Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
her „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltur gẽ 
Aatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.4 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen LJ 75 , einschließti- 
O A Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solche 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 A, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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M 239. Dienstag, 9. Dezember 1884. 19. Jahrg. 
BVI — 
Volitische Uebersicht. 
Die Stärke der Fraktionen des Reichs— 
ages ist gegenwärtig folgende. Die Deutschcon— 
ervativen zühlen 75 Mitglieder (und 1Hospitanten); 
ie Reichspartei 28 Mitglieder; die Centrumsfrak⸗ 
;zon 99 Mitglieder (und 10 Hospitanten); die 
craktion der Polen 16, die nationalliberale Fraktion 
O Mitglieder; die deutsch-freisinnige Partei zählt 
O Mitglieder (und 1 Hospitanten); die Volkspartei 
; die Sozialdemokraten 22 Mitglieder. Bei keiner 
zraktion sind 23 Mitglieder; darunter die 15 El— 
iß ⸗ Lothringer, außerdem die Abgg. v. Bertram, 
zraf von Hacke, Freiherr v. Hornstein, Junggreen, 
reiherr Langwerth v. Simmern, Lenzmann, v. 
Bedell-Piesdorf und Sander. Erledigt sind zur 
zeit 5Z Mandate. 
Der Abgeordnete Lenzmann hat im Reichs— 
ge einen Gesetzentwurf betr. die Entschädigung 
ir verurtheilte und im Wiederaufnahmeverfahren 
ceigesprochene Personen eingebracht. Der grund— 
egende F 1 des Entwurfs lautet: „Dem Ange— 
lagten, welcher wegen einer nach der Strafprozeß- 
rdnung zu verfolgen gewesenen strafbaren Hand— 
aung zu einer Freiheitsstrafe verurtheilt worden und 
ieselbe ganz oder theilweise verbüßt hat, ist, dafern 
cceim Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens 
oegen dieser Handlung freigesprochen worden, auf 
einen Antrag für den durch den Strafpvollzug in 
zezug auf seine Vermögensverhältnisse, seinen Er— 
verb oder sein Fortkommen ihm verursachten Scha— 
en aus der Staatskasse Entschädigung zu gewähren“. 
Die „freie wirthschaftliche Vereinigung“ des 
geichstags würde nach Mittheilung der „N. Z.“ 
neinem Antrage auf Erhöhung der Getreidezölle 
estehen, dieser Antrag würde aber erst nach Weih⸗ 
nachten eingebracht werden. 
Die „Hamb. Nachr.“ lassen sich von hier be— 
ichten: Graf Herbert Bismarck begibt sich 
seser Tage auf seinen Posten nach dem Haag und 
ehrt Weihnachten zurück, um dann hier das Unter⸗ 
taatsselretariat des Auswärtigen Amts zu über— 
ehmen. Unterstaatssekretär Busch geht weder nach 
dopenhagen noch nach dem Haag. 
die zweite württembergische Kammer 
ahm die Kommissionsanträge in der Postsparkassen⸗ 
rage mit 85 gegen 5 Stimmen an. Herr von 
Nittnacht erklärte, die Regierung sei der Ansicht, 
aß Wuürttemberg verfassungsmäßig nicht verpflichtet 
i, die Landespost zum Betrieb einer Sparkafse 
erzugeben. Angesichts der Nützlichkeit, sowie der 
dbheren Bedeutung der Reichsvorlage in sozial⸗ 
olitischer Hinsicht und der Vortheile einer Reichs⸗ 
nstalt werde die Regierung aber zustimmen, wo— 
ern das Reservatrecht im Reichsgesetze ausdrücklich 
ewahrt und die Unterstellung der Beamten unter 
ie württembergische Verwaltung anerkannt werde. 
