St. Jugherter Amztiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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Ae 86.
Sonntag, 3. Mai 1885.
20. Jahrg.
* Zur Steuerreform.
Es ist bekannt, daß einer der Angelpunkte der
Steuerreformen im Reiche wie den Einzelstaaten
die Entlastung der übermäßig angestrengten Ge—
neinden von ihren finanziellen Leistungen ist. Gegen⸗
värtig machen sich nun im preußischen Abgeord—
netenhause zwei Anträge in dieser Richtung Kon⸗
urrenz, von denen derjenige der Zentrumspartei
den Mehrertrag von den neuen landwirthschaftlichen
zöllen, und derjenige der nationalliberalen Partei
z313 Monatsrate von der Grund- und Gebäude—
leuer den Gemeindekassen zuweisen will. Da man
innehmen kann, daß bei diesen Anträgen von der
Jarieitaktik zunächst abgesehen und dieselben einer
ein sachlichen Prüfung unterworfen werden, gilt
»s die finanzpolitischen Vortheile und Nachtheile
er Anträge mit einander zu vergleichen.
Der Antrag Huene von der Zentrumspartei
jat vor Allem das schwere Bedenken gegen sich,
aß die nach ihm zu überweisenden Veträge den
rößten Schwankungen unterworfen sind. Diese
S„chwankungen können bei ruhigen Verhältnissen
is zu 100 Prozent betragen, bei außerordentlichen
freignissen, wie Krieg und Mißwachs, nochmehr, die
heträge sind überhaupt im Voraus nicht zu bemessen.
darauf kann eine geordnete stetige Communalber.
oaltung füglich nicht gegründet werden, die Com⸗
nunalverbͤude würden sich unvermeidlich auf die
rößeren Beträge einrichten und kämen, wenn diese
ann einmal wegfallen, in die empfindlichsten Ver—
egenheiten. Ganz anders steht die Sache, wenn
hnen eine feste Quote der Grund⸗ und Gebaͤude
jeuer überwiesen wird. Es kommt ferner hinzu,
aß die Verquickung der Communalinteressen mit
er Reichszollpolitik, insbesondere mit den land⸗
vithschaftlichen Zöllen, für beide Theile gleich be⸗
enklich ist, es entsteht daraus auch die naheliegende
Zesorgniß, daß die Getreidezölle immermehr erhöht
ind auch unter Umftänden aufrecht erhalten werden
nnten, die im allgemeinen Wohl deren Aufhebung
der Ermaßigung fordern würden. Es ist ferner
illgemein anerkannt, daß die Grund⸗ und Gebäude⸗
jeuer zu einer Staatssteuer überhaupt viel weniger
eeignet ist, als zu einer Communalsteuer, und
war aus dem Grunde, weil in der Form der
ommunalsteuer die verschiedene Veranlagung in
en verschiedenen Provinzen und Gegenden ausge⸗
lichen wird, weil die so sehr drüceuden Tommn—
alsteuerzuschläge zu den Grund⸗ und Gebäude⸗
leuern dann gemindert werden oder wegfallen, weil
adurch der Weg für eine rationelle Reform der
irelten Besteuerung, namentlich unter stärkerer
)eranziehung des mobilen Kapitals, gebahnt wird,
und endlich, weil für die Communen Objektbe⸗
euerung des Grund⸗ und Haäuserbesitzes ohne Be⸗
dhichtigung der Steuerfahlgteit der Eigenthümer
Schulden uͤnd dergleichen) sich deßhalb eher recht⸗
ertigen laßt, als sur den Staat, we die Leistungen
et Commimen zu einem großen Theile vorzugs⸗
deise dem Grund⸗ und Häuserbesitz zugute kommen
nd sich für Communalbesteuerung der Gedanke,
Steuern nach der Gegenleistung zu normiren.
