Full text: St. Ingberter Anzeiger

Aluiliches Organ des königl Amtsgerichts St Inghert 
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1383. 
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Politische Uebersicht. 
* Am vorigen Sonnabend hat fich endlich auch 
der Bundesrath vertagt und zwar bis zum 
15. September. Die allgemeinen Wunsche und 
Absichten gingen, voie dieNat. Ztg.“ schreibt, da⸗ 
hin, die Arbeiten erst an einem späteren Termin 
wieder aufzunehmen, die Erfüllung dieses Wunsches 
hatte indessen die Feststellung der Ausführungsbe⸗ 
immungen zum Börsensteuergesetz zur Vorbedingung 
gehabt und diese ließ sich nicht erreichen. Die 
Ausschüsse des Bundesraths werden schon in den 
ersten Tagen des September zusammentreten, um 
jhre Anträge an das Plenum vorzubereiten, da am 
I. Oltober bereits das Börsensteuergesetz in Ktraft 
treten soll. Alle eingeforderten Gutachten und Vor⸗ 
schlage sind indessen noch im Rückstande und es find 
noch sehr umfangreiche Erörterungen erforderlich, 
um zu einem Ergebniß zu gelangen. Wahrschein⸗ 
lich wird sich der Bundesrath nach Feststellung dei 
Ausführungsbestimmungen zum Börsensteuergeseh 
bis zum Spaätherbst wieder vertagen. — Abgesehen 
hiervon, ist es dem Bundesrathe gelungen, alle die 
ihm vorliegenden Arbeiten zu bewaltigen, unter den 
letzten von ihm erledigten Sachen befindet sich be⸗ 
kanntlich auch die Konvention mit dem Norddeutschen 
Noyd, betreffend die Dampferlinien. Der Vertrag 
jat nunmehr auch die Genehmigung des Reichs⸗ 
anzlers erhalten und hat sich derselbe, gleich dem 
dundesrathe, für Vliessingen als Anlaufshafen der 
Ddampfer entjchieden. 
*Die Finalbilanz des Reichshaus— 
jaltsjahres 1884/88 ist kürzlich vom .Reichs— 
Anzeiger“ veroöffentlicht worden und legt dieselbe 
on den sich mehrenden Einnahmen des Reiches 
Jeugniß ab und wie diese wieder den Staatskassen 
ser Einzelstaaten zu Gute kommen, erhellt aus dem 
Amstande, daß“ nicht weniger als 105 Millionen 
Matk aus Reichssteuern den Einzelstaaten über⸗ 
viesen worden sind. Man wird dennoch anerkennen 
nussen, daß dieses Ergebniß des Finanzjahres 
188485 den Ausspruch des Herrn Eugen Richter 
zon dem Zusammenbruche der Finanzpolitik des 
Keiches keineswegs rechtfertigt, sondern daß es im 
Hegentheil der Vorsicht und Sorgfalt der Reichs⸗ 
*nanzverwaltung das beste Zeugniß ausstellt. 
*Im englischen Oberhause hat sich der Pre⸗ 
mier Salusbury am Montag über die wich⸗ 
ligsten der England gegenwärtig berührenden Fragen 
gedußert. Bezüglich der Unterhandlungen mit Ruß⸗ 
land außerte Salisbury, daß er hoffe, dieselben 
würden zu einer friedlichen Loͤsung der afghanischen 
Fragen füͤhren, im Uebrigen ließen die Llusfuhr⸗ 
ungen des Ministers durchblicken, daß diese Losung 
noch ziemlich entfernt sei. Hinfichtlich Egyptens 
meinte Salisbury, daß zunächst die Finanzfrage 
entschieden werden müsse, alsdann gelte es, gesicherie 
Orenzen gegen die Barbaren festzuhalten und die 
politischen Beziehungen Eghptens zu den ausge⸗ 
dehnten Gebielen festzustellen, welche der Schaupiat 
so beklagensweriher Ereignisse gewesen. dam 
lommen die ernste Frage der Regelung der inter⸗ 
gationalen Beziehungen Egyptens zu den andern 
dandern. Die Erledigung aller dieser Fragen er⸗ 
zeische Jeit. Der Khedibe geigie fich England 
xgenüber steis loyal, England sei daher durch alle 
krwagumgen der Ehre an ihn gebunden. Schließ⸗ 
ich sprach Salisbury die Hoffrung aus, die Session 
des Parlamenis sobald als moglich schueßen zu 
d emen. Eine Verschiebuna oder Auflosung des 
Parlaments sei nicht beabsichtigt; die Neuwahlen 
seien etwa zum 17. November in Aussicht genommen. 