Selbstverständlich sei Voraussetzung, daß der Weg 
iner sebstständigen Verständigung zwischen der 
deichspost und der württembergischen Post einge⸗ 
hlagen werde. Materiell erwähnte v. Mittnacht 
och einiger beim Bundesrath gestellter Anträge 
Vürttemberg's, namentlich auch des freien Zu— 
inmungsrechts Württemberg's bei allen ferneren 
Atadien des Reichsgeseßzentwurfs 
Der preußische Landtag, welcher ver— 
assungsmäßig spätestens am 16. Jannar zusammen⸗ 
treten muß, wird wohl zum 15. Januar berufen 
verden. Demselben werden der Etat und ver— 
nutlich auch die Steuergesetze sofort vorgelegt 
verden. Daß die letzteren, wie von einer Seite 
jemeldet wurde vorerst dem Staaisrat unterbreitet 
verden sollen, ist unwahrscheinlich, da diese Gesetz⸗ 
nntwürfe sich als die Fortsetzung einer bereits im 
vauge befindlichen gesetzgeberischen Aktion charak⸗ 
erisieren. 
Ein konservatives Berliner Blatt erzählt: Vor 
inigen Monaten hatte ein bekannter Finanzmann 
ms Deutschland eine Unterhaltung mit dem Könige 
reopold Il. der Belgier und sprach sein Er— 
taunen darüber aus, daß der König so große 
SZummen für ein Werk wie das der Internatio— 
salen Afrikanischen Gesellschaft ausgebe, von dem 
er keinen Nutzen habe. Der König erklärte hierauf: 
Furopa habe für Belgien sehr viel gethan, indem 
3 im Jahre 1839 das Königreich für neutral er— 
cklärte; Belgien habe dadurch Ruhe und Sicher⸗ 
eit erhalten, die es ihm möglich machten, Handel, 
zerkehr, Industrie, Ackerbau und alle nutzbringen— 
en Thätigkeiten in hohen Maße zu gewinnen, 
odaß Belgien sich in einem Zustande der Zufrie— 
»enheit und Wohlhabenheit befinde. Mit Rückficht 
zarauf habe es der Koͤnig für nothwendig gehalten, 
uuch Etwas sür Europa zu thun; er habe deshalb 
nit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln versucht, 
in größeres Gebiet zu öffnen, dasselbe gleichsam 
u neutralisireen, indem er es allen Nationen zur 
ßerfügung stellte und so Europa für seine über— 
hüssige Bevölkerung und für seinen Handel und 
eine Industrie neuen Boden zu bieten. Dieses 
Vort des Königs ist auch dem Fürsten Bismarck 
uu Gehör gekommen und hat auf denselben, dem 
Vernehmen nach, den besten Eindruck gemacht. 
Bekanntlich hat auch der Afrikaforscher Stanley 
ängere Zeit speziell in Dienst und Sold des Königs 
er Belgier gestanden.) 
Aus den diplomatischen Mittheilungen über die 
gesitzergreifung von „Togogebiet und Bia— 
rabanu“ ersieht man, daß der Kanzler der Ansicht 
st, das Reich könne für diese Gebiete nur die De— 
artements des Krieges, des Auswärtigen und der 
Justiz übernehmen, die Departements des Innern 
ind des Handels dagegen müßten den betheiligten 
daufleuten überlassen bleiben. Es ist vielfach ge⸗ 
fritten worden, ob es sich bei der Besitzergreifung 
n jenen Gegenden um eine förmliche Einverleibung 
Annexion) oder um eine Unterschutzstellung (Pro— 
ktorat) seitens des Reichs handele. Aus dem 
Ibigen erhellt, daß im Grunde keines von beiden 
ingetreten ist, sondern daß man eine mittlere, den 
Hechältnissen, wie sich daselbst entwickelt haben, 
ingemessene Form der Besigergreifung angewendet 
jai. Die Landeshoheit wird im Namen des Kaisers 
usgeübt durch einen kaiserlichen Gouverneur mit 
em Sitze in Kamerun, dem ein Collegium aus 
Hertretern der daselbst bestehenden Firmen (darunter 
nglische, ferner ein Missionar und zwei eingeborene 
zänptiinge) zur Seite gestellt werden soll. Die 
Nitglieder würde der Gouverneur zu ernennen und 
u entlassen haben. Außerdem soll für den Ver— 
ehr mit der Reichsregierung ein Syndicat in Ham— 
