Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Die Entlasfung der zu den verschiedenen 
Waffengattungen einberufenen Ersagreservisten J. Kl. 
fand im Laufe des gestrigen Tages Statt. Bei 
demSpeyererPionier-Bataillon beträgt derenZahl 120. 
— In Limbasch zog am Dienstag der Berg⸗ 
mannsverein mit Musit zum Wahllokale und 
wählte einstimmig Herrn Dr. Buhl 
Verm ischtes. 
F (Zu Fuß nach dem heiligen Lande.) Aus 
dlagenfurt wird geschrieben: Vor zwei Tagen 
tonnte man in den Straßen Klagenfurts einer 
seltsamen Gestalt begegnen, in härener Kutte, bar—⸗ 
rüßig und ohne Kopfbedeckung. Da dieselbe ver— 
möge ihrer absonderlichen Toilette ohnehin die all— 
zemeine Aufmerksamkeit erregte, so konnte sie auch 
unserer scharfäugigen Stadtguardia nicht entgehen 
and wurde von derselben zur Ausweisleistung ver⸗ 
halten. Die vorgezeigten Atteste wurden in guter 
uind gehöriger Form befunden und erwiesen, daß 
r interessante Reisende aus dem Lande des Cid 
14d des Don Quixote stamme, zu Fuß von 
Valladolid nach St. Jan de Compostella, von da 
nach Lourdes, sodann nach Maria Einsiedeln in 
»er Schweiz gepilgert, und nun durch Tirol nach 
lagenfurt gekommen sei, um sich über Agram, 
Serajewo und Sofia nach Konstantinopel zu be— 
geben. Von Konstantinopel reißt der kühn-fromme 
—O 
gemachtes Gelühde zu erfüllen. Diese ganze 
romautische Reise macht der opferfreudige Spanier 
ohne Kenntniß einer anderen Sprache als der — 
panischen. Der romantisch⸗ spanische Pilgrim 
übernachtete im Klagenfurter KapuzinerKloster. 
F Mühldorf, 28. Okt. (Ein gemüthlicher 
Sonntag.) Der Morgen des Marktsonntags begann 
damit, daß ein 14jähriger Knabe dem andern einen 
lebensgeführlichen Stich in den Unterleib versetzte. 
Gegen Abend wurde der Gütler Huber von Sceor 
am Heimweg überfallen, zu Boden geschlagen und 
seiner Baarschaft beraubt. Das gleiche Schicksal erlitt 
zur gleichen Stunde an einem andern Ende der Stadt 
der Bauer Hackner von Altmühldorf. Bei einer Rauferei 
wurde dem Knechte Pfaffenhofer ein Auge zur Hälfte 
ausgeschlagen und im Wirthause zu Reitwinkel dem 
BauerssohneJosephStraßer derArm halb abgeschnitten. 
Die Gottesdienstesstunden des Vormittags wurden 
oon zwei Burschen dazu benützt, beim Kiermaier- 
bauern in Rattenkirchen einzubrechen. Sie knebel— 
ten die allein anwesende Schwester des Bauern an 
händen und Füßen und raubten, was sie an Geld, 
Schmucksachen und Kleidern finden könnten. Am 
Montag Vormittag wurde bei Altmühldorf die 
Bäuerin Detter von Reitenhart überfallen und von 
einem Unbekannten, der hernach in den Wald ent— 
floh, ihrer Baarschaft beraubt. 
FGer Bräutigam auf der Linde.,) 
In einem Kirchdorfe am Rhein ereignete sich vor 
Monatsfrist ein komischer Fall. Dort sollie an 
einem Sonntage in dem Hause des Grundbesitzers 
W. die Hochzeit der zweiten Tochter desselben siatt⸗ 
inden. Nachdem die Gaste im Hochzeitshause ver— 
jammelt sind und bereits der Hochzeitszug sich zu 
ordnen beginnt, ist plötzlich der kurz vorher an— 
wesende Bräutigam verschwunden. Vergeblich wer— 
den anfangs Hofraum, Scheune, Stölle und Nach-— 
zarhäuser durchsucht, keine Spur von demselben. 