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* In den Montanbezirken Nord⸗Amerikas 
zährt es noch immer hedenklich und Arbeitseinstell⸗ 
angen sind noch an der Tagesordnung. Die Stri⸗ 
senden haben daher die beste Gelegenheit und Zeit, 
auf Staat, Gesellschaft und Kapital in der belannten 
Weise loszuwettern. So fand amSonntag zu Cleveland 
eine Versammlung von etwa 1000 strikenden Hütten⸗ 
arbeitern, meist aus Polen und Böhmen bestehend, 
tatt, in welcher heftige Reden gegen die Kapita 
isten gehalten wurden; zu Ausschreitungen scheint 
es jedoch nicht gekommen zu sein. 
ces Reich. 
Berlin, 7. Juli. Das Auswärtige Amt 
erläßt eine Warnung gegenüber den Vorspiegelungen, 
die noch immer mit niederländischen Erbschaften ge⸗ 
macht werden —* 
Berlin, 8. Juli. Der Reichskanzler wird 
norgen nach Varzin reisen. e 
Berlin, 8. Juli. Das bvraunschweigische 
Prototoll über die geheime Sitzung des Landtages 
»om 20. Juni ist nunmehr veröoffentlicht worden. 
xs enthalt die Erklärung des Ministers Gorz. daß 
der durch die Presse bekannte Brief Cumberland's 
om 14. Januar 1879 an den verstorbenen Herzog 
muf Befehl des Herzogs aus Rüdsicht auf Cumber⸗ 
and seibst nicht veroöͤfsentlicht wurde, denn diesem 
Briefe habe der zweite Brief Cumberland's von 
ʒemselben Datum an den Herzog Wilhelm mit 
er Abschrift des vertraulichen Schreiben Cumber⸗ 
and's an die Königin von England (vom 18. 
September 1878) in einem und demselben Couverte 
heigelegen, worin Cumberland seine Anspruche auf 
dannover auch für den Successionsfall in Braun⸗ 
chweig voll und unumwunden aufrecht erhalte; 
enn wie wolle man den Widerspruch der gleich⸗ 
eitig eingelangten Briefe, welche die wahre Willens⸗ 
neinung Cumberland's außer Zweifel siellten, be⸗ 
eitigen. 3. 
Berlinmn, 8. Juli. Von Wien aus ist die 
Anfrage hierher gelangt, oh der Abschluß eines 
dandelsvertrages auf breiterer Basis als der jetzi 
jestehende zu erreichen sei. Vom Ausfall der Ant⸗ 
vort soll alsdann die Gestaltung der österreichisch⸗ 
angarischen Zollnovelle abhängig gemacht sein. 
Berlin, 8. Juli. Ein Telegramm auds 
Tooltown meldet, daß der Dampfer „Samoa“ von 
der Neu⸗Guinea⸗ Compagnie mit Doktor Finsch an 
Bord, welcher sich nach Europa zurückbegibt, ange⸗ 
ommen ist. Seine lette Untersuchungsreise erftrecte 
ich auf den unbekannten Theil der Küste Kaiser⸗ 
Wilhelm⸗Land, von der Astrolabebay bis zur Hum⸗ 
ʒoldsbay. Derselbe entdedte mehrere gute Hafen 
ind einen schiffbaren Fluß. Das Land eignet sich 
owohl zur Kultur wie zur Viehzucht. Die Ein— 
jebornen waren freundlich. 
Eerale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 9. Juli. Heute Mittag 
12 Uhr 26 Min. traf, mittelst Extrazug von Hom⸗ 
zurg iommend, Seine Excellenz der igl. Staats 
ninister Freiherr von Crailsheim hier ein. 