diel weniger verwerflich darsteht, 'als für die
— Besteuerung. Ein rauioneller Finanzte
Indan muͤt die allmälige Ermäßigung, schließ⸗
N bielleicht die volisiändige Aufhebung der Grund⸗
Ordaudenteuer als Staatssteuer, als letztes Ziel
—86 hahen, auf diesem Wege würde vdurch den
ehiberalen Gesetzentwurf ein erster Schritt
* ehen, wahrend der Antrag Huene überhaudi
e weitere Verspekti⸗ i
iti nung inbezug auf Ziel, Stoffauswahl, Stoffvertei⸗
Politische Ueberficht. ve und Unterrichtsbetrieb in der Werltagsschule;
Deutsches Reich. ie Grammatik gy der Sonntags⸗ und dre
Berlin, 80. April. Zweite Berathung des chule.) — 2. Uebung der Fallbiegung des Ding
Untrags Huene im — Das Haus vortes am Satze. (Schriftliche Lehrvrobe nach den
iahm nach längerer Debatte den 8 1 in der Fas⸗ unf formalen Stufen.)
ung der Kommission an, wonach der auf Preußen *St. Ingbert, 2. Mai. Gestern Nach⸗
ntfallerde Betrag an Vieh. und Getreidezdslen ab⸗ nittag ereignete sich auf der Pferdekohlenbahn ober-
lüglich 15. Millionen Mark den Kommunen über- ald der Halde ein sehr bedauerlicher Unglüdsfall.
viesen wird. Dder 11jährige Sohn des Schmelzarbeiters Mohr
Berlin, 1. Mai. Das Abgeordnetenhaus vollte auf dem Bahnlorper Kohlenabfälle sammeln.
iahm in fortgesetzter Berathung des Äntrags Huene Anglüdlicherweise glitt er auf dem Schienengeleise
jen 8 2 in der Fassung der Kommission an, wo⸗ n demselben Augenbliche aus, als ein beladener
jach die Beträge aus den landwirthschaftlichen zug heran kam, unter dessen Rader er nun ge—
Zöllen den Kreisen zu überweisen sind, mit Aus- ieth. Der Zug konnte zwar bald zum Stehen
iahme in den Hohenzollerischen Landen. 83 wurde ebracht werden; doch hatte der Knabe so schwere
nach dem Autrage der Kommission angenommen, lußere umd innere Verlezungen erhalten, daß an
vonach die Vertheilung zu zwei Dritiel nach dem einem Aufkommen gezweifelt wird.
Naßstabe der in den einzelnen Kreisen auflommen- 7, Zweibrüchen, 1. Mai. (Anglüdsfall.)
den Grund⸗ und Gebaudefteuer und zu ein Drittel Ddie betannte Sitte oder Unfitte, am Vorabend zum
nach der Civilbevölkerung erfolgt. Nächste Sizung FIften Mai die Thüren einzelner Hauser mit
ve —S ———
Berlin, 30. April. In der heutigen Sitz ehr bedaue dabt.
ing des Bundesraths soll der Reichslandler per- der etwa 14 Jahre alte Sohn des Herrn Gürtler
onlich die Vorlage wegen Einschränkung der Ge- S—choll kreidete mit anderen Kameraden die Fenster⸗
chworenenzahl befüürwortet und der Bevöllmächtigte üden am Hause des Herrn Leo Groß in der
on Sachsen-Weimar infolge dessen beantragt haben, KRfarrgasse an, bei welchenr muthwilligen Streich
en Beschluß über diese Vorlage auszusetzen, was e von dem Besitzer überrascht wurden. Bei der
lsdann geschehen ist. Die Beschlußfafsung über ierauf erfolgten Flucht der Zeichner sturzte der
ie andern Vorlagen wegen der Berufung wurde unge Swcholl in der Nähe der Gambrinushaile auf
wich ausgesetzt. Wie man hört, hat der Bundes s Pflaster hin und fiel fich ein Loch, in den
ath auch den deutsch russischen Äuslieferungsber · dopf,. Die Verletzung des Jungen war keider eine
rag angenommen »erartige, daß er nach etwa 10 Minuten in seiner
Wohnung. wohin man ihn sofort getragen hatte.
zerschied. Den Schmerz der armen Cliern kann
nan sich natürlich denken! (3. 3.)
