st. Ingherter Amziger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Gonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
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* 74.
Unser Parteitag in Neustadt.
der Augenblick der Klärung auf dem Gebiete
es Parteilebens ist eingetreten. Die deutsch- frei⸗
anige Partei hat jeglichen Geist der Verneinung
ei sich zu Gaste geladen. Die Nationalliberalen
ffnen dem Geiste des thatkräftigen Schaffens Thür
id Thor. Schon früher ist es von uns ausge—
drochen worbden: Wenn unsere Nachbaren zur
unken die „liberale Frage“ aufwerfen wollen, wir
ehmen den Streit an. Und in der Heidelberger
erklärung ist bereits gesagt, welche Kampfbeding⸗
ingen wir verlangen. Offen und freimüthig be—
ennen wir uns zur Unterstützung aller derjenigen
sbsichten, welche auf die Hebung der Volkswohl⸗
ahtt abzielen und stellen die trennenden Punkte
arück, wo immer praktische Erwägung Raum findet.
das nennen wir liberal. Weiter links von uns
ellt man unzählige „Doctorfragen“ obenan und
ehandelt die praktischen Ftagen in dem Maße übel—
vollend, als die Regierung besseres thun zu sollen
laubt, als über dem Parteigezänk Boden im Volke
ind Zeit zu verlieren. So verstehen wir den libe—
alen Begriff, welcher im Programm der neuen
gartei sich ausspricht. Wo das bessere Erkennen
t, wird sich ja bald zeigen. Truügen aber nicht
lle Verheißungen, die uns am Montag in Neustadt
ch darboten, so hat in großen Theilen der Be—⸗
ölkerung ein Geist Wurzel geschlagen, dem wir uns
ußerordentlich verwandt fühlen. Ihn zu beleben,
edurfte es einer solchen That, wie sie in Neustadt
etzt vollbracht wurde. Aber da ist er nun auch mit
iler Macht durchgebrochen. Taß in unsern südlichen
'andestheilen die nationale, patriotische Empfindung
zach wie vor warm und tiefgreifend herrscht, ist ja nur
atürlich. Sie wird niemals versagen, selbst wenn durch
nnere oder äußere Gewalten unserem Volke je wieder
ationale Demüthigungen zugefügt werden könnten.
lber was vielfach, und namentlich in Norddeutsch-
ind, überraschen wird, das ist die ganz kategorische
jorderung der entschiedensten Unterstuͤtzung aller
usgesprochenen Wohlfahrtspolitik der Rteichsregie⸗
ung im Reiche. So, wie da an allen Ecken und
inden der heilige Eifer emporloderte, konnte er es
och nur, wenn die nationale ebenso wie die soziale
ʒedeutung der letzten ins Auge gefaßten Ziele jener
zolitik bereits bei Führern und Wäöhlern überaus
ar erkannt wird. Dies nun sind die beiden
Ungelhunkte unserer zukünftigen Parteithätigkeit.
deutsch vor allem wollen wir sein; und nicht mehr
ur ein Volk der Denker, sondern auch ein Volk
res praktischen Gestaltens. Damit richten wir kein
zulunftsprogramm auf, bekunden keine abschweifende
harteiauffassung. Dainit allein degehen wir aber
uich noch keinen Alt der Feindseligkeit gegen irgend⸗
velche nationalgesinnte Parteirichtung; noch viel
oeniger aber denken wir daran, damit die Ver—
duetzung mit irgend welchen Nachbarparteien ein⸗
— Herr Dr. Miqusl hat dies gleich zu
* großen Rede mit allem Nachdruck
Herr Dr. Osann ist mit womöglich
mehr Temperament darauf zurückgekommen,
oen allen Seiten der Partei hin zu rufen:
zun marschfahig, feid auch marschbereit, und
æ erdet unabhängig von der Marschrichtung
crer Parteikörper!
wWn waren beiläufig die klaren, vollständig
n digen faktischen Gesichtspunkte bezeichnet,
— Parteitag in Neustadt gegeben hat.
ꝛ reit zu werden, ist nun die Sache der Or⸗
ation, die hoffentlich im Laufe dier Mou—⸗
Donnerstag, 17. April 1884.