In jeiner Begleitung befanden sich die Herren 
stegierungspräfident von Braun, Excellenz, 
Finanzdirektor und Regierungskommissär der Pfaälz 
zahnen v. Gebhardit, Eisenbahndirektor Lavale, 
Oberingenierr Opfermann, Betriebskontroleur 
Larl und Bezirlsammann Dr. Schlagint⸗ 
weit, sowie die Herren Hüttenwerksbesitzer Reichs⸗ 
rath von' Krämer und Heinrich Krämer von 
hier. Nach einer kurzen Fahrt durch die Stadt 
desichtigte der Herr Staatsministerdas Eisenwerk 
und nahm dann bei Herrn Reichsrath von Krämer 
das Diner ein. Um 3 Uhr 30 Min. erfolgte 
nittelst Extrazug über Zweibrücken die Rückreise. 
m Schnappach. „Das Hemd liegt mit 
aäher, als der Rock.“ Mit diesen Worien schloß 
ein in Nr. 129 d8. Bl. erschienener Artikel, welcher 
dem „Land. Tgbl.“ entnommen und gegen die 
jenseitigen Schuldienstexspektanten gerichtet war. 
Letzteren scheint aber die Haut noch näher zu liegen 
uls das Hemd, wenn sie es vorziehen, mit hoher 
Benehmigung ihrem bisherigen Heim „Valet“ zu 
agen, nur um dem prosaischen Leben des Prakti⸗ 
zierens zu entgehen. An wem läge nun die Schuld, 
wenn der pfälzische Lehrerstand dadurch geschädigt 
vürde? Werden die jenseitigen Exspeltanten, wenn 
an eine Kgl. Seminarinspektion die Aufforderung 
ergeht, erstere von dem in der Pfalz herrschenden 
dehrermangel in Kennmiß zu setzen, fich mit der 
Abficht herübermelden, den pfaälzischen Lehrern zu 
chaden? Und die Kgl. Regierung — ist darauf 
zedacht, daß keine Schulstelle brach liegt. Findei 
ich ja dieser Austausch auch in den 7 jenseitigen Kreisen. 
Wer mit dem dortigen Schulwesen etwas vertraut 
ist weiß, daß Oberfranken lange ein Magnetpol 
für die jenseitigen Praktikanten war. Wie sseht 
es jetzt?* Die oberfräntischen Schuldiensterspektanten 
sind nun auch zum Praktizieren oder „Ueberfiedeln“ 
in die Pfalz gezwungen. Hätten diese nicht auch 
allen Grund, zu „kreischen“ Doch fie thun es 
nicht, weil ihnen das Wort fremd ist. Dieser 
Austausch herrscht in allen deutschen Laͤndern, wenn 
er auch hier mehr, dort weniger in die Augen 
fällt. Ja, viele Pfälzer andern Berufes (Gerichts⸗ 
vollzicher, Aufschlaͤger, Bahnbedienftete ec.) haben 
bor etlichen Jahren den entgegengesetzten Weg ein⸗ 
zeschlagen und ihre Existenz im jenseitigen Bayern 
gegrundet. Kann man ihnen deßhalb Vorwürfe 
machen? Es ist allerdings richtig: Mit der 
Rarität der Ware steigt iyr Preis, und insofern 
vare den pfälzischen Lehrern ein eintretender Lehrer⸗ 
nangel vielleicht zu Gunsten gekommen. Aber es 
st bei den jetzigen Verhaltmissen eben nicht möglich, 
venn sich dieser Mangel nur in einem Kreise und 
nicht im ganzen Konigreich zeigt. Der betreffende 
Artikelschreiber gibt selbst zu, daß zur Zeit des 
Lehrermangels ein solcher Austausch am Platze 
war. Dieser Mangel wird aber erst heuer voü 
zändig beseitigt, und damit hort jedenfalls auch 
die Verwendung jenseitiger Schulpraktikanten im 
pfalzischen Schuldienst auf. Wozu deßhalb dieses 
MRurren und Knurren? Im Lehrermangel 
st keine Besserung der sozialen und peluniaͤren 
dage der pfalzischen Lehrer mehr zu erwarten. 
Mochten fie dieselbe deßhalb in den Worten suchen: 
Einigkeit macht stark“. 
[] Schnappach, 9. Juli. Das Haud'sche 
Anwesen dahier ging am Montage den 6. d. Mis. 
ei der statigehabten Versteigerung um den Preis 
pon 17,600 Mti. in den Besitz des Herrn Metzgers 
Baum aus Altenwald über. Verselbe triti am 
ommenden 1. September in Besitz desselben. 
— Neustadt. 8. Juli. Mit dem Zuge 
don Münster langten heute Minag die ameritam⸗ 
schen Schuten hier an und wurden von der hie⸗ 
igen —AV empfangen. 
dierauf faud Umzug durch die Haupt⸗ und Frie 
xichsstraße nach dem neuen Schießthause satt. wo⸗ 
jelbst diniert wird.