Sokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 20. März. Bei der vor
inigen Tagen im Reviere Ormesheim abgehaltenen
Treibja'gd der Herren Gebr. Krämer von
zier wurden 1Wildschwein, l Fuchs nund 6 Schnepfen
geschossen.
fSt. Ingbert, 20. März. Gur Gru—
hbenkatastrophe inCamphausen.) Noch
hat sich die Aufregung, welche das großzartige
Hrubenuͤnglück in Camphausen in den Gemüthern
der hiesigen Bevölkerung hervorgerufen, nicht gelegt.
Alt und Jung wandert fortwährend zur Unglücks⸗
tätte; aber was bietet sich hier dem Auge dar?
derzbewegende Scenen spielen sich ab, obgleich die
qnendlichteit des Unglücks die Klagen zu einer
gewissen stillen Resignation abgeklärt hat, welche
aamentlich aus den Mienen der männlichen Leid⸗
ragenden spricht. Nur diese Resignation erklärt
ber auch die musterhafte Ordnung, welche trotz des
tarken ÄAndrangs von Angehörigen der Verun⸗
zlückten herrscht und welche durch die Polizei in
chonendster Weise gehandhabt wird. Der Zutritt
um Maͤschinensaale, welcher bisher freigegeben
var, ist nunmehr versagt. In diesem, seither noch
unbenützten Lokale, sind circa 60 Leichen auf
Strohlager gebettet; ihr Aussehen ist mit wenig
Ausnahmen das von friedlich Schlafenden, indem
die von der Arbeit mehr oder miuder geschwärzten
Besichter dem Anblicke viel von dem grausigen
Findrucke des gewaltsamen Todes benehmen. Eine
zrößere Anzahl Toter ist von ihren Angehörigen
zereits in ihre Heimatsgemeinde verbracht worden.
die Gesammtzahl der Opfer wird sich auf circa
180 stellen. Wohl wurden circa 50 Mann lebend
zu tage gefördert. 16 erholten sich sofort, während
Zei vielen der übrigen wenig Hoffnung vorhanden
ist, sie am Leben zu erhalten. Etwa 140 der
Berunglückten hinterlassen Ftau und Kinder. —
Finzelnen Familien hat die Katastrophe mehrere
Hlieber geraubt. So verunglückten aus Dudweiler
in Vater mit vier Söhnen. Die Rettungsarbeiten
verden noch immer fortgesetzt; doch gehen dieselben
ehr langsam von statten, da die eingestürzten
Hänge und die noch immer mit giftigen Gasen
geschwängerte Luft in denselben das Arbeiten
außerordentlich erschweren. Hervorragend haben sich
in' den Retiungsarbeiten beteiligt Berginspektor
Satt ig aus Dudweiler und Fahrsteiger Kirscht,
welche beide durch Ueberanstrengungen aufs Kran⸗
kenlager geworfen wurden. Ehre solchen braven
Mändern“ Die furchtbare Gewalt, mit welcher
die Explofion erfolgte, läßt sich daraus ermessen,
daß die Schienengeleise streckenweise aus ihren
dagern gerissen und an die Wände geschleudert,
zaß Holz⸗ und Eisentheile in den stärksten Dimen⸗
onen zersplittert und verbogen, daß eiserne Ringe
ind Träger zu förmlichen Knäulen zusammenge⸗
Frückt wurden. Ein Vorarbeiter an dem Glocken⸗
ignalgerüst wurde durch die aus den Schächten
chlagenden Flammen zwei Stocwerke hoch herab⸗
geschleudert und fand so seinen Tod. Ein in der
stäͤhe sich befindender Waagemeister wurde durch die
Gewalt des Luftdrucks etwa 80 m weit hinwegeschleu⸗
an. Wie die Erplosion entstand, ist zur Zeit noch
nicht klar gestellt und wird es auch nicht werden, da
diejenigen, welche Aufschluß geben könnten, für
miner stumm sind. Die ungeheure Wirkung der
