Full text: St. Ingberter Anzeiger

18chnappach, 85. Vez. Gestern ver— 
unglückte in der Grube Altenwald ein Berg— 
mann durch herabstürzende Felsmassen. Die Verletz— 
ungen sollen bedeutend sein, und wurde derselbe 
in das Spital nach Sulzbach gefahren. 
— Der frühere Postexpeditor Ludwig 
Baumann in Lambrecht, der sich seither als 
solider, sparsamer Familienvater des besten Leu— 
mundes erfreute und durch seine Vorgesetzten als 
gewissenhafter pflichteifriger Beamte geschildert ist, 
wurde vom kgl. Landgerichte Frankenthal wegen 
Untreue im Amte mit Verlust des Amtes und drei 
Monat und ein Tag Gefängniß bestraft. Wie es 
heißt, muß er die Verschwendungssucht seiner besseren 
Hälfte büßen. 
— Aus Wachenheim wird der „Pf. Ztg.“ 
geschtieben: Herr und Frau Hauber aus 
München, die edlen Wohlthäter unserer Stadt, 
haben zur Gründung einer landwirthschaftlichen 
Kreditkasse für den kleinen Winzer ꝛc. dahier in 
ausgiebigster Weise zu ganz geringem Zinsfuß die 
Mitiel gespendet. Kürzlich weilte Herr Hauber 
selbst hier und entwickelte vor einem zahlreichen 
Publikum in dem geräumigen Saale des von ihm 
und seiner menschenfreundlichen Gattin errichteten 
Lehrhaus des Spitales die Zwecke und Ziele der 
Kreditkasse, welche er nach Raiffeisen'schem System 
einzurichten wünscht. Herr Hauber selbst wird durch 
perfönlichen Besuch bei dem Gründer genannter 
Kassen, Herrn Bürgermeister Raiffeisen in Neuwied, 
Aufschluß über den Charakter dieser Kassen erholen 
und dann auf seiner Rückkehr nähere Mittheilungç 
machen. — J 
Pfalzisches Schwurgericht. 
1V. Quartal 1884. 
Zweibrücken, 2. Dezember, Vormittags 
81/2 UÜhr, Verhandlung gegen Friedrich Schmidt, 
50 J. 'a., Ackerer von Gersbach. Anklagesache: 
Brandstiftung. Vertreter der königl. Staats- 
behörde: Herr U. Staatsanwalt Wagner. Ver—⸗ 
theidiger: Herr Rechtspraktikant Breith. 
Die Auklage stellt auf, in der Nacht vom 15. 
auf 16. Aug. lf. Is. sei zu Gersbach das alte 
baufällige Wohnhaus des Angeklagten ein Raub 
der Flammen geworden. Diesen Brand verursach 
zu haben, liege dem Angeklagten zur Last. Er 
habe in genannter Nacht mittelst einer offenen Erd⸗ 
oͤllampe die auf seinem Speicher lagernden Pfrim ˖ 
men angezündet; das Feuer habe sich dem dort 
lagernden Holze mitgetheilt, hiedurch sei der Dach— 
stühl in Brand gerathen und sei nun das ganze 
Wohnhaus rettungslos verloren gewesen. Schon 
ca. 48 Wochen vorher habe der Angeklagte den 
Plan zu dieser That gefaßt. Er habe in 6 Säcken 
Küchengeschirr, Kleider ꝛc., Alles im Werthe vor 
etwaä 150 Mark, eingepackt und in seiner Scheuer 
versteckt. — In genannter Nacht, nachdem er das 
Feuer angezündet, habe er sich wieder zu Bette ge⸗ 
legt, und nachdem er nun gehört, daß das Feuer 
an Ausdehnung immer mehr zunehme und er be⸗ 
reits das Knistern vernommen habe, sei er, nur 
mit einem Hemde bekleidet, mit seiner Familie auf 
die Straße gesprungen und habe Feuerlärm ge⸗ 
macht. Da beim Brande selbst keine Kleider ge⸗ 
rettet wurden, der Angeklagte mit seiner ganzen 
Familie halb nadkt herumlief, dieselbe jedoch später 
in ihren gewöhnlichen Kleidern gesehen wurde, so 
lenkte sich bald der Verdacht der Brandstiftung auf 
den Angeklagten, und nachdem bei einer durch die 
Gendarmerie Satt gehabten Durchsuchung seiner 
Scheuer sich die 6 Säcke dort versteckt vorfanden 
erschien er hiedurch der Brandstiftung überführt. 