—19. Jahrg.
noch um einen weiteren Schritt vorwärts kommen
kann. Marschfähig aber, im Besitze aller für den
Trfolg vorauszusetzenden inneren Kräfte sind wir
in Neustadt geworden. Dort hat unter dem Jubel
ines ganzen Volkes ein ganzer Mann uns die
Wehr und Waffen geschliffen, die wir in Heidelberg
jeschmiedet. Dieses, unser fachliches Arbeitspro—
zramm soll uuns noch recht oft eingehend beschäftigen.
(Pf. L. C.)
wziellen Vertreiern der einzelnen Landesparteien be—
jucht. Eingezeichnet waren auf dem Wohnungs⸗
»ureau des Lokalkomité's behufs Ermittlung von
Nachtquartier 51 auswärtige Gäste, darunter 8
Herren aus dem rechtsrheinischen Bayern, 15 aus
Württemberg, 6 aus Baden, 10 aus Hessen, 5
aus Frankfurt a. M., 3 aus dem Regierungsbezirk
Wiesbaden, 6 aus dem Regierungsbezirk Cassel
und 3 aus der preußischen Rheinprovinz, endlich
der Herr Abg. Dr. F. Weber aus Berlin. Tele—
zraphische Zustimmungskundgebungen lagen in gro—
zer Anzahl bereits vor Beginn des Parteitags dem
Bureau vor, darunter aus dem rechtsrheinischen
Bayern von den leider verhinderten Abgeordneten
Prof. Dr. Marquardsen, (z. Z. in Bozen)s, Strauß
Mosbach), Dr. Aub (Feuchtwangen), von Herrn
Fommerzienrath Al. Dessauer (Aschaffenburg) Namens
er dortigen Gesinnungsgenossen, von den Herren
Ddörfler und Tröltsch (Weißenburg a. S.) Aus
ẽlberfeld lief während des Parteitags folgendes
Telegramm ein: „Unseren süddeutschen Parteige—
iossen herzlichen Gruß mit dem Wunsche, daß die
seutige Versammlung unsere gute Sache fördern
und beleben möge. Namens der nationalliberalen
Zartei von Elberfeld-Barmen! Louis Simons.
stobert Barthols. Abg. Dr. Graf.“ Unter anderen
Vertretern der befreundeten Presse begrüßten wir
»ie Herren Dr. Cajus Möller-Elberfeld, F. Grüne⸗
vald, Süddeutsche Presse, München, F. Walz,
Frankfurter Journal, J. Cloß, Badische Landes-
eitung, Karlsruhe u. s. w. An dem gemeinsamen
Nittagessen im Saalbau nahmen 120 Gäste, an
»em Bankett im Schützenhaus (Hotel zu den vier
zahreszeiten) etwa die doppelte Anzahl theil. Die
Zersammlung auf dem Parteitage selbst wurde zu⸗
zerlässig auf über 4200 Personen geschätzt.
— Hainfeld. Gewiß eine Seltenheit. Am
zerflossenen Samstag brachte der Hund des Müllers
Herrn Metzger hier 17 Junge zur Welt.
— Im „Kreisamtsblatt der Pfalz“ wird
olgende Bekanntmachung der kgl. Regierung ver⸗
ffentlicht: „Nach Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes vom
326. Februar 1850, betr. die Versammlungen
ind Vereine, müssen alle Einladungen oder Äuf⸗
orderungen zu Versammlungen, in welchen öffeni⸗
iche Angelegenheiten erörtert werden sollen, mögen
)iese Einladungen oder Aufforderungen in öffent—
ichen Auschlägen enthalten oder in öffentlichen
Blättern eingerückt oder sonst durch Schrift oder
Oruck verbreitet sein, mit den Unterschriften Der⸗
enigen versehen sein, welche sie ergehen lassen. Es
ist die Wahrnehmung gemacht worden, daß in
aeuester Zeit diese Vorschriften außer Acht gelassen
werden. Jnsbesondere kommt es nicht selten vor,
daß derartige Einladungen anstatt der Unterschrif—
ten Derjenigen, welche sie ergehen lassen, lediglich
die Fertigung führen: „Der Vorstand oder der
Ausschuß des X-Vereins N.“ Die kgl. Regierung
iieht sich daher veranlaßt, obige GesetzesBestimm-
uingen zur entsprechenden Beachtung in Erinnerung
zu hringen.“
Volitische Uebersicht.
