Full text: St. Ingberter Anzeiger

Im Uebrigen wird wegen der Anmeldung auf 
den nachstehend abgedruckten 8 11 des genannten 
Besetzes, hingewiesen. 
Berlin, den 11. Februar 1885. 
Das Reichs⸗Versicherungsamt. 
Bodiker. 
F1I des Unfallversicherungsgesttzes. 
Jeder Unternehmer eines unter den 8 1 fallen⸗ 
den Belriebes hat den letzteren binnen einer von 
dem Reichs⸗Versicherungsamt zu bestimmenden und 
offentlich bekannt zu machenden Frist unter Angabe 
des Gegenstandes und der Art desselben, sowie der 
Zahl der durchschnittlich darin beschäftigten ver— 
ficherungpflichtigen Personen bei der unteren Ver⸗ 
waltungsbehörde anzumelden. 
Für die nicht angemeldeten Betriebe hat die 
untere Verwaltungsbehörde die Angabe nach ihrer 
Nenntniß der Verhältnisse zu ergänzen. 
Dieselbe ist befugt, die Unternehmer nicht an; 
gemeldeter Betriebe zu einer Auskunft darüber 
nnerhalb einer zu bestimmenden Frist durch Geld; 
rafen im Betrage zu 100 Mt. anzuhalten. 
Die unlere Verwaltungsbehörde hat ein nach 
den Gruppen, Klassen und Ordnungen der Reichs · 
Berufsstatistik geordnetes Verzeichniß sämmtlicher 
Zeiriebe ihres Vezirks untet Angabe des Gegen⸗ 
ftandes und der Art des Betriebes, sowie der 
Zahl der darin beschäftigten versicherungspflichtigen 
„ersonen aufzustellen. Das Verzeichniß ist der 
höheren Verwaltungsbehörde einzureichen und von 
bieser erforderlichenfalls hinsichtlich der Einreihung 
der Belriebe in die Gruppen, Klassen und Ord⸗ 
nungen der Reichs⸗Berufsstatistik zu berichtigen. 
Die höhere Verwaltungsbehörde hat ein gleiches 
Verzeichniß sämmtlicher versicherungspflichtigen Be⸗ 
triebe ihres Bezirks dem Reichs⸗Versicherungsamt 
einzureichen. 
Nur solche Betriebe, welche sich auf die Aus— 
führung von Bauarbeiten erstreden, sind anzumelden; 
dod ist nicht erforderlich, daß die Arbeiter aus 
schließlich bei Bauarbeiten beschäftigt werden. 
Die Anmeldung hat auch dann zu erfolgen, 
wenn weniger als 19 versicherungspflichtige Per⸗ 
sonen (Arbeiter und solche Betriebsbeamte, deren 
Jahresarbeitsverdienst an Gehalt oder Lohn Zwei 
aufend Mark nicht übersteigt) beschaftigt werden 
Sokale und pfaltische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 27. Februar. Wie uns 
mitgetheilt wird, wurde in der Nacht von Mittwoch 
auf Donnerstag das Innere des Briefkastens in 
der Ludwigsstraße mit Sand und Wasser verun⸗ 
reinigt. Die in dem Briefkasten lagernden Poft 
stücke wurden dadurch so beschüdigt, daß sie nich! 
zum Versand kommen konnten. 
* St. Ingbert, 27. Februar. Kürzlich 
sollte eine hiesige Restauration aus dem jenseitigen 
dayern eine Anzahl feiner Schinken als Probe 
erhalten. Der Avis von dem Abgange der Waare 
nebst Rechnung gelangten auch glücklich in die 
Hände des Adressaten; was aber nicht ankam, 
Fas waren die Schinken. Dieselben hatten unter— 
weg einen Liebhaber gefunden und blieben an dessen 
Hhanden hängen. Ueber die Qualität des Schinkens 
eß der unbekannte Schinkenfreund nichts verlauten. 
Für die Rechnung hatte selbsiverständlich die Eisen⸗ 
bahnverwaltung aufzukommen, in deren Betriebsbe⸗ 
reich das Colli zu Verlust ging. 
