Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
—* Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich funfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Conntag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungs- 
platt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1.4 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 —, einschließlio 
A Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr sar die Agespaltene Garmondzeile oder deren Naum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Autkunft ertheilt, 13.40, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
MX 1445. Sausstag, 1. August 1888. 290. Jahrg. 
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Bestellungen 
euf den „St. Ingberter Anzeiger“ für die Monate 
August und September 
vwerden von sämmilichen Postanstalten, den Aus⸗ 
wägern und der Expedition entgegengenommen. 
— 
Politische Uebersicht. 
Der internationale Telegraphenkongreß 
n Berlin wird voraussichtlich am 10. August er⸗ 
yfnei. Den wichtigsten Punkt der Verhandlungen 
vird die Berathung eines Welttarifs bilden, der 
jamentlich von deutscher Seite aus erstrebt wird. 
Mittheilungen aus Paris zufolge ist die Cholera 
nächster Nähe der französischen Grenze, Torvella⸗ 
Nontgris (Gerona), ausgebrochen. Die Seucht 
ritt immer heftiger und bösartiger in Spanien 
wuf. Allein in der Provinz Saragossa sind inner⸗ 
salb 48 Stunden 1700 Personen erkrankt und 600 
estorben. Einzelne Dörfer und Flecken sind total 
uusgestorben; an ein Bestaiten der Leichen wird 
ielerorts nicht mehr gedacht. In einigen Ortschaften 
errscht in Folge der Flucht der Behörden völlige 
Anarchie. Die Zusstände sind ganz trostlos. 
Vor Kurzem brachte die russische „St. Peters 
dutger Zeitung“ aus Konstantinopel sehr 
trübe Nachrichten über das Befinden des Sultans 
Abdul Hamid. Es hießdort, der Padischah befinde 
sichin hoffnungslosem Zustande“, und es werde 
am Goldenen Horn fast allgemein angenommen, 
daß Murad, welcher wieder vollkommen genesen sei, 
wahrscheinlich den Thron besteigen würde, falls Abdul 
damid's Zustand sich nichi bessern sollte. Hierzu 
erhalt der , Hamb. Corr.“ von durchaus glaub⸗ 
würdiger Seite folgende Mittheilungen: Die stark 
oerhreiteten und von gewisser Seite absichtlich ge⸗ 
ührten Gerüchte über einen bedenllichen“ Zustand 
ves türkischen Herrschers sind, wenn auch nicht voll⸗ 
sundig auß der Luft gegriffen, so doch jebenfalls 
mht siark übertrieben. “ Der Großherr leidet aller 
jngs, und zwar seit geraumer Zeit, was übrigens 
algemein bekannt ist, hier und da an Wahnvor— 
edungen, doch äußern sich dieselben niemals in 
dedenten exregender Weise, und beschranken sie sich 
cdiglich darauf, daß er die Furcht hegt, man könnte 
in dergiften. Der Padifchah ist desbalb sehr miß 
ruisch, im Uebrigen jedoch befindet er sich recht 
t. und gerade in der allerjüngsten Zeit besserie 
ih sein Zustand erheblich, so daß jene Furchian⸗ 
ulle sich immer selnener einftellen Weitergehende 
supuimgen sind derzeit wenigstens unbegründet, 
9 die K. Z.7 dementirt die Nachricht von der 
rantheit des Sultans. —555 
Deutsches Reich . 
Berlin, 29. Juli. Nach der „Kreuzzeitung“ 
eb definitiv fest, daß der Kaiser Franz Joseph 
. Kaiser Wilhelm in Gastein zu Anfang Augus 
Aden wird; ebendaselbst wird die Zusammenkunft 
——— und Kalnoky stattfinden. ob jedoch 
Ait ist noch unbestimmt. Die- Enirevue 
ienden Staatsmänner wird vorzüglich handels⸗ 
ische Fragen behandeln. 
nOkklin 29. Juine Dem Vernehmen nach 
9 zuch die Ernennung des Grafen Haßfeldt zum 
chafter in Londoen mnaske vonren 6 
hesteht nach wie vor die Absicht, den bisherigen 
Inhaber dieses Postens, Grafen Münster, nach 
Paris zu versetzen. Dieser ist diesem Plane jedoch 
ibgeneigt und dürfte, da der Reichskanzler von 
diesen Dispositionen nicht Abstand nehmen will, 
den diplomatischen Dienst gänzlich quittiren. — 
Der Afrikareisende Robert Flegel wird in nächster 
Zeit seine große Exrpedition in das Innere von 
AÄfrika antreten. Augenblicklich befindet sich Herr 
Flegel noch in Braß an der Niger-Mündung (West⸗ 
Küste von Afrika) bei Herrn Townsend und ist 
mit den Vorbereitungen zu seiner Expedition be—⸗ 
schäftigt. GSFr. Zig.) 