kndlich gelingt es dem Späherblicke eines Suchen⸗ 
den, den Verschwundenen in dem dichtbelaubten 
Wipfel einer hinter dem Hause stehenden alten 
urde zu entdecken. Alles stürzt neugierig dorthin 
ind der Ortsschulze hält dem Ausreißer seinen den 
Bösten gegenüber bewiesenen ungeziemenden Beneh— 
mens und des unzeitigen Spaßes halber eine derbe 
Strafpredigt. Der junge Mann zeigt sich indeß 
rotz der erhaltenen Rüge durchaus nicht geneigt 
jeinen hohen Sitz zu verlassen und erklärt vielmehr, 
iein zukünftiger Schwiegervater habe ihm bereits 
zei der Verlobung die Verschreibung seines Grund— 
tücks noch vor der Trauung versprochen und fest 
zugesagt, dieses Versprechen leider aber von Tag 
z;u Tag aufgeschoben und bis dahin nicht erfüllt 
er werde deshalb nicht eher den Gang zur Kirche 
untteten, bis der Alte seinen Verpflichtungen nach— 
jekommen sei. Bitten, Zureden und Vermittlungs⸗ 
vorschläge von Seiten der Gäste blieben der Be— 
zarrlichkeit des jungen Mannes gegenüber fruchtlos, 
And die nur durch die Thränen der Braut hervorge⸗ 
cufene Erkärung des Hochzeitsvaters, er werde so— 
rort den Schullehrer zur Aufnahme einer Punk— 
nation herüberbitten lassen, konnte den Bräutigam 
endlich bewegen, herobzusteigen und nach dem vor— 
äufigen Kontraktsschlusse den Weg zur Kirche an⸗ 
treten. 
FGom durstigen Musikanten,) Vor 
dem Wiener Bezirksgericht wurde ein historischer 
donflikt beigelegt. Seit Jahrhunderten trinken die 
Musikanten, noch der Ansicht der Wirthe, zu viel, 
pährend jene der ehrlichsten Ueberzeugung sind, daß 
sie zu wenig trinken. Kost und Trunk sind nämlich 
und waren es auch in dem vorliegenden Falle, 
frei, überdies aber hatte jeder Musikant dem Ueber— 
ommen zufolge Anspruch auf einen Gulden. Dieser 
vurde nicht bezahlt und so erschien denn gestern 
der Kapellmeister als Kläger gegen den Wirth. 
Herr kaiserlicher Rath,' vertheidigte sich der letztere, 
ei bin a Mensch, der si' auf'n Trunk verstehi, 's 
3 recht, der Mensch und b'sonders der Musikant 
muaß sein' Anfeuchtung hab'n; aber wos dö Herr'n 
nunterg'schwabt hab'n, das hab' i mein Lebtag net 
zs'eg'n, und der Appetit war Gott sei Gott a in 
der Ordnung. Meine Gäst' hab'n net so aufq'— 
ramt, wie die paar Musikanten, und da soll i 
ahner no 9 Gulden zahl'n?“ — „Herrgott, Herr 
ichter,“ entgegnete der Klage führende Musiker, 
‚der Herr Wirth nimmt den Mund so voll, wie 
vir ihn bei ihm nit hab'n nehmen können. Wenn 
ein' das Lackerl Bier schon 'neing'neidet wird, nach⸗ 
jer hört sich ja jede Existenz auf. Mehr als er 
hertragt, kann ja eh' Kaner trinken.“ — „Aber 
'gibt halt Leut', die unbändi viel vertrag'n“, seufte 
»er Wirth — „Hab'n Sie uns g'fragt d'rum“, 
nahm der besteuerte Musiker wieder das Wort, „was 
inser g'wöhnliches Deputat is? Na, wir hätt'n 
ins auch auf ein bestimmtes Maß net eing'lass'n, 
»enn niemand kann in der Früh sah sag'n, was 
rrauf d' Nacht für ein' Durst hab'n wird. Kost, 
CTrunk und ein Gulden hatts g'heißen, alsdann 
zahlen's aus.“ — Nach einigen weiteren Ausein— 
andersetzungen acceptirte der Wirth einen den Musiker 
ufriedenstellenden Ausgleich, versicherte aber gleich— 
zeitig, er werde angesichts der kostspieligen Verpflegung 
ines Orchesters für die nächste Zukunft auf musi— 
alische Abend⸗ Unterhaltungen verzichten. 
Gas Publikum als Richter einer Eheschei— 
dung.) In einem kleinen Vorstadttheater zu Lon⸗ 
dDon wurden kürzlich lebende Bilder dargestellt. 
