⸗ 
roffen und die Hochzeit wird in den nächsten 
'agen in der deutsch-evangelischen Kirche in der 
echsten Avenue in wahrhaft riefigen Verhältnissen 
tattfinden. Der Bräutigam ist Kathölik und die 
Zraut Protestantin, weßhalb die Funktion verzögert 
vurde, da jedes der Brautleute nach seinem Glau— 
nensbekenntniß getraut sein wollte. Wie immer 
jab der Mann schließlich nach. Die Handschuhe 
ür die Braut mußten eigens bestellt werden und 
zie Maße wurden einer Modistin in New-York 
nitgetheilt, welche mit der Anfertigung derselben 
zetraut ist, während ein Schuhmacherladen in 
Ihiladelphia die Atlaspantoffeln liefern muß. Das 
ßaar wird von einem Wagen mit vier Schimmeln 
iach und aus der Kirche geführt. Es heißt, daß 
wei sehr bekannte Zwerge als Beistände fungiren 
verden, einer für den Bräutigaam, der andere für 
die Braut. 
(Für Auswanderer nach Nordame— 
uka.) „Auch der neue Tarif der Vereinigten 
Ztaaten Nord⸗Amerikas gestattet Einwanderern für 
fkinfuhr von Haushaltungsgegenständen und son— 
tiger Habe einen gewissen Grad von Steuerfrei⸗ 
eit: „Der Freiliste beigefugt — so lautet der be— 
reffende Paragraph — sind Bücher, Bibliotheken 
ind Haushaltungsgegenstände, welche mindestens 
in Jahr lang von den betreffenden Personen im 
luslande gebraucht worden und nicht für Andere 
der zum Verkäufe bestimmt sind; ferner im Ge— 
»rauch befindliche Kletder und andere persönliche 
Effekten, nicht aber Handelswaaren; endlich zur 
Ausübung eines bestimmten Berufs nothwendige 
Bücher und Werkzeuge. Doch soll die Steuerfreiheit 
nicht auf Maschienen oder andere Artikel Bezug 
zaben, die zum Gebrauch in irgend einer Fabrit 
»der zum Verkauf bestimmt sind.“ Durch Ent— 
cheidung des Schatzamtes sind nun diese Bestim— 
nungen weiter dahin begrenzt worden, daß zu 
ꝛiner Farm gehörige Hausthiere in keinem Falle 
von Emigranten frei eingeführt werden dürfen; es 
ei denn, daß letztere mittels eines Gespanns, wie 
»ei den Kanadiern bisweilen geschieht, selbst über 
die Grenze kommen. Weit wichtiger noch fuͤr ein⸗ 
vandernde Europäer ist die Verfügung, daß in der 
Regel sechs Monate als die Periode zu betrachten 
ind, während welcher Emigranten die freie Einfuhr 
der oben erwähnten Dinge beanspruchen dürfen, 
und zwar mögen diese sechs Monale vor oder nach 
)er Hinüberkunft in die Vereinigten Staaten gewählt 
verden. Einzelne Zollämter, wie das St. Louiser, 
ind aus altem Herkommen noch liberaler, indem 
ie die vom Gesetze gestattete freie Frist auf. zwölf 
MNonate ausdehnen. Wer jedoch ein Jahr in den 
zereinigten Staaten verweilt hat und sein im alten 
ßaterlande zurückgebliebenes Eigenthum nicht hat 
sinüberkommen lafsen, muß dafür die enorme Ein— 
zangssteuer bezahlen, welche durch die Ansätze des 
ortigen Tarifs verhängt wird. 
7.Gennmanschwer hört) Prinz G. 
ragt in einer Gesellschaft einen alten Baron nach 
)em Befinden sciner Gemahlin. Dieser sehr taub 
ind seit längerer Zeit mit einem quälenden Husten 
Hehaftet, glaubt, die Frage gelte letzterem und ent— 
zegnet devot: „Zu gnädig, Durchlaucht, ich thue 
Alles in der Welt, um mich davon zu befreien, 
iber es geht nicht, mit diesem Feinde muß ich aus⸗ 
sukommen suchen. Das Leben wird mir zur Hölle, 
zesonders des Naches, wo ich immer fürchte, daß 
nir die Kehle zugeschnürt wird!“ Der Prinz machte 
ein kurioses Gesicht, bis ihm der wahre Sachverhalt 
zedeutet wurde. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Rohrbach b. Landau Mich. He⸗ 
ancourt, 69 J. a.; in Herxheim b. Landau 
Lazarus Blum, 73 J. a.; in Queichheim Mag⸗ 
alena Greim; in Hambach Klara Adler, geb. 
Fung, 60 J. a.; in Iggelheim Jakob Fapp. 
28 J. a. 
Fuür die Redaktion verantwortlich: F. X. Dem etz. 
Nr. G1 des prattischen Wochenblattes für 
alle Hausfrauen „Fürs Haus““ (Preis vieriel 
ährlich 1 Mark) enthält: 
Liebet die Thiere! — Der Eintritt in die 
zroße Welt. — Billiger Christbaumschmuck. 
— Das Vaterhaus. — Auslachen. — Dienst⸗ 
zotenzeugnisse. — Der Mutter Bild. 
Fehler bei Herrenhemden. — „Ich hatte einst 
ein schönes Vaterland“. — Fensterdecke. — 
Vermietungs-⸗Bureaus. — Haartracht. — 
Raschen. — Kinderbücher. — Kindertheater. 
— Kanarienvogel. — Auerhahn. — Papagei. 
— Pelzsachen. — Flaschen zu reinigen. — 
Reinigen von Bronzegegenständen. — Hart⸗ 
gewordene Gummisachen. — Reinigen von 
Boldrahmen. — Pomade. — Stöecrin zu 
berwerthen. — Geranium. — Vertilgung 
zer Würmer in Blumentöpfen. — Amaryllis. 
— Für die Küche. — Raͤthsel. Fernsprecher. 
— Echo. — Briefkasten der Schriftstelle. — 
der Markt. — Anzeigen. — Probenummer 
zratis in allen Buchhandlungen. — Notariell 
beglaubigte Auflage 30,000. — Wocheuspruch: 
Unwiderruflich dorrt die Blüthe, 
Unwiderruflich wächst das Kind, 
Abgründe liegen im Gemüthe 
Die tiefer als die Hölle sind. 
α 
derkäuft und Verpathtungen, Betheilignugen 
ztelen⸗Vakanzen ett. 
verden am sichersten durch Annoncen in zweckentsprechenden 
zeitungen zur Kenntniß der bez. Reflektanten gebracht; die, 
inlaufenden Offerten werden den Inserenten im Original 
ugesandt. Nähere Auskunft ertheilt die Annoncen⸗Exped. von 
Nudolf Mosse, Frankfurt a. M., Roßmarit kt. 8.