—A
Berlin, 15. April. In Bezug auf die Stel⸗
ung des Fürsten Bismarck innerhalb des
dreußischen Ministeriums bleibt vorläufig Alles
veim Alten. Wir hören mit Bestimmtheit, daß der
daiser zunächst seine völlige Wiederherstellung ab⸗
varten will, bevor er eine Entscheidung trifft, zu
welcher der greise Monarch sich lieber nicht herbei—
assen möchte.
Berlin, 160. April. Dem Kaiser ist die
Ausfahrt, welche derselbe gestern im geschlossenen
WBagen machte, recht gut bekommen.
Berlin, 16. April. Es heißt, die Abreise
»es Kaisers nach Wiesbaden werde am Sonntag
bend erfolgen. — Laut Aushang in den königlichen
Theatern ist Hans v. Bülow das Prädicat eines
öniglichen Hofpianisten entzogen worden.
(Gonfiscation sozialdemokratischer
Z„chriften.) In Altkirch im Oberelsaß beschlag⸗
jahmte die Polizei am 11. ds. eine 84 Kilo schwere
diste, welche sozialdemokratische Schriften enthielt.
dieselben sind aus der Schweiz von Frauenspersonen
n kleinen Packeten über die Grenze geschmuggelt;
ie Kiste sollte nach Mannheim g sandt und von
vort nach verschiedenen Städten rpedirt werden.
Ausland.
Shanghai, 15. April. Der Vizekönig
von Canton ist wegen Nichbefolgung der ihm
rtheilten Befehle öffentlich degradirt worden. Die
hinesischen Offiziere, welche als verantworlich für
en Verlust Bacninhs angesehen werden, sind
zur Enthauptung verurtheilt worden. In der Ver—
valtung des chinesischen Reiches werden wichtige
deränderungen erwartet. Eine allgemeine Rekru—
irung ist für die chinesische Armee angeordnet. Der
Bouverneur von Yuennan ist nach Peking beschieden,
im sich zu verantworten. Man hält die augen—
zlickliche Lage in Veking für kritisch.
Lokale und viälzische Nachrichten.
— Homburg, 12. April. Einen schlimme—
en Streich kann man gewiß seinem Todfeinde nicht
pielen, als dies dahier Einer dem Wirthe Baus
früher Löschhorn) gethan hat. Derselbe ließ am
dienstag seinen Weiher ab, um ihn am Mittwoch
schen zu können; es konnte mindestens auf zehn
zentner Fische gerechnet werden. Da ertränkte sich
n der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch ein In—
ividuum in dem Weiher und man hielt es für
serathen, das Fischen zu unterlassen, da die Fische
vohl keinen Absatz deßhalb gefunden hätten.
— Der Verein pfälzische Brennerei⸗In-—
eressenten beabsichtigt am 27. ds. Mts. in
Romburg eine Versammlung zu halten, zu wel⸗
her ein Vortrag über Controle des Brennereibe—
riebes mit vorgeführten Versuchen auf der Tages—
rrdnung steht.
— Kaiserslautern, 15. April. Der
ecrin⸗ Posegirfentan in Nonstadt mar hvon 52 affi—
Vermischtes.
F In Neunkirchen ist auf dortigem Bahn⸗
jofe, nach der „S.- u. Bl.⸗Ztg.“, ein beim Ran⸗
jiren beschäftigter Bahnarbeiter überfahren worden
ind kurz darauf im Bergmannslazarett verstorben.
F Merzig, 12. April. Nach dem „Merz.
drbl.“ erlebte eine hiesige Frau, die Wittwe Becker,
zeb. Blick, zum 100. Male das Osterfest. Die
Fran wirn hinnen Currem das 66bu seltene MNIA,-
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