Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Der Arbeitsplan für die im Jahre 1884 
bzuhaltenden allgemeinen Fordbildungs- 
Fonferenzen des Lehrpersonals an den 
Volksschulen der Pfalz umfaßt folgende Themata: 
Für die erste allgemeine Conferenz (30. April): 
I) Die formale Gliederung der unterrichtlichen Be— 
zandlung eines Stoffpensums in die fünf Stufen: 
Vorbereitung, Darbietung, Verknüpfung, Zusam⸗ 
nenfassung und Anwendung. 2) Was hat die 
Schule bezüglich der Gesundheitspflege der Schüler 
zu beachten? — Für die zweite allgemeine Con⸗ 
serenz (25. Juni): 1) Der „orbis pictus““ des 
Joh. Amos Comenius und das Elementarwerk des 
Joh. Bernh. Basedow. 2) Frage und Antwort 
im Unterrichte. — Für die dritte allgemeine Con—⸗ 
ferenz (13. Aug.): 1) Die Lüge. 2) Wie kann 
der Lehrer den Sinn für Sparsamkeit in den Schü⸗— 
sern wecken und pflegen? 
Vermischtes. 
F Mannheim, 5. Febr. Eine wesentliche 
Abünderung der Bestimmungen in der Sicherheits— 
yolizei hat fich hier in aller Stille vollzogen Zu— 
aächst fällt die Polizeistunde für Wirthschaften in 
enen Ruhe herrscht, ganz weg, wogegen die Schutz 
eute berechtigt sind, da, wo ruhestörender Lärin 
yerursacht wird, die Wirthschaft zu schließen. Es 
vird sonach ein Wirth, der es versteht, in seinem 
veschäfte die nöthige Ruhe und Ordnunng zu erhalten, 
n Zukunft von der Polizei nicht mehr belästigt 
verden. In vielen Städten hat sich dieses System 
yereits gut bewährt. 
Manchmal liegt das Geld auch jetzt noch auf 
der Straße. So fand dieser Tage ein Einwohner 
„on Mannheim auf den Planken ein Packet, 
idressirt an die Firma Nauen, mit über 1200 M. 
Inhalt. Der redliche Finder lieferte seinen Fund 
ilsbald auf der Polizei ab. 
Frankfurt, 10. Febr. In der ver— 
jangenen Nacht wurde ein junger Mann Namens 
Fulda auf offener Straße angefallen, durch einen 
Nesserstich in die Brust schwer verletzt und seines 
ßortemonnaies mit 300 Mt. beraubi. 
fBudapest, 11. Febr. Eine entsetzliche 
tatastrophe hat sich auf der Theiß zwischen Dom⸗ 
ad und Czigard ereignet. Ein Hochzeitszug von 
35 Personen setzte auf sieben Wagen über die Theiß, 
nmitten des Flusses brach aber die Eisdecke. All⸗— 
ertranken, nur ein Zigeuner ist gerettet. 
FCGUnschuldig verurtheilt) Die „Linzer 
Tagespost“ schreibt: Im August vorigen Jahres 
vurde wegen dringenden Verdachtes der Brand— 
egung, begangen an dem Anwesen seiner Gattin, 
er zu Neunkirchen in der Viechtau wohnhafte Bauer 
Franz Rahstorfer arretirt und dem Gerichte einge⸗ 
iefert, wo er bei der wider ihn beim Kreisgerichte 
Wels im Nov. v. J. durchgeführten Schwurgerichis- 
erhandlung von den Geschworenen für schuldig 
efunden und vom Gerichtshofe zu 7 Jahren schweren 
derkers verurtheilt wurde. Baid nach dessen Ver⸗ 
urtheilung wurde über Anzeige der Gattin des ver⸗ 
artheilten Rahstorfer die be derselben im Hause 
vohnhafte Krämerin Josefa Berner als diejenige 
Thäterin eruirt und arretirt, welche diverse Dieb⸗ 
tähle in ziemlich bedeutendem Werthe im Hause 
er Rahstorfer verübte. Dieselbe wurde unter An⸗ 
chluß vieler zu Stande gebrachten gestohlenen Gegen⸗ 
tande dem öerichte eingeliefert. Während der ge⸗ 
ichtlichen Untersuchung nun traten solche Momente 
u Tage, welche möglicher Weise nicht den Rah⸗ 
torfer, sondern die Berner als die Thäterin dieses 
raglichen Brandes erscheinen ließen. Aus diesem 
zrunde wurden auch die Nachforschungen und Er— 
sebungen von Seite des Kreisgerichtes Wels auf 
ꝛas eifrigste eingeleitet und muß jedenfalls gegen 
ie Berner ein derartig belastendes Beweismaleiai 
sierbei zu Tage getreten sein, daß sich das Kreis⸗ 
jericht Wels veranlaßt fand, mittels Beschluß den 
n Haft befindlichen Rahstorfer sofort auf freien 
juß zu setzen. Rahstorfer, welcher bereits ein halbes 
jaht sich in Haflbefand, traf auch vor einigen 
dagen in seiner Wohnung ein. Bemerkenswerth 
st noch der Umfiand, daß die Berner bei der Schluß 
erhandlung wider Fran, Rahstorfer als Zeugin 
jegen denselben ihre Aussagen machte. 
