Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 208. 
Sonntag, 26. Oktober 1884. 
19. Jahrg 
4 katholische Kirche in Annweiler be⸗— 
Politische Uebersicht. lde ine girg 
*— In Bezug auf die in unserm gestrigen 
Blatte gebrachte Notiz, daß auf dem hiesigen Bahn⸗ 
sofe aus einem Fasse infolge unvorsichnigen Ver ⸗ 
vdlusses eine größere Quantität neuen Weines aus⸗ 
elaufen sei, wird uns berichtigend mitgetheilt, daß 
ich der betreffende Weinhandler, wie falschlich an⸗ 
enommen werden konnite, durchaus keine Unvor⸗ 
chtigkeit bei Verschluß des zu Verlust gegangenen 
Fassen zu Schulden kommen ließ. Das Malheur 
Jjat derselbe lediglich der Anwendung einer neuen 
Art von Mostpfeife zu danken, die natürlich bestens 
ingepriesen war und auch patentirt sein soll, sich 
sber, wie der vorliegende Fall zeigt, durchaus nicht 
ewährte, indem auch aus andern Fässern, die die⸗ 
elbe Mostpfeife trugen, groͤßere Quantitäten Wein 
usgetrieben waren. 
J Cedirt ein Hauseigenthümer eine Mieths⸗ 
orderung an einen anderen, ohne zugleich sein 
Hrundstück selbst an diesen zu übertragen, so geht 
nach einem Urtheil des Reichsgerichiz vom 16. 
Sept. d. J. auf den Cessionar das Pfand- und 
Retentionsrecht an den Illaten des Mieihers nicht 
iber, und ist dieser demnach nicht zur Stellung 
ines Strafantrages wegen Fortschaffung der Illaten 
zefugt. 
— Kaiserslautern, 28. Okt. Vor einigen 
Tagen zur späten Nachtzeit wurde in das Burcau 
deß Herrn Banquiers Möser dahier eingebrochen. 
3wei oder drei Personen benützten hierzu das Er⸗ 
erfenster des Hauses an der Front der Eisenbahn⸗ 
tratße. Im Bureau durchschritten sie das vordere 
zimmer, schlossen dasselbe ab und traten dann in 
as dem Publikum von der Weberstraße aus zu⸗ 
ängige Bureauzimmer, wo aber der weitere Beginn 
hrer Thätigkeit durch den eleltrischen Apparat sein 
ende fand. Dieser machte Laͤrm, worauf Herr 
Moͤser hinabeilte und als er die Thür zwischen 
em Bureau und seinem Geschaftszimmer verschlossen 
and, auf die Straße sich begab, um von der an⸗ 
»eren Seite in die bedrohten Raume zu gelangen. 
Inzwischen oͤffneten die Gauner aber die verschlossene 
Thüre, entzogen sich aus dem erwähnten Erkerfenster 
ntspringend, ihrer Habhaftwerdung durch die Flucht, 
»hne den beabsichtigten Zweck der Plünderung der 
dafse erreicht zu haben. Der Lauteapparat war 
chon vor vielen Jahren von Herrn Möser ange⸗ 
hafft und hat somit jezt zum ersten Male gute 
dienste geleistet. 
— Der „Kais. Stadtanz.“ erzählt eine ergdtz⸗ 
iche Geschichte, die sich in einem Orte in der Nade 
on Kaiserslautern zugettagen haben soll. 
rinem Oekonomen wurden namlich, troß der AÄuf⸗ 
cht des Feldschützen, wiederholt Früchte gestohlen, 
ꝛis er selbst aufzupassen beschloß. 12 Uhr Nächts 
am auch richtig der Dieb herbei, warde rasch ge⸗ 
vactt und erkannt in der Person des — Feldschüßen 
elbst! 
Bermischtes. 
x Der Componist des Liedes: „Was ist des 
Deutschen Vaterland“, Gustav Reichardt, ist am 
18. Oktober in 87. Lebensjahre in Berlin ge⸗ 
torben. Derselbe wurde am 18. Nov. 1797 qzu 
Schmarsow bei Demmin (Vorpommern) geboren. 
kr entstammte einer Predigerfamilie, in der Wissen⸗ 
chaft und Kunst, namentlich Musik, auf das eif⸗ 
igste getrieben wurde. 