Fxplosion will mun dahin erklären, daß man an⸗
mnmt, dieselbe sei durch den bhrennenden Kohlen⸗
taub blitzartig nach allen Teilen der Grube ge⸗
ragen worden. Aus diesem Grunde war es einer
Anzahl von Arbeitern, die sich schnell nach der
Schachtöffnung retten wollle, unmöglich, ihren
Plaͤn auszuführen. Die Leichen lagen in kleinen
Abständen da, das Gesicht gegen den Boden gedrückt,
zumtheil das Schweißtuch krampfhaft in den Mund
hressend. In einem verschütteten Querschlage, in
velchem die gute Luft längere Zeit vorgehalten zu
jaben scheint, stieß man auf eine Gruppe von
deichen, deren Stellung andeutete, daß die Armen
jundenlang bei Bewußtsein waren. Ein junger
Bursche lag an einen Wagen gelehnt, auf dessen
Seitentheil sich mit Kreide die beredte Inschrift
and: Glückauf, Kameraden! Um “28 Uhr lebten
vir noch. Grußt meine Mutter!“ — Die Kunde
von dem traurigen Ereigniß ist bereits in alle
Theile unseres Vaterlands gedrungen. Es wird
etzt gelten, den Betroffenen die erste Hilfe so rasch
i* moglich zu bringen. Rasch gilt es zu lindern,
das mi Spenden an Geld und sonstigen Dingen
sberhaupt gelindert werden kann.
⸗*Die Pfälzischen Eisenbahnen
jatten im Monat Februar d. J. gegen denselben
Monat des Vorjahres eine Mehreinnahme von
50,597 Mk. 32 Pf.
— Zweibrücken, 18. März. Zweiräderige
merikanische Reunwagen sollen für den Pferde⸗
uchtverein der Pfatz angeschafft werden. Eine Be⸗
prechung dieser eingelegenheit wird am 26. d8.
Mts. dahier abgehalten werden. Auch in Neustadt
uind Kaiserslautern finden solche Besprechungen
tatt. — Der hiesige Verein für Geflügelzucht und
Vogelschutz beabsichtigt während der beiden Oster⸗
feiertage seine viette Bezirks;Geflügelausstellung ab⸗—
zuhalten.
— In den nächsten Tagen wird in Lelimen
ein Göjähriger Wittwer mit seiner dritten 52jäh⸗
cigen Ehegesponstin in den Hafen der Ehe ein⸗
aufen.
— Aus der Pfalz, 16. März. Die von
dem historischen Verein der Pfalz unternommenen
lusgrabungen im Obrigheimer fränkischen Grab⸗—
eld wurde letzte Woche fortgesetzt. Bisher sind
seun Gräber weiter untersucht worden, und zwar
allen acht davon auf den südlichen Theil des
hrabfeldes. Die von dem Leiter der Ausgrabungen
m „Ausland' 1884, Nr. 52, geäußerte Vermuth
ing, die soziale Stellung der Todten hänge mit
er Tiefe der Gräber zusammen, fand hierbei ihre
Zestätigung. Nr. 1 bis 7, in denen die Skelette
jur etwa 80 Ceutimeter tief gebettet lagen, lieferten
ast keine nennenswerthe Ausbeute, außer einem
rachycephalen Schädel, welcher zu Nr. 8 gehörte,
agegen in einem zwei Meter tiefen Grabe, Nr. 8,
anden sich mehrere Beigaben, als Perlen, Kamm,
zlas, Urne, Schnalle von Eisen, welche auf ver⸗
ältnißmaßigen Wohlstand schließen lassen. Der
azu gehörige weibliche Schädel besitzt eine über⸗
naͤßige Dolichocephalie und eine sehr niedrige Stirn.
das Grab hatte noch die Besonderheit, daß die
zeiche unter der Decke einer Reihe von Steinplatten
ag. In der nördlichen Seite des Grabfeldes wurde
is jetzt ein Grab, Nr. 9, freigemacht. In dem—⸗
elben befanden sich neben der Leiche eine schwarze
Tasse von hübscher Form und zwei eiserne Messer.
die Ausgrabungen bei Obrigheim werden jedenfalls
is zur Osterwoche fortgesetzt werden.