Der Angeklagte gesteht heute seine That voll⸗ 
kommen zu; sein Wohnhaus sei alt und baufällig 
gewesen; er habe zur Herstellung desselben, resp 
zJum Neubau kein Geld gehabt; er sei immer mehr 
in Schulden gekommen, und so habe er sich zulezz! 
entschlofsen, überredet durch die Aufforderung eines 
Maurers von Großsteinhausen, der den Keim hiezu 
in ihm gelegt habe, sein Haus anzuzünden. 
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten der 
Brandstiftung für schuldig, worauf der Gerichtshof 
denselben zu einer Zuchthausstrafe von 3 Jahren 
verurtheilte und ihn der bürgerlichen Ehrenrechte 
auf die Dauer von 5 Jahren für verlustig erklärte. 
Nachmittags 3 Uhr, Verhandlung gegen Jakob 
—A 
bach. Anklagesache: Bornahme unzüchtiger 
Haudlungen mit Gewalt. Vertreter der 
Staatsbehörde: Herr II. Staatsanwalt Wagner 
hzertheidiger: Herr Rechtspraktikant Muck. 
Dem Angeklaglen liegt zur Last, am 10. Aug 
abhin auf dem Ponsheimer Hofe, Gemeinde Ormes 
heim, an einer ledigen Person unzüchtige Hand— 
lungen mit Gewalt vorgenommen zu haben. 
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten 
unter Ausschluß mildernder Umstände im Sinne 
der Anklage für schuldig, worauf der Gerichtsho 
denselben in eine Zuchthausstrafe von 2 Jahren 
verurtheilte und ihm die bürgerlichen Ehrenrecht 
auf die Dauer von 5 Jahren aberkannte. 
Zweibrücken, 3. Dezember, Vormittags 
843 Uhr, Verhandlung gegen Franz Schwab, 
24 J. a., Daubholzmacher von Leimersheim. 
Anklagesache: Straßenraub., Vertreter der 
kgl. Staatsbehörde: Herr J, Staatsauwalt Petri 
Vertheidiger: Herr Rechtsanwalt Schuler. 
Der Tagner Georg Anton Pfeiffer von Rhein—« 
zabern wohnte vom Mai 1883 an in Leimersheim 
bei dem Angeklagten, dessen Frau eine Nichte von 
jenem ist. Mehrfache Differenzen zwischen beiden 
deranlaßten Pfeiffer schon im Mai des folgenden 
Jahres, zu einem Verwandten nach Rheinzabern 
überzufiedeln. Am 29. und 30. September abhin 
besuchte derselbe die Kirchweihe in Leimersheim ‚und 
kehrte, nachdem er während des Tages verschiedene 
Wirthschaften besucht hatte, am Abend des 30. 
September bei Wirth Schardt daselbst ein. Dahin 
kam später auch der Anklagte mit seiner Frau und 
ein gewisser Ulrich, ohne sich jedoch um Pfeiffer 
irgendwie zu bekümmern. Gegen 1194 Uhr ent⸗ 
fernte sich der Angeklagte mit seiner Gesellschaft, 
begleitete seine Frau nach Hause und kehrte nach 
der Richtung zurück, die Pfeiffer, welcher kurz nach 
ihm die besagte Wirthschaft verlassen hatte, ein⸗ 
schlug. Nachdem er letzteren auf einem Seitenwegt 
überholt, kam er in entgegengesetzter Richtung auf 
hn zu, stieß ihn zu Boden und nahm ihm, wäh— 
rend er ihn mit der linken Hand niederhielt, sein 
Portemonnaie mit dem Inhalte von 2 Mark 17 
Pfennig aus der Hosentasche. 