F Zu den trübseligen Aussichten, welche das 
Studium der neueren Philslogie bieiet und dem 
Schicksal, welchem unsere jungen Philologen enigegen 
ehen, gibt folgendes Inserat im „Berl. Tagebi.“ 
rine wenig erfreuliche Illustration: „Traurig, 
aAber wahr! Ein Philologe, der wegen z. Z. 
Jerrsch. ungünst. Verhaͤlinisse in s. Beruf denfelben 
aufteben u. e. anderen — seinen Fähigkeiten, ent⸗ 
prechenden, gleichviel welchen — ergreifen möchte, 
vünscht z. d. Zwecke mit e. geb. Dame v. angen. 
Aeußern u. echt weiblichem Wesen beh. späierer 
Verheirathung i. Corr. z. treten. Damen, welche 
iber die Art u. Weise dieses Antrages vorurtheilä- 
rei denken, sich nach e. glückl. zufried. Zusammen⸗ 
eben m. e. geb. u. ehrenhaften Manne sehnen und 
)aß hierzu nothwendige Vermoͤgen besißen, wollen 
vertrauensvoll Nachricht geben unt. J. G. 5428 
in die Exp. d. Bl. 
F Bayreuth, 18. Okt. Der älteste Unter⸗ 
ffizier der bayerischen und der deutschen Armee, 
Herr Stabetrompeter Göttling, feiert am 1. Novp. 
einen 7 Ijahrigen Geburtatag und zugleich den Tag, 
in welchem er vor 30 Jahren zum Stabstrompeter 
imek. 6. Chevaurlegerssregimente ernannt worden ist. 
F Furth, 20. Ott. Im nahegelegenen Eschl⸗ 
lam geriethen am Kirchweihsonntag drei junge 
Burschen auf dem Heimwege vom Goiterdienst in 
Streit, der alabald in Thätlichkeiten ausartete. 
Während des Geraufes bewaffnete sich der Jüngste 
mit einem Zaunstecken und hieb seinem Gegner mit 
olcher Wucht auf die Schläfe, daß der Getroffene 
jodt liegen blieb. Der Ermordete ist 18 Jahre 
alt, der Moörder 15 Jahre! J 
fF Freudenstadt, 23. Okt. In dem Weiler 
Tonbach wurde die Entdeckung gemacht, daß eine 
un 41jährige Frauensperson von ihren Angehoͤrigen 
chon seit einer Reihe von Jahren, wie man sagt, 
eit der Geburt ihres jeßt 19 Jahre alten Sohnes, 
n einem finstern, stallähnlichen Raume auf dem 
Speicher eingesperrt gehaiten worden war, wo ihr 
jalbverfaultes Stroh als Lager diente; die Un— 
Aüdliche soll infolge der ihr zutheil gewordenen 
Zehandlung blödfinnig geworden sein. Ver 
Bruder derselben wurde sofort in Haft ge— 
ommen; ihre betagte Mutier entging dem gleichen 
Schichjal nur wegen ihres leidenden Zufiandes. 
kin wie böser Geift in dieser Familie herrschen 
nuß, beweist am besten, daß nicht einmal der eigene 
Zohn der Mißhandelten sich der Mutter annahm, 
ielmehr noch ihren Peinigern durch seine Angaben 
jerauszuhelfen suchte. 
x Berlin, 21 Okt. Bankier Hirsch, Juhaber 
der Bank. und Wechselfirma Hirsch und Walter, 
st verhaftet worden, nachdem er 250,000 Mt. 
unterschlagen hatte. 
F. Berlin, 28. Olt. Der Hauptgewinn von 
Mk. 50,000, welche bei der Hygieine-Lotterie von 
wei armen Mädchen gemacht ist, deponirten die⸗ 
elben bei Lichtenstein, Dietrich u. C. in Bremen, 
vo sie ihr gesammtes Geld wieder verloren haben. 
f Prag, 23. Okt. Die großen Ringhoffer⸗ 
ichen Waggonfabriken in Smichow reduzirten wegen 
Deutsches Reich. 
Berlin, 24. Okt. Nach der morgen 2 Uhr 
u Schlosse unter dem Vorsißze des Kronprinzen 
attfindenden Eroͤffnung des Staatsraths findet um 
Uhr ein Diner im Adlersaale des laiserlichen 
halais statt, wozu die Prinzen und die anwesenden 
Mitglieder des Staatsrathes geladen sind. 