Als sich der Vorhang erhob und dem Programm 
semäß „Die Schönheit“ erschien, wie sie „die 
Tapferkeit“, ein Bild, dem das meist aus Schiffern 
und Leuten der niedersten Stände bestehende Pu— 
»likum seinen ganzen Beifall zollte, rief auf einmal 
aus der Tiefe des Saales eine Stimme: „Ha, da 
zist Du also. Du Ungetreue!“ und gleich machte 
»ein Mann von herkulischem Ansehen Miene, über 
die Köpfe der ührigen Zuschauer hinweg nach der 
Bühne zu gelangen. Das Occhester verstummte, 
der Beifall der Menge brach plötzlich ab, und alles 
vandte seine Augen auf den unwillkommenen Ruhe— 
törer, der seinerseiss nur die auf der Bühne be— 
indliche Donna zu bemerken schieu. Die so brüsk 
»on ihm Interpellirte trat an die Rampen, gab 
dem Publikum ein Zeichen, zu schweigen, und ent— 
jegnete dem Frager: „Ja wohl, hier bin ich, 
vas willst Du von mir?“ — „Ich verlange, daß 
Du mir augenblicklich folgst,“ erwiderte der Athlet 
und wurde immer erregter durch das Pfeifen und 
Lachen, das seine so bestimmt ausgesprochene For— 
derung begleitete Neues Zeichen der „Schönheit“ 
von der Bühne. Sie trat bis dicht an das Orchester 
und plaidirte folgendermaßen für sich und ihre 
Freiheit. „Meine Herren und Damen“, sagte sie, 
„der Mensch, der soeben die Vorstellung unter— 
»rochen hat, ist mein Mann, ein Faullenzer, der 
nichts thut und alles, was ich bisher verdiente, 
zertrunken hat. Drei Jahre habe ich in diesem 
khejoche geseufzt, aber jetzt bin ich ihm davonge— 
aufen und ich habe keine Lust, zu ihm zurückzu— 
ehren. In Ihre Hände, meine Damen und Herren, 
ibergebe ich mein Schicksal. Wenn sie es wün— 
chen, so werde ich sofort diese Bühne verlassen und 
instatt, wie es vorgeschrieben ist, die Tapferkeit 
zu belohnen, meinem Schlingel von Mann folgen; 
indernfalls aber“ — tier unterbrach ein Sturm 
bon Applaus die Rednerin, die ihr Publikum von 
der richtigen Seite gefaßt hatte. Hundert kräftige 
Arme erhoben sich und setzten den verdutzten Ehe— 
nann an die Luft. Die „Künstlerin“ verbeugte 
ich dankend nach allen Seiten und die Vorstellung 
jahm unter nicht enden wollendem Beifall ihren 
Fortgang. 
F Die japanesischen Damen, welche ge— 
nöthigt sind, sich einen Zahn ausziehen zu lassen, 
zahen vor ihren europäischen Geschlechtsgenossinnen 
ie Annehmlichkeit voraus, daß ihnen bei derartigen 
fOperationen der schreckeneinflößende Anblich der 
Marter⸗Justrumente erspart bleibht. Der Zahnkünstler 
m Reiche des Mikado pflegt nämlich die Zähne 
nit den Fingern zu reißen, ohne jegliche Anwen— 
»ung von Ziehwerkzeugen. Es gehört jedoch viel 
lebung dazu, einen festgewurzelten Zahn auf diese 
Weise zu entfernen. Um die noͤthige Praxis zu 
exlangen, macht der japanische Dentist einen Kursus 
dei einem Meister durch. Ein Brelt aus Fichten⸗ 
holz liegt auf der Matte des Fußbodens; Löcher 
ind hineingebohrt und in jedem derselben steckt ein 
leiner Zapfen aus weichem Holz. Dieses Zäpf⸗ 
hen muß der angehende Zahnkünstler mit Daumen 
und Zeigefinger gerade auf, ohne zu rütteln, ziehen 
ernen. Kann er dies, so gehi er zum Eichenblock, 
in dem Eichenzäpfchen stecken, dann zum Ahornbrett, 
das mit Tannenstiften bespickt ist, und schließlich 
jum Ahornbrett, in weiches kleine Eichen⸗ und 
Atornstifte mit dem Hammer eingetrieben sind. 
Bringt er diese ohne Wackeln und Drehen mit den 
Fingern heraus, so ist er approbirter Zahnarzt 
ind kein eisenfester Menschenzahn kann ihm wider⸗ 
tehen. Ein geschickter Zahnathlet dieser Art bringt 
das Kunstwerk zustande, in einer Minute ein halbes 
Dutzend Zahne zutage zu fördern. 
(Dasschnelliste Thier.) Ein Mensch 
bermag nicht mehr als eine halbe Minute lang 
einem in mäßigem Tempo fahrenden Eisenbahnzuge 
uu folgen, während die Wasserjungfer (Insekt) ohne 
Schwierigkeit eine Meile lang einem Kurierzug 
tolgen kann, indem ihre Flügel tausend Schwing⸗ 
ungen in der Minute machen. 
Ster befälle. 
Gestorben: in Zeselberg Jakob Pfersdor ff, 
56 J. a.; in Landau Frat Margaretha Kusch 
Wwe., geb. Becker: in Gersdeim Franz Ma urer sen. 
59 J. a. 
Dienstesnachrichten. 
Versetzt wurde: der Post- Assistent Franz 
Hüttinger von Nürnberg nach Ludwigshafen a. 