— Herrheim a. B., 1. Mai. Eine Raiur⸗
eltenheit ist ein Traubenstock (Portugieser) im
dofe des Herrn Christian Kissel 1V. dahier. Der⸗
elbe ist namlich in der ZJeit von 12 Tagen 80
Fentimeter gewachsen. Derselbe wuchs Tags da⸗
rauf von Mittags 12 Uhr bis anderen Tags Mor⸗
zens 8 Uhr 6 Centimeter weiter und wird nächster
Tage Blüthe bringen. (Dürkh. Anz.)
— Frankenthal, 29. April. Bei vem
Brand der Kaufmann'schen Malzfabrik sind die
beiden betroffenen Gebäulichkeiten. Malzfabrik und
Dampfmühle, vollständig ein Raub der Flammen
eworden. Die angrenzende Werkstätte des Me—
hanikers Horn ist durch Einsturz der sechs Stod⸗
verk hohen Giebelmauer des Mühlenbaues zer·
rümmert worden, ebenso der gegenüberliegende
Seitenbau der Frau Witiwe Dupt Beim Cin—
turz des Giebels sollen mehrere Personen verletzt
vorden sein, darunter ein Wendelin Diehl lebens⸗
seführlich. — Der entstandene Schaden wird auf
30. bis 40. 000 Mk. geschätzt.
London, 29. April. Gladstone ist der Held
des Tages und der Herr der Lage. In der dor⸗
estrigen Rede hat er die ungeheuren Hilfsquellen
einer Beredtsamkeit in die Waagschale des Streites
ich ergießen lassen, und ganz England — darf
nan sagen — sieht auf seiner Seite. wenn er den
degen zieht.
In Schweden wird unverdrossen weiter ge⸗
üstet — gegen wen, ist einstweilen unklar. Aus
StockhoImm wird gerüchtweise gemeldet, daß die
kriegsschule aufgelöst und die Schüler ihren Regi⸗
mentern einverleibt werden sollen. Die Garnisonen
—A Oskar⸗Frederilsborg und
Farlskrona sollen verstärkt werden. Am Sonnabend
ollen fernere Mobilisirungs⸗Ordres ausgefertigt
ein, welche die Grenadier-Corps von Sinaland
ind des Leibregiments betreffen. Auch für das
Westgotländische und Slareborg's Regimeni erwartet
nan baldige Mobilisirungsordres. Die schon früher
rwähnte Nachricht, daß Artillerie und Infanterie
)es dritten Militärbezirkes den Befehl erhalten
aben, sich zur Uebersiedelung nach Gotland fertig
u halten, wird jetzt bestätigt. Nach Gotland sind
ereits 100 Mann des GotaArtillerie⸗Regiments
efördert.
Vermischtes.
*Saarbrüden. Im alten Kasinogarten
serrscht jetzt reges Leben, es gilt die leßten
Finrichtungen für die am Sonntag hier beginnende
Beflügelausstellung zu treffen. Der große
Saal ist mit langen Reihen von Käafigen angefillt,
velche die auszustellenden Thiere aufzunehmen be—
timmt sind. Die Kegelbahn ist zu gleichem Zwecke
jergerichtet. Die Wasserdögel finden in geraumigen,
m Freien aufgestellten Behaältern Aufnahme. Auf
er Bühne des Saales sind Fels- und Pflanzen⸗
ruppen arrangiert, Flaggen und Fahnen werden
⸗m GSSanl⸗ ⸗in zuiherit würdige Augleben —
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 2. Mai. Montag, den 4.
Mai, findet im Stadthaussaale dahier untet Leitung
»es Hauptlehrers Herrn Hagenbucher für die
Lehrer der Kantone St. Ingbert und Blieskastel
ie allgemeine Konferenz pro 18885
tatt. Zur Behandlung kommen: 1. Der gram ⸗
natische Unterricht in der Volksschule (Geschichtlicher
leborklick · Stiandynufe der Schus- und Lehror ⸗