Berlin, 24. Olt. In der nächsten Sitzung 
es Bundesraths dürfte die Vertretung Braunschweigs 
m Bundesrathe zur Sprache kommen und demnächst 
iie durch den Regentschaftsrath legitimirten Ver— 
reter ihren Sitz im Bundesrathe einnehmen. 
Braunschweig, 28. Okt. Der Herzog von 
zumberland erließ ein Patent, worin er er⸗ 
lärt, daß er die Regierung des ihm zugefallenen 
herzogthums Braunschweig übernimmt und sich die 
vegen der Huldigung erforderlichen Anordnungen 
orbehãlt. 
Braunschweig, 28. Olt. Der Landtag 
„urde heute durch den Minister Goͤrz Wrisberg im 
tamen des Regentschaftsrathes mit einer Ansprache 
roͤffnet, worin er auf den schweren Verlust hinwies, 
er das Land betroffen hat, welches vor einem ernsten 
Wendepunkte seines Geschickes stehe. Der Minister 
chloß mit dem Ausdruck der Ueberzeugung, die Be⸗ 
ölkerung werde, vor dem Geschick sich gern und 
oillig beugend, der provisorischen Regierung jede 
5törung der Rechtsordnung ersparen, welche ernste 
krisen für daß Land herbeiführen könnte. 
Auslaud. 
Paris, 23. Okt. Das Bataillon der Jäger 
GFuß in Versailles erhielt den Befehl, fich zum 
Ibmarsch nach Tongking bereit zu halten. — Pri⸗ 
attelegramme aus Madagaskar vom 1. Oktober 
esagen: Admiral Miot krat mit mehreren souve ⸗ 
aͤnen Häuptlingen der Insel in Verbindung, die 
jeneigt sind, den Franzosen beizustehen. Dreihun⸗ 
jert Hovas, welche Posten in der Bai von Passan⸗ 
oba angriffen, wurden mit erheblichen Verlusten 
arückgeschlagen. 
Paris, 24. Okt. Aus Hanei wird von 
jeute gemeldet: Die letzten chinesischen Truppen, 
velche die Verschanzungen vor Chu beseßt hielten, 
aben dieselben wieder geraͤumt. 
Brüssel, 23. Olt. Die Bürgermeister der 
ꝛompromißgemeinden hielten heute bei dem hiesigen 
hürgermeister eine Berathung und beschlossen, ihren 
Lommunalräthen einen Antrag auf Votirung einer 
desolution zu Gunsten der Abschaffung des Schul⸗ 
jesetzes vorzulegen, nachdem die jüngsten Communal- 
88 ergeben, daß das Land das Schulgesetz nicht 
oolle. 
London, 28. Okt. Nach einem Telegramm 
es „Standard“ aus Newyork wird Präsident Ar⸗ 
Zur sich im Januar mit der ältesten Tochter des 
?taatssekretärs Freelinghuysen vermählen. Herr 
lrthur ist jetzt 34 Jahre alt. 
Kairo, 24. Olt. Bei der Reduktion der 
ayptischen Armee auf 3000 Mann werden alle 
aglischen Offiziere bis auf zwei verabschiedet. 
— Speyer, 21. Okt. Recht gemüthliche 
zusände müssen im Speyerer Turnverein herrschen. 
dachdem bereits vor einigen Jahren eine größere 
Unzahl Mitglieder sich von ihm getrennt und die 
Turngesellschaft Speyer“ gegründet haben, ist vor 
14 Tagen eine neue Spaltung des Turnvereins 
ingetreten, indem wieder 81 Mitglieder den Verein 
zerließen und eine eigene Gesellschaft, den „Männer⸗ 
Turnverein“, gebildet haben, so daß Speyer jeß 
rei Turnvereine besitzt. 
kokale und pfalzische NRachrichten. 
St. Ingbert, 28. Okt. In den nächsten 
agen wird auf dem hiesigen Eisenwerke mit der 
eerstellung eines etwa 250 me langen eisernen 
itter begennen werden, welches von den Herren 
zßzerrüder Kräamer als Gesqentfüur die