Rh.; auf Dienstvertrag wurde verliehen: der 
Postexpeditions- und Telegraphendienst zu Bruch⸗ 
nühlbach dem Postaspiranten Jakob Linn zu Neu— 
15f d. 4 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 830. Okt. (Fruchtmittelpreis und Vik— 
ualienmarftt.) Weizen 8 M. 44 Pf., Korn 7 M. 80 Pf., 
Verste zweireihige O M. — Pf., vierreihige O M. — Pfy, 
Spelz M. — Pf., Spelzkern — M. — Pf., Dinkei 
— V. — Pf. Mischfrucht O M. — Pf., Hafer 6M. 
15 Pf. Erbsen O M. — Pf., Wicken — M. — pf., 
heu 83 M. — Pf., Stroh J. Qual. 2 M. 40 Pf., II. Quai. 
1 M. 80 Pf., Kartoffeln 1M. 70 Pf., Weißbrod 1/ Kilo 
50 Pf., Kornbrod 3 Kilo 60 Pf., Gemischtbrod 3 Kilo 
75 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 
60 Pf. II. Qual. 56 Pf., Kalbfleisch 50 Pf.. Hammel- 
leisch 60 Pf., Schweinefleisch 530 Pf. Wein JvViter 80 Pf. 
Bier J Liter 24 Pi., Butter /2 Kilogr. 1M. 15 pi. 
Homburg, 29. Okt. (Fruchtmittelpreis und Viktua—⸗ 
ienmarkt., Weizen 8 M. 50 Pf., Korn 7M. 25 Pf., 
Spelzkern — M. — Pf.. Spelz 0 M. — pf., Gerste 
dreihige O M. — Pf., Gecrste Areihige 0 M. — Pf., 
dafer 6 M. 60 Pf., Mischfrucht O M. — Pf., Erbsen 
— M. — Pf., Wicken — M. — Pf. Bohnen O M. 
— Pf., Kleesamen — M. — Pf., Kornbrod 6 Pfund 
50 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf., OchsenfleishPf. 
Rindfleisch 50 Pf., Kalbfleisch 50 Pf., Hammelneisch 60 Pf. 
Schweinefleisch 46 Pf., Butter 1 Pfund 1M. 10 pf. 
dartoffeln per KZentner 1 M. 60 Pf. 
Landstuhl, 27. Okt. (Fruchtmittelpreis und Vik— 
ualienmarkt. Weizen 0 M. —S-Pf., Korn 0 M. — Pf., 
Spelzo M. — Pf., Hafer 6 M. 60 Pf., Gerste 0 M. 
7 Pf., Wicken — M. — Pf., Erbeen — M. — pf. 
rinsen — M. — Pf. Kleesamen“ M. — pf. Kartoffeln 
per Ztr 1 M. 59 Pf., Kornbrod 6 Pfo. 65 Pf. Weiß⸗ 
prod 2 Pfd. 45 Pf. Gem. Brod 2 Pfd. — pf., Butter 
ber Pfd. 1M. 06 Pf., Eier per Dutzend 70 Pf. 
Kaiserslautern, 28. Ott. (Fruchtmittelpreis und 
Bittualienmarft.) Weizen 7 Mt. 97 Pf., Korn 7 M. 
5 Pf. Spelztern M. — Pf., Spelz6 M. 28 Pf., 
herste 8 M. 81 Pf., Hafer 6 M. 68 Pf., Erbsen 0 M. 
— Pf., Wicken O M. — Pf., Linsen — HRi. — Pf., Klee⸗ 
amen — M. — Pf., Schwarzbrod 6 Pfund 66 Pi., 
3 Pfd. 83 Pf., Gemischtbrod 3 Pfund 38 Pf., Butter pro 
bfd. 1M. 10 pf., Eier per Dßd. 84 pf. Kartoffeln per 
zentner O M. — Pf., Stroh J. Qual. 2 Me25 Pf., 
I. Qual. 2 M. — Pf., Heu pro Ctr. 3M. S Pf 
kleebeu Od M — m—* 
— — 
Fr din rtan verantwortlich: F. X Demetzz. 
Aus dem Spessarste Der Feipuntt mere zwezten 
VBerloosung naht heran. Dieselbe sindet unwiderruflich 
im 16. Dez. statt. Willst du deshalb armen, verlassenen 
ind verwaisten Kindern beispringen, so kausfe Dir ein 
Spessartloos. Die Spessart⸗Lotterie bietet dem Spieler die 
zünstigsten Chancen (bereits anf 9 Loose ein Treffer). 
Mk. 114,300 Geldgewinne; Haupitreffer Me. 30,000, 
3000 ꝛc. und gibt demselben das befriedigende Bewußisein. 
in thatfächlich gutes Werk pollbrachi zu baben