Ein Privatförster ist nach einem Urtheil 
des Reichsgerichts ebenso wie ein Forstbeamter be⸗ 
fugt, in dem seiner Aufsicht unterstellten Walde dem 
in agranti betroffenen Forstdiebe die Werkzeuge, 
welche er bei sich führt, zu beschlagnahmen, und 
der dem Privatforster bei der Ausführung der Be— 
schlagnahine entgegengesetzte Widerstand ist aus 8 
117des Strafgesetzbuches zu bestrafen. 
— Waldmohr, 28. Februar. Vorgestern 
kam in dem Garten des Joseph Ganther, Stein⸗ 
hauer dahier, während des Umgrabens eines Kirsch⸗ 
baumes ein Topf mit alten Silbermünzen zum 
Vorscheine, im Werth von 120 Mk.; der Fund 
stammt aus dem 16. Jahrhundert. (Pf. Ztig.) 
— Siegelbach, 24. Febr. Gestern Mittag 
gingen zwei Knaben von hier, der eine 12 J. alt, 
Sohn des D. Christmann, der andere 11 J. alt, 
Sohn des J. Engel in den Wald um Holz zu 
holen. Der 12jährige Christmann stieg auf einen 
Baum und als er mit seiner Beschäftigung fertig 
war, warf derselbe das Handbeil hinab und traf 
den 11jährigen Engel damit so unglücklich auf den 
Kopf. Zaß dessen Hirnschale eine bedeutende Ver⸗ 
retzung erlitt. Christmann behauptet, er habe. dem 
Engel rechtzeitig zugerufen, er solle aufpassen und 
aus dem Wege gehen, weil er das Beil hinabwerfen 
wollte. Der Arzi soll sich dahin geäußert haben, 
daß, wenn der Patient auch mit dem Leben davon 
komme, die Verletzung doch einen bleibenden Nach⸗ 
theil auf dessen Gehirnthätigkeit haben werde. (K. 3.) 
— Kaiserslautern, 24. Februar. Die 
Anklage gegen Herrn Bürgermeister Hohle wegen 
Preßvergehen während der juͤngsten Reichstags · Wahl⸗ 
Agitation kam heute vor dem hiesigen Amtsgerichte 
zur Verhandlung und eudigte mit der Freisprechung 
zes Angeklagten. Die Anklage basirte auf einem 
gesetzlichen Formfehler, daß nämlich dem betr. in— 
riminirten Flugblatte der Verleger nicht beigedruckt 
ei und deßhalb der Verfasser fragl. Flugblattes als 
Verfasser, ebent. als Verbreiter zu berrachten sei. 
Da nachgewiesen wurde, daß der Verfasser, Herr 
zZürgermeister Hohle, sich in keiner Weise als Ver⸗ 
eger oder Verbreiter des Flugblattes konstatiren 
ieß, so wurde derselbe von Kosten und Straft 
reigesprochen. 
— In Annweeiler fiel vor einigen Tagen 
das 133 J. a. Kind des Bahnwarts Haber in 
»inen mit kochendem Wasser gefüllten Kübel, wo⸗ 
zei es so schreckliche Brandwunden davontrug, daß 
es starb. 
— Morschheim, 24. Februar. Heutt 
Nacht sprang in einem Anfall von Geistesstörung 
»ine Frau von hier, Wittwe, in den Brunnendes Herrn 
damp, um sich zu ertränken. Wahrscheinlich war 
hr aber das Wasser zu kalt, sie fing an um Hilfe 
zu rufen und wurde nach einiger Zeit wieder 
Jjerausgezogen und gerettet. Glücklicherweise war 
richt viel Wasser in dem Brunnen. (N. B.) 
— Wollmesheim, 25. Februar. Gestern 
Abend 9. Uhr wollte der Schreiner Jakob M. von 
einem Scheuergebälk Borde herunterholen, wobei er 
io unglücklich herunterfiel, daß er sofort todt auj 
)»em Platze blieb. Wie man allgemein hört, sol 
M., der den geistigen Getränken sehr zugeneigt war 
auch gestern Abend in einem etwas benebelten Zu— 
tande gewesen sein, was jedenfalls den unglücklichen 
Zturz herbeigeführt haben mag. Derselbe ist Witwer, 
zat eine verheirathete Tochter und einen gegenwärtig 
in Straßburg Theologie studirenden Sohn. 