Die durch die Anzeige des Pfeiffer gepflogenen 
Recherchen lenkten sofort den Verdacht auf den An— 
geklagten. Derselbe gestand auch nach anfänglichem 
deugnen die That zu, jedoch mit dem Bemerken, 
er habe sich für eine ihm an jenen zustehende For—⸗ 
derung bezahlt machen wollen und sich hiezu völlig 
zerechtigt geglaubt, da Pfeiffer trotz mehrfacher 
Aufforderung seinerseits sich nicht zu einer Abrech⸗ 
uung habe bewegen lassen und er bei dem ver—⸗ 
chwenderischen Leben desselben annehmen mußte 
daß er seine Forderung verlieren werde. Ueberdies 
jabe er sich damals in betrunkenem Zustande be— 
'unden, sonst wäre er überhaupt nicht zu dieser 
That gekommen. 
Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage be— 
züglich die Nöthigung, worauf der Gerichtshof den 
Angeklagten zu einer Gefängnißstrafe von 1 Jahr 
verurtheilte, die erlittene Untersuchungshaft hierauf 
vollständig anrechnete und den erlassenen Haftbefehr 
sofort aufhob. 
Nachmittags 3 Uhr, Verhandlung gegen Fried- 
rich Beuder, 24 J. a., früher Postgehilfe, von 
Kleinfischlingen. Anklagesache: Unter— 
schlagung im Amte. Vertreter der k. Staats⸗ 
dehörde: Herr J. Staatsanwalt Petri. Vertheidiger: 
Herr Rechtsanwalt Schuler. 
Dem Augeklagten wird zur Last gelegt, einen 
Betrag von ca. 240 M., die er in Gewahrsaw 
yJatte, in den Jahren 1883 und 1884, in denen 
er bei Posterpeditor Valentin Acker in Ede⸗⸗ 
heim in Diensten stand, in amtlicher Eigenschaft 
sich rechtswidrig angeeignet, sohin unterschlagen und 
zu diesem Zwecke die Bücher, die zur Eintragung 
und Kontrole von Einnahmen und Ausgaben be— 
ttimmt sind, unrichtig geführt, bezw. verfälscht zu 
jaben; ferner ist derselbe beschuldigt, zwei Bogen 
Briefmarken, die in seinem Gewahrsam standen, 
benfalls in amtlicher Eigenschaft sich rechtswidrig 
zugeeignet, also unterschlagen zu haben. 
Die Anklage erblickt hierin ein Verbrechen 
bezw. Vergehen der Unterschlagung im Amte (98 350 
und 351 R.St.G.«B.). 
Die Geschworenen bejahten die auf Verbrecher 
im Amte gestellte Frage unter gleichzeitiger Be— 
jahung der Frage nach mildernden Umständen, ver⸗ 
neinten hingegen die auf Vergehen im Amte ge⸗ 
stellte Ftage, worauf der Gerichtshof den Ange— 
tlagten in eine Gefängnißstrafe von 6 Monaten 
perurtbeilt—⸗ 
Bermischtes. 
* In den Staatswaldungen bei Falken— 
berg Cothringen) wurden bei einem Treibjagen 
zweistarke Wölfe erlegt. 
FSaarbrücken, 3. Dez. Der Verein zur 
Hebung der Geflügelzucht und zum Schutze nůtz⸗ 
licher Vogel beschloß nach der Sbr. Ztg. in seine 
Generalversammlung am verflossenen Samstag, im 
nächsten Frühjahre hier eine größere Geflügel— 
Ausstellung abzuhalten. Ein Mitglied des 
Vereins hat sich der Mühe unterzogen und dier 
Ausstellungspläne für die Lokale St. Johanner 
Volksgarten, Alter Kasinogarten, Tonhalle und Tibol 
entworfen, welche allgemeine Anerkennung fanden, 
indessen behielt sich die Versammlung betreffs * 
Lokalfrage eine endgültige Entscheidung noch vor. 