Ausland. 
Paris, 29. Juli. Wie die Zeitungen de— 
haupien, wären von dem Zwölf⸗Millionen-Kredit 
für Madagaskar sieben Millionen bereits verbraucht. 
Die Blätter folgern daraus die Nothwendigkeit 
euer Kreditbewilligungen. 
NRom, 29. Juli. Die Allokution des Papstes 
yom Montag soll heute Abend deröffentlicht werden. 
die Allokution beklagt die religiösen Zustände Italiens 
und die Schwierigkeiten, welche auch in Frankreich 
und Deutschland der Aktion der Kirche entgegengestellt 
vurden, gibt jedoch der Hoffnung Ausdruck, daß 
eine Wiederherstellung des religiösen Friedens in 
Deutschland und Frankreich erreicht werden konne, 
und schließt mit der Mahnung, daß Eintracht und 
Finmüthigkeit in diesem Augenblicke besonders noth⸗ 
wendig sei. 
London, 30. Juli. Bei einem Banket in 
Mansonhouse hob Salisbury hervor, die Regierung 
vünsche lebhaft, auf den Wegen des Friedens und 
des Fortschritts vorzugehen und hoffe in nicht langer 
Zeit, Rußland und England, umgeben von Ver 
—ündeten, friedlich Seite an Seite zu sehen, beseelt 
son Gefühlen gegenseitiger Achtung. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 81. Juli. In Fortsetzung 
der in vor. Nummer gegebenen Erläuterungen anläß⸗ 
lich der gegenwärtigen Neuanlage der Steuern lassen 
vir heute noch das Nahere über Einkbommen⸗ 
und Gewerbesteuer folgen: LU. Die Ein—⸗ 
kommensteuer. Die Einkommensteuer zerfäll 
in drei Abtheilungen. Die 1. Abtheilung besteueri 
im allgemeinenen das Einkommen aus Lohnarbeit, 
den täglichen Verdienst der Taglöhner, Dienstboten, 
dohndiener, Handwerksgesellen, Gewerksgehilfen und 
Fabrikarbeiter, sowie den Verdienst anderer hierher 
zehöriger Personen, soferne deren Dienstverhältniß 
durch schriftlichen oder mündlichen Dienstvertrag 
nicht mindestens füt einen Monat gesichert ist. 
Die zweite Abtheilung besteuert besonders das Ein⸗ 
lomimen aus wissenschaftlicher oder —künstlerischet 
Beschaftigung, wie der Rechtsanwülte;, Notare, 
—XE 
nuch das Einkommen aus Eriheilung von Privat⸗ 
unterricht der Professoren und Lehrer, das Ein⸗ 
ommen der Musiklehrer, sodann der Verdienst der 
HJeometer, Gerichtsvollzieher ꝛc. ꝛc. “ Die 8. Ab⸗ 
cheilung endlich besteuert das Einkommen aus Be— 
oldungen und Dienstesemolumenten, Pensionen und 
Alimentationen der im Staats⸗;, Gemeinde⸗ und 
Stiftungsdienst angestellten Personen und ihrer 
Relikten, sowie von Privatbeamten und Bediensteten, 
deren Dienstverhaälmmiß vertragsmäßig für einen 
Moment oder länger gesichert ist, auch die Pensions⸗ 
c. Bezüge derselben und ihrer Relikten; ferner das 
Finkommen aus Wittumen. Praebenden. Austrägen 
und Leibrenten ꝛc., mit welchen Bezügen keine Ver⸗ 
pflichtung zur Dienstleistung verbunden ist. Sämtliche 
unter Abtheilung 1 fallenden Personen haben ihren 
yxts⸗ oder geschäfisüblichen Arbeitsverdienst eines 
Tages inkl. Naturalbezüge zu fatiren; blos den 
rigentlichen Dienstboten — Knechten und 
Magden — ist die Fassion gesetzlich erlassen, soferne 
ie einen Tagesberdienst inkl. Naturalbezügen von 
nicht über 1M. 80 Pf. beziehen, im Brole ihres 
Dienstherrn stehen und keine eigen e Wohnung 
zaben. Die unter Abtheilung 2 und 3 fallenden 
Zteuerpflichtigen haben den Jahresbetrag 
des Einkommens zu fattieren. Ist dasselbe ständiget 
Ratur, so ist einfach der Jahresbetrag zurzeit der 
Fasfion anzugeben, bei unständigem Einkommen ist 
»agegen der Jahresbetrag von 1883 und 1884 
zesondert auf der Fassion anzugeben und der Durch⸗ 
chnittsbetrag zu ziehen. Iss eine Person in 
nehreren Abtheilungen steuerpflichtig, so ist dies 
unter Benennung der einzelnen Einkommensquellen. 