urg gebildet werden, welches in Berlin wahrscheinlich 
ine ständige Vertretung haben wird, und das 
Wünsche und Anträge der betreffenden Firmen in 
allen zur Entscheidung durch das Reich stehenden 
Fragen der Regierung vorträgt, und zwar dem 
uuswärtigen Amte des deutschen Reiches, da von 
dieser Behörde aus die deutschen Beamten in West⸗ 
afrika ihre Anweisungen empfangen. Soweit also 
das Reich die Colonien regiert, wird diese Regier⸗ 
ung ausgeübt durch das auswärtige Amt, welches, 
oweit Kosten in Anspruch genommen werden, da— 
zür dem Bundesrath und Reichstag verantwortlich 
st — selbstverständlich durch die Person des Kanz— 
ers. Die Verwaltung der Colonie führen die dort 
ansässigen Kaufleute, eben so wie sie die Handels— 
angelegenheiten unter sich haben. Es mag noch 
»zarauf hingewiesen werden, daß der Kanzler in 
dem Entwurfe einer Note an die Großmächte und 
die in Afrika interessirten Staaten (sämmtliche Con⸗ 
erenzmächte, mit Ausnahme der Türkei) die ge⸗ 
chehene Besitzergreifung, welche wir in ihrem staats- 
rechtlichen Charakter eben erörtert haben, mit dem 
Ausdruck bezeichnet, daß die Regierung Sr. Majestät 
ses Kaisers zur wirksameren Wahrung des deutschen 
Handels an der Westküste Afrikas einige Gebiete 
dieser Küste unter ihren Schutz genommen habe. 
Zier werden ferner zum erstenmal authentisch die 
ämmtlichen Gebiete (auch Angra-Pequena 2c., wo⸗ 
rüber der bis jetzt ausgegebene Theil der Aktenstücke 
äch sonst noch gar nicht äußert) aufgezählt, über 
velche das deutsche Reich die Hoheit erworben hat. 
Es sind das an der Sklavenküste das Togogebiet 
nit den Häfen Lome und Bagida, in der Bai von 
Biafra die Gebiete von Bimbia (mit der Insel 
Nikol), Kamerun, Malimba (bis auf den nördlichsten 
Theil), Klein-Batanga, Plantation und Criby und 
in Südwestafrika das Küstengebiet zwischen Cap 
Frio und dem Oranjefluß mit Ausschluß der Wal— 
ischbai. 
In der afrikanischen Konferenz be— 
zinnen ersten ernsteren Schwierigkeiten sich zu zeigen 
und der Widerstand Englands macht sich bemerkbar. 
Zur Berathung der Schifffahrts-Akte für Kongo 
ind Niger ist bekanntlich eine Sub⸗Kommission 
ernannt worden, so daß zur Zeit die Konferenz sich 
heilt in das Plenum, die große Kommission und 
zie Subkommission. In der Subkommission kam 
s am Freitag zu einem nicht beizulegenden 
Meinungsunterschied. England nahm die bvorge— 
chlagene Internationale Schifffahrtsakte für den 
dongo an, verweigerte aber, sie für den Niger 
zu acceptiren. Einige Mitglieder der Subkommission 
zeigten Neigung, diese englische Zurückweisung zu 
unterstützen, der französische Vertreter behielt sich 
dagegen sein Votum vor und endlich wurde be— 
chlossen, die Frage an die große Kommission zu 
nerweisen, ebenso die Frage, ob „Steinkohlen“ 
wegen Heizung der Kriegsschiffe) im Falle kriege— 
rischer Verwickelungen als Kriegskontrebande zu be⸗ 
rachten ist, wie England dies verlangt. Die große 
dommission ist nun am Sonntag zusammengetreten. 
Die Verständigung scheint aber auf so große Schwie— 
igkeiten gestoßen zu sein, daß bis Abends 7 Uhr die 
roße Kommission noch zusammensaß, ohne mit 
hren Berathungen zu Rande gekommen zu sein. 
Zemerkenswerth ist, daß mittlerweile von deutscher 
Seite in der Presse bereits Kundgebungen erfolgen, 
velche darauf hinwiesen, wie England durch Ver⸗ 
chleppung der Konferenz Zeit zu gewinnen sucht, 
um am Kongo und Niger große kommerzielle Unter⸗ 
nehmungen einzuleiten und durch starkes Engage⸗ 
nent englischen Kapitals ein erdrückendes Ueber⸗ 
zewicht am Kongo und Niger zu gewinnen. Im