— Kapellen, 25. Februar. Ein Schaf 
des Valent. Schowalter vom Kaplaneihofe brachte 
dieser Tage ein Lamm mit einem Schweinskopfe 
zur Welt. Der Eigenthümer ließ dasselbe tödten 
— Von den Bienen. Dem „D. A.“ 
wird von Wachenheim geschrieben: Die Bienen 
berlassen bereits an warmen sonnigen Nachmittagen 
ihr Winterquartier, um den ersten Frühlingsblümchen. 
den Weidenkätzchen und der blühenden Haselnuß- 
staude, einen Besuch abzustatten. Da aber in der 
Jetztzeit der Hauptzweck ihres Ausfluges darin 
besteht, um Wasser einzutragen, so sollte jeder 
Bienenvater darauf bedacht sein, vor dem Stande 
einen Behälter mit Wasser, Moos, Gras oder 
Strohhalmen gefüllt hinzustellen, damit dieselben 
im so schneller und ohne Nachtheil zu erleiden ihr 
Dauptbedürfniß erreichen kͤnnen. Imker, befolgi 
diesen Rath und euere Schutzbefohlenen werden es 
euch später doppelt danken! 
— Speier, 24. Februar. Die slatutenge⸗ 
mäße Jahressitzung der Kommission für Vergebung 
der Aufmunterungspreise und Präbenden aus dem 
pfälz. Dienstbotenstift fand heute im Sitzungssaale 
der k. Regierung dahier unter dem Vorsitze Sr. 
Erz. des k. Staatsraths Herrn Regierungspräsiden 
en v. Braun statt. Zu derselben waren die 
derren Bürgermeister: Jakob Mayer in Blies— 
kastel, Ft. Wilhelm U. in Haßloch, Philipp 
Alexander in Kalkofen, Jos. Anton Pall 
mann in Landstuhl und Adam Schmitt in 
Dppau eingeladen. Die im vorigen Jahr bewilligten 
echs Präbenden zu je 50 Mk. wurden auch in 
diesem Jahre wieder verliehen. Erhöhte Geldbe⸗ 
lohnungen zu je 30 Mk. wurden sechs und solche 
zu je 25 Mk. an 7 Dienstboten zugesprochen. 
Außerdem erhielten einen zweiten Ehrenbrief nebst 
Beldbelohnung zu je 10 Mtk. fünfzehn und einen 
zweiten Ehrenbrief ohne Geldbelohnung 37 Dienst— 
boten. Ferner wurden 106 Geldbelohnungen zu 
je 10 Mk. und 120 erste Ehrenbriefe bewilligt 
Diese von Sr. Erz. dem Herrn Regierungspräsi— 
denten ins Leben gerufene segensreiche Stiftung, 
deren Kapitalstock sich nunmehr auf gegen 75,000 
Mark beläuft, ist in fortwährendem Aufschwunge 
begriffen. Dieselbe hatte sich bisher in höchst an⸗ 
rkennenswerther Weise der Unterstütung seitens der 
Distrikte und zahlreicher Gemeinden zu erfreuen 
und wir geben uns der angenehmen Erwartung 
hin, daß dies auch fernerhin der Fall sein möge 
damit es möglich wird, treue Dienste noch in aus 
ziebigerer Weise als bisher zu belohnen. Nach 
Beendigung der Sitzung wurden die Mitglieder der 
Zommission von Sr. Erzellenz zur Tafel gezogen. 