Gonder Herzogin von Beauffre— 
nont.) Ueber diese Dame, welche wiederholt von 
hteden macht, wind dem w Paris 
reschrieben: Vor der ersten Zivilkammer des Seine— 
tribunals ist ein interessantes Verfahren gegen eine 
rnehme Verschwenderin eingeleitel wordene Der 
ic oe Beauffremont in eigener Person hat den 
Antrag gestellt, seiner Gattin einen „conseil judi- 
iaire zu geben, d. h. sie unter Kuratel zu stellen, 
ind er begründet seine Forderung mit dem Hinweis 
arauf, daß die Herzogin zur Zeit mit nicht weniger 
ils zweiundneunzig Pariser Lieferanten im Prozeß 
iege, ohne seine Zustimmung für 25,000 Fraucẽ 
3pitzen und für 830,000 Fraucs Bijoux gekauft, 
zußerdem aber noch Schulden in Höhe von drei 
Nillionen gemacht habe. Die Duchesse de Beauf⸗ 
remont, welche hiernach als die verkörperte Ver— 
hwenderin erscheint, ist in Folge ihrer Bizarrerien 
ind ihres exzentrischen Gebarens eine der interes⸗ 
antesten Physiognomien der Pariser „monde'!. 
aure Leroux mit ihrem Mädchennamen, ist sie die 
Tochter eines immens reichen Wechselagenten, wel— 
her bei seinem Tode seiner Gattin neun Millionen 
Franks Barvermögen und seinem einzigen Kinde 
ine gleich hohe Summe hinterließ. Da zu diesem 
lüssigen Vermögen für das junge Mädchen noch 
inige werthvolle Immobilien hinzukamen, so belief 
ich ihr Totalbesitz auf circa fünfzehn Millionen 
yranks. Madame Leroux legte den Witwenschleier 
ib, um sich mit dem Prinzen de la Tour d'Au— 
dergne zu vermälen. Ihre sechzehnjährige Tochter 
aber reichte dem Duc de Beauffremout die Hand. 
Wer hätte es anders erwurtet, als daß diese hübsche, 
unge Millionärin, welche sich durch außerordentlichen 
Esprit, musikalische Talente ꝛc. auszeichnete und 
ich geläufig in vier Sprachen auszudruͤcken verstand, 
von ihrem Gatten auf Händen getragen werden 
vürde. Und doch sollten Hymens Bande für das 
unge Paar aus Rosenfessein bald zu Dornenketten 
verden. In der Ehe brach — aus welchen Ur— 
achen hat man nie recht erfahren — helle Zwie⸗ 
racht aus und bei einer heftigen Auseinandersetz⸗ 
ing vergaß sich der Herzog so weit, daß er seine 
Battin mit einer eisernen Gardinenstange an der 
Schulter verwundete. Trotzdem fuhren die beiden 
satten fort, in gemeinsamem Haushalte zu leben. 