München. Ju Folge des kaiserl. Erlasses 
daß den durch eine im Kriege 187071 erlithen⸗ 
innere Dienstverletzung inbvalide ge— 
wordenen, aus dem aktiven Militärdienste ausge— 
schiedenen Unteroffizieren und Mannschaften, welchen 
ein Recht zur Geltendmachung eines Versorgungs 
Anspruches nach den gesetzlichen Bestimmungen nich! 
zur Seite steht, durch Gnadenbewilligungen zu 
Hilfe zu kommen sei, hat sich eine große Anzahl 
hon Leuten gemeldet, so bei einigen Landwehr— 
Bezirks Kommandos über 200 bis 300. Die an— 
gestellten Erhebungen haben aber ergeben, daß nur 
sehr wenigen ein wirklicher Grund für Berüchsich- 
tigung zugesprochen werden kann und daß die 
größte Mehrheit thatsächlich nur unrichtige und mit 
den wirklichen Verhältnissen nicht übereinstimmende 
Angaben gemacht hat und daher abgewiesen werden 
muß, trotzdem in jedem einzelnen Falle in wohl. 
wollendster Weise vorgegangen wird. Wirklich be— 
dürftig Befundene werden zur Berücksichtigung min 
einer Gnadenbewilligung demnächst in Vorschlae 
gebracht werden. 
Die fsAktienbrauerei zum Löwenbräu in 
München hat für 188384 einen Bruttogewinn 
von 667,000 Mark und gibt 10 Vrozent an die 
Altionäre. 
F Frankfurt, 3. Dez. Das Rothschild'— 
sche Haus in der Judengasse, deren Häuser eber 
abgebrochen werden, wird vollständig vor dem 
Untergang bewabrt bleiben. Die Familie nämlich 
hat ihr Stammhaus nebst dem anstoßenden, welches 
unter gleichem Dache steht, angekauft; sie will diest 
Häuser um 1 Meter zurüchetzen lassen, damit sit 
in die neue Straßenfluchtlinie fallen, und wenn 
sie so wieder hergestellt sind, die Rothschild-Stiftune 
hineinverlegen. 
(Gefen und Häfen.) Die „Dorf— 
seitung“ erzählt: Vor einigen Monaten fragte ein 
Gendarm im thüringischen Orte Rodach eint 
ihm bekannte Frau auf der Straße: Nicht wahr 
Sie handeln mit Hefen? — Antwort: Ja! — 
haben Sie eine Waage? — Nein, ich brauche 
ceine! — und Beide gingen auseinander. Nach 
einigen Wochen erhält die Frau einen Strafbefehl 
wegen Nichtbeisichführens einer Waage beim Hefen⸗ 
handel. Nun rennt die Frau von dem bekannten 
Pontius zu Pilatus und es wird ihr gerathen, daß 
sie Einspruch erheben und sich „verhandeln“ lassen 
müsse. Bei der Verhandlung im Schöffengericht 
K. wird die Frau gefragt, ob sie mit Hefen handle. 
Antwort: Ich handle mit Häfen und brauche keine 
Waage dazu —— Richter: Ich frage Sie, ob Sie 
mit Hefen handeln? — Antwort: Ja, ich handle 
mit Häfen — Fertig! — Urtheil: 83 M. Strafe! 
— Darob Jammer der armen Frau. Sie geht 
heim, erzählt ihr Mißgeschick und man lacht übet 
das köstliche Mißverständniß. — Soll sie Berufung 
ergreifen? — Nun, die erfordert Reisekosten von 
10 bis 15 Mark — Wohl oder übel wählt sie 
die geringste Strafe: Einen Tag Arrest, weil fie 
bei der Verhandlung unterlassen, zu bemerken, sie 
bandle mit Häfen oder Topfergeschirr. 
In Neumarkt wurde in einem Waggon 
ein Kind aufgfunden, das, um sich wohl derarl 
desselben zu entledigen, seine Mutter in Nürnbero 
heimlich in den Waggon geschoben hatte. 
Ein rheinischer Kröͤsus hatte fid 
eine Villa nebst herrlichem Garten angeschafft. Nad 
kurzer Zeit von seinen Freunden befragt, wie es 
ihm in seinem neuen Heim gefalle, erwiederte der⸗ 
selbe: „Janz goahd, wenn nor die S.. Nachti⸗ 
jalle nit doh währe, die einem des Naaks keen 
Rauh lahße.“ 
FHerne, 4. Dez. Durch Explosion schlagen⸗ 
der Wetter verunglüdten gestern auf der Zecht 
Montcenis, in Filötz 7 acht Bergleute, wobei ein