welche überhaupt spezifiziert werden müssen, auf 
der Fassionsliste in den dafür bestimmten Rubriken 
ersichtlich zu machen. Hervorzuheben ist noch, daß 
aicht nur das jährliche Einkommen im Baarbezuge, 
ondern auch das Einkommen aus geldwerihem 
stutzgenusse zu fatiren ist; z. B. Anschlag der 
reien Dienstwohnung, der Dienstländereien ꝛc. 
erner daß ebenso alle fortlaufenden Funktions— 
gebenbezüge, insbesondere Tantiomengenüsse ꝛc. zu 
atiren sind. Die auf den Erwerb nöthigen Aus— 
agen find auf der Fassion zu spezifiziren und dürfen 
am Brutto⸗Einlommen abgezogen werden. Es geht 
daher nicht an, bloß das Netto Cinkommen zu fatiren. 
Antraäge auf Sieuerbefreiung gemäß AÄrtikel 13 
and Steuerbefreiungsgründe gemäß Art. 12 des 
Besetzes sind den Fassionen beizufügen. Mit Rüd—- 
icht auf die empfindlichen Strafbestimmungen und 
die auch bezüglich der Einkommensteuer der Steuer 
behörde zur Hand liegenden umfassenden Kontrol⸗ 
hehelfe erscheint eine rechtzeitige und gewissenhafte 
Fassion im Interesse der Steuerpflichtigen selbst 
Yboten. - III. Gewerbesteuer. Sämmtiliche 
Bewerbetreibenden mit Ausnahme jener, welche nach 
dem Hausiersteuergesete vom 10. März 1879 
steuerpflichtig sind, haben innerhalb der in der 
durgermeisteramtlichen Aufforderung bestinimten Frisi 
ihre Steuererllarungen abzugeben; wird die Abgabe 
der Ertlarung auch nach speziell erfolgter Anmaͤhn— 
ung versaumt, so zieht sich der Steuerpflichtige eine 
Ordnungsstrafe bis zu 50 Mtk. zu und wird ohne 
weiteres vom Steuerausschusse eingesteuert. vei 
Abgabe der Steuererklärungen ist darauf zu achten, 
daß alle einzelnen Gewerbe, welche von dem 
Pflichtigen zurzeit der Erllarungsabgabe betrieben 
werden, speziell aufgeführt und die Betriebsmerk- 
male, ausgeschieden nach den Jahren 1888 und 
1884 angegeben werden, wen nach dem Durch⸗ 
schnitte dieser beiden Jahre die Betriebsanlage be⸗ 
timmt wird. Die Normalanlagen fur die eimelnen 
Gewerbe sind durch den Gewerdsteuertarif festgesetzt 
und unveranderlich. Wer Erklärungen abgibt, die 
dem faktischen Geschäftsbetriebe nicht entsprechen 
und die Steuer zu verlürzen geeignet sind, derfällt 
in eine Strafe bis zum zehnfachen Betrage der⸗ 
jenigen Jahressteuer, deren beabsichtigie Hinlerzieh 
ang festgestellt wird. Es möge daher sedermann 
jeine Fassion so einrichten, daß dieselbe in voü— 
gandiger Weise alle zur Besteuerung erforderlichen 
Mo mente richtig enthält, um fich nicht der Gefahr 
er Bestrafung auszusetzen. Die zur Bemessung 
der Betriebsanlage dienenden Merkmale snn