kine der Ehe entsprossene Tochler starb in zu zar⸗ 
em Alter, um eine dauernde Annäherung des Her⸗ 
ogs und der Herzogin herbeizuführen. Ohne es 
zu einer Ehescheidung kommen zu lassen, lebte man 
nun nach dem Prinzip: „Geh' Du rechtwärts, 
laß mich linkswärts gehen!“ Der Duc de Beauf⸗ 
remont zog sich in sein bescheidenes Garçonheim 
n der Avenue Persier zurück, während seine Ge— 
nahlin den Versuch machte, sich durch ihren über— 
riebenen Luxus und die kostspieligsten Toilettenka— 
rizen zur Modesouveränin emporzuschwingen. Sie 
oar die Erste, welche mit Chantisly⸗ Spihen um⸗ 
äumte indische Kaschmirs für zehntausend Franks 
rug und es dahin brachte, in einem einzigen Jahre 
echzig verschiedene Hüte zu tragen. Dann floh sie 
nin einemmal den weltlichen Tand und pilgerte, 
»on religiöser Schwärmerei ergriffen, nach Rom. 
Nuf die Dauer scheint dieses Anachoretenleben der 
»izarren Frau denn doch nicht behagt zu haben, 
senn mit einemmale hielt ihr elegantes Coupe vor 
)er Thüre einer bekannten Coututiere in der Rue 
de la Chaussee d'Antin. Da man an alle möglichen 
Tollheiten von Seite der Herzogin gewöhnt war, 
o wunderte man sich nicht zu fehr,als sie nach 
iner abermaligen italienischen Reise mit einer kleinen, 
zildschönen, schwarzköpfigen Neapolitanerin, die sie, 
»er Himmel weiß wo, aufgelesen zurückkehrte. „Ich 
jabe das kleine Mädchen adoptirt,“ erklärte fie 
hren Besuchern, „sie heißt Antoineite und damit 
ie auch einen Titel habe, habe ich von dem alten 
drinzen Mandario für 200,000 Fr. das Recht er⸗ 
dorben, sie Autoinette, Prinzessin Mandario zu 
ennen.“ So verhielt es sich denn auch buchstäblich 
das zu einer stolzen Signora emporgeblühte schöne 
dind trägt um den Hals ein seltsames stachliches 
dollier, auf welchem in Diamantchiffres die Devise 
länzt: „Qui s') frotte, s'y pique.“ (Wer sich 
aran reibt, sticht sich daran.) Außerdem besitzt 
»ie Prinzessin Antoinette noch für dreis bis vier 
junderttausend Franks Schmuckgegenslände, welche 
hr ihre Adoptiv-Mutter nach und nach angekauft 
jatte. Die heute zweiundfünfzig Jahre zaählende 
Duchesse de Beauffremont soll sich augenblialich mif 
hrer Schutzbefohlenen in Wiesbaden aufhalten. 
eueren Mittheilungen zufolge hat die Duchesse 
hren Prozeß gewonnen. 
F(Wenn man reich wird.) In Paris 
vurde dieser Tage das große Loos der Künstler⸗ 
zotterie gezogen, 100,000 Francs. Die glückliche 
vewinnerin, Fräulein Josephine Dacre, ein junges, 
übsches Mädchen von 18 Jahren, erschien, bon 
jrem Vater und einem Notar begleitet, auf der 
gank, um das Geld in Empfang zu nehmen. 
Fräulein Dacre hat in den wenigen Tagen, welche 
der Ziehung folgten, nach Aussage ihres Notars 
ichon an achtzig Heirathsanträge erhalten oder, wie 
die junge Dame selbst behaupiet, sogar schon über 
jundert. Auch charakteristisch für unsere Zeit. 
F Brüssel, 9. Febr. Das Kapital für die 
Antwerpener Weltausstellung im Jahre 18883 ist 
pollständig gezeichnet, die Ausführung des Unter⸗ 
nehmens gesichert. (Frk. Ztg.) 
GEin sonderbares Attentat). Der 
dondoner Korrespondent des B. T. schreibt am 7. 
Februar: Dem Prinzen Leopold passirte 
gestern Abend ein sonderbarer Unfall. Als derfelbe 
jestern Abend die „Junggesellen⸗Halle“ in Dor— 
ting, woselbst er dinirt hatte, verließ, wurde er 
»on einem Unbekannten absichtlich mit einem Kruge 
Bier übergossen. Der Thäter entkam in dier 
Dunkelheit. 