* Ludwigshafen, 26. Februar. Die 
Organisation der Bismarck Spende in der 
Pfalz ist schon seit einigen Tagen vollendet. In 
allen Kantonen des Kreises haben sich Komite's ge— 
hildet, denen von Seiten des Zentralkomite's die 
nöthigen Instruktionen, sowie die Sammellisten zu⸗ 
gegangen sind. Wie wir vernehmen, haben die 
JZentralkomite's ihre Thätigkeit sofort in einer Weist 
aufgenommen, welche ein gleichmäßiges Vorgehen 
in allen Gemeinden verbürgt. Es sind nämlich 
von diesen Komite's die Listen bereits den Ver— 
rauensmännern in den einzelnen Ortschaften über— 
sendet worden, damit die Sammlungen unverzüglich 
n's Werk gesetzt werden können. Ist die Samm⸗ 
lung in den einzelnen Orten beendigt, so müssen 
die Listen mit den eingegangenen Geldbeträgen an 
die Kanton⸗Komite's übermittelt werden. Bis zuw 
15. März sollten alle Gelder in der Hauptsammel. 
telle des Kantons zusammengeflossen sein, damit 
ie von dort aus bis zum 18. März an die Zen—⸗ 
rralstelle ‚Volksbank Ludwigshafen“ zur sofortigen 
Weiterbeförderung an das Generalkomite in Berlin 
abgeschickt werden. Der Vorsitzende des Zentral 
komite's für die Pfalz, Herr Kommerzienrath Di 
Zarlt Clemm in Ludwigshafen a. Rh., ist jeder 
Zeit mit Vergnügen bereit, auf etwaige spezielle 
Fragen sofortige Auskunft zu ertheilen. 
Vermischtes. 
F Für junge Mädchen, die gern hei— 
rathen möchten, ist eine Sitte zu „empfehlen,“ 
die in der Bretagne besteht. Dort erscheinen an 
gewissen Festtagen junge Mädchen beim Tanz i— 
rothen Roͤcken, die mit weißen oder gelben Streifen 
umrahmt sind. Die Streifen bezeichnen die Höh— 
der Aussteuer, welche das Mädchen zu erhalten hat 
Jeder weiße Streifen bedeutet Silber und bezeichnen 
100 Franken Jahresrente, jeder gelbe Streifen be— 
deutet Gold und bezeichnet 1000 Franken Jahres 
rente. Die Einführung dieser Sitte, welche zeigt 
wie viel ein Mädchen Aussteuer erhält, würde gewiß 
auch in Deutschland Nachahmung finden und viel 
unge Männer würden für die badische Laudesfarb⸗ 
„schwärmen.“ 
4 Ein Betreidehändler aus dem Dorfe Weihen— 
zell wurde unweit des Bahnhofes Ingolstadt von 
inem Unwohlsein befallen, in Folge dessen er daß 
Bewußtsein verlor. Dieser ungesähr eine halbe 
Stunde dauernde Zustand wurde von einem Unbe— 
kannten benützt, dem kranken Manne die kurz vorhet 
eingenommene Summe von 9375 Mark zu stehlen 
München, 23. Februar. Der erste Haupt 
treffer von 25, 000 Mk. der Renten-Unterstützungs— 
Lotterie wurde von einem Buchhalter von Münchern 
gewonnen. Der zweite Haupttreffer von 5000 M 
jel einem Bräuknechte in Erlangen zu. Der dtith 
HBewinn von 2000 Mk. fiel nach Aidhausen i 
Unterfranken. 
München, 25. Februar. Der Bürgermeiste 
bon Kamerun. Es giebt wahrscheiulich nichts mehr 
wvas nicht heutzutage von Industrierittern ausgenühzl 
wird. So kam dieser Tage zu einem Oekonomer 
in der Nähe Münchens ein ansehnlicher Herr, der 
dem Landmann mittheilte, er sei vom deutschen Reich 
als Bürgermeister von Kamerun in Weftafriha 
»rnannt und wolle dort namentlich die bayrische 
Dekonomie einführen, weßhalb er große Ankäufe 
in Vieh und Landwirthschaftegeräthen mache und 
viele Dienstleute mitnehme. Schließlich pumpte ei 
den Ockonomen um 100 Mark an, da er mit dem 
Beld nicht ausreiche und von dem Orte nach München 
nicht telegraphiren könne. Dem Bauern ging ein 
Licht auf und er bestellte den Herrn auf den andern 
Tag, da er gerade das Geld nicht da habe. Den 
Schwindler wurde aber die Sache auch bedenhlich 
der Bürgermeister von Kamerun kam nicht wieder 
pPMunchen, 25. Februar. Welche Gewal— 
der „Aberglaube“ heutzutage noch ausübt, beweis 
jolchender Fall: Ein bekannter hiesiger Gastwirth 
war vor einigen Tagen im Begriff ein groöͤßeres 
Lokal zu übernehmen und hatte bereits dem Kontralt 
zugestimmt, als seine Frau vorerst den Rath eint 
Kartenschlägerin erholte und daraufhin ihren Man 
hestimmte, wieder zurückzutreten.