Pfaͤlzisches Schwurgericht.
I. Quartal 1885.
— Zweibrücken, 16. März. Schwurge⸗
ichtsverhandlung gegen Peter Dick, 24 J. a.,
Zteinabrichter von Foͤckelberg. Anklagesache: Münz-
erbrechen. Vertreter der kgl. Staatsbehörde: Herr
II. Staatsanwalt Wildt; Vertheidiger: Herr Rechts⸗
zraktikant Gottfried Weber.
Der Thatbestand der Anklage ist folgender:
dick kam am 27. November vor. Irs. in die Be—
sausung des Jakob Morgenstern von Föckelberg,
voselbst die Kinder des Letzteren mit einem nach⸗
emachten 5 Franks-Stücke, das ihnen ein gewisser
durz seinerzeit mit dem Bemerken, es sei gefälscht,
iberlassen hatte, spielten. Der Angeklagte besah
ich das Geidstück und bemerkte hierbei die Ehefrau
Norgenstern und der gerade anwesende Friedrich
zrell, dasselbe sei unächt. Als Brell noch auf die
gemerkung Dick's, „Das könnte man einmal aus—
jeben“ erwiderte: „Laß Dich nur nicht erwischen“,
jab dieser den Kindern die Münze wieder zurück,
ignete sich jedoch dieselbe kurz darauf, als ihn
Niemand bemerkte, wieder an. Nachdem Dick
vährend den beiden folgenden Tagen das Geld—
fück verschiedenen Bekannten gezeigt hatte, offenbar
—
alle, gab er die fragliche Münze am 29. Novpbr.
er Kellnerin in der Dick'schen Wirthschaft zu Kusel
ur Zahlung einer 5.Pfg.Cigarre, nachdem er seine
orherige Zeche mit einem Markftück beglichen hatte.
Wirth Dick erkannte noch am selben Tage das
geldstück als unächt und machte der Gendarmerie
Anzeige. Die gepflogenen Recherchen lenkten sofort
zen Verdacht auf den Angeklagten und dieser ge—
tand damals schon, wie auch in der heutigen
herhandlung, daß er das betreffende Geldstück in
»er besagten Wohnung sich angeeignet habe, daß
hm auch damals gesagt worden sei seitens der
enaunten Personen, dasselbe sei falsch, behauptet
iber, der Meinung gewesen zu sein, dasselbe sei
icht. Von dem kgl. Untersuchungsrichter in Kaisers—
autern wurde die fragliche Münze dem Obermünz-
inte München übersendet, welches sich gutachtlich
ahin äußerte, dieselbe sei aus unreinem Zinn in
iner nach einem ächten 5 Franksstück angefertigten
rorm hergestellt.
Die Geschworenen bejahten die erste an sie ge.
ichtete Schuldfrage, sowie die Frage nach mildern—
den Umständen, worauf der Augeklagte zu 6 Mo—
naten Gefängniß unter Abrechnung einer Z8monaß
lichen Untersuchungshaft auf die ausgesprochene
Strafe, verurtheilt wurde.
Nachmittags 3 Uhr: Vechandlung gegen Lud—
wig Cornicius, 19 J. a., Kellner von Speier,
wegen Brandstiftung. Vertreter der k. Staatsbe.
vjörde: Herr III. Staatsanwalt Wildt; Verthei.
diger: Herr Rechtspraktikant Albert Correll.
Die heutige Verhandlung entrollte ein düstereg
Bild der sittlichen und moralischen Verkommenheit
eines jungen Burschen vor unseren Augen. Der
Ungeklagte kam in einem Alter von 8 Jahren in
das Waisenhaus nach Landstuhl, in welchem er
bom Johre 1873 bis 1879 Unterkunft fand. Sein,
Haupteigenschaften waren Luge und Heuchelei,
Frechheit und Trägheit und zur Besfserung war er
nicht zu bringen. Im Februar 1879 entlief er
der Austalt, nachdem er sich vorher eines Dieb—
stahls schuldig gemacht hatte, wurde jedoch bald
vieder eingefangen, von dem Polizeigerichte Land—
ttuhl hiewegen bestraft und aus dem Waisenhauz
entlassen. Kaum 14 Jahre alt ging uun der An—
geklagte, nachdem er vorher in Speier einige Zei
ils Kellner Verwendung gefunden hatte, auf die
Wanderschaft. Er durchzog Deutschland, Oesterteich,
Ungarn, Italien, die Schweiz ꝛc., nirgends arbeitend,
äberall fechtend und bettelnd; überall wurde e
iuch wegen Landstreicherei, Stromerei ⁊c. bestraft.