F, Was ist eine Frau werth? In 
Rouabon in Wales scheint man den Werth einer 
Frau auf 10 Shillinge zu schätzen, denn dort ging 
yor einigen Tagen ein Taglöhner mit dem hübschen 
Weibchen eines Bergmannes nach Tyldesley in 
zancashire durch, von wo aus er dem betrübten 
xhemann schrieb, er brauche ihn nicht weiter zu 
yerfolgen, denn seine Frau bekäme er doch nicht 
vieder; er wolle ihm aber, wenn er auf alle An⸗ 
prüche an seine Frau schriftlich verzichte, 10 Shil⸗ 
inge baares Geld schicken und sich dann sofort mit 
der Frau verheirathen, für die und deren Kinder 
er ein gutes Heim bereiten werde. Der zärtliche 
Gatte nahm den Vorschlag zur Güte an, wolli— 
iber erst das Geld sehen, ehe er die gewünschte 
chriftliche Abtretung ausfertigte, und waͤrtet nun 
mit Schmerzen auf die 10 Shillinge. 
, Dem Berl. Tagbl. wird geschrieben: Die 
Angaben über die sagenhafte Perfönlichkeit 
des Mahdi weichen noch immer weit von ein⸗ 
ander ab. Während die Einen in dem Propheten 
ꝛeinen Glaubensfanatiker ganz ohne Bildung sehen 
vollen, stellen ihn andere wieder als einen mit 
reichen Kenntnissen ausgerüsteten ehemaligen Sklaven⸗ 
händler dar. Die neueste Version ist nun folgende: 
Mohammed Achmed ist der ehemalige Diener eines 
ranzösischen Arztes und in der Provinz Dongola 
zeboren. Nachdem er schon längere Zeit unter 
einen Stammesgenossen als Fakih bekannt war, 
zhne sich jedoch eines groͤßern Ansehens zu erfreuen, 
als die übrigen Vertreter der mohamedanischen 
Priesterkaste, entzog er sich plötzlich dem Gesichts— 
kreis der Menschen, um auf einer Insel des weißen 
Ril — Aba — durch ein strenges und ascetisches 
Klausnerleben sich auf die Rolle eines Mahdi vor— 
zubereiten. Es gelang ihm, verschiedene Scheichs 
aus dem kriegerischen und raubsüchtigen Stamme 
der Bagara für sich zu interessiren und durch Hei⸗ 
rathen mit deren Töchtern zu Macht und Ansehen 
zu gelangen. 
F. Aus Aegypten Um von dem Fanatis— 
mus der Feinde, welche dem besiegten Baker Pascha 
—D — 
mag folgender Zwischenfall hier Stelle finden, der 
sich am 31. Januar bei Trinkitat zutrug: Ein 
Spion wurde außerhalb des ägyptischen Lagers 
entdeckt. Obschon nur ein Knabe von 153 Jahren, 
s'ocht er wie ein Rasender, verwundete einen Mann 
nit dem Speer und ergab sich erst, nachdem er 
einen Bajonetstich erhalten hatte, von dem er sich 
ichwerlich erholen wird. Seine tapfere Haltung 
rregte die Bewunderung des ägyptischen Heeres 
Als man ihn fragte, ob er ein Bedürfniß habe. 
intwortete er: „Laßt mich einen Aegypter erlegen, 
bevor ich sterbe!“ Gegen solche Leute follte Pafcha 
mit Geld und elenden Soͤldnern zu Felde ziehen. 
F.Der diesjährige Winter ist selbst im 
iußersten Süden der Vereinigten Staaten 
ehr hart. In Florida hat es z. B. so stark ge— 
froren, daß in vielen Orangengärten die Frucht 
und die jungen Bäumchen und zarteren Zweige 
der älteren Bäume ruinirt sind. Die Armen in 
den Südstaaten haben unter der Kälte um so 
schwerer zu leiden, als sie nicht darauf vorbereitet 
ind, weder mit Kleidern und Bettzeug, noch mit 
Defen und wetterdichten Wohnungen. In Char⸗ 
eston (S.«C.) stand das Thermometer am 12. 
Januar auf — 10 Grad Celsius. eine Kälte, wie 
nan sie in Süd-Carolina seit 185 Jahren nicht 
etlebt haben soll. 
F(Auf dem Eise) Der jährliche Eis⸗ 
darneval zu Montreal in Canada wuͤrde am 4. d., 
egünstigt von prächtigem Wetter und unter dem 
zusammenfluß einer ungeheuren Volksmenge, ab⸗