Auf seinen Kreuze und Querzügen nach München
jelangt, wurde er dort am 10. Juni 1884 wegen
zandstreicherei und Unfugs zu zwei Wochen Hafft
erurtheilt und zugleich dessen Ueberweisung an die
randespolizeibehörde angeordnet, in Folge dessen
das k. Bezirksamt Speier die Unterbringung des
Angeklagten in das Arbeitshaus zu Kaiserslautern
iuf die Dauer von 6 Monaten verfügte, wohin er
nuch Mitte Juli v. Irs. eingeliefert wurde. Dort
nußten schon nach kurzer Zeit wegen seines unbot⸗
näßigen Benehmens strenge Disziplinarstrafen, wie
Zurzschließen, Fußketten, Fesseln ꝛc., gegen ihn an—
Jewendet werden. Alle diese Strufen fruchteten
edoch nichts, im Gegentheil brachten sie den Ange—
lagten auf den Gedanken, sich für die ihm ange—
hanue Behandlung zu rächen. Er machte denn
auch am 12. Nod. v. J., Morgens zwischen 6 und
7 UÜhr, den Versuch, von seiner Zelle aus durch
die Gasleitung die Anstalt in Brand zu stecken
was jedoch nicht gelang. Kurz besonnen nun
teckteser sein Bett in Brand und bald stand denn
auch die ganze Zelle, in der er inhaftirt war, ir
Flammen. Das Feuer wurde jedoch noch recht
zeitig bemerkt und gedämpft, ehe es die wohl von
Angeklagten beabsichtigte Ausdehnung erreicht hatte
Urtheil: 2 Jahre Zuchthaus und Verlust der
hürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren.
Vermischtes.
Aus dem Amtsbezirke Schwetzingeng
in den Reichskanzler soeben eine Petition mit 186
Unterschriften um die Erhöhungen des Tabakzolles
abgegangen.
Die Verkündung der Verlobung des Erb⸗
großherzogs von Baden mit der Prinzessin
Hilda von Nassau wird angeblich am Geburtstage des
Zaisers stattfinden. Nach der Vermählung wird
das Paar in Mannheim residiren.
Mannheim, 17. März. In den Lola⸗
litäten eiuer hiesigen Wirlhschaft wurden baulich
Beränderungen vorgenommen und um das Trochnen
)er Mauern zu beschleunigen, hatte man wähtend
der Nachtzeit einen Coaksofen aufgestellt, welchen
in Maurer zu bedienen hatte. Verflossene Racht
war der Ofen wieder in Brand gesetzt worden, de
vetreffende Maurer verschloß die Lokalitäten und
entfernte sich. Nun wollle der Zufall, daß sich an
plafond ein Riß befand, durch welchen sich die J
landenen Kohlengase einen Ausgang in die im
weiten Stock befindliche Wohnung einer aus fünf
Zindern, Mann und Frau bestehenden Familie der
chafften, wodurch sämmtliche Insassen befinnung,
o8 wurden. Eine neben wohnende Frau vernahn
sachts noch 12 Uhr ein Rocheln aus der fraglichen
Wohnung und eilte in ihrer Bestürzung zur Polizen
welche alsbald erschien und die Behausung gewalt⸗
'am öffnete, wo sich den Eintretenden ein traurige
Aublick bot; denn die saͤmmtlichen 7 Bewohne
lagen besinnungslos in ihren Betten. Aerzthich
Hilfe wurde sofort beordert und den herbeigeeilter
Aerzten gelang es erst nach